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Leitlinie „Schmerzmanagement bei GERiatrischen PAtIeNt:innen in allen Versorgungssettings (GeriPAIN)“ der Dt. Schmerzgesellschaft & DGG

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Schmerzgesellschaft & Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)
Klassifikation gemäß AWMF: S3
Datum der Veröffentlichung: 16.07.2025
Ablaufdatum: 23.02.2030
Quelle/Quelllink: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/145-005

Empfehlungen

  • geriatrische Patient*innen und ihre Angehörigen in alle Aspekte des Schmerzmanagements aktiv einbeziehen und ihnen Kenntnisse über schmerzbezogenen Maßnahmen vermitteln
  • im Rahmen einer gemeinsamen Entscheidungsfindung mit den Patient*innen mögliche Nutzen und Schaden einer nichtmedikamentösen und/oder medikamentösen Schmerztherapie besprechen
  • strukturierte Kommunikation zwischen den an der Versorgung beteiligten Professionen und Disziplinen
  • Medikamentenreview zwischen verschreibenden Ärzti*innen und weiteren Professionen oder Disziplinen, um die Angemessenheit der medikamentösen Interventionen zu prüfen und bei Bedarf anzupassen
  • regelmäßige Schulungen zum Schmerzmanagement bei geriatrischen Patient*innen für das an der Versorgung geriatrischer Patient*innen beteiligte Personal
  • Schmerzerfassung bei geriatrischen Patient*innen
    • Screening
      • Screening auf Schmerz bei geriatrischen Patient*innen innerhalb der ersten 24 h nach Erstkontakt
      • bei Hinweisen auf Schmerzen im Screnning, zeitnah systematisches Schmerzassessment
      • bei akuten Schmerzen unmittelbar, auch bei ggf. inkomplettem Schmerzassessment, angemessene schmerzreduzierende Maßnahmen auf Basis der verfügbaren Informationen einleiten
    • Assessment
      • Schmerzassessment soll mit der Selbstauskunft der geriatrischen Patient*innen beginnen und in zielgruppenspezifischen, hierarchischen Prozess (von Selbstauskunft bis zur Fremdeinschätzung) erfolgen
      • bei vorliegender oder vermuteter kognitiver Beeinträchtigung zusätzliche systematische Fremdeinschätzung von Schmerz
      • Schmerzassessment soll in Ruhe und in Aktivitätssituationen erheben
      • Schmerzassessment soll die Schmerzhistorie, mögliche Komorbiditäten, Schmerzmedikation und die verschiedenen Schmerzdimensionen inkl. des (non-, para-) verbalen Schmerzverhaltens erfassen
      • zur Erfassung der Schmerzlokalisation beim Schmerzassessment Schmerzzeichnungen (Körperskizzen/Karten/Tafeln) nutzen
      • für das Schmerzassessment neben der direkten Frage nach Schmerz auch patient*inneneigene Worte verwenden
    • Verlaufserfassung
      • Schmerzassessment soll bei Bedarf die Erstellung eines interprofessionellen Behandlungsplanes nach sich ziehen
      • Verlaufserfassung bei geriatrischen Patient*innen mit bestehenden Schmerzen und/oder bekannter Schmerzproblematik bzw. bestehender Schmerztherapie
  • allgemeine Empfehlungen zu medikamentösen Interventionen bei geriatrischen Patient*innen mit Schmerzen
    • Therapie mit Analgetika und Co-Analgetika bei geriatrischen Patient:innen in niedriger Dosierung beginnen und bei individueller Notwendigkeit und Verträglichkeit langsam steigern
    • Wirksamkeit und Verträglichkeit engmaschig kontrollieren; dabei die Möglichkeit des verzögerten Eintritts entsprechender Symptome unerwünschter Arzneimittelwirkungen berücksichtigen
    • bei der Auswahl von Analgetika, Co-Analgetika und Adjuvanzien für geriatrische Patient*innen ggf. Hinweise der PRISCUS-Liste und der FORTA-Kriterien berücksichtigen
    • Nicht-Opioid-Analgetika
      • Metamizol oder Paracetamol bei geriatrischen Patient*innen mit nicht-tumorbedingten Schmerzen unter strikter Abwägung von Nutzen und Risiken sowie Beachtung von Arzneimittelwechselwirkungen und Kontraindikationen erwägen
      • NSAR bei geriatrischen Patient*innen mit nicht-tumorbedingten Schmerzen (z.B. Arthrose, Arthritis, spezifischen Rückenschmerzen und Gicht) unter strikter Abwägung von Nutzen und Risiken sowie Beachtung von Arzneimittelwechselwirkungen und Kontraindikationen zur möglichst kurzzeitigen Anwendung erwägen
    • Opioide
      • Opioide bei geriatrischen Patient*innen mit entsprechender Indikation (siehe S3-Leitlinie Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nichttumorbedingten Schmerzen, LONTS) unter strikter Abwägung von Nutzen und Risiken sowie Beachtung von Arzneimittelwechselwirkungen und Kontraindikationen erwägen
      • Erreichen realistischer Behandlungsziele, Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen und der Medikamentenverbrauch bei geriatrischen Patient*innen, die Opioide zur Schmerzlinderung einnehmen, regelmäßig überwachen

typische Ängste von Betroffenen und Angehörigen

  • Abhängigkeit von Schmerzmedikamenten
  • Entwicklung einer Toleranz gegenüber Schmerzmedikamenten
  • Unerwünschte Wirkungen, wie beispielsweise Stürze, Beeinträchtigung der Kognition, beschleunigter Eintritt des Todes oder Atemdepressionen
  • Stigmatisierung
  • Beeinträchtigung der Lebensqualität bei Einnahme von Schmerzmedikamenten
  • Wahrnehmung von Schmerz als unvermeidbar und zum Altern zugehörig
  • Belastung von Mitarbeitenden des Gesundheitswesens und pflegenden Angehörige durch Schmerzäußerungen
  • Verlust von Selbstständigkeit/Einschränkung der Autonomie durch Schmerztherapie
  • Überdosierung und Sedierung

Schmerzerfassung bei geriatrischen Patient*innen

Hinweise für die Schmerzerfassung bei geriatrischen Patient*innen mit und ohne kognitive Beeinträchtigungen

  • Gestaltung der Umgebung
    • für gute Beleuchtung sorgen
    • Ablenkungen reduzieren
  • Hilfsmittel
    • Brille anlegen (lassen)
    • Hörgeräte verwenden
  • nach Schmerzen Fragen
    • offene Fragen
    • Verwendung von patient*inneneigenen Worten
    • Beispiele: Tut es irgendwo weh? Haben Sie Schmerzen oder Unwohlsein? Verursachen Ihre Schmerzen Ihnen Probleme?
  • Verwendung von Skalen
    • Buchstaben und/oder Zahlen in ausreichend großer, klarer Schrift
    • schwarze Schrift auf weißem Hintergrund für einen hohen Kontrast verwenden

Umgang mit geriatrischen Patient*innen mit kognitiven Beeinträchtigungen

  • einfache, direkte Ansprache in Präsenz
  • Menschen mit Demenz können in der Lage sein, Fragen zu aktuellem Schmerz zu beantworten (CAVE: Fragen in Bezug auf zurückliegende Schmerzen vermeiden, da diese schwieriger zu beantworten sind, bspw.: „Haben Sie jetzt Schmerzen?“)
  • ausreichend Zeit für die Beantwortung planen
  • Umgebung anpassen und Ablenkungen reduzieren (siehe Abb. 1)
  • alternative Begriffe (keine Babysprache) zu Schmerz verwenden (Bsp.: „aua“, „weh“, „autsch“
  • wenn möglich, betroffene Person auf die Stelle zeigen lassen, an der sie Schmerzen empfindet, um die Lokalisation zu verifizieren
  • Mitarbeitende und pflegende Angehörige liefern wichtige Hinweise auf Schmerzen, daher sollten sie zu ihren Beobachtungen befragt werden

Ablauf des interprofessionellen Schmerzmanagements

See-Pain – strukturierte Entscheidungshilfe zur Selbst- und Fremdeinschätzung von Schmerz

allgemeine Empfehlungen zu medikamentösen Interventionen bei geriatrischen Patient*innen mit Schmerzen

Published inLeitlinien kompakt

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