veröffentlichende Fachgesellschaft: BASF Corporate Health Management – Humantoxikologie
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.01.2020
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.communications.extranet.basf.com/portal/basf/en/dt.jsp?setCursor=1_877454
Grundsätzliches
- Acrylnitril (CH2=CH-CN)
- klare, leicht gelbliche, flüchtige und brennbare Flüssigkeit mit unangenehmem Geruch bei Raumtemperatur
- Verwendung bei der Produktion von Acrylfasern, Kunststoffen und Klebstoff für die Herstellung von Kleidung, Möbel, Baumaterial, Lebensmittelverpackungen und im Automobilbau
Exposition
- in den meisten Fällen durch Einatmen (Erstickungsgefahr, da schwerer als Luft!!!)
- Aufnahme auch über die Haut oder den Magen-Darmtrakt möglich
Symptomatik
- allgemeine Vergiftungserscheinungen wie Kurzatmigkeit, Engegefühl in der Brust, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall und Gelbsucht (spätes Einsetzen der Symptomatik bis zu 12 Stunden nach Exposition möglich)
- Reizung der oberen Atemwege; Niesen, Nasenfluss, Beklemmungsgefühl, Husten, Kurzatmigkeit und Schnappatmung möglich
- schwere Reizungen der Haut und Augen mit Tränenfluss und Hornhautschäden durch lokale Einwirkung von hohen Konzentrationen oder flüssigem Acrylnitril
Dosis-Wirkungs-Beziehungen
- 16 ppm für 20 – 30 min: Kopfschmerzen, Übelkeit, Reizungen
- 400 ppm für 60 min oder 2 mg/kgKG über die Haut: ggf. letale Wirkung
Maßnahmen
- Eigenschutz durch Tragen eines umluftunabhängiges Atemschutzgerät und eines Chemieschutzanzug
- unmittelbare Rettung des Patienten aus Gefahrenbereich
- Einleitung lebensrettender Maßnahmen gemäß ABC-Schema
- „CRASH“-Dekontamination
- vorher schnelle Durchführung lebensrettender Maßnahmen
- komplette Entkleidung des Patienten
- ca. 1 Minute Duschen/Abstrahlung mit viel Wasser
- danach Wärmeerhalt!!!
- Reinigung
- bei reiner Exposition mit Dämpfen ohne Haut-/ Augenreizung keine speziellen Reinigungsmaßnahmen
- bei ophthalmologischer Beteiligung Augenspülung mit Wasser oder neutraler NaCl-Lösung über min. 15 Minuten (Kontaktlinsen vorher entfernen!!!)
- bei direkter Haut-/Haarexposition Spülung mit Wasser über min. 15 Minuten
Akutpatienten
- O2-Gabe oder suffiziente Beatmung
- bei progredienter respiratorischer Insuffizienz
- eskalierendes Atemwegsmanagement mit ETI oder ggf. Koniotomie
- Anlage pVK
- Antidottherapie
- inhalative Exposition: parenterale Gabe von N-Acetylcystein in der Dosierung von 150 mg/kgKG i.v. über 60 min bei starken Vergiftungszeichen
- orale Exposition: bei Zeichen einer Cyanid-Vergiftung Gabe von 4-DMPA und Natriumthiosulfat gefolgt von Gabe von N-Acetylcystein in o.g. Dosierung
- Transport in Klinik mit intensivmedizischer Abteilung
- Verbrennungsklinik in Betracht ziehen, da ophthalmologische Exposition wie Verbrennungssymptomatik zu therapieren ist
asymptomatische Patienten
- Beurteilung durch Arzt
- Hinweis zur Alarmierung des Notrufs bei Verschlechterung des AZ
- kein Rauchen für die nächsten 72 Stunden
- keine körperliche Arbeit für die nächsten 24 Stunden
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