veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 28.04.2023
Ablaufdatum: 27.04.2028
Quelle/Quelllink: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/030-089
Grundsätzliches
- 15 – 20 % der Patientinnen und Patienten mit einer Pneumokokkenmeningitis versterben
- Inzidenz von 1,58 pro 100.000 Einwohner
- höchste Letalität bei Pneumokokken- (15 – 20 %) und Listerienmeningitiden (20 – 30 %)
- Inkubationszeit i.d.R. 3 – 4 Tage
- häufigsten Erreger der bakteriellen Meningoenzephalitis bei Erwachsenen
- Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis und Listeria monocytogenes (je < 10 %)
- Staphylokokken (1 – 9 %)
- gram-negative Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa (< 10 %)
- Haemophilus influenzae (1 – 3 %)
- häufigste Erreger der eitrigen Meningoenzephalitis im Kindesalter: Pneumokokken und Meningokokken
- häufigste Erreger der eitrigen Meningoenzephalitis in Neugeborenenperiode: Streptococcus agalactiae, Escherichia coli und Listeria monocytogenes
Symptomatik
- Kardinalsymptome
- Kopfschmerzen (83 – 87 %)
- Meningismus (75 – 83 %)
- Vigilanzstörung (69 %)
- Fieber (77 %)
- zusätzliche Symptome
- Übelkeit und/oder Erbrechen
- Lichtscheu
- Verwirrtheitssyndrom
- epileptische Anfälle
- Hirnnervenbeteiligung, v.a. II., VI., VII. oder VIII. Hirnnerv (10 %)
- Hörstörung durch eitrigen Labyrinthitis (10 – 20 %; 30 % bei Pneumokokkenmeningitis)
- Hautveränderungen wie makulopapulöse oder petechiale Exantheme oder eine ausgedehnte Purpura fulminans mit Hautnekrosen (ca. 65 % im Verlauf bei Meningokokkenmeningitis)
- „Kernig“- /„Brudzinski“-Dehnungszeichen (niedrige Sensitivität von nur 11 bzw. 9 % bei Spezifitäten von jeweils 95 %)
- ggf. nur gering ausgeprägt oder sogar fehlend (Kombination aus drei der vier Kardinalsymptome liegt nur bei der Hälfte der Patient*innen vor)
- bei eitriger Meningitis ca. bei 1/4 der Patient*innen primär septisches Krankheitsbilder oder ebenfalls bei 1/4 der Patient*innen Mischformen aus Sepsis und Meningitis
- Waterhouse-Friderichsen-Syndroms bei 10 – 15 % (gekennzeichnet durch septisches Krankheitsbild und großflächige konfluierende kutane Einblutungen)
Komplikationen
intrakranielle Komplikationen
- Hirnödem mit der Gefahr der Einklemmung (10 – 30 %)
- zerebrovaskuläre Beteiligung (15 – 40 %):
- zerebrale arterielle Gefäßkomplikationen: Vaskulitis (Stenosen), Vasospasmus, fokale kortikale Hyperperfusion, zerebrale Autoregulationsstörung
- septische Sinusthrombosen und kortikale Venenthrombosen
- Hydrozephalus (10 – 15 %)
- vestibulokochleäre Beteiligung, z.B. Hörstörungen inkl. Surditas, Vestibulopathie (10 – 30 %)
- Hirnnervenparesen (ca. 10 %)
- epileptische Anfälle (15 – 30 %)
- Hirnabszess oder subdurales Empyem (selten)
extrakranielle Komplikationen
- septischer Schock
- Verbrauchskoagulopathie
- Adult Respiratory Distress Syndrome (ARDS)
- Arthritis
- Elektrolytstörungen wie Hyponatriämie
- Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH)
- zerebrales Salzverlustsyndrom oder zentraler Diabetes insipidus
- Rhabdomyolyse
- Pankreatitis
- septische einseitige (selten beidseitige) Endophthalmitis oder Panophthalmitis
- spinale Komplikationen (z. B. Myelitis oder spinale Vaskulitis)
Therapie
- Diagnosesicherung bzw. Ausschluss erfolgt über Lumbalpunktion (Kontraindikationen: ICP-Erhöhung, wie generalisiertes Hirnödem, Hydrozephalus, Hirnabszess, oder Einklemmungszeichen, wie Koma oder einseitig erweiterte, nicht lichtreagible Pupille)
- Antibiotika-Gabe möglichst innerhalb 1 h nach KH-Einlieferung (CAVE: verzögerter Beginn der Antibiotikatherapie ist mit ungünstiger Prognose vergesellschaftet)
- zusätzlich Gabe von 10 mg Dexamethason i.v. (4x täglich) unmittelbar vor Gabe des Antibiotikums oder zeitgleich
- keine routinemäßige adjuvante Therapie mit Glycerol oder Hypothermie
- bei ICP-Erhöhung hirndrucksenkende Maßnahmen (30°-Oberkörperhochlagerung, tiefe Sedierung, ggf. möglichst kurzzeitige Hyperventilation mit pCO2-Ziel um 32–35 mmHg oder passagere Osmotherapie mit 20 % Mannitol i. v. erwägen)
- bei Sinusvenenthrombose Therapie mit Heparin im therapeutischen Bereich
- Transport auf Intensivstation, v.a. bei Auftreten intrakranieller und systemischer Komplikationen (bei ausgeprägter Vigilanzminderung ITS mit Erfahrung mit schweren ZNS-Erkrankungen)
- nachfolgend ggf. Chemoprophylaxe der Meningokokkenmeningitis mit Rifampicin, Ciprofloxacin, Ceftriaxon oder Azithromycin
- Meldepflicht an Gesundheitsamt gemäß § 6 IfSG
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