veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.10.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/
Schmerzbewertung/-einschätzung
- proaktive, regelmäßige (Neu)Bewertung der Schmerzen und des Verhaltens während der gesamten Behandlung und v.a. nach Interventionen (CAVE: auch ruhige Kinder können Schmerzen haben)
- Verwendung alters- und entwicklungsentsprechender Sprache (kulturelle Unterschiede berücksichtigen)
- physiologische Beurteilung der Patient*innen (HF, RR, Aktivitätsgrad, Bewegungseinschränkung)
- Fremdanamnese bei Eltern, Angehörigen oder Betreuungspersonen bzgl. Vorgeschichte, v.a. frühere erfolgreiche Analgesien
Schmerz-Assessment-Tools
- Faces Pain Scale Revised (FPS-R; 3 – 18 Jahre) zur Selbsteinschätzung

- Wong-Baker FACES (3 – 18 Jahre) zur Selbsteinschätzung

- Numeric Rating Scale (NRS; > 7 Jahre) zur Selbsteinschätzung

- Visuelle Analog Skala (VAS; > 7 Jahre) zur Selbsteinschätzung

- Neonatal/Infant Pain Scale (NIPS) zur Fremdeinschätzung durch med. Personal

- Faces Legs Activity Cry Consolability (FLACC) zur Fremdeinschätzung durch med. Personal

- Revised FLACC (R-FLACC) zur Fremdeinschätzung durch med. Personal

Therapie
- nicht-pharmakologische und pharmakologische Strategien kombinieren, da dies am wirksamsten ist
- bei konstanten Schmerzen Analgetika in regelmäßigen Abständen und nicht nur anlassbezogen verabreichen
- synergistische Wirkung von Paracetamol und Ibuprofen nutzen
- bei vmtl. anhaltenden Schmerzen länger wirkende Analgetika erwägen
- mittlere bis starke Schmerzen frühzeitig mit Opioiden behandeln
nicht-pharmakologische Ansätze
- Bei allen Kindern mit Schmerzen sollten altersgemäße Techniken angewandt werden
- Stress und Ängste können die Schmerzwahrnehmung verschlimmern. Zu den Strategien, die hilfreich sein können, um Stress und Angst zu minimieren, gehören:
- Anwesenheit der Eltern und tröstende Berührung, wenn möglich
- Ablenkungstherapie, z. B. durch Videos, Musik, Spielzeug, Seifenblasen, Geschichtenerzählen durch das Kind, Zählen
- Beauftragen Sie einen Kindertherapeuten (Spieltherapie), falls verfügbar
- Wickeln, Füttern, Haut-zu-Haut-Pflege und Verwendung von Schnullern für Säuglinge
- Atmungstechniken
- Taktile Stimulation: Berühren der Haut in der Nähe der Stelle durch rhythmisches Reiben, manuellen Druck, „Buzzy bee
- Im Falle von Verletzungen sind folgende Strategien hilfreich:
- Sofortige Ruhigstellung möglicher Frakturen mit einer Schiene oder Rückenschiene
- Anlegen von Eis (sofern altersgerecht) und Hochlegen der verletzten Gliedmaßen
- Sofortiger Verband von Verbrennungen (siehe Verbrennungen)
- Bei Verletzungen von Gliedmaßen oder Fingern ist eine regionale Lokalanästhesie/Nervenblockade in Betracht zu ziehen.
pharmakologische Ansätze

- Paracetamol
- 15 mg/kg (max. 1 g) p.o. alle 4 – 6 h
- 15 – 20 mg/kg (max. 1 g) rektal alle 6 h
- < 1 Monat: 10 mg/kg i.v. alle 6 h; > 1 Monat: 15 mg/kg i.v. (max. 1 g) alle 6 h
- Ibuprofen
- > 3 Monate: 10 mg/kg (max. 400 mg) alle 6 – 8 h (zusammen mit Essen)
- Oxycodon
- 1 – 12 Monate: 0,05 – 0,1 mg/kg p.o. alle 4 h; > 12 Monate: 0,1 – 0,2 mg/kg p.o. (Dosis Erwachsene: 5 – 10 mg) alle 4 h
- Morphin
- < 1 Monat: 0,025 mg/kg i.v./s.c., Wdh., wenn nötig; 1 – 12 Monate: 0,05 mg/kg i.v./s.c.; > 12 Monate: bis zu 0,2 mg/kg i.v./s.c. (max. 5 – 10 mg)
- Fentanyl
- > 12 Monate: 1,5 μg/kg i.n. (max. 100 μg) bei der ersten Dosis, nachfolgend 0,75 μg/kg i.n. nach 10 min
- Tramadol
- > 12 Jahre: 0,5 – 1 mg/kg p.o./i.v. (max. 100 mg) alle 6 h
weiteres Management
- starker und dauerhafter Schmerz
- Opiate nicht als Single-Use, sondern in Kombination mit leichteren Analgetika
- spezielle Ursachen für anhaltende starke Schmerzen in Betracht ziehen, z. B. Kompartmentsyndrom
- Einsatz spezieller Maßnahmen wie Regionalanästhesie erwägen
- Analgesie bei Niereninsuffizienz
- Fentanyl gegenüber Morphin bevorzugen
- Dosis und Häufigkeit von Oxycodon reduzieren
- fenaue Überwachung auf Anzeichen einer Opiatakkumulation
- Opiat-Intoxikation
- Atemwegssicherung, Beatmung und Sauerstoffgabe
- initial 10 µg/kg Naloxon als Bolus i.v./i.m. (max. 400 µg), weitere Gabe von 100 µg/kg (max. 2 mg), wenn intiale Dosis keine Verbesserung bringt
- CAVE: bei Intox mit langwirksamen Opiaten ggf. wiederholte Naloxon-Gaben erforderlich


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