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Leitlinie „Chest Injury – thoracocentesis, thoracostomy and intercostal catheter insertion“ des Starship

veröffentlichende Fachgesellschaft: New Zealand’s National Children’s Hospital (Starship)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 25.03.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://starship.org.nz/guidelines/chest-injury-thoracocentesis-thoracostomy-and-intercostal-catheter-insertion/

Grundsätzliches

  • ektope Luft/ektopes Blut im Pleuraraum verringert die Lungenexpansion und führen zu einer Beeinträchtigung der Atmung und des Herz-Kreislauf-Systems
  • Behandlung eines klinisch relevanten traumatischen Pneumothorax oder Hämothorax erfordert Thoraxdekompression durch Einsetzen einer Thoraxdrainage
  • rasche Ansammlung großer Luft- oder Blutmengen im Pleuraraum kann zu obstruktiven Schock durch Kompression der intrathorakalen Gefäße führen
  • Anatomie des Interkostalraums
    • Interkostalraum ist der anatomische Raum zwischen den Rippen
    • Interkostalraum besteht aus drei Muskelschichten: Musculi intercostales externi, Musculi intercostales interni & Musculi intercostales intimi
    • zwischen den Musculi intercostales interni & Musculi intercostales intimi befinden sich neurovaskuläre Bündel, bestehend aus Interkostalvene, Interkostalarterie & Interkostalnerv
    • neurovaskuläres Bündel wird durch die Rippenfurche der oberen Rippe jedes Interkostalraums geschützt
    • bei Interventionen wie Thorakostomie Instrumente schräg über der oberen Rippenhälfte einführen, um Beschädigung des Gefäß-Nervenbündels zu vermeiden

Management

Identifikation der Punktionsstelle

  • anatomische Landmarken
    • Einführungsstelle sowohl für die Fingerthorakostomie als auch für die Einführung der Thoraxdrainage ist der 4. oder 5. ICR (auch „Triangle of Safety“)
    • anatomischen Grenzen des „Triangle of Safety“ sind der seitliche Rand des Pectoralis major anterior, der vordere Rand des Latissimus dorsi posterior und der 4. oder 5. ICR
    • Einstichstelle für die Nadelthorakozentese ist der 2. ICR in der Medioklavikularlinie (alternativ bei deutlich erhöhten BMI o.Ä. der 5. ICR zwischen der vorderen & mittleren Axillarlinie)
  • „Mid-arm-point“-Technik (MAP)
    • Aduktion des Armes
    • Bestimmen Sie den Mittelpunkt des Abstands zwischen der Spitze des Akromions und dem Olekranon (d.h. den mittleren Armpunkt/MAP)
    • identifizierten Punkt auf der Haut der Brustwand auf der Höhe des MAP markieren
      • Hautmarkierung ist die Stelle für die Thorakozentese und die Thorakostomie bei Patient*innen < 4 Jahren und > 18 Jahren
      • bei Patient*innen zw. 4 – 18 Jahren EINEN Interkostalraum ÜBER der Hautmarkierung wählen (MAPPED-Regel)
    • Abduktion des Arms um 90 Grad
Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1742-6723.14141

Ein Beispielvideo zur Identifikation des MAP findet Ihr HIER.

Finger-Thorakostomie

  • Indikationen
    • traumatischer Herzstillstand (TCA)
    • Spannungspneumothorax
    • massiver Hämothorax
  • benötigtes Material
    • sterile Handschuhe
    • antiseptische Lösung (z.B. Chlorhexidin 2 % in 70 %igem Alkohol)
    • Skalpell
    • Pinzette (< 5 Jahre: Arterienklemme nach Halstead-Mosquito; 5 – 13 Jahre: Arterienklemme; > 13 Jahre: Finger)
    • Lokalanästhetikum
  • Vorgehen
    • 5. ICR in der mittleren Axillarlinie auf der Seite des Hämo-/Pneumothorax identifizieren
    • Desinfektion mit antiseptischer Lösung
    • Lokalanästhetikum infiltrieren, sofern das Kind bei Bewusstsein ist
    • 2 – 3 cm langen horizontalen Hautschnitt mit einem Skalpell entlang der Linie des ICRs oberhalb der darunter liegenden Rippe vornehmen
    • mit stumpfer Präparierzange durch das Unterhautgewebe schneiden, bis die parietale Pleura durchstochen ist
    • Weg in die Pleura freimachen (bei älteren Kindern i.d.R. mit behandschuhtem Finger; bei kleineren Kindern und Säuglingen ggf. stumpfer Präparierzange verwenden)
    • schnellstmögliche Durchführung einer Thoraxdrainage

Nadelthorakozentese

  • Indikationen
    • traumatischer Herzstillstand
    • Spannungspneumothorax
  • benötigtes Material
    • Alkoholtupfer oder antiseptische Lösung
    • peripher venöser Zugang in 14G oder 16G
    • 10-mL-Spritze
    • 2 mL NaCl 0,9 %
  • mögliche Komplikationen
    • Pneumothorax (10 – 20%ige Wahrscheinlichkeit eines Pneumothorax, wenn eine Thorakozentese versucht wird und das Kind keinen Pneumothorax hat)
  • Vorgehen
    • 2. ICR in der mittleren Klavikulalinie identifizieren (alternativ 5. ICR vordere Axillarlinie)
    • Desinfektion mit antiseptischer Lösung
    • 2 mL NaCl 0,9 % in 10-mL-Spritze aufziehen und die Spritze auf dem peripher venösen Zugang befestigen (Flüssigkeit bei der Identifizierung von Luft)
    • Kanüle senkrecht zur Brustwand oberhalb der unteren Rippe einführen
    • Kanüle vorschieben und währenddessen weiter aspirieren
    • Kanüle nicht weiter vorschieben, sobald Luft aspiriert wird (Luftblasen in der Spritze)
    • Stahlmandrin entfernen und Kanüle festkleben
    • schnellstmögliche Durchführung einer Thoraxdrainage

Anlage einer Thoraxdrainage

  • Indikationen
    • nach Dekompression eines Spannungspneumothorax
    • symptomatischer Pneumothorax
    • Hämatothorax
  • benötigtes Material
    • Schutzkleidung (sterile Handschuhe, Kittel, Maske)
    • sterile Tücher
    • antiseptische Lösung (z.B. Chlorhexidin 2 % in 70 %igem Alkohol)
    • Lokalanästhetikum (Lidocain 1 % mit Adrenalin zur lokalen Infiltration) sowie ggf. Sedierung (Ketamin i.v. & Opiat, z.B. Fentanyl i.v./i.n.)
    • Skalpell
    • gebogene Pinzette
    • pädiatrisches Thoraxdrainage-Set (Neugeborenes: 8 – 12 Fr; Säugling: 14 – 20 Fr; Kind: 20 – 28 Fr; Jugendliche: 28 – 36 Fr; CAVE: kleinere Größen für Luft und größere Größen für Flüssigkeit)
    • Nahtmaterial/-zubehör
    • Sekretbeutel bzw. Drainage-System
  • Vorgehen
    • kontinuierliche Herzüberwachung, Pulsoximetrie sowie kontinuierliche Sauerstoffgabe während der gesamten Prozedur sicherstellen
    • Patient*in in Rückenlage positionieren, wobei der ipsilaterale Arm über den Kopf angehoben wird
    • Bestimmung der Punktionsstelle (4. oder 5. ICR vordere Axillarlinie)
    • Desinfektion mit antiseptischer Lösung
    • Lokalanästhetikum vom Unterhautgewebe bis zur Pleura infiltrieren
    • passende Größe der Thoraxdrainage auswählen und Trokar entfernen
    • 2 – 3 cm langen horizontalen Hautschnitt mit einem Skalpell entlang der Linie des ICRs oberhalb der darunter liegenden Rippe vornehmen
    • mit Pinzette stumpf durch das Unterhautgewebe präparieren, bis die Pleura parietalis punktiert ist (Bild 1)
    • Hand, die das distale Ende der Zange hält, gegen die Haut drücken, um ein Eintauchen in die Pleurahöhle zu verhindern (Bild 2)
    • sobald die Pinzette die Pleura erreicht hat, diese verwenden, um die Pleura durch stumpfe Dissektion auf folgende Weise zu öffnen: Pinzette in anteriorer/posteriorer Richtung öffnen, dann Pinzette schließen, um 90 Grad drehen und dann in superiorer/inferiorer Richtung öffnen
    • anschließend behandschuhten Finger gegen Zange austauschen und in den Pleuraspalt einführen, um Punktion so zu vergrößern, dass die Thoraxdrainage eingeführt werden kann (CAVE: bei Säuglingen und Kleinkindern ist dies ggf. nicht möglich; Bild 3)
    • Thoraxdrainage in den Pleuraspalt einführen (Spitze der Drainage mit gebogener Arterienklemme festhalten für leichteres Einführen und Drainagekatheter nach oben-hinten ausrichten; CAVE: röntgendichten Markierungsstreifen nach oben ausrichten, um die Gefahr des Knickens und Verstopfens zu verringern; Bild 4)
    • Katheter weiter einführen, bis sich alle Katheterlöcher in der Pleura befinden und die 4-cm-Markierung auf der Haut liegt
    • Sekretbeutel bzw. Drainage-System anschließen
    • Katheter annähen
    • nachfolgend Thoraxröntgen zur Lagekontrolle
Bild 1
Bild 3
Bild 2
Bild 4
Published inLeitlinien kompakt

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