Zum Inhalt springen

FOAMio Politix – Die grundgesetzlichen Wahlgrundsätze

Das Grundgesetz als Verfassung der Bundesrepublik Deutschland sieht in Artikel 38 Abs. 1 vor, in welcher Form die Wahl der Abgeordneten zum Deutschen Bundestag erfolgen soll. Die fünf dort genannten Wahlgrundsätze bilden das Fundament für die Legitimation des Deutschen Bundestages und sind Ausdruck unserer repräsentativen parlamentarischen Demokratie.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(Artikel 38 Abs. 1 GG)

Was genau mit diesen fünf Wahlgrundsätzen gemeint ist, erfahrt Ihr in diesem Beitrag.

allgemeine Wahl

Mit dem Begriff der „allgemeinen Wahl“ ist gemeint, dass jede*r Bürger*in der Bundesrepublik Deutschland, der/die das 18. Lebensjahr vollendet hat, wählen darf. Dieses Wahl/-Stimmrecht ist unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben oder religiöse/politischer Anschauung sowie Status, Einkommen oder Beruf.

Das aktive Wahlrecht gilt seit März 2008 auch in unbeschränkter Form für im Ausland lebende Deutsche. Es muss jedoch eine der folgenden Voraussetzungen für die Wahlberechtigung erfüllt sein:

  • nach Vollendung des 14. Lebensjahres min. 3 Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland gelebt UND der Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurückliegt (verantwortlich ist hier die Gemeinde, in der man vor dem Fortzug ins Ausland zuletzt gemeldet war)
  • aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik erworben und von ihnen betroffen (verantwortlich ist hier die Gemeinde, mit der man nach der Erklärung hinsichtlich der Vertrautheit und Betroffenheit am engsten verbunden ist, also z.B. engste Verbindung zu einem Ort, auf den sich die „Betroffenheit von den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland“ bezieht)

unmittelbare Wahl

Der Begriff der „unmittelbaren Wahl“ bedeutet, dass Wähler*innen die Kandidat*innen direkt wählen. Die Wahl erfolgt also ohne irgendwelche zwischengeschalteten „Wahlfrauen“ oder „Wahlmänner“, auf welche man die eigene Stimme überträgt (vgl. USA).

freie Wahl

Die „freie Wahl“ ist gleichbedeutend damit, dass die Wahlentscheidung ohne etwaigen Druck oder Beeinflussung von außen erfolgt ist (z.B. Anreize, Verbote oder Diskriminierungen bei bestimmten Wahlentscheidungen). Die Wähler*innen sollen ihre Wahl also im freien Prozess der Meinungsbildung treffen und dies dann auch unverfälscht zum Ausdruck bringen.

gleiche Wahl

Der Wahlgrundsatz der „Gleichheit“ meint, dass jede Stimme einer jeden wahlberechtigten Person das gleiche Gewicht hat, unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben oder religiöse/politischer Anschauung sowie Status, Einkommen oder Beruf.

Die „gleiche Wahl“ wird allein durch die Fünf-Prozent-Klausel eingeschränkt, welche besagt, dass Parteien, die bei der Bundestagswahl weniger als 5 % der Wählerstimmen erreichen, nicht in den Bundestag einziehen. Diese Einschränkung der „gleichen Wahl“ wird mit der Geschichte begründet, da man eine Parteienzersplitterung wie in der Weimarer Republik mit all ihren Folgen damit vermeiden will. Die 5 %-Hürde hat jedoch mit der Grundmandatsklausel eine Ausnahme und eine Partei zieht trotz weniger als 5 % der Stimmen in den Bundestag ein, wenn in mindestens drei Wahlkreisen das Direktmandat durch die Partei gewonnen wird.

geheime Wahl

Eine Wahl gilt als „geheime Wahl“, wenn sichergestellt ist, dass niemand weiß, wer wie gewählt hat, außer die Wählenden geben dies selbst bekannt. Aus diesem Grund erfolgt die Stimmabgabe selbst in einer von außen nicht einsehbaren Wahlkabine und der ausgefüllte Stimmzettel wird nach dem Ankreuzen gefaltet in die Wahlurne geworfen.

Durch die Briefwahl gibt es aber auch bei der „geheimen Wahl“ eine Ausnahme, denn die Briefwahl ist ja gerade auch vorgesehen für Menschen, welche bei der Stimmabgabe ggf. Unterstützung brauchen.

Exkurs – Wahlanfechtung bei Verstoß gegen die Grundsätze

Grundsätzlich gibt es drei nachfolgenden Fälle, die eine Wahlanfechtung möglich machen:

  • Fehler im Wählerverzeichnis
  • Verstöße gegen das Wahlrecht
  • Verstöße gegen das festgelegte Wahlverfahren

Für die Prüfung der Bundestagswahl bzw. der Einsprüche und Beschwerden in Bezug auf die Bundestagswahl sind der/die Bundeswahlleiter*in und die Wahlausschüsse verantwortlich. Die schlussendliche Entscheidung, ob die Bundestagswahl ganz oder in Teilen wiederholt werden muss, steht aber allein dem Bundestag zu, welcher aber nur bei Einsprüchen tätig werden darf. Im Bundestag ist hierfür der Wahlprüfungsausschuss verantwortlich. Die Berechtigung für einen Einspruch haben alle Wahlberechtigten, jede Gruppe von Wahlberechtigten und in amtlicher Funktion auch jede*r Landeswahlleiter*in, die/der Bundeswahlleiter*in und die/der Präsident*in des Bundestages. Der schriftliche Einspruch muss innerhalb von 2 Monaten nach der Wahl mit einer Begründung des selbigen eingehen (Einzelheiten regelt das Wahlprüfungsgesetz). Von den meisten Einsprüchen und Wahlprüfungsbeschwerden bei den Bundestagswahlen bekommt man kaum etwas mit; die Zahl der selbigen hat aber in den letzten Jahren stark zugenommen:

  • 2009
    • 163 Einsprüche beim Bundestag
    • 23 Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht
  • 2013
    • 224 Einsprüche beim Bundestag
    • 58 Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht
  • 2017
    • 275 Einsprüche beim Bundestag
    • 83 Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht
  • 2021
    • 2.115 Einsprüche beim Bundestag
    • 19 Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht

Quellen

Published inPolitix by FOAMio

Sei der Erste der einen Kommentar abgibt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert