veröffentlichende Fachgesellschaft: New Zealand’s National Children’s Hospital (Starship)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 06.01.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://starship.org.nz/guidelines/chest-injury
Grundsätzliches
- Thoraxverletzungen sind nach Kopfverletzungen die zweithäufigste Ursache für traumatische Todesfälle bei Kindern
- Hauptteil der pädiatrischen Thoraxverletzungen entstehen durch stumpfe Traumata
- häufigste Thoraxverletzungen bei Kindern sind Lungenkontusion, Rippenfrakturen, Pneumothorax und Hämatothorax
- Fehlen äußerer Zeichen schließt schwere zugrunde liegende Thoraxverletzung nicht aus
- Thoraxtrauma bei Kindern ist oft mit Kopf- & Bauchverletzungen vergesellschaftet
- pathophysiologische Unterschiede zwischen Thoraxtraumata bei Kindern & Erwachsenen
- Brustwand bei Kindern ist viel nachgiebiger und hat oft weniger Muskelmasse, was größere Energieübertragung durch die Brustwand auf die tieferen Strukturen mit geringen oder keinen äußeren Anzeichen einer Verletzung möglich macht
- Brustwand bei Kindern ist weniger dick als die von Erwachsenen, sodass bei penetrierenden Thoraxverletzung eher innere Strukturen verletzt werden können
- Disruption der Brustwand wird bei Kindern aufgrund erhöhten Sauerstoffverbrauchs, Zwerchfellatmung und geringer funktioneller Restkapazität schlechter kompensiert
- Fehlen erkennbarer Rippenfrakturen im Thorax-Röntgen schließt bei Kindern mit High-Risk-Verletzungsmechanismus größere Verletzungen der Brustwand nicht aus
penetrierendes Thoraxtrauma
- penetrierende Thoraxverletzungen machen < 10 % der weltweit gemeldeten Gesamtinzidenz an Thoraxtraumata bei Kindern aus
- jede penetrierende Verletzung im Bereich der „Cardiac Box“ sollte Anlass zur Sorge bzgl. einer Herzverletzung geben (Cardiac Box = Bereich, der anterior von den Schlüsselbeinen, bilateral von der Medioklavikularlinie und inferior von den Rippenrändern begrenzt wird)
- aufgrund der Lage ist der rechte Ventrikel der am meisten verletzte Bereich des Herzens

Therapie
allgemeines Management
- Priorität bei der Behandlung aller pädiatrischen Traumapatient*innen liegt in der Identifizierung und Behandlung unmittelbar lebensbedrohlicher Verletzungen durch Abschluss des Primary Survey (ABCDE)
- folgende unmittelbar lebensbedrohliche Verletzungen sollten beim Primary Survey aktiv ausgeschlossen werden bzw. wenn sie festgestellt, sofort behandelt werden (ATOM FC)
- A – Airway obstruction (Obstruktion der Atemwege)
- T – Tension pneumothorax (Spannungspneumothorax)
- O – Open pneumothorax (offener Pneumothorax)
- M – Massive haemothorax (massiver Hämothorax)
- F – Flail chest (instabiler Thorax)
- C – Cardiac tamponade (Herzbeuteltamponade)
Bildgebung
- Point-of-Care Ultraschall (PoCUS)
- nützliches Hilfsmittel, um intrathorakale lebensbedrohliche Verletzungen wie Pneumothorax, Hämotothorax und Herzbeuteltamponade schnell zu erkennen
- bei der Erkennung eines Pneumothorax empfindlicher als Thorax-Röntgen in Rückenlage
- Thorax-Röntgen
- primäre Diagnostik bei Thoraxtraumata
- nützlich, um Pneumothorax/Hämotothorax, schwere Mediastinalverletzungen, instabilen Thorax und Rippenfrakturen zu erkennen (CAVE: nicht alle Rippenfrakturen im Röntgen sichtbar)
- nützliches Instrument zur Feststellung der Notwendigkeit einer CT-Bildgebung
- normales Thorax-Röntgen in Verbindung mit normaler klinischer Untersuchung schließt signifikante Thoraxverletzung aus, die Eingriff oder weitere Bildgebung erfordern würde
- Computertomografie
- keine routinemäßig Computertomografie bei Kindern mit Trauma
- CT indiziert bei abnormalen Röntgenbefunden oder bei hohem klinischen Verdacht auf signifikantes Thoraxtrauma
- absolute Indikationen für Thorax-CT
- Thoraxverletzung mit Kreislaufbeeinträchtigung
- bei Erstuntersuchung festgestellte signifikante Verletzungen
- Hämotothorax
- offener Pneumothorax
- instabiler Thorax
- Herzbeuteltamponade
- penetrierende Thoraxverletzung
spezifische Thoraxverletzungen
Spannungpneumothorax
- Spannungspneumothorax ist eine KLINISCHE Diagnose –> endgültige Therapie instabiler Patient*innen nicht aufschieben, um auf Thorax-Röntgen zu warten
- Spannungspneumothorax entsteht, wenn sich durch eine Verletzung des Pleuraparenchyms Luft im Pleuraraum ansammeln kann, wobei die Luft nur eindringen, aber nicht mehr ausdringen kann
- initial behindert Anstieg des intrathorakalen Drucks die Ventilation und die kollabierte Lunge beeinträchtigt den Gasaustausch
- bei weiterer Luftansammlung führt die daraus resultierende mediastinale Verschiebung zu einer Kompression der Vena cava superior und Vena cava inferior, was zu vermindertem venösen Rückfluss, Hypotonie und schließlich zum PEA-Arrest führt
- Symptomatik
- Hypotonie (als Spätzeichen)
- Tachykardie
- Hypoxie
- schwere Atembeschwerden
- verändertes Bewusstsein
- Trachealdeviation zur kontralateralen Seite
- gestaute Halsvenen
- fehlende oder verminderte Atemgeräusche auf der betroffenen Seite
- Hyperresonanz bei Perkussion auf der betroffenen Seite
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Thoraxdekompression: sofortige Fingerthorakostomie als Therapie der 1. Wahl im KH (wenn sofortige Fingerthorakostomie nicht möglich, Nadeldekompression)
- Anlage Thoraxdrainage

offener Pneumothorax
- offener Pneumothorax entsteht durch penetrierendes Thoraxtrauma, das Luftdurchlass direkt in die Thoraxhöhle schafft
- Luft strömt bevorzugt durch die Brustwandverletzung, wenn diese größer als 2/3 des Durchmessers der Luftröhre ist (CAVE: wenn Luft bei Ausatmung nicht entweichen kann, entsteht ein Spannungspneumothorax)
- Symptomatik
- Blasenbildung/Saugen aus der Brustwandverletzung
- Atembeschwerden
- Hypoxie
- verminderte Thoraxbewegungen
- verminderter Lufteintritt
- Hyperresonanz bei Perkussion
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Abdecken der Wunde mit Okklusivverband (kleine Wunden) oder Nähen/Klammern der Wunde (größere Wunden)
- sofortiges Anlage Thoraxdrainage durch neue Inzision (CAVE: Anlage durch Verletzung selbst kann Kontamination verursachen und erneute Blutung auslösen)
- CAVE: Verwendung eines 3-seitigen Okklusivverbands, der als Einwegventil fungiert, wird nicht mehr als Therapie beim offenen Pneumothorax empfohlen, sobald die Patient*innen im Krankenhaus angekommen sind
- Verwendung eines 3-seitigen Okklusivverbands in der Präklinik oder wenn sich die Anlage der Thoraxdrainage verzögert (CAVE: ggf. schwierig Okklusivverband auf blutender Wunde anzubringen)
Hämatothorax
- Hämothorax = Blutansammlung im Pleuraraum, die als Folge eines penetrierenden oder stumpfen Thoraxtraumas entstehen kann
- massiver Hämothorax = schnelle Ansammlung großer Blutmenge im Pleuraraum (ggf. bis 40 % des Gesamtblutvolumens auf beide Seiten verteilt möglich)
- massiven Hämothorax erwägen, wenn die initiale Förderrate der Thoraxdrainage bei > 20 mL/kg liegt oder kontinuierliche Förderrate der Thoraxdrainage bei > 2 mL/kg/h über Zeitraum von 2 – 4 h beträgt
- Symptomatik
- Atembeschwerden
- verminderte Brustkorbbewegung
- verminderter Lufteintritt
- dumpfer Klopfschall bei Perkussion
- hämodynamische Instabilität
- ggf. gleichzeitig Zeichen für Spannungspneumothorax
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Anlage Thoraxdrainage (CAVE: nicht drainierter Hämothorax kann zur Bildung von Gerinnseln und eines Empyems führen; kleinere Pigtail-Drainage ggf. auch wirksam)
- Flüssigkeitstherapie, ggf. Aktivierung Massentransfusionprotokoll erforderlich
- dringende chirurgische Überprüfung bzgl. Thorakotomie, wenn Blutung anhält und sich Kreislauf trotz aggressiver Flüssigkeitsreanimation nicht stabilisieren lässt
- Indikationen für die Erwägung einer Thorakotomie
- initiale Förderrate der Thoraxdrainage von > 20 mL/kg
- kontinuierliche Förderrate der Thoraxdrainage bei > 2 mL/kg/h
- zunehmende Blutung
- signifikanter Resthämothorax nach Einsetzen der Drainage
instabiler Thorax
- instabiler Thorax entsteht, wenn Teile der Brustwand so gebrochen sind, dass schwebende Segmente entstehen, welche sich bei Exspiration paradoxerweise bewegen (bei Inspiration nach innen und bei Exspiration nach außen)
- peripherer instabiler Thorax entsteht, wenn benachbarte Rippen an zwei oder mehr Stellen gebrochen sind
- zentraler instabiler Thorax entsteht, wenn das Sternum durch mehrere Brüche an den costochondralen Verbindungen von der Brustwand getrennt wird
- instabiler Thorax entsteht durch erhebliche Krafteinwirkung auf die Brustwand, weshalb auch mit erheblichen Verletzungen der Lunge zu rechnen ist (z.B. Lungenkontusion, Pneumothorax, Hämotothorax)
- Beeinträchtigung der Atmung durch einen instabilen Thorax ist auf Schmerzen, zugrunde liegende Lungenverletzung (falls vorhanden) und erhöhte Atemarbeit zurückzuführen, die durch die paradoxen Bewegungen der Brustwand entsteht
- instabiler Thorax ist bei Kindern selten, da die elastischen Eigenschaften des Thorax eine weitaus größere Verformung beim Aufprall zulassen, ohne dass es zu Rippenbrüchen kommt
- Symptomatik
- „paradoxe Thoraxbewegung“ (verletzte Segmente fallen bei Inspiration in sich zusammen und wölben sich bei Exspiration nach außen, während sich der Rest der Brustwand in die entgegengesetzte Richtung bewegt)
- Atembeschwerden
- Tachypnoe
- Hypoxie
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- aggressive Analgesie mit Opiaten i.v., ggf. Regionalanästhesie
- Anlage Thoraxdrainage, wenn Hämatothorax/Pneumothorax vorliegt
- Überdruckbeatmung erwägen
- frühzeitige Intubation bei Anzeichen einer Ateminsuffizienz
- Konsil mit Herz-Thorax-Chirurgie, um ggf. Rippenfixierung zu erwägen

Herzbeuteltamponade
- traumatische Herzbeuteltamponade = Kompression des Herzens durch Ansammlung von Blut im fibrösen Perikardsack
- wenn sich Blut weiter ansammelt, verringert sich das für die Herzfüllung während der Diastole verfügbare Volumen –> verminderte Herztätigkeit –> Schock –> Herzstillstand
- POCUS ist sensitivste Diagnostik und sollte als Teil der ersten Untersuchung bei Patient*innen im Schock mit V.a. Herzbeuteltamponade durchgeführt werden
- Symptomatik
- Atembeschwerden
- Hypotonie
- geringer Pulsdruck
- gestaute Halsvenen
- gedämpfte Herztöne
- refraktärer Schock
- Herzstillstand mit PEA
- Therapie
- EKG-Monitoring
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Blutvolumenersatz (um Vorlast zu erhöhen und rechtsventrikulären Kollaps zu minimieren)
- optimale Behandlung bei Herzbeuteltamponade infolge von stumpfem oder penetrierendem Trauma ist offene chirurgische Drainage im OP
- Perikardpunktion als vorübergehende Maßnahme, wenn schwerer Schock vorliegt und geeignete Zielklinik nicht schnell erreichbar ist

Lungenkontusion/-quetschung
- Lungenkontusion tritt häufig bei mittelschweren bis schweren stumpfen Thoraxverletzungen auf und ist die häufigste Thoraxverletzung bei Kindern
- hohe Inzidenz von Lungenkontusionen bei Kindern ist darauf zurückzuführen, dass die Energie leicht auf die Lunge übertragen wird, da die Rippen elastisch sind und die Energie nicht durch Frakturen abgebaut werden kann
- Komplikationen sind z.B. verminderte Lungencompliance, Ventilations-Perfusions-Shunting und Hypoxie, die zu Atemnot und Atemversagen führen können
- unkomplizierte Lungenkontusion/-quetschung klingt i.d.R. innerhalb von 36 Stunden ab
- Symptomatik
- Hypoxie
- Grad der Beeinträchtigung hängt von der Größe der Quetschung ab
- Atemnot (ggf. unterschiedlich stark ausgeprägt)
- verminderter Lufteintritt auf der ipsilateralen Seite
- Hämoptyse
- Auffälligkeiten im Thorax-Röntgen (erhöhte Lungentrübung; ggf. initial Normalbefund und Veränderungen erst innerhalb von 24 – 72 h)
- Auffälligkeiten im CT (CT kann Kontusionen zeigen, die auf initalem Thorax-Röntgen nicht erkennbar waren)
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Vermeidung von Hyperinfundierung
- Physiotherapie spielt wichtige Rolle bei Verringerung des Risikos eines Lungenkollapses und von Sekundärinfektionen
- nicht-invasive oder invasive Beatmung ggf. erforderlich
- unkomplizierte Prellungen klingen i.d.R. innerhalb von 36 h ab
Rippenfrakturen
- trotz der Elastizität der Brustwand sind Rippenfrakturen bei kindlichen Thoraxtraumata nach wie vor häufig, allerdings sind sie i.d.R. Hinweis auf erhebliche Verletzungen und die größere Wahrscheinlichkeit eines damit verbundenen Polytraumas
- Rippenfrakturen sind bei Kindern fast immer mit Lungenkontusionen verbunden (Frakturen der unteren Rippen häufig mit Verletzungen von Leber, Milz und Zwerchfell verbunden)
- Symptomatik
- Prellungen/Abschürfungen der Brustwand
- Atembeschwerden
- Hypoventilation infolge Schienung
- verminderte Thoraxbewegung
- Hyperresonanz oder dumpfer Klopfschall bei Perkussion
- normaler oder verminderter Lufteintritt
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- stationäre Überwachung erforderlich, da Verschlechterung aufgrund der Lungenquetschungen eintreten kann
- bei Patient*innen < 3 Jahre sollte nicht-unfallbedingte Verletzung als Ursache erwogen werden
einfacher Pneumothorax
- Pneumothorax entsteht, wenn sich Luft in dem Raum zwischen viszeralen und parietalen Brustfell ansammelt
- kann sowohl durch stumpfe als auch durch penetrierende Thoraxtraumata verursacht werden
- Grad der Beeinträchtigung hängt sowohl von der Größe des Pneumothorax als auch von etwaigen anderen Thoraxverletzungen ab
- Symptomatik
- Atembeschwerden
- Brustschmerzen (ähnlich Pleuritis)
- verminderte Thoraxbewegung auf der ipsilateralen Seite
- verminderter Lufteintritt
- ipsilaterale Hyperresonanz bei Perkussion
- subkutanes Emphysem
- ggf. auch asymptomatisch
- radiologische Diagnostik
- Thoraxröntgen
- Kollaps des Lungenparenchyms auf der ipsilateralen Seite
- „Deep Sulcus“-Zeichen (tiefstehender lateraler Recessus costodiaphragmaticus bei Liegendaufnahme in a.p.-Position)
- kleiner oder okkulter Pneumothorax kann unauffällig sein
- Sensitivität 46 %, Spezifität 100 %
- Ultraschall (POCUS)
- Fehlen von Lungengleiten und B-Linien
- Vorhandensein von A-Linien
- Vorhandensein eines Lungenpunktes
- Sensitivität 91 %, Spezifität 99 % (bei Durchführung durch erfahrenes Personal)
- Thoraxröntgen
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Anlage Thoraxdrainage ist indiziert, wenn eine Beeinträchtigung der Atmung besteht oder Überdruckbeatmung erfolgt
- asymptomatische, hämodynamisch stabile Patient*innen mit einfachem Pneumothorax können zur Beobachtung aufgenommen werden, ohne dass Thoraxdrainage-Anlage erfolgt
stumpfe Verletzung des Herzens
- stumpfe Herzverletzung stellt eine schwierige klinische Diagnose dar, da es keine klaren Diagnosekriterien gibt
- bei allen Patient*innen in Betracht ziehen, die ein stumpfes Thoraxtrauma erlitten haben, v.a. im Zusammenhang mit einem Hochrasanztrauma
- Inzidenz stumpfer Herzverletzungen ist unterschiedlich, da kleinere Verletzungen oft asymptomatisch sind
- Synptomatik
- Bluterguss/Schmerzen im Bereich der vorderen Brustwand
- unerklärliche Tachykardie
- Tachypnoe
- verlängerte Rekap-Zeit
- Hypotonie
- EKG-Veränderungen (Extrasystolen, Herzrhythmusstörungen, ST-Strecken-Veränderungen)
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- EKG (95 % negativer prädiktiver Wert für signifikante stumpfe Verletzung des Herzens bei normalem EKG)
- Troponin (100 % negativer prädiktiver Wert für signifikante stumpfe Verletzung des Herzens, wenn Troponin negativ UND EKG normal ist)
- kontinuierliche Herzüberwachung für 24 h bei abnormalem EKG
- Indikationen für stationäre Behandlung auf ITS
- stumpfes Thoraxtrauma und abnormales EKG und/oder erhöhtes Troponin
- hämodynamisch instabile Patient*innen mit EKG-Aufälligkeiten
tracheobronchiale Verletzungen
- tracheobronchiale Verletzungen sind seltene, potenziell lebensbedrohliche Verletzungen, die vor allem durch penetrierende Traumata verursacht werden (CAVE: verspätete Diagnose nicht ungewöhnlich)
- Kernsymptom einer intrathorakalen tracheobronchialen Verletzung ist ein Pneumothorax mit anhaltendem (und oft starkem) Luftaustritt nach Einsetzen einer Thoraxdrainage
- Symptomatik
- Atembeschwerden
- Hypoxie
- verminderter Lufteintritt
- subkutanes Emphysem
- Hämoptyse
- Befunde des Thoraxröntgen: Pneumothorax (ggf. beidseitig), Pneumomediastinum, subkutanes Emphysem, Versagen der Lungenexpansion nach Anlage Thoraxdrainage
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Anlage Thoraxdrainage (ggf. mehr als einige Drainage erforderlich)
- Absaugen
- endotracheale Intubation, falls indiziert, unabhängig vom Verletzungsgrad (CAVE: Trachealverletzung kann ET-Einlage erschweren)
- Begrenzung des auf die Atemwege ausgeübten Drucks bei mechanischer Beatmung
- Diagnose wird i.d.R. durch Bronchoskopie gestellt
Aortenverletzungen
- Aortenverletzungen treten typischerweise als Folge erheblicher Dezelerationskräfte auf, wie z.B. beim Hochrasanztraumata
- häufigste Stelle für Aortenverletzungen befindet sich am oder in der Nähe des Ligamentum arteriosum, das an der proximalen absteigenden Aorta kurz hinter der linken Arteria subclavia ansetzt
- Arten von Aortenverletzungen:
- Ruptur (fast immer tödlich aufgrund des sofortigen massiven Blutverlusts)
- Pseudoaneurysma
- intramurales Hämatom oder Dissektion
- Intima(ein)riss
- Symptomatik
- Atembeschwerden
- verminderter Lufteintritt und dumpfer Klopfschall bei Perkussion auf der linken Seite (aufgrund von Blutverlust in die Pleurahöhle)
- Tachykardie
- Hypotonie
- starke Thoraxschmerzen
- einseitiger verminderter Puls, asymmetrischer Blutdruck
- Extremitätenischämie
- neues Herzgeräusch
- Patient*innen sind i.d.R. asymptomatisch oder haben ablenkende Verletzungen
- radiologische Diagnostik
- Thoraxröntgen
- während direkte Zeichen einer Aortenverletzung im Röntgen nicht sichtbar sind, können indirekte Anzeichen (z.B. ein mediastinales Hämatom) festgestellt werden
- Zeichen eines mediastinalen Hämatoms: verbreitertes Mediastinum, undeutliche oder abnorme Kontur der Aorta , Abweichung von Trachea/ETT/Magensonde nach rechts, Absinken des linken Hauptbronchus , Verlust des aortopulmonalen Fensters , verbreiterter paraspinaler Streifen , verbreiterter paratrachealer Streifen , linke apikale Pleurakappe , großer Hämothorax links)
- CT-Angiogramm
- sensitivster Test und übliches Verfahren zur Diagnose von Aortenverletzungen
- Thoraxröntgen
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Flüssigkeitstherapie
- aktive Kontrolle des Blutdrucks und der Herzfrequenz mit β-Blockade zur Minimierung der Wandschubspannung und zur Verringerung der Gefahr einer Ausdehnung oder Ruptur
- dringende kardiothorakale Konsultation bei bestätigter Verletzung
Zwerchfellverletzung
- Verletzungen des Zwerchfells sind selten und werden bei Kindern gut erkannt
- bei stumpfen Traumata im Allgemeinen linksseitige Verletzungen häufiger
- Symptomatik
- Tachypnoe
- Hypoxie
- Zeichen eines abdominalen Traumas
- Prellungen
- Abschürfungen
- verminderte Bewegung der Brustwand
- verminderter Lufteintritt auf der betroffenen Seite
- Darmgeräusche im Brustbereich
- Mediastinalverlagerung
- Röntgenbefunde: Zwerchfell schwer erkennbar, Bauchorgane im Thoraxbereich, Spitze der Magensonde im Thoraxbereich
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Einlage Magensonde
- Kontrastmitteluntersuchung zur endgültigen Diagnosestellung
- chirurgische Konzil
Verletzung des Ösophagus
- am häufigsten aufgrund penetrierender Verletzungen, aber auch nach stumpfen Verletzungen des Oberbauchs möglich, bei denen Mageninhalt gewaltsam in die Speiseröhre geschleudert wird, was zum Riss in der unteren Speiseröhre führt
- Symptomatik
- Atembeschwerden
- subkutanes Emphysem
- Peritonismus
- verminderter Lufteintritt
- Mageninhalt in der Thoraxdrainage
- Fieber/Sepsis
- Befund des Thorax-Röntgen: Pneumomediastinum, Pneumothorax, Pleuraerguss (gewöhnlich linksseitig), subkutanes Emphysem
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Intubation und maschinelle Beatmung (falls erforderlich)
- Behandlung der zugrunde liegenden Verletzungen
traumatische Asphyxie
- anhaltende starke Kompression des Brustkorbs führt zur Behinderung des venösen Rückflusses und damit zu einer Extravasation von Blut in das Gewebe
- Symptomatik
- Petechien/Ecchymosen im Bereich der oberen Brust, des Halses, der Arme und des Gesichts
- Gesichtödeme
- Zyanose
- subkonjunktivale Blutung
- massive subkutane Ödeme
- Atembeschwerden
- Tachypnoe
- Hypoxie
- verminderte Brustkorbbewegung
- verminderter Lufteintritt
- Therapie
- High-Flow-Sauerstoffgabe
- Analgesie
- Intubation und maschinelle Beatmung (falls erforderlich)
- Behandlung der zugrunde liegenden Verletzungen


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