Auf dieser Seite findet Ihr weitere Informationen, darunter vor allem viele Fachbegriffe, für die Dokumentation des psychopathologischen Befunds im Rahmen eines notfallpsychiatrischen Einsatzes.
Bewusstsein & Orientierung
- quantitative Bewusstseinsstörung (auch Bewusstseinsminderung)
- Benommenheit: Verlangsamung von Denken und Handeln (Apathie)
- Somnolenz: Schläfrigkeit, aber leicht erweckbar
- Sopor: Schläfrigkeit, aber schwer erweckbar
- Koma: akuter Zustand, der länger als eine Stunde und in der Regel weniger als einen Monat andauert, bei dem die Patient*innen nicht ansprechbar sind, mit geschlossenen Augen da liegen und auch durch heftige und schmerzhafte Reize nicht erweckt werden können
- qualitative Bewusstseinsstörung
- Bewusstseinstrübung: Beeinträchtigung der Klarheit des Bewusstseins, gekennzeichnet durch die beeinträchtigte Fähigkeit, Aspekte der Umwelt oder des Selbst in Bezug auf die Umwelt zu erfassen, mit Unaufmerksamkeit sowie Anomalien in Denkprozessen und im Verständnis)
- Bewusstseinseinengung: Fixierung auf bestimmtes Erleben (verminderte Ansprechbarkeit)
- Bewusstseinsverschiebung: Vergrößerung des Erfahrungsraumes (Gefühl der Intensitätssteigerung)
- Orientierungsstörungen (CAVE: ggf. auch fluktuierend gestört)
- zeitliche Desorientiertheit: Beeinträchtigung oder Verlust der Bewusstheit für die Position des Selbst in Bezug auf Zeit
- örliche Desorientiertheit: Beeinträchtigung oder Verlust der Bewusstheit für die Position des Selbst in Bezug auf Ort
- personelle Desorientiertheit: Beeinträchtigung oder Verlust der Bewusstheit für die Position des Selbst in Bezug auf die eigene oder andere Personen
- situative Desorientiertheit: Beeinträchtigung oder Verlust der Bewusstheit für die Position des Selbst in Bezug auf die Situation
Affekt/Affektivität
intensive und heftige, aber kurze Zeit währende Gefühlsregung, in der Regel verbunden mit beobachtbaren körperlichen Symptomen (spezifische mentale Funktionen, die in Zusammenhang mit Gefühlen und affektiven Komponenten von Bewusstseinsprozessen stehen)
- Affekt
- abgestumpfter/stumpfer Affekt: starke Reduzierung des Ausdrucksumfangs und der Intensität des Affekts, der jedoch weniger als beim flachen Affekt beobachtet wird
- eingeschränkter Affekt: deutliche Verringerung des Ausdrucksumfangs und der Intensität des Affekts, jedoch weniger als beim abgestumpften Affekt
- flacher Affekt: Abwesenheit oder nahezu Abwesenheit jeglicher Anzeichen von affektivem Ausdruck
- inadäquater Affekt (Parathymie): deutlicher Widerspruch zwischen Inhalt und Form der Mitteilung
- labiler Affekt (Affektlabilität): ausgeprägte Variabilität im emotionalen Ausdruck, mit wiederholten, schnellen und abrupten Wechseln (Affektwechsel)
- Affektdurchlässigkeit/Affektinkontinenz: fehlende Beherrschung von Affektäußerungen
- unangemessener Affekt: affektiver Ausdruck, der nicht mit dem Inhalt der Äußerungen oder Vorstellungen der Person übereinstimmt oder nicht mit den Anforderungen einer bestimmten Situation vereinbar ist
- gesteigerter Affekt: positiver affektiver Zustand, der typischerweise durch erhöhte Energie und Selbstwertgefühl gekennzeichnet ist und in keinem Verhältnis zu den Lebensumständen der Person stehen kann
- läppischer Affekt: alberne, leere Heiterkeit mit dem Anstrich des Einfältigen, Törichten, Unreifen
- Affektarmut: Zustand geringer Affekt- und Gefühlsansprechbarkeit (gleichgültig, emotional verhalten, lust- und interesselos)
- Euphorie: übermäßiges Gefühl von körperlichem und emotionalem Wohlbefinden und Vitalität
- Ambivalenz: widersprüchliche Ideen, Wünsche oder Gefühle gegenüber einer Person, Sache oder Situation, die belastend sind und zu Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung führen können
- Wut: emotionaler Zustand, der mit der psychologischen Interpretation einer Bedrohung zusammenhängt und in seiner Intensität von leichter Irritation bis zu intensiver Wut und Zorn reichen kann
- Wutausbruch: emotionaler Ausbruch, in der Regel bei Kindern oder Personen in emotionaler Notlage, der typischerweise durch Hartnäckigkeit, Weinen, Schreien, Trotz, Wut, Widerstand gegen Beschwichtigungsversuche und in einigen Fällen durch Schlagen oder anderes gewalttätiges Verhalten gekennzeichnet ist
- Anhedonie: Unfähigkeit, Freude bei normalerweise vergnüglichen Aktivitäten zu erleben
- Angst: Befürchtung oder Vorwegnahme einer zukünftigen Gefahr oder eines Unglücks, begleitet von einem Gefühl der Sorge, des Kummers oder somatischen Symptomen der Anspannung (Fokus der erwarteten Gefahr kann intern oder extern sein)
- Apathie: Verringerung oder Fehlen von Gefühlen, Emotionen, Interesse oder Sorge; ein Zustand der Gleichgültigkeit
- depressive Stimmung: negativer affektiver Zustand, der durch gedrückte Stimmung, Traurigkeit, Leere, Hoffnungslosigkeit oder Niedergeschlagenheit gekennzeichnet ist
- Dysphorie: unangenehmer affektiver Zustand, der Gefühle von Depression, Angst, Unzufriedenheit, Reizbarkeit und Unglücklichsein umfassen kann
- Euphorie: übermäßiges Gefühl von körperlichem und emotionalem Wohlbefinden und Vitalität
- Angst: emotionale Reaktion auf eine wahrgenommene unmittelbare Bedrohung oder Gefahr, verbunden mit dem Drang zu fliehen oder zu kämpfen
- Schuldgefühle: Reue in Bezug auf vergangene Ereignisse oder vergangene Handlungen (oder Untätigkeit), Gedanken oder Wünsche der Person
- Irritabilität: affektiver Zustand, der dadurch gekennzeichnet ist, dass man sich leicht verärgern lässt und zu Wutanfällen provoziert wird, die in keinem Verhältnis zu den Umständen stehen
- bleierne Lähmung: Gefühl, dass die Arme oder Beine schwer wie Blei sind, verbunden mit einer Form der Depression, die auch häufig mit übermäßigem Essen und zu viel Schlafen einhergeht
- Grübeln: geistige Auseinandersetzung mit negativen Ereignissen, persönlichen Eigenschaften oder Misserfolgen
- Ruhelosigkeit (innere Unruhe): Gefühl, nicht stillhalten zu können
- Sorge: unangenehme, schwer zu kontrollierende Gedanken, die sich auf erwartete potentielle negative Ereignisse beziehen
- Insuffizienzgefühle: Gefühle, nichts wert, unfähig, untüchtig zu sein
- gesteigerte Selbstwertgefühle: Gefühle, besonders viel wert, besonders tüchtig zu sein
- Paramimie: mimisches Verhalten und affektiver Erlebnisgehalt stimmen nicht überein
Antrieb, Motivation oder Energie
- Antriebsminderung (Antriebsarmut): allgemeiner Mangel an Antrieb oder ein Mangel an Motivation, sinnvolle Ziele zu verfolgen (z. B. durch eine eingeschränkte Teilnahme bei der Arbeit, in der Schule oder an sozialen Kontakten mit anderen)
- Antriebshemmung: Initiative und Energie werden nicht als an sich vermindert, sondern als gebremst erlebt („alles fällt mir schwerer als sonst“)
- verminderte Libido: vermindertes sexuelles Verlangen oder verminderte sexuelle Aktivität im Vergleich zum üblichen Niveau des sexuellen Interesses und Funktionierens der Patient*innen
- Demoralisierung: Verlust des Vertrauens in die eigene Fähigkeit zur Bewältigung, mit damit verbundenen Gefühlen von Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Entmutigung
- Hoffnungslosigkeit: wenig oder kein Glaube an eine positive Zukunft
- erhöhte Energie: erhöhte körperliche oder geistige Ressourcen für Aktivitäten, typischerweise gekennzeichnet durch erhöhte Arbeitsfähigkeit und größere Effizienz bei der Reaktion auf Reize
- erhöhte zielgerichtete Aktivität: erhöhte Planung von und Teilnahme an mehreren Aktivitäten (z. B. sexuell, beruflich, politisch, religiös), verglichen mit dem typischen Aktivitätsniveau der Person
- erhöhte Libido: erhöhtes sexuelles Verlangen oder gesteigerte sexuelle Aktivität im Vergleich zum üblichen Grad des sexuellen Interesses und Funktionierens der Patient*innen
- Müdigkeit: Gefühl verminderter Wachsamkeit und damit einhergehende Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, in manchen Fällen mit der Folge eines Einschlafimpulses oder einer Einschlafneigung
- Stupor: vollständiges oder fast vollständiges Fehlen spontaner Bewegungen und erhebliche Abnahme der Reaktivität auf die Umgebung
Wahrnehmungs- & Denkleistung
Wahrnehmungsstörungen
- Halluzinationen (Sinneswahrnehmungen einer beliebigen Modalität, die in Abwesenheit des entsprechenden externen Reizes auftreten)
- akustische Halluzinationen: Halluzinationen, bei denen Geräusche wahrgenommen werden, am häufigsten Stimmen, manchmal aber auch Klickgeräusche oder andere Geräusche, die nicht auf die Zeit des Aufwachens oder des Einschlafens beschränkt sind
- gustatorische Halluzinationen: Geschmackshalluzinationen in Abwesenheit eines tatsächlichen äußeren Reizes
- hypnagoge Halluzinationen: Halluzinationen, die zu Beginn des Schlafes auftreten, meist der visuellen, taktilen oder auditiven Modalität
- hypnopompe Halluzinationen: Halluzinationen, die während der Zeit des Erwachens auftreten, am häufigsten der visuellen, taktilen oder auditiven Modalität
- olfaktorische Halluzinationen: Halluzinationen, bei denen Geruchswahrnehmunge in Abwesenheit eines tatsächlichen äußeren Reizes auftreten
- optische Halluzinationen: Halluzinationen, bei denen in Abwesenheit eines tatsächlichen visuellen Reizes gesehen wird und die nicht auf die Zeit des Erwachens oder des Einschlafens beschränkt sind
- taktile Halluzinationen (Zönästhesien): Halluzinationen mit der Wahrnehmung, berührt zu werden, die nicht auf die Zeit des Aufwachens oder den Beginn des Schlafes beschränkt sind
- sonstige Wahrnehmungsstörungen
- veränderte Wahrnehmungsintensität: Sinneseindrücke sind farbiger, lebhafter, farbloser, verschleiert o.Ä.
- Mikro-/Makropsie: Gegenstände werden verkleinert bzw. entfernter oder näher wahrgenommen
- Metamorphopsie (Dysmorphopsie): Gegenstände werden in Farbe oder Form verändert oder verzerrt wahrgenommen
- Störung des Körperbildes: übermäßig negative, verzerrte oder ungenaue Wahrnehmung des eigenen Körpers oder von Teilen des Körpers
- Illusionen: Fehlinterpretation einer wahren Empfindung (z. B. das Hören von Stimmen im Geräusch von fließendem Wasser, die Wahrnehmung von Figuren in Schatten)
Denkstörungen
formale Denkstörungen
- Denkverlangsamung: Gedankengang schleppend bzw. verzögert; Denken scheint für Patient*innen mühsam (oft auch als Denkhemmung empfunden)
- umständliches Denken: relativ milde Störung des assoziativen Denkprozesses, die sich typischerweise in Sprache oder Schrift manifestiert und dadurch gekennzeichnet ist, dass man aufgrund der Einfügung von unnötigen Details und irrelevanten Klammerbemerkungen nicht zum Punkt kommt.
- eingeengtes Denken: Einschränkung des inhaltlichen Denkumfangs, Verhaftetsein an ein Thema oder wenige Themen
- sprunghaftes Denken: Störung im assoziativen Denkprozess, die sich typischerweise im Sprechen manifestiert, bei der die Person dazu neigt, durch Assoziationen leicht vom besprochenen Thema zu anderen Themen abzuschweifen, ohne jemals zum ursprünglichen Thema zurückzukehren
- desorganisiertes Denken: Störung im assoziativen Denkprozess, die sich typischerweise im Sprechen äußert, bei der die Person plötzlich von einem Thema zu einem anderen wechselt, das keinen oder nur einen geringen Bezug zum ersten Thema hat (Zusammenhanglosigkeit oder Unlogik des Denkens ist nicht bewusst)
- Perseveration: Wiederholung gleicher Denkinhalte und Haftenbleiben an vorherigen Worten oder Angaben, die verwendet wurden, aber nun nicht mehr sinnvoll sind
- ständiges Grübeln: unablässiges Beschäftigen mit bestimmten, meist unangenehmen Gedanken (meist Gedanken, die mit der aktuellen Lebenssituation in Zusammenhang stehen)
- Gedankendrängen: übermäßiger Druck durch viele Einfälle oder auch ständig wiederkehrende Gedanken
- Ideenflucht/Gedankenflucht: fast ununterbrochener Gedankenfluss, der sich meist in Sprache äußert, mit schnellen Wechseln von Thema zu Thema, die oft auf verständlichen Assoziationen, ablenkenden Reizen oder Wortspielen beruhen (in schweren Fällen können Wechsel so schnell sein, dass die Sprache desorganisiert und inkohärent ist)
- Vorbeireden: Betroffene gehen nicht auf Fragen ein, sondern es werden andere Inhalte vorgebracht, obwohl aus Antwort und/oder Situation ersichtlich ist, dass die Frage verstanden wurde
- Sperrung/Gedankenabreißen: Phänomen, das sich in der Regel dadurch äußert, dass das Sprechen der Person plötzlich durch Stille unterbrochen wird, was als eine schnelle und totale Entleerung des Geistes erlebt wird
- Faseligkeit: Satzbau ist grammatikalisch noch intakt, aber Konsequenz des gedanklichen Zusammenhangs und/oder die Informationsdichte des Gesagten ist reduziert
- inkohärentes Denken (Inkohärenz/Zerfahrenheit): Sprechen oder Denken, das so desorganisiert ist, dass es für andere im Wesentlichen unverständlich ist (von zerstörtem grammatikalischer Satzbau bis unverständliches, sinnleertes Wort- und Silbengemisch)
- Neologismen: Erfindung neuer Wörter, die nur für die Person, die sie benutzt, eine Bedeutung haben (auch Verwendung bestehender Wörter in einer Weise, die nicht mit ihrer üblichen Bedeutung übereinstimmt)
inhatliche Denkstörungen
Wahn
Überzeugung, die nachweislich unwahr ist oder von anderen nicht geteilt wird und in der Regel auf falschen Schlüssen über die äußere Realität beruht
- Unterscheidung nach Art der Wahnentstehung
- Wahneinfall: plötzliches Aufkommen wahnhafter Überzeugungen
- Wahnwahrnehmung: richtige Sinneswahrnehmungen erhalten eine im Sinne des Wahnhaften abnorme Bedeutung
- Erklärungswahn: wahnhafte Überzeugung zur Erklärung psychotischer Symptome
- Charakterisierung des Wahnerlebens
- Wahnstimmung: Stimmung des Unheimlichen, aus dem heraus Wahnideen entstehen (allgemeines, unbestimmtes Gefühl, dass etwas der Luft liegt; Wahnstimmung geht häufig der Wahnwahrnehmung voraus)
- Wahndynamik: affektive Beteiligung im Rahmen des Wahns (z. B. Euphorie beim Größenwahn, Angst beim Verfolgungswahn)
- systematischer Wahn: Wahnideen werden durch (para)logische Verknüpfungen zu einem „Wahngebäude“ ausgestaltet
- synthymer Wahn: Wahninhalt und der der zugrunde liegenden Erkrankung charakteristische Affekt stimmen überein
- dysthymer Wahn: eine der affektiven Grundstimmung nicht entsprechende Wahnentwicklung
- Unterscheidung nach dem Wahninhalt
- Bedeutungswahn: zufälligem Ereignis wird eine besondere Bedeutung zugeschrieben
- Beziehungswahn: Wahn, dass Ereignisse, Objekte oder andere Personen in der unmittelbaren Umgebung der Person eine besondere und ungewöhnliche persönliche Bedeutung haben
- Doppelgänger-Wahn: Wahn, dass Menschen in der Umgebung Hochstapler oder Schauspieler sind oder anderweitig nicht die sind, die sie zu sein scheinen
- Eifersuchtswahn: Wahn, dass der eigene Sexualpartner untreu ist
- Größenwahn: Wahn von überhöhtem Wert, Macht, Wissen, Identität oder einer besonderen Beziehung zu einer Gottheit oder berühmten Person
- Kontrollwahn: Wahn, bei dem eine externe Kraft oder Person die Gefühle, Impulse, Gedanken oder das Verhalten einer Person kontrolliert
- Liebeswahn: Wahn, dass eine andere Person, normalerweise von höherem Status, in die Person verliebt ist
- Schuldwahn: Wahn, der eine übertriebene oder unangemessene Verantwortung, das Bedürfnis nach Bestrafung oder Vergeltung oder unverhältnismäßige Konsequenzen der eigenen Handlungen beinhaltet
- Verarmungswahn: wahnhafte Überzeugung, dass man derzeit mittellos ist oder es bald sein wird, oder dass man trotz gegenteiliger Beweise nicht über die notwendigen finanziellen Mittel zum Leben verfügt
- Verfolgungswahn: Wahn, bei der das zentrale Thema ist, dass man oder jemand, dem man nahe steht angegriffen, verspottet, belästigt, betrogen, verschworen oder verfolgt wird
- bizarrer Wahn: Wahn, der ein Phänomen beinhaltet, das im kulturellen Kontext der Person als physikalisch unmöglich angesehen werden würde
- nihilistischer Wahn: Wahn, dass das Selbst, ein Teil des Selbst, ein Teil des Körpers, andere Personen oder die ganze Welt aufgehört hat zu existieren
- religiöser Wahn: Wahn, der religiöse oder spirituelle Themen oder Inhalte beinhaltet, die von anderen Mitgliedern der religiösen Gruppe der Person nicht als möglich akzeptiert werden
- somantischer/hypochondrischer Wahn: Wahn, der die Funktion oder das Aussehen des eigenen Körpers betrifft, einschließlich der Vorstellung, eine schwere Krankheit zu haben
überwertige Ideen
unvernünftige und anhaltende Überzeugungen, die mit weniger als wahnhafter Intensität aufrechterhalten werden (Vorstufe des Wahns; Überzeugung noch korrigierbar)
- Verfolgungsidee: Vorstellungen, die nicht von wahnhafter Intensität sind und den Verdacht oder die Überzeugung beinhalten, von anderen belästigt, verfolgt oder ungerecht behandelt zu werden
Zwangsgedanken
sich wiederholende und anhaltende Gedanken, Bilder oder Impulse/Erregungen, die als aufdringlich und unerwünscht erlebt werden und häufig mit Angst verbunden sind
- Zwangsbefürchtungen: Zwangsgedanke, der einen etwas Neagtives erwarten lässt (z.B. Befürchtung, Lebenspartner*in könnte etwas passieren)
- Zwangsgrübeln: geistige Auseinandersetzung mit negativen Ereignissen, persönlichen Eigenschaften oder Misserfolgen, die ohne Lösung immer wieder durchdacht werden
- Zwangserinnerungen: bestimmte Erinnerungen tauchen immer wieder auf und können nicht verdrängt werden
- Zwangsfragen: Fragen, die einer Bezugsperson immer wieder gestellt werden
- Zwangszählen (auch Zählzwang oder Arithmomanie genannt): Zwangsgedanke, bei dem Betroffene ein starkes Bedürfnis haben, sich mit Zählen und Rechnen zu beschäftigen
- Zwangswiederholungen: bestimmte Gedanken müssen ritualisiert wiederholt werden
- Erledigungszwang: ständige Gedanken, dass noch etwas Wichtiges zu erledigen werden muss
- Zwangsideen: Aufdrängen von nicht unterdrückbaren Denkinhalten, die entweder selbst sinnlos oder in ihrer Persistenz und Penetranz als unsinnig und meist als quälend empfunden werden
sonstige Störungen des inhaltlichen Denkens
- Überheblichkeit: übertriebenes Selbstwertgefühl oder ein unrealistischer Glaube an die eigene Überlegenheit, Wichtigkeit, Fähigkeiten oder Identität
- Mordfantasien: Gedanken, Ideen oder Grübeleien über die Tötung einer anderen Person, die von vagen Rachegedanken bis zu detaillierten und ausformulierten Plänen reichen, aber keine tatsächlichen Mordversuche beinhalten
- Identitätsstörung: Verzerrung oder Inkonsistenz im Sinn oder in der Ansicht von Gleichheit und historischer Kontinuität des eigenen Ichs
- Misstrauen: Verhalten anderer wird mit Angst, Misstrauen oder Feindseligkeit betrachtet und als potenziell bedrohlich wahrgenommen
kognitive Leistungen
Kognition
- Amnesie: Unfähigkeit vergangene Erlebnisse zu erinnern, insbesondere wo Erinnerung erwartet werden kann
- anterograde Amnesie: Unfähigkeit, vergangene Erlebnisse zu erinnern (wo Erinnerung zu erwarten ist), die nach einem psychischen oder physischen Ereignis aufgetreten ist, das vermutlich für die Amnesie verantwortlich ist
- retrograde Amnesie: Unfähigkeit, vergangene Erlebnisse zu erinnern (wo Erinnerung zu erwarten wäre), die einem psychischen oder physischen Ereignis vorangeht, das vermutlich für die Amnesie verantwortlich ist
- Transiente globale Amnesie (TGA): zeitlich begrenzte Episode (bis zu zwei Tagen Dauer) eines Verlusts des Kurzzeitgedächtnisses ohne andere Anzeichen oder Symptome einer neurologischen Beeinträchtigung
- Anosognosie: mangelndes Bewusstsein oder Verkennen der eigenen Erkrankung, der Symptome oder funktionellen Defizite, die als Merkmale der Krankheit angesehen werden
- Konfabulation: Auffüllen von Gedächtnislücken mit fabrizierten, verzerrten oder fehlinterpretierten Erinnerungen über sich selbst oder die Welt, ohne bewusste Täuschungsabsicht
- Ablenkbarkeit: Schwierigkeiten, sich auf Aufgaben zu konzentrieren; die Aufmerksamkeit wird leicht durch fremde Reize abgelenkt
- beeinträchtigtes abstraktes Denken: Unfähigkeit, Konzepte zu verwenden und Verallgemeinerungen zu machen und zu verstehen (z. B. die Identifizierung von Eigenschaften oder Mustern, die eine Vielzahl von spezifischen Gegenständen oder Ereignissen gemeinsam haben)
- beeinträchtigte exekutive Funktionen: Beeinträchtigung höherer kognitiver Fähigkeiten, wie Planung, Sequenzierung, Konzeptbildung, Abstraktion und Entscheidungsfindung
- beeinträchtigte Urteilsbildung: Defizit in der Fähigkeit, fundierte, begründete und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen
- Perseveration: ständige Wiederholung von zuvor verwendeten Wörtern, Sätzen oder Details, die nicht auf die Anforderungen der Situation eingehen
- herabgesetze Konzentration: Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit zu fokussieren und das mentale Energieniveau aufrechtzuerhalten, das notwendig ist, um eine Aufgabe oder ein Ziel zu erreiche
- rasende Gedanken: subjektive Wahrnehmung von beschleunigten Denkprozessen
- Paramnesie (Wahn-, Trugerinnerungen): Gedächtnisstörungen mit verfälschter Erinnerung (z.B. „Déjà-vu“ oder „Jamais-vu“)
Ich-Störungen
- rein emotionale Wahrnehmung
- Depersonalisation/Depersonalisierung: Erleben des Selbst als fremd oder unwirklich, oder das Gefühl, von den eigenen Gedanken, Gefühlen, Empfindungen, dem Körper oder den Handlungen losgelöst zu sein, oder als ob man ein Beobachter von außen wäre
- Derealisation/Deralisierung: Erleben von anderen Personen, Objekten oder der Welt als fremd oder unwirklich (z. B. traumhaft, weit entfernt, nebelig, leblos, farblos oder visuell verzerrt) oder das Gefühl, von der Umgebung losgelöst zu sein
- Fremdbeeinflussungserleben
- Gedankenausbreitung: Überzeugung, dass andere Menschen Anteil an seinen Gedanken haben und somit auch wüssten, was er denke
- Gedankeneinfügung/Gedankeneingebung: Erfahrung, dass einem bestimmte Gedanken von anderen in den Kopf gesetzt werden
- Gedankenentzug: Erfahrung, dass die eigenen Gedanken von einer äußeren Person oder Kraft entfernt werden
- Gedankenübertragung: Erfahrung, dass die eigenen Gedanken für andere zugänglich sind, dass also andere wissen, was man denkt
- Fremdbeeinflussungserlebnis: Gefühl, dass Fühlen, Streben, Wollen und Handeln als von außen gemacht, gelenkt oder gesteuert empfunden werden
Verhalten
- aggressives Verhalten: Handlungen, die darauf abzielen, eine andere Person zu bedrohen, zu verletzen oder Eigentum zu beschädigen, die physisch, verbal oder symbolisch sein können (z. B. gegen die Interessen der anderen Person handel); aggressives Verhalten kann angemessen und selbstschützend oder unangemessen, feindselig und destruktiv sein
- antisoziales Verhalten: Verhalten, bei dem die Grundrechte anderer oder wichtige altersgemäße gesellschaftliche Normen, Regeln oder Gesetze verletzt werden
- vermeidendes Verhalten: Handlung, sich von Umständen, Situationen oder Reizen fernzuhalten, die Angst oder andere negative Emotionen in der Person verursachen
- Bradyphrenie: Langsamkeit der Gedanken oder Ermüdung der Eigeninitiative
- Koprolalie: unwillkürliches Fluchen oder das unwillkürliche Äußern von obszönen Wörtern oder sozial unangemessenen und abfälligen Bemerkungen (z.B. bei Tourette-Syndrom)
- desorganisiertes Verhalten: Verhalten, einschließlich Körperhaltung, Gangart und anderer Handlungen, die unvorhersehbar oder nicht zielgerichtet sind (z.B. das Anschreien von Fremden auf der Straße)
- disruptives Verhalten: Verhalten, das bei anderen oder in der eigenen Umgebung Unordnung und Unruhe verursacht (z.B. Wutausbrüche, Streit, Ungehorsamkeit)
- Echolalie: automatische Wiederholung von Vokalisationen, Wörtern oder Sätzen, die von einer anderen Person geäußert werden, die unmittelbar oder verzögert erfolgen kann, ohne eine sinnvolle kommunikative Funktion
- exzessives Weinen: Phasen des Weinens über mehrere Stunden am Tag an mehr als mehreren Tagen pro Woche über mehrere Wochen bei einer ansonsten gesunden Person
- erhöhte Kontaktfreudigkeit: Verminderung oder Verlust normaler sozialer Hemmungen, die sich in verstärkten Impulsen, mit anderen Menschen zusammen zu sein und mit ihnen zu sprechen, manifestieren, einschließlich übermäßiger Vertrautheit, verglichen mit dem typischen Aktivitätsniveau der Person
- Mutismus: Mangel an verbaler Leistung, der generalisiert oder auf bestimmte Situationen beschränkt sein kann
- Logorrhoe: übermäßiger Rededrang (keine sinnvolle Kommunikation möglich)
- nichtsuizidale Selbstverletzung: absichtliche Selbstverletzung des Körpers, meist durch Schneiden, Kratzen, Brennen, Beißen oder Schlagen, in der Erwartung, dass die Verletzung nur zu einem geringen körperlichen Schaden führt
- sonderbares oder merkwürdiges Verhalten: Verhalten, einschließlich Körperhaltung und Gangart, das exzentrisch, ungewöhnlich oder eigenartig ist und nicht mit kulturellen oder subkulturellen Normen übereinstimmt
- Panikattacke: diskrete Periode intensiver Angst oder Befürchtungen, die mit dem schnellen und gleichzeitigen Auftreten einer Reihe charakteristischer Symptome einhergeht (Symptome: u.a. Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz, Schwitzen, Zittern, das Gefühl von Atemnot, Erstickungsgefühle, Schmerzen in der Brust, Übelkeit oder Bauchschmerzen, Schwindelgefühle oder Benommenheit, Schüttelfrost oder Hitzewallungen, Kribbeln oder fehlendes Gefühl in den Extremitäten, Depersonalisierung oder Derealisierung, Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden, und Angst vor dem bevorstehenden Tod)
- Sprachverarmung: allgemeiner Mangel an unaufgefordertem Inhalt und Elaboration, wie er normalerweise beim Sprechen auftritt, der auf Gedankenarmut zurückgeführt wird (z.B. Negativsymptom der Schizophrenie)
- Sprechen mit Druck: Sprechen, bei dem die Person einen unangemessenen Druck verspürt, die Worte herauszubekommen. Das Sprechen der Person ist in der Regel schnell, laut und nachdrücklich und kann schwierig oder unmöglich zu unterbrechen sein
- psychomotorische Unruhe: übermäßige motorische Aktivität, die sich meist durch zwecklose Verhaltensweisen wie Zappeln, Schieben, Herumfuchteln, Unfähigkeit, still zu sitzen oder zu stehen, Ringen der Hände usw. äußert
- psychomotorische Verlangsamung: sichtbare, allgemeine Verlangsamung der Bewegungen und der Sprache
- sozialer Rückzug: Rückzug aus Beziehungen und anderen sozialen Interaktionen
- Zwang: sich wiederholende Verhaltensweisen oder Rituale (z.B. Waschen, Überprüfen) oder mentale Handlungen (z.B. stummes Wiederholen von Wörtern), zu deren Ausführung sich der Betroffene als Reaktion auf eine Besessenheit, nach starren Regeln oder zum Erreichen eines Gefühls der „Vollständigkeit“ getrieben fühlt
- Automatismen: automatische Handlungen, die als nicht von sich selbst intendiert empfunden werden
- Negativismus: Tendenz, sich Vorschlägen oder Ratschlägen zu widersetzen oder zu widerstehen, oder sich ohne ersichtlichen Grund hartnäckig zu widersetzen
- Befehlsautomatie: automatenhaftes Befolgen gegebener Befehle
- Stereotypien: Stereotypien beziehen sich auf einfache oder komplexe Bewegungen, die sich ständig und identisch wiederholen. Diesen geht meist kein unangenehmes Gefühl voraus
- Tic: Störungen, die durch kurze, plötzliche, sich wiederholende Bewegungen (motorische Tics) oder Äußerungen (phonische oder vokale Tics) gekennzeichnet sind, die vorübergehend unterdrückt werden können und denen in der Regel ein starker Drang vorausgeht, den Tic auszuführen
- Manierismen: sonderbare, unnatürliche, gekünstelte Züge des Verhaltens
Essens & verwandtes Verhalten
- vermeidendes oder restriktives Essen: Akzeptanz einer nur eingeschränkten Ernährung, die in Bezug auf eine bestimmte Nahrungszusammensetzung oder sensorische Merkmale von Nahrungsmitteln definiert sein kann, die mit kulturellen oder subkulturellen Normen nicht vereinbar ist
- Binge-Eating: Phase, in der eine Person deutlich mehr als gewöhnlich isst und das Gefühl hat, dass sie nicht in der Lage ist, aufzuhören oder die Menge oder Art der verzehrten Nahrung einzuschränken
- Nahrungsaufnahme nichtnahrhafter Substanzen: Konsum von Non-Food-Gegenständen und -Materialien (z. B. Ton, Erde, Kreide, Gips, Kunststoff, Metall und Papier) oder rohen Nahrungsmittelzutaten (z. B. große Mengen an Salz oder Maismehl)
- Purging-Verhalten: Verhalten, das darauf abzielt, aufgenommene Nahrung aus dem Körper zu entfernen, mit der spezifischen Absicht, Gewicht zu verlieren oder eine Gewichtszunahme zu verhindern (z. B. selbst herbeigeführtes Erbrechen, Abführmittelmissbrauch oder die Verwendung von Einläufen)
- Rumination oder Regurgitation: Wiederkauen von zuvor verschluckter Nahrung, die durch Regurgitation zurück in den Mund gebracht wurde, die dann wieder geschluckt oder ausgespuckt werden kann
- verminderter Appetit: vorübergehende oder anhaltende verminderte Motivation oder Lust auf Essen im Vergleich zu dem, was für die Person typisch ist
- übermäßige Gewichtszunahme: Zunahme der Gesamtkörpermasse aufgrund von Flüssigkeits-, Fett- oder Fettgewebezunahme oder Magermasse (Muskel-), die außerhalb des erwarteten Bereichs für normales Wachstum und normale Entwicklung liegt und in Menge oder Geschwindigkeit ausreicht, um ein Risiko für die Gesundheit der Person darzustellen
- übermäßiger Gewichtsverlust: Verringerung der Gesamtkörpermasse aufgrund von Flüssigkeits-, Körperfett- oder Fettgewebsverlusten oder einer Verringerung der Magermasse (Muskeln), die quantitativ oder prozentual so groß ist, dass sie ein Risiko für die Gesundheit der Person darstellt
- gesteigerter Appetit: intermittierende oder anhaltende erhöhte Lust oder Verlangen nach Nahrung im Vergleich zu dem, was für die Person typisch ist
- Überessen: Verzehr von übermäßiger Nahrung im Verhältnis zum Energie- und Nährstoffbedarf
Persönlichkeitsmerkmale
- Aufmerksamkeitsbedürfnis: Tendenz zu einem Verhalten, das darauf abzielt, Aufmerksamkeit zu erregen und sich selbst in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer zu stellen
- Gefühlskälte: mangelnde Sorge um die Gefühle oder Probleme anderer; ein Mangel an Schuldgefühlen oder Reue über die negativen oder schädlichen Auswirkungen der eigenen Handlungen auf andere
- Exzentrik: Tendenz zu einem Aussehen oder Verhalten, das seltsam, ungewöhnlich, eigenartig oder unkonventionell ist und nicht den kulturellen oder subkulturellen Normen entspricht
- Anspruchshaltung: Überzeugung, dass man von Natur aus Privilegien oder eine Sonderbehandlung verdient
- Feindseligkeit: Tendenz, anhaltende oder häufige wütende Gefühle zu empfinden, insbesondere als Reaktion auf geringfügige Kränkungen und Beleidigungen, und eine unfreundliche oder bedrohliche Haltung in Interaktionen mit anderen einzunehmen
- Impulsivität: Tendenz zu spontanem Handeln als Reaktion auf unmittelbare Reize, gekennzeichnet durch einen Mangel an Überlegung und das Versäumnis, Risiken und Konsequenzen vor dem Handeln zu bedenken
- Unentschlossenheit: Tendenz, Schwierigkeiten zu haben, Entscheidungen zu treffen oder sich auf eine Handlungsweise festzulegen
- Verantwortungslosigkeit: Muster der Missachtung und Nichteinhaltung von Verpflichtungen oder Zusagen; mangelnder Respekt und mangelnde Einhaltung von Vereinbarungen oder Versprechen; Nachlässigkeit im Umgang mit dem Eigentum anderer
- niedrige Frustrationstoleranz: verminderte Fähigkeit, die eigenen Emotionen und das eigene Verhalten als Reaktion auf frustrierende Umstände zu regulieren
- niedriges Selbstwertgefühl: geringe Einschätzung des eigenen Selbstwerts
- negative Affektivität: Tendenz, ein breites Spektrum an belastenden Emotionen zu erleben, z. B. Angst, Wut, Reizbarkeit, Depression und andere negative emotionale Zustände, oft als Reaktion auf relativ geringe tatsächliche oder wahrgenommene Stressoren
- Perfektionismus: Neigung, von sich selbst oder anderen Makellosigkeit zu verlangen und übermäßig hohe Standards zu setzen
- Pessimismus: Neigung, ungünstige Aspekte, Bedingungen und Möglichkeiten zu betonen oder das schlimmstmögliche Ergebnis zu erwarten
- Leichtsinnigkeit: Tendenz zu einem Verhalten, das potenziell die körperliche Gesundheit, die Sicherheit oder das Leben einer Person gefährdet
- Sensationssuchen: Neigung, nach Erfahrungen und Gefühlen zu suchen, die vielfältig, neuartig, komplex und intensiv sind
- Hartnäckigkeit: unerschütterliches Festhalten an einer Meinung, einem Ziel oder einer Handlungsweise, trotz Vernunft, Argumenten oder Überzeugung
- Unterwürfigkeit: Tendenz, das eigene Verhalten an die tatsächlichen oder wahrgenommenen Interessen und Wünsche anderer anzupassen, auch wenn dies den eigenen Interessen, Bedürfnissen oder Wünschen zuwiderläuft
Notfallexploration
- persönliche Daten (Alter, Geschlecht etc.)
- konkrete Probleme (Auslöser)
- aktuelle Vorgeschichte mit zeitlichem Symptomverlauf
- kürzliche psych. Vorbehandlung
- spezifische psychiatrische Anamnese bzw. psychiatrische Vorgeschichte (auch psychische Auffälligkeiten/ Erkrankungen bei Verwandten 1. & 2. Grades)
- allgemeinmedizinische Anamnese (auch Familieanamnese)
- Drogen- und/oder Medikamentenanamnese
- Episode des schädlichen Gebrauchs: Episode des Substanzgebrauchs, die zu einer Schädigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit einer Person oder zu einem Verhalten geführt hat, das die Gesundheit anderer schädigt
- schädliches Muster des Gebrauchs von Alkohol: Muster des Substanzgebrauchs, das die körperliche oder geistige Gesundheit einer Person geschädigt hat oder zu einem Verhalten geführt hat, das die Gesundheit anderer schädigt (CAVE: muss mind. 12 Monate bestehen)
- Abhängigkeit: Abhängigkeit ist eine Störung der Steuerung des Substanzgebrauchs, die durch wiederholten oder kontinuierlichen Gebrauch entsteht (starker innerer Antrieb, der sich in einer eingeschränkten Fähigkeit zur Kontrolle des Gebrauchs, einer zunehmenden Priorität des Gebrauchs gegenüber anderen Aktivitäten und einer Fortführung des Gebrauchs trotz Schäden oder negativer Folgen äußert)
- Intoxikation: klinisch bedeutsamer vorübergehender Zustand, der sich während oder kurz nach dem Substanzgebrauch entwickelt und durch Störungen des Bewusstseins, der Kognition, der Wahrnehmung, des Affekts, des Verhaltens oder der Koordination gekennzeichnet ist (Störungen wird durch bekannte pharmakologischen Wirkung der Substanz verursacht, und ihre Intensität hängt eng mit der konsumierten Menge zusammen)
- Entzug: klinisch bedeutsamer Komplex von Symptomen, Verhaltensweisen und/oder physiologischen Merkmalen, die in Schweregrad und Dauer variieren und nach Beendigung oder Reduzierung des Substanzgebrauchs bei Personen auftreten, die eine Abhängigkeit entwickelt haben oder über einen längeren Zeitraum oder in großen Mengen konsumiert haben
- substanzinduziertes Delir: akuter Zustand von Aufmerksamkeitsstörungen und Bewusstseinsstörungen mit spezifischen Delir-Merkmalen, der sich während oder kurz nach einer Substanzintoxikation oder einem Entzug oder während des Substanzgebrauchs entwickelt
- psychotische Störung durch Substanzgebrauch: psychotische Symptome (z.B. Wahnsymptome, Halluzinationen, desorganisiertes Denken, grob desorganisiertes Verhalten), die während oder kurz nach einer Intoxikation oder einem Entzug auftreten
- Sozialanamnese (aktuelle Lebenssituation)
- Beruf-/Bildungsstand und soziokulturelle Rahmenbedingungen (Mobbing, Arbeitsstress, Arbeitsunfähigkeit etc.)
- Familie (psychosoziale Situation der Eltern, Familiengröße & -milieu, Erziehungsstil, familiäre Belastungsfaktoren, Beziehung zu Eltern/Geschwistern etc.)
- Beziehungen (Familienstand, Kinder, psychosoziale Situation etc.)
- Delinquenz, Vorstrafen etc.
- Aussehen (Körperpflege, Kleidung etc.)
- ungepflegtes Erscheinungsbild: unordentliches oder ungepflegtes Erscheinungsbild, das einen Mangel an Aufmerksamkeit für einen oder mehrere Aspekte der Hygiene, der Körperpflege oder der Kleidung widerspiegelt
- sonderbares oder merkwürdiges Erscheinungsbild: Pflege, Kleidung oder andere Aspekte der persönlichen Erscheinung, die exzentrisch, ungewöhnlich oder eigenartig sind und nicht mit kulturellen oder subkulturellen Normen übereinstimmen
- mangelhafte persönliche Hygiene: Widerwillen oder Unfähigkeit, ein Maß an persönlicher Sauberkeit aufrechtzuerhalten, das den Standards der Kultur, Gesellschaft oder Umgebung der Person entspricht, wie z.B. sich nicht zu waschen oder die Zähne zu putzen
- Einkoten: Durchgang von Fäkalien in der Kleidung, im Bett oder an anderen ungeeigneten Orten bei einer Person, die ein Entwicklungsalter erreicht hat, in dem normalerweise Stuhlkontinenz erwartet wird
- Einnässen: Entleerung von Urin in die Kleidung oder das Bett, die tagsüber oder nachts bei einer Person auftreten kann, die ein Entwicklungsalter erreicht hat, in dem normalerweise Harnkontinenz erwartet wird.
- körperliche Untersuchung & Diagnostik (mgl. körperlicher Veränderungen; Labordiagnostik wie BZ etc.; Ziel: Ausschluss hirnorganischer Ursachen)
- Erhebung von Veränderungen im körperlichen/vegetativen Befinden (z. B. Schlafstörungen, Appetitstörungen, Gewichtsabnahme, körperliche Missempfindungen, Schmerzen)
Eigen- & Fremdgefährdung
- Gefahr, die nicht durch andere Maßnahmen als Zwang abwendbar ist
- typsische Red Flags
- Misstrauen und Feindseligkeit (v.a. wenn keine Besserung nach Gesprächsangebot)
- psychomotorische Erregung, Anspannung, Hyperaktivität, Raptus oder auch Schweigen
- Perseveration (krankhafte Beharren, Haftenbleiben oder Nachwirken von einmal aufgetauchten psychischen Eindrücken)
- Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, eingeschränkte Selbstkontrolle (z.B. auch mit wechselhaftem Verhalten)
- verbale Aggressivität, z.B. in Form von Gewaltandrohung
- Mimik & Gestik (Ringen der Hände, Hin- und Hergehen etc.)
- Gefühl der Patient*innen in die Enge getrieben zu sein
- Pläne, anderen Personen etwas anzutun
- Intoxikationen
- typische Risikofaktoren
- männliches Geschlecht
- gewalttätiges Verhalten und/oder notwendige Zwangsanwendung in der Vorgeschichte
- Drogenmissbrauch oder -abhängigkeit
- ausgeprägte Wahnerkrankung
- formale Denkstörungen
- Manie
- ko-morbide Persönlichkeitsstörung (v.a. dissozialer oder emotional-instabiler Typ)
- Sprachschwierigkeiten, Minderbegabung
Einwilligungsfähigkeit („Informed consent“)
- Informationsverständnis & Einsicht („understanding“)
- Urteilsvermögen („reasoning“)
- Fähigkeit eine Wahl bzw. Entscheidung zu treffen („capacity to choose“)
- Fähigkeit diese Entscheidung zu äußern („communicate a choice“)
- Fähigkeit eine Situation und deren Konsequenzen zu erkennen und wiederzugeben („appreciate the situation“)
Suizidalität
- Definitionen
- Suizidgedanken: Gedanken, Ideen oder Grübeleien über die Möglichkeit, das eigene Leben zu beenden, die von dem Gedanken, dass man besser tot wäre, bis zur Formulierung ausgeklügelter Pläne reichen
- suizidales Verhalten: konkrete Handlungen, wie z. B. der Kauf einer Waffe oder das Anlegen eines Medikamentenvorrats, die in Vorbereitung auf die Erfüllung des Wunsches, das eigene Leben zu beenden, vorgenommen werden, aber keinen tatsächlichen Suizidversuch darstellen
- Suizidversuch: spezifische Phase von selbstschädigendem Verhalten, die mit der bewussten Absicht unternommen wird, das eigene Leben zu beenden
- Suizidalitätsphasen (im Sinne der Kontinuitätsannahme)
- Lebenssattheit, Lebensmüdigkeit, Lebensverneinung
- Wunsch nach Ruhe oder Pause
- passiver Todeswunsch („jetzt oder in unveränderter Zukunft lieber tot sein wollen“)
- aktive Suizidgedanken ohne Planung
- Suizidabsicht (mit/ohne Plan; mit/ohne Ankündigung)
- Suizidhandlung/-versuch (vorbereitet, begonnen, abgebrochen; gezielt geplant, impulshaft)
- Risikofaktoren vorliegend (z.B. Suizid in Familie/bei Freunden oder in Vorgeschichte) oder etwaige „Suizidwerkzeuge“ vorhanden?
- DAS DIREKTE ERFRAGEN VON SUIZIDALITÄT SORGT FÜR KEINE GESTEIGERTE SUIZIDALITÄT!
Notfallindikationen der Bundesärztekammer (NAIK-BÄK)
Empfehlungen für einen Indikationskatalog für den Notarzteinsatz (Version 2006)
- absolute Notfallindikation/Notärzt*innenindikation
- erfolgter Suizidversuch
- konkrete Suizidpläne oder –vorbereitungen
- hochgradiger Erregungszustand
- Aggressivität/Gewalttätigkeit im Rahmen psychischer Erkrankungen
- konkrete Fremdtötungsabsichten im Rahmen psychischer Erkrankungen
- schwere Intoxikation
- Delir
- relative Notfallindikation / keine dringliche Notärzt*innenindikation
- Verwirrtheit
- Entzugssyndrome ohne Delir
- Suizidgedanken ohne konkrete Pläne
- Angst und Panik
- akute Belastungsreaktion
Empfehlungen für einen Indikationskatalog für den Notarzteinsatz (Version 2023)
- Verletzungen & gesundheitliche Folgen durch erfolgten Suizidversuch (z.B. Atemstillstand oder Kreislaufstillstand; schwere Blutungen; Sturz aus > 3 m Höhe; Bewusstlosigkeit)
- akute Psychose
- drohender Suizid
Quellen
- International Classification of Diseases, Eleventh Revision (ICD-11), World Health Organization (WHO) 2019/2021 https://icd.who.int/browse11. Licensed under Creative Commons Attribution-NoDerivatives 3.0 IGO licence (CC BY-ND 3.0 IGO).
- Abbas, Mohammed. 2023. „Psychiatric History Taking – OSCE Guide“. Geeky Medics (blog). 17. Oktober 2023. https://geekymedics.com/psychiatric-history-taking-osce-guide/.
- Eric Hahn. 2018. „Psychiatrische Notfälle“. Gehalten auf der VL Psychologie, Berlin, Januar 9. https://psychiatrie.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc15/psychiatrie/alt_vorlesungsfolien_psychologie/10-Notfallpsychiatrie.pdf.
- Falkai, Peter, Gerd Laux, Arno Deister, Hans-Jürgen Möller, und Krisztina Adorjan, Hrsg. 2022. Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. 7., Vollständig überarbeitete Auflage. Duale Reihe. Stuttgart: Thieme.
- First, Michael B. 2024. „Psychiatrische Erstbeurteilung – Psychiatrische Erkrankungen“. MSD Manual Profi-Ausgabe. 1. Oktober 2024. https://www.msdmanuals.com/de/profi/psychiatrische-erkrankungen/vorgehensweise-bei-patienten-mit-psychiatrischen-symptomen/psychiatrische-erstbeurteilung.
- Kardels, Björn, Michael Kinn, und Frank-Gerald B. Pajonk, Hrsg. 2008. Akute psychiatrische Notfälle: Ein Leitfaden für den Notarzt- und Rettungsdienst. Stuttgart: Georg Thieme Verlag. https://doi.org/10.1055/b-002-39781.
- „Mental State Examination (MSE)“. o. J. RCEMLearning (blog). Zugegriffen 13. Mai 2025. https://www.rcemlearning.co.uk/modules/psychiatric-emergencies-for-the-adult-patient/lessons/mental-state-examination-mse/.
- Pajonk, Frank-Gerald, Thomas Messer, und Horst Berzewski. 2020. S2k-Leitlinie Notfallpsychiatrie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin / Heidelberg.
- „Psychiatrische Notfälle“. 2024. Notfallguru. 17. Dezember 2024. https://www.notfallguru.de/leitsymptome/kopf-und-neuro/psych.
- „The Psychiatric History“. o. J. RCEMLearning (blog). Zugegriffen 13. Mai 2025. https://www.rcemlearning.co.uk/modules/psychiatric-emergencies-for-the-adult-patient/lessons/the-psychiatric-history/.
- Wilson, Michael P., Edward Hamrick, Victor Stiebel, und Kimberly Nordstrom. 2023. „Contemporary Practices for Medical Evaluation of the Psychiatric Patient in the Emergency Department“. Focus (American Psychiatric Publishing) 21 (1): 28–34. https://doi.org/10.1176/appi.focus.20220063.