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28.01. – Europäischer Datenschutztag

Vor zwei Tagen ging es im Beitrag zum „Tag des Patienten“ schon kurz um den Themenkomplex „Datenschutz“ und „Schweigepflicht“. Passend dazu geht es heute bei FOAMio um genau diesen Themenkomplex, denn heute ist der europäische Datenschutztag.

Seit 2007 wird jährlich am 28. Januar der Europäischen Datenschutztages (European Protection Day) begangen. Das Datum selbst bezieht sich auf das Unterzeichnungsdatum der Europäischen Datenschutzkonvention am 28.01.1981. Das Inkrafttreten des „Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Konvention Nr. 108)“, wie die Europäischen Datenschutzkonvention offiziell heißt, dann schlussendlich am 01.10.1985. Anstoß für den Initiierungsprozess der Europäischen Datenschutzkonvention war der immer weiter zunehmende grenzüberschreitende Datenverkehr mit dem Ziel eines einheitlichen Datenschutzniveaus innerhalb der EU, welches gleichzeitig aber nicht durch zu strikten Vorgehen den Informationsaustausch innerhalb Europas hemmen sollte. Die Europäische Datenschutzkonvention ist der einzige internationale Vertrag für den Bereich des Datenschutzes, welcher auch regelmäßig aktualisiert wird, um den jeweils aktuellen Anforderungen zu genügen. Deutschland selbst gehörte zwar zu den Erstunterzeichnern, ratifizierte das „Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Konvention Nr. 108)“ erst im Jahr 1985.

Mit dem Europäischen Datenschutztages will man das Bewusstsein der Menschen schärfen, was Datenschutz ist und wie mit den eigenen personenbezogenen Daten umgegangen werden darf. Genau aus diesem Grund ist heute der richtige Tag, um sich bei FOAMio mit den Themen Datenschutz und Schweigepflicht im Gesundheitswesen zu beschäftigen.

Schweigepflicht

Die (ärztliche) Schweigepflicht ist einer der Grundpfeiler für ein vertrauensvolles Behandlungsverhältnis zwischen den Patient*innen und den Behandelnden. Rechtlich betrachtet findet sich die Schweigepflicht in mehreren Gesetzestexten u.Ä.:

Der Umfang der Schweigepflicht ist in § 9 Abs. 1 MBO-Ä klar geregelt und wird dort wie folgt definiert: „das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus“, was ebenfalls nur schon die Tatsache inkludiert, dass sich eine Person überhaupt in Behandlung befindet, aber auch nicht bewusst mitgeteilte Tatsachen (z.B. Beobachtungen bei einem Hausbesuch). Dazu gehören z.B. Art und Verlauf der Krankheit, Anamnese, Diagnose und Therapiemaßnahmen, psychische Auffälligkeiten, körperliche und geistige Besonderheiten, Patientenakten, Röntgenbilder und Untersuchungsergebnisse sowie alle Angaben über persönliche, berufliche, wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse. Im Grundsatz besteht die berufsrechtliche Schweigepflicht ggü. jedem/jeder Dritten, egal ob Kolleg*innen, Familienangehörige der Patient*innen sowie eigene Familienangehörige, und sie besteht auch wenn es sich bei den Betroffenen um Jugendliche handelt. In Bezug auf die Jugendliche ist aber klar einzuschränken, dass diese selbst in der Lage sein müssen die Tragweite der eigenen Erklärung/Entscheidung zu erfassen (i.d.R. ab dem 14. Lj möglich). Besteht noch keine Einwilligungsfähigkeit bzw. diese ist nicht klar festzustellen, so besteht keine Schweigepflicht gegenüber den Eltern und diese nehmen ihr Sorgerecht wahr und haben damit auch das Recht über alle Belange des Behandler*innen-Patient*innen-Verhältnisses in Kenntnis gesetzt zu werden (CAVE: dadurch erübrigt sich aber nicht die umfassende Informationsweitergabe an das Kind/die jugendliche Person).

Wie zuvor schon erwähnt gilt die Schweigepflicht auch über den Tod des Patienten hinaus und die Verfügungsbefugnis der Verstorbenen geht nicht automatisch mit dem Tod auf die Erben über, dies betrifft auch Feststellungen, die am Körper des Toten getroffen wurden (Ausnahmen: ausdrückliche oder konkludente Schweigepflichtsentbindung vor dem Tod sowie Annahme des mutmaßlichen Willens der Verstorbenen bzgl. des Nichtfortbestehens der Schweigepflicht). Genauso wie beim Tod von Patient*innen erlischt die Schweigepflicht von Ärzt*innen auch nicht mit dem Tod oder auch mit dem Ende der Berufstätigkeit selbiger. Mit dem Tod geht hier die Schweigepflicht der Ärzt*innen auf die Erben über, was schlussendlich auch bedeutet, dass diese für sichere Verwahrung der Patientenunterlagen zu sorgen haben.

Die (ärztliche) Schweigepflicht hat auch ggü. Polizei und Staatsanwaltschaft bestand. Dies gilt auch für Patient*innenunterlagen, sofern sich das Verfahren nicht gegen den Arzt/die Ärztin richtet (Beschlagnahmeverbot gemäß § 97 Abs. 1 StPO). Ausnahmen diesbezüglich sind §§ 138 (Nichtanzeige geplanter Straftaten) sowie § 34 StGB (Rechtfertigender Notstand). Außer in Fällen der Schweigepflichtsentbindung durch die Patient*innen ist der Verweis auf Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO bzw. § 383 ZPO ratsam.

Verstöße gegen die Schweigepflicht, auch über den Tod der betreffenden Person hinaus, sind in § 203 Abs. 1 StGB geregelt und werden mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn „unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart“ wird (bis zu zwei Jahre bei Begehen gegen Entgelt oder mit Bereicherungs-/Schädigungsabsicht). Zusätzlich kommt es ggf. auch noch zu berufsrechtlichen oder berufsgerichtlichen Maßnahmen durch die jeweilige Ärztekammer sowie zu Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB. § 203 Abs. 1 StGB regelt dabei auch noch welche medizinischen Personengruppen unter die Schweigepflicht fallen: Ärzt*innen, Zahnärzt*innen, Tierärzt*innen, Apotheker*innen oder Angehörige eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, sowie Berufspsycholog*innen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung.

Eine Verletzung der (ärztlichen) Schweigepflicht liegt nicht vor, wenn das offenbarte Geheimnis keiner bestimmten Person zuordenbar ist, also anonym besprochen wird. Dies kann zum Beispiel beim kollegialen ärztlichen Informationsaustausch (z.B. Supervision, Intervision) der Fall sein. Weitere Ausnahmen von der (ärztlichen) Schweigepflicht im Rahmen einer Offenbarungspflicht oder -befugnis sind z.B.:

  • Schweigepflichtentsbindung durch Einwilligung durch Patient*in
    • nur wirksam bei freier Willensbildung und Entscheidung der/des Patient*in sowie bei Kenntnis des Zwecks der Weitergabe patientenbezogener Informationen
    • Einwilligung nur gültig, wenn sie hinreichend konkret bestimmt ist
    • wirksame Schweigepflichtentbindung erfordert i.d.R. keine Schriftform (aus Beweisgründen aber ratsam)
    • konkludente Einwilligung: Patient muss aufgrund der Umstände üblicherweise von einer Informationsweitergabe an Dritte ausgehen und signalisiert Zustimmung durch schlüssiges Verhalten (z. B. Kopfnicken)
    • mutmaßliche Einwilligung: Patient*in kann Einwilligung nicht erklären, z.B. aufgrund Bewusstlosigkeit, und es ist davon auszugehen, dass der/die Patient*in im Fall einer Befragung mit der Offenbarung einverstanden wäre
  • Offenbarungspflicht durch gesetzliche Vorschriften
    • Ausnahmen von der (ärztlichen) Schweigepflicht, oftmals mit der Verpflichtung zur Meldung oder Überlassung von Patient*inneninformationen, z.B. im
      • Infektionsschutzgesetz (§§ 6 ff. IfSG) –> meldepflichtige Krankheiten/Krankheitserregernachweise
      • Krebsregistergesetze der Länder
      • Strahlenschutzrecht (§§ 85 Abs. 3, 167 Abs. 3 StrlSchG, §§ 79, 127 StrlSchV),
      • Bestattungsgesetze der Länder
      • Betäubungsmittelgesetz i. V. m. § 5b BtMVV –> Verschreiben von Substitutionsmitteln
      • SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung (§§ 201 ff. SGB VII)
      • Personenstandsgesetz (§§ 18 ff. PStG) –> Geburts- oder Sterbefall
      • Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (§ 4 Abs. 3 S. 3 KKG) –> Kindeswohlgefährdung
      • Strafgesetzbuch (§ 138 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 StGB, ausgenommen bei § 139 Abs. 3 StGB) –> Kenntnis und Nichtanzeige geplanter Straftaten
  • Zurücktreten der Schweigepflicht aufgrund berechtigter Interessen (z.B. wenn betroffene Person sich nur durch Offenbarung von Patient*innengeheimnissen effektiv verteidigen kann)
  • eingeschränkte Schweigepflicht/Offenbarungsbefugnis zum Schutz bedeutender Rechtsgüter oder Rechtsinteressen ohne gesetzliche Befugnis oder Einwilligung (§ 9 Abs. 2 MBO-Ä & § 34 StGB)
  • Schweigepflichtsentbindung im Rahmen der Ehegattennotvertretung gemäß § 1358 BGB (Besorgung von Angelegenheiten durch Bewusstlosigkeit oder Krankheit nicht möglich und keine Vorsorgeverfügungen für Gesundheitsangelegenheiten vorliegend)

Exkurs: Schweigepflicht in Fällen von Kindeswohlgefährdung

Lange Zeit standen der Schutz von Kindern und die Einhaltung der Schweigepflicht in großem Konflikt. Mit der Einführung des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) im Jahr 2011 wurden hier Regelungen geschaffen, die bei dieser Rechtsproblematik Abhilfe schaffen sollen (Tatbestandsverwirklichung § 203 StGB ≠ Straferwartung). Das KKG hat zum Ziel, „das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu schützen und ihre körperliche, geistige und seelische Entwicklung zu fördern“ und legt zusätzlich fest, dass die staatliche Gemeinschaft „soweit erforderlich, Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen“ hat. Wichtig für eine Intervention in (Verdachts-)Fällen einer Kindeswohlgefährdung ist, dass hierbei bei einer ungestörten Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes zu erwarten ist bzw. sein muss und in einer Interessenabwägung auch weitere Differenzialdiagnosen ausgeschlossen sein müssen.

Für die Arbeit in der Notfallmedizin ist vorallem § 4 KKG von Relevanz. Dieser sieht ein stufenweises Eskalationsschema für den Umgang mit Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdung durch „Ärztinnen oder Ärzte, Zahnärztinnen oder Zahnärzte, Hebammen oder Entbindungspfleger oder Angehörige eines anderen Heilberufes, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert“ vor:

  • Stufe 1 (§ 4 Abs. 1 KKG): Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für Gefährdung des Kindes- oder Jugendlichenwohl (z.B. unplausible Verletzungen, unterlassene notwendige ärztliche Versorgung, Gewalttätigkeiten oder Suchterkrankungen in der Familie etc. )–> zunächst Erörtern der Situation mit mit dem Kind oder Jugendlichen und den Erziehungsberechtigten –> Hinwirken auf Inanspruchnahme von Hilfen (Vorgehensweise nur möglich, wenn keine zusätzliche Gefährdung daraus resultiert)
  • Stufe 2 (§ 4 Abs. 2 KKG): Inanspruchnahme einer Beratung durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe in persona einer „insoweit erfahrenen Fachkraft“ (CAVE: Pseudonymisierung der zu übermittelnden Daten vor Übermittlung; gemäß § 4 Abs. 4 KKG Verpflichtung zur zeitnahen Rückmeldung für das Jugendamt)
  • Stufe 3 (§ 4 Abs. 3 KKG): Befreiung von Schweigepflicht ggü. dem Jugendamt (unverzügliche Mitteilungspflicht der erforderlichen Daten), sofern Maßnahmen der Stufe 1 erfolglos sind und wenn in Absatz 1 genannte Personen ein Tätigwerden des Jugendamtes aufgrund einer dringenden Gefahr für das Kindes-/Jugendlichenwohl für erforderlich halten (CAVE: vorab Hinweis an die Betroffenen/Erziehungsberechtigten diesbezüglich, ausgenommen, „dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage gestellt wird)
  • alternativ ist bei einer „gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut“, sofern nach „Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt“ ist der dann nicht rechtswidrige Bruch der Schweigepflicht und das Hinzuziehen von Jugendamt, Polizei o.Ä. gemäß § 34 StGB möglich (CAVE: gilt nur, „soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden“; gilt nicht nur für Fälle einer akuten Kindeswohlgefährdung)

(1) Werden Ärztinnen oder Ärzten, Zahnärztinnen oder Zahnärzten, Hebammen oder Entbindungspflegern oder Angehörigen eines anderen Heilberufes, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, sowie Berufspsychologinnen oder -psychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sollen sie mit dem Kind oder Jugendlichen und den Erziehungsberechtigten die Situation erörtern und, soweit erforderlich, bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
(2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren.
(3) Scheidet eine Abwendung der Gefährdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten die in Absatz 1 genannten Personen ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, um eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwenden, so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen. Die Sätze 1 und 2 gelten für die in Absatz 1 Nummer 1 genannten Personen mit der Maßgabe, dass diese unverzüglich das Jugendamt informieren sollen, wenn nach deren Einschätzung eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen das Tätigwerden des Jugendamtes erfordert.
(4) Wird das Jugendamt von einer in Absatz 1 genannten Person informiert, soll es dieser Person zeitnah eine Rückmeldung geben, ob es die gewichtigen Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen bestätigt sieht und ob es zum Schutz des Kindes oder Jugendlichen tätig geworden ist und noch tätig ist. Hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage gestellt wird.
(6) Zur praktischen Erprobung datenschutzrechtskonformer Umsetzungsformen und zur Evaluierung der Auswirkungen auf den Kinderschutz kann Landesrecht die Befugnis zu einem fallbezogenen interkollegialen Austausch von Ärztinnen und Ärzten regeln.

§ 4 KKG – Beratung und Übermittlung von Informationen
durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung

Datenschutz

Mit dem 25.05.2018 und der Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung 2016/679 (DSGVO) wurde der Datenschutz innerhalb der Europäischen Union neu definiert. Ziel war hierbei die Angleichung des Datenschutzrechts bzgl. der ganz oder teilweise automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten in Europa, ggf. mit einigen nationalen Abweichungen im Sinne von Art. 8 EU-Grundrechtecharta (Datenverarbeitung nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung sowie gemäß sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlagen). Auf nationaler Ebene gründet sich der Datenschutz auf Art. 2 Abs. 1 & Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes, welche als Fundament für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung anzusehen sind.

Verarbeiten ist hierbei ein sehr weit gefasster Begriff für z.B. das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung von Daten. Mit nichtautomatisierter Verarbeitung ist in Speicherung personenbezogener Daten in einem Dateisystem gemeint. Nicht darunter fallen z.B. Notizen als Gedächtnisstütze, da es sich hierbei um rein papierbasierte Informationsverarbeitung ohne ein strukturiertes Ordnungssystem handelt.

Die wichtigsten Grundsätze der Datenverarbeitung von Gesundheitsdaten sind hierbei…

  • Transparenz, Informiertheit, Bestimmtheit und Verbot der Pauschaleinwilligung (Erkennbarkeit der Verarbeitungszwecke; Einwilligung nach erfolgter Aufklärung)
  • Ausdrücklichkeit (Zustimmung zur Datenverarbeitung z.B. durch Nicken nicht ausreichend)
  • Freiwilligkeit (freiwillige Einwilligung in Datenverarbeitung; Kopplungsverbot, also nicht abhängig von anderen Bedingungen)
  • keine Schriftform, Hervorhebung, Widerrufbarkeit (schriftliche Einwilligung wegen Nachweis- und Rechenschaftspflicht ratsam; bei Einholung zusammen mit anderen Erklärungen muss sich diese von den anderen Sachverhalten unterscheiden lassen; jederzeitige Widerrufbarkeit mit Wirkung für die Zukunft)
  • Verarbeitung für festgelegte und eindeutige Zwecke (Zweckbindung)
  • Beschränkung der Datenverarbeitung auf das notwendige Maß (Erforderlichkeit, Datenminimierung und Speicherbegrenzung)
  • Prinzipien der Richtigkeit sowie Integrität und Vertraulichkeit der Verarbeitung
  • Nachweis über Einhaltung der Grundsätze („Rechenschaftspflicht“)

Bei den Gesundheitsdaten handelt es sich um eine „besondere Kategorie personenbezogener Daten“ gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO, welche besonders schutzbedürftig sind (CAVE: auch pseudonymen Date, z.B. bei Ersetzung des Namens durch Identifikationscode, sind personenbezogene Daten, die damit unter das Datenschutzrecht fallen). Darunter fallen personenbezogene Daten mit Bezug auf die körperliche oder geistige Gesundheit sowie die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen oder solche Daten, aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen. Für die Verarbeitung der Gesundheitsdaten gelten v.a. die Vorschriften des Art. 9 Abs. 2 DSGVO sowie des § 22 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Weitere relevante Gesetz bzgl. der Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten wären z.B. das Gendiagnostikgesetz (GenDG). Die beiden zuvor genanten Vorschriften erlauben die Datenverarbeitung in den folgenden Fällen:

  • zum Zweck der Gesundheitsvorsorge
  • für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten
  • für die medizinische Diagnostik
  • für die Versorgung oder Behandlung im Gesundheitsoder Sozialbereich
  • für die Verwaltung von Systemen und Diensten im Gesundheits- und Sozialbereich
  • aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit zum Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren (z.B. Schutz vor Pandemien oder ähnlich schwerwiegenden Erkrankungen)
  • zum Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person (z.B. bei Bewusstlosigkeit)

Genauso wie bei der Schweigepflicht so gilt auch beim Datenschutz bei Minderjährigen, dass diese zur Einwilligung in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten einsichtsfähig und damit auch einwilligungsfähig sein müssen. Hier entscheidet sich dies wieder im jeweiligen Einzelfall. In Bezug auf den Grundsatz der Informiertheit ist hier ggf. datenschutzrechtliche Aufklärung in jugend- und kindgerechter Sprache ratsam. Aus Art. 8 DSGVO lässt sich hierbei im Allgemeinen ableiten, dass mit der Vollendung des 16. Lebensjahres die Einsichtsfähigkeit jedenfalls gegeben ist.

Hinsichtlich der Datenverarbeitung lassen sich aus der DSGVO und dem BDG folgende Rechte des Patient*innen (Betroffenenrechte) bzw. Pflichten der Datenverarbeitenden ableiten:

  • Recht auf Information bei Datenerhebung/-verarbeitung
  • Recht auf Auskunft zu personenbezogenen Daten (Recht auf Einsichtnahme; CAVE: Krankenunterlagen sind i.d.R. Alleineigentum der Ärzt*innen)
  • Recht auf Berichtigung, Löschen und Einschränkung der Verarbeitung von Daten
  • Recht auf Datenübertragbarkeit (unentgeltlicher Erhalt der eigenen verarbeiteten Daten in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format, auch „Datenportabilität“ genannt)
  • Recht auf Melde- & Benachrichtigungspflicht bei Datenschutzverstößen (Meldung an zuständige Aufsichtsbehörde innerhalb von 72 Stunden, z.B. bei Hacker*innen-Angriffen)
  • Aufbewahrungspflicht (Aufbewahrung ärztlicher Aufzeichnung grundsätzlich für Dauer von 10 Jahren nach Abschluss der Behandlung, soweit nicht anderswo anders geregelt)

Sollte es zu Verstößen gegen bzw. zur Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften so ist die Ahndung als Ordnungswidrigkeit möglich. Mögliche Sanktionen bei Verstößen gegen die Vorschriften zur Datenschutz-Folgenabschätzung oder zur Führung eines Verarbeitungsverzeichnisses sind z.B. Bußgelder in einem Rahmen von bis zu 10.000.000 € oder bei Unternehmen bis zu 2 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres, aber auch das grunsätzliche Verbot der Datenverarbeitung für die sanktionierte Person möglich. Kommt es zu Verstößen gegen andere besonders wichtige Datenschutzbestimmungen wie bei der Verarbeitung von Gesundheitsdaten ohne Rechtsgrundlage, so können hier die Geldbußen nochmals doppelt so hoch sein.

Zum Abschluss sei noch darauf verwiesen, dass der Datenschutz auch die Sicherheit gefährden kann. Hier wäre z.B. das Szenario passend, dass man Pflegekräften den Zugriff auf die Medikamentenverschreibung der Patienten verwehrt und es so durch die fehlende Kontrolle der Verschreibungen zu Medikationsfehlern kommen kann (v.a. bei automatisierten Medikamentenvorbereitungssystemen). Darüber hinaus kann der Datenschutz auch den Fortschritt bremsen. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Forschung zu nennen, die medizinische Daten für Studie o.Ä. benötigt, genauso wie es auch im IT-Bereich mit den Lernprozessen für künstliche Intelligenzen ist.

Quellen

Published inWelttag...

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