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Leitlinie „Management of Patients with Acute Coronary Syndromes“ der ACC, AHA, ACEP, NAEMSP & SCAI

veröffentlichende Fachgesellschaft: American College of Cardiology (ACC)American Heart Association (AHA), American College of Emergency Physicians (ACEP), National Association of EMS Physicians (NAEMSP) und Society for Cardiovascular Angiography & Interventions (SCAI)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 27.02.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1016/j.jacc.2024.11.009

ACS-Definition & Klassifikation

  • akutes Koronarsyndrom (engl. acute coronary syndrome, ACS)
  • ACS = Schädigung (Ruptur oder Erosion) eines instabilen atherosklerotischen Plaque in einer Koronararterie, der mit einer partiellen oder vollständigen Koronararterienthrombose und/oder Mikroembolien einhergeht, was zur verminderten Durchblutung des Herzmuskels und einer nachfolgenden Myokardischämie führt
  • ACS umfasst drei miteinander verwandte klinische Zustände als Kontinuums von Schweregraden
    • instabile Angina pectoris (vorübergehende Myokardischämie, die zu vermindertem Blutfluss führt, ohne Nachweis einer signifikanten Myonekrose durch zirkulierendes Troponin)
    • Myokardinfarkt mit NSTEMI
    • Myokardinfarkt mit STEMI
  • Erstdiagnose & Klassifizierung fußt auf klinischer Vorgeschichte und Symptomatik, EKG-Interpretation und Bestimmung des kardialen Troponin (cTn)
Pathobiologie eines Myokardinfarkts vom Typ 1 aufgrund einer atherosklerotischen Plaqueschädigung (Quelle: https://www.jacc.org/cms/asset/560f3cd1-24e1-4953-b6d7-22c99d7e39a3/gr1.jpg?download)
NSTE-ACSSTEMI
Ischämienachweis im EKG(mutmaßlich) neue und i.d.R. dynamische horizontale/abfallende ST-Senkung ≥ 0,5 mm in ≥ 2 benachbarten Ableitungen und/oder T-Wellen-Inversion > 1 mm in ≥ 2 benachbarten Ableitungen mit ausgeprägter R-Welle oder R/S-Verhältnis > 1 oder vorübergehende ST-Segment-Hebung(mutmaßlich) neue ST-Strecken-Hebung von ≥ 1 mm in ≥ 2 benachbarten Ableitungen (gemessen am J-Punkt) in allen Ableitungen außer V2 – V3 und ≥ 2 mm bei Männern ≥ 40 Jahre, ≥ 2,5 mm bei Männern < 40 Jahre und ≥ 1,5 mm bei Frauen unabhängig vom Alter in den Ableitungen V2 – V3
andere beobachtete EKG-Veränderungenentweder unspezifische ST-Strecken- oder T-Wellen-Veränderungen oder normales EKG (Fehlen eines EKG-Nachweises einer Ischämie schließt ein ACS nicht aus)posteriore Ableitungen (V7 – V9) bei V.a. Verschluss des linken Zirkumflexes, v.a. bei isolierter ST-Strecken-Senkung ≥ 0,5 mm in den Ableitungen V1 – V3
ACS-Arten und Klassifizierung (Quelle: https://www.jacc.org/cms/asset/93b729fc-aebf-4abb-84d9-87685fb3b660/gr2.jpg?download)
  • Leitlinie konzentriert sich auf Akutbehandlung von ACS, also instabiler Angina pectoris, NSTEMI und STEMI, bei denen angenommen wird, dass sie aus einer atherosklerotischen Plaqueruptur oder Plaquerosion und anschließender Thrombose resultieren –> Typ-1-MI gemäß der universellen Myokardinfarkt-Definition
TypErläuterung
Typ 1verursacht durch eine akute koronare Atherothrombose, die in der Regel durch eine atherosklerotische Plaquezerstörung (Ruptur oder Erosion) ausgelöst wird und häufig mit einer partiellen oder vollständigen Gefäßthrombose einhergeht
Typ 2verursacht durch ein Ungleichgewicht zwischen myokardialem Sauerstoffangebot und -bedarf, das nicht auf eine akute koronare Atherothrombose zurückzuführen ist
Typ 3Herztod mit Symptomen einer Myokardischämie und mutmaßlich ischämischen elektrokardiografischen Veränderungen oder ventrikulären Arrythmien, bevor Blutproben für kardiale Biomarker entnommen oder Erhöhungen kardialer Biomarker festgestellt werden können und/oder bei denen eine MI durch Autopsie festgestellt wird
Typ 44a: Peri-PCI-MI, die durch eine Verfahrenskomplikation verursacht und ≤48 h nach der PCI festgestellt wurde
4b: Post-PCI-MI, verursacht durch eine koronare Stent- oder Stent-Scaffold-Thrombose
4c: Post-PCI-MI verursacht durch koronare Stent-Restenose
Typ 5Peri-CABG-MI, verursacht durch eine Verfahrenskomplikation, die ≤ 48 h nach der CABG-Operation festgestellt wurde

Ersteinschätzung und Behandlung von ACS-Verdacht

Präklinik

  • bei V.a ACS 12-Kanal-EKG-Diagnostik & -Interpretation innerhalb von 10 min nach erstem medizinischen Kontakt
  • Anfertigung von Serien-EKGs bei V.a. ACS und ohne initiale STEMI-Hinweise im EKG, v.a. bei hohem klinische ACS-Verdacht, anhaltenden Symptomen oder klinischer Zustandverschlechterung
  • bei V.a. STEMI sofortige Transport in PCI-fähiges KH für primäre PCI (PPCI), wobei die Zeit zwischen erstem medizinischen Kontakt und PCI ≤ 90 min sein sollte
  • frühzeitige Benachrichtigung des aufnehmenden PCI-fähigen Krankenhauses und Aktivierung des Herzkatheterteams durch RD

Erstbeurteilung von Patient*innen mit bestätigtem oder vermutetem ACS im Krankenhaus

  • bei V.a ACS 12-Kanal-EKG-Diagnostik & -Interpretation innerhalb von 10 min nach erstem medizinischen Kontakt
  • Anfertigung von Serien-EKGs bei V.a. ACS und ohne initiale STEMI-Hinweise im EKG, v.a. bei hohem klinische ACS-Verdacht, anhaltenden Symptomen oder klinischer Zustandverschlechterung
  • bei V.a. ACS cTN-Bestimmung so bald wie möglich, vorzugsweise mit hochempfindlichem cTn-Test (hs-cTn)
  • bei V.a. ACS und anfänglich unauffälligen hs-cTn- oder cTn-Werten Wiederholungsmessungen nach 1 – 2 h für hs-cTn-Tests und 3 – 6 h für cTn-Tests

Risikostratifizierungstools für Patient*innen mit STEMI und NSTE-ACS

Behandlung von Patienten mit Herzstillstand

  • Transport in ein PPCI-fähiges KH bei Patient*innen mit Herzstillstand und STEMI, die reanimiert werden/wurden
  • PPCI zur Verbesserung des Überlebens bei reanimierten Patient*innen, die nicht komatös sind oder komatös sind, aber günstige prognostische Indizien sowie Hinweise auf STEMI aufweisen
  • PPCI nach individueller Beurteilung sinnvoll bei Patient*innen mit Herzstillstand, die komatös sind, ungünstige prognostische Merkmale und Hinweise auf einen STEMI haben
  • keine sofortige Angiographie bei reanimierten Patient*innen nach Herzstillstand, die komatös, „elektrisch“ und hämodynamisch stabil sind und keinen Hinweis auf einen STEMI haben

medizinische Standardtherapie für STEMI und NSTE-ACS

Sauerstoff

  • bei ACS und bestätigter Hypoxie (SpO2 < 90 %) zusätzlich Sauerstoff mit SpO2-Ziel von > 90 %
  • bei ACS und SpO2 ≥ 90 % keine routinemäßige O2-Gabe

Analgesie

  • 0,3 – 0,4 mg Nitroglycerin s.l. alle 5 min nach Bedarf (max. 3 Gaben) ODER 10 μg/min Nitroglycerin i.v. mit Titration bis Schmerzlinderung und hämodynamische Verträglichkeit
  • 2 – 4 mg Morphin (bei Bedarf Wdh. alle 5 – 15 min; max. 10 mg)
  • 25 – 50 μg Fentanyl (bei Bedarf Wdh. bis max. 100 μg)

Aspirin

  • orale Aspirin-Loadingdosis von 162 – 325 mg bei NSTE-ACS oder STEMI (Gabe der Loadingdosis unabhängig von der endgültigen Behandlungsstrategie; möglichst gekaut, um schnelleren Wirkungseintritt zu erreichen)
  • nachfolgend tgl. niedrig dosiertes Aspirin in Dosierung von 75 – 100 mg

orale P2Y12-Inhibitoren

  • alle Patient*innen mit ACS (STEMI und NSTE-ACS)
    • zusätzlich zu Aspirin Gabe oraler P2Y12-Hemmer
    • keine Prasugrel-Gabe bei Patient*innen mit Schlaganfall oder TIA
  • innerklinische Behandlung von Patient*innen mit NSTE-ACS
    • Gabe von Prasugrel oder Ticagrelor bei NSTE-ACS und PCI
    • Ticagrelor bei NSTE-ACS ohne weitere geplante invasive Diagnostik
    • Clopidogrel-Gabe, wenn Prasugrel oder Ticagrelor nicht verfügbar oder kontraindiziert ist
    • bei NSTE-ACS, der für invasive Strategie vorgesehen ist, wobei der Zeitpunkt der Angiographie voraussichtlich > 24 h beträgt, vorgeschaltete Therapie mit Clopidogrel oder Ticagrelor in Betracht ziehen
  • innerklinische Behandlung von Patient*innen mit STEMI
    • Gabe von Prasugrel oder Ticagrelor bei STEMI und PPCI
    • Clopidogrel-Gabe, wenn Prasugrel oder Ticagrelor nicht verfügbar oder kontraindiziert ist
    • bei STEMI und fibrinolytischer Therapie gleichzeitige Gabe von Clopidogrel
  • Dosierungen
    • 300 oder 600 mg Clopidogrel oral bei NSTE-ACS oder STEMI ohne Fibrinolyse
    • Clopidogrel oral bei STEMI mit Fibrinolyse
      • 300 mg oral bei Alter ≤ 75 Jahre
      • 75 mg oral bei Alter  > 75 Jahre
    • 60 mg Plasugrel oral bei NSTE-ACS oder STEMI ohne Fibrinolyse, die eine PCI haben
    • 180 mg Ticagrelor oral bei NSTE-ACS oder STEMI ohne Fibrinolyse

intravenöse P2Y12-Inhibitoren

  • Cangrelor i.v. ggf. sinnvoll bei ACS und PCI, wenn keine P2Y12-Inhibitoren-Gabe erfolgt

parenterale Antikoagulation

  • vorgeschaltete Antikoagulation bei NSTE-ACS
    • Gabe von unfraktioniertem Heparin (UFH) i.v.
    • sofern keine frühzeitige Intervention zu erwarten ist, sind Enoxaparin oder Fondaparinux empfohlene Alternativen zu UFH
  • gerinnungshemmende Therapie bei Koronarrevaskularisation
    • bei koronarer Revaskularisation (koronare Bypass-Transplantation oder PCI) Fortsetzung der parenterale Antikoagulation bis zur Revaskularisation
  • gerinnungshemmende Therapie zur Unterstützung der PCI bei ACS (STEMI und NSTE-ACS)
    • UFH i.v. bei Patient*innen mit ACS, die sich einer PCI unterziehen
    • Bivalirudin als Alternative zu UFH bei Patient*innen mit STEMI & NSTE-ACS
    • Enoxaparin i.v. als Alternative zu UFH zum Zeitpunkt der PCI in Betracht ziehen
    • kein Fondaparinux bei Patient*innen mit ACS, die sich einer PCI unterziehen
  • gerinnungshemmende Medikation bei fibrinolytischer Therapie
    • bei STEMI und fibrinolytischer Therapie parenterale Antikoagulation für die Dauer des KH-Aufenthalts (max. 8 d) oder bis zur Revaskularisierung fortsetzen
    • Enoxaparin als Antikoagulan und Fondaparinux als Alternative empfohlen
  • Dosierungen
    • UFH
      • initiale Loading-Dosis von 60 I.E./kg (max. 4000 I.E.) mit initialer Laufrate von 12 IE/kg/h (max. 1000 I.E./h), angepasst an therapeutischen aPTT-Bereich von 60 – 80 s
      • zur Unterstützung der PCI zusätzlich UFH nach Bedarf, um ACT von 250 – 300 s zu erreichen
    • Bivalirudin
      • 0,75 mg/kg als Bolus, 1,75 mg/kg/h als Infusion während der PCI
      • Post-PCI-Gabe nach PPCI: 1,75 mg/kg/h für 2 – 4 h
      • Reduktion der Infusion auf 1 mg/kg/h bei CrCl <30 mL/min
    • Enoxaparin
      • initial 1 mg/kg s.c. alle 12 h (Dosisreduktion auf einmal tgl. bei CrCl <30 mL/min
      • bei Vortherapie mit Enoxaparin Gabe von 0,3 mg Enoxaparin i.v., wenn die letzte Dosis s.c. vor 8 – 12 h oder nur eine Enoxaparin-Gabe erfolgt ist (bei letzter Gabe < 8 h keine zusätzliche Gabe von Enoxaparin)
      • wenn zuvor keine gerinnungshemmende Therapie erfolgt ist, Gabe von 0,5 – 0,75 mg/kg Enoxaparin i.v. als Bolus
      • bei fibrinolytischer Therapie: Alter < 75 Jahre –> 30 mg Enoxaparin i.v. als Bolus, gefolgt von 1 mg/kg Enoxaparin s.c. alle 12 h (max. 100 mg bei den ersten beiden Dosen); Alter > 75 Jahre –> kein initialer Bolus, nur 0,75 mg/kg s.c. alle 12 h (max. 75 mg für die ersten beiden Dosen)
      • unabhängig vom Alter, wenn CrCl <30 mL/min: 1 mg/kg s.c. alle 24 h
    • Fondaparinux
      • intial 2,5 mg s.c. tgl.
      • bei fibrinolytischer Therapie: 2,5 mg i.v., dann 2,5 mg s.c. tgl. ab dem Folgetag
      • kontraindiziert, wenn CrCl <30 mL/min

Lipid-Management

  • hochdosierte Statintherapie bei Patient*innen mit ACS
  • zusätzliche Gabe eines nicht-statinhaltigen Lipidsenkers, wenn bereits maximal verträgliche Statintherapie mit Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) ≥ 70 mg/dL (≥ 1,8 mmol/L) bzw. 55 bis 69 mg/dL (≥1,4 bis <1,8 mmol/L) erfolgt ist
  • wenn Statine nicht vertragen werden, lipidsenkende Therapie ohne Statine
  • gleichzeitige Ezetimib-Gabe erwägen

Betablocker-Therapie

  • frühzeitige (<24 h) orale Betablockertherapie bei Patient*innen mit ACS, um das Risiko eines Reinfarkts und ventrikulärer Arrhythmien zu verringern

RAAS-Inhibitoren

  • Gabe oraler Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer (ACEi) oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) bei Hochrisikopatient*innen mit ACS (LVEF ≤ 40 %, Hypertonie, Diabetes mellitus oder STEMI mit anteriorer Lokalisation)
  • Gabe von Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist bei Patient*innen mit ACS und LVEF ≤ 40 %, Herzversagen und/oder Diabetes mellitus
  • Gabe oraler Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer (ACEi) oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) bei Nicht-Hochrisikopatient*innen trotzdem sinnvoll

Reperfusionstrategien im STEMI-Management

  • Etablierung regionaler Abläufe bzw. Systeme für die STEMI-Versorgung, die prä- & innerklinischen STEMI-Versorgungsprozesse mit dem Ziel koordinieren, die Gesamtdauer der Ischämie zu verkürzen und die Überlebensrate von Patienten mit STEMI zu verbessern
  • Versorgungspfad für Patienten mit ischämischen Symptomen, die auf ein ACS hindeuten
Quelle: https://ars.els-cdn.com/content/image/1-s2.0-S073510972410424X-gr6.jpg

PPCI bei STEMI im PCI-fähigen Krankenhaus

  • Durchführung einer PPCI mit Zeit vom ersten med. Kontakt bis zur PCI ≤ 90 min (bzw. ≤ 120 min bei notwendiger Verlegung) bei Patient*innen mit STEMI, die sich <12 h nach Symptombeginn vorstellen
  • Notfallrevaskularisation durch PCI oder Bypass bei Patient*innen mit ACS und kardiogenem Schock oder hämodynamischer Instabilität
  • PPCI sinnvoll bei Patient*innen mit STEMI, die sich 12 – 24 h nach Symptombeginn vorstellen
  • PPCI sinnvoll bei Patient*innen mit STEMI, die sich >24 h nach Symptombeginn vorstellen und bei denen eine anhaltende Ischämie oder lebensbedrohliche Arrhythmie vorliegen
  • keine PPCI bei stabilen STEMI-Patient*innen mit total verschlossener infarktnaher Arterie > 24 h nach Symptombeginn und ohne Anzeichen einer anhaltenden Ischämie, akuter schwerer HF oder lebensbedrohlicher Arrhythmie

Notfall-Bypass-Operation

  • Notfall-Bypass-Operation kann bei Patient*innenen mit STEMI, bei denen eine PCI nicht durchführbar/erfolgreich ist und bei denen ein großer Myokardbereich gefährdet ist, das Outcome verbessern

Reperfusion im Nicht-PCI-fähigen Krankenhaus

  • Verlegung in PCI-fähiges Krankenhaus zur PPCI bei STEMI-Patient*innen mit geschätzter Zeit vom ersten med. Kontakt bis zur PCI ≤ 120 min oder Patient*innen mit Kontraindikation für Fibrinolyse
  • Fibrinolyse bei STEMI-Patient*innen mit Symptombeginn <12 h und voraussichtlicher Verzögerung bis zur PPCI >120 min nach dem ersten med. Kontakt
  • Verlegung in ein PCI-fähiges Krankenhaus zur PPCI sinnvoll bei STEMI-Patient*innen mit Symptombeginn vor 12 – 24 h, um die Infarktgröße und Komplikation zu reduzieren
  • keine Fibrinolyse bei Patient*innen, die nur eine ST-Strecken-Senkung aufweisen, es sei denn, es besteht der V.a. einen echten posterioren STEMI

Zeitpunkt & Wahl des Mittels für die Fibrinolyse

  • PPCI bleibt die Reperfusionsmethode der Wahl, wenn rasch initiiert werden kann
  • wenn PPCI nicht rasch möglich, sind die Vorteile einer Fibrinolyse beim STEMI gut belegt
  • kein belegter Nutzen einer Fibrinolyse bei Patient*innen, die sich nach > 12 h nach Symptombeginn vorstellen (CAVE: Fibrinolyse erwägen bei Symptombeginn > 12 h und großem gefährdeten Myokardbereich oder hämodynamischer Instabilität)
  • Dosierungen
    • Tenecteplase (TNK-tPA) als gewichtsbasierter Einzelbolus: 30 mg für KG <60 kg; 35 mg für 60 – 69 kg; 40 mg für 70 – 79 kg; 45 mg für 80 – 89 kg; and 50 mg für ≥ 90 kg
    • Reteplase (rPA) in Form von zwei i.v.-Bolusinfusionen mit 10 Einheiten im Abstand von 30 min (über 2 Minuten verabreicht)
    • Alteplase (tPA) als 90-minütige gewichtsbasierte Infusion:
      • Erwachsene ≥ 67 kg: 100 mg Gesamtdosis als 15-mg-Bolus, gefolgt von einer 50-mg-Infusion über 30 Minuten und einer 35-mg-Infusion über die nächsten 60 Minuten
      • Erwachsene <67 kg: 15 mg intravenöser Bolus, gefolgt von 0,75 mg/kg intravenöser Infusion (maximal 50 mg) über 30 Minuten und dann 0,5 mg/kg intravenöser Infusion (maximal 35 mg) über die nächsten 60 Minuten

absolute Kontraindikationen für Fibrinolyse bei STEMI

  • Hirnblutung in der Vorgeschichte
  • bekannte strukturelle zerebrale vaskuläre Läsionen (z.B. arteriovenöse Malformation)
  • bekanntes malignes intrakranielles Neoplasma (primär o. metastatisch)
  • ischämischer Schlaganfall in den letzten 3 Monaten (exkl. akuter ischämischer Schlaganfall)
  • V.a. Aortendissektion
  • aktive Blutung oder Blutungsdiathese (exkl. Menstruation)
  • signifikantes geschlossenes Kopf- oder Gesichtstrauma in den letzten 3 Monaten
  • intrakranieller oder intraspinaler Eingriff in den letzten 2 Monaten
  • schwere unkontrollierte Hypertonie (nicht auf die Therapie ansprechend; RRsys > 180 mmHg oder RRdia >110 mmHg)

relative Kontraindikationen für Fibrinolyse bei STEMI

  • chron., schwerer, schlecht kontrollierbarer Bluthochdruck in der Vorgeschichte
  • signifikante Hypertonie bei Vorstellung (RRsys > 180 mmHg o. RRdia >110 mmHg)
  • ischämischer Schlaganfall vor > 3 Monaten in der Vorgeschichte
  • Demenz
  • bekannte intrakranielle Pathologie, die keine absoluten Kontraindikationen sind
  • traumatische/verlängerte (> 10 min) HLW
  • größere Operation (in letzten 3 Wochen)
  • kürzlich aufgetretene innere Blutungen (vor < 2 – 4 Wochen)
  • nicht komprimierbare Gefäßpunktionen
  • Schwangere
  • aktives peptisches Ulkus
  • orale Antikoagulanzien-Therapie
  • Koronarangiographie & PCI nach Fibrinolyse

Koronarangiographie und PCI nach Fibrinolyse

  • Verlegung in ein PCI-fähiges Zentrum unmittelbar nach Fibrinolyse bei Patient*innen mit STEMI
  • sofortige Angiographie mit Notfall-PCI bei Patient*innen mit STEMI mit V.a. fehlgeschlagene Reperfusion nach Fibrinolyse
  • frühzeitige Angiographie nach 2 – 24 h mit der Absicht, eine PCI durchzuführen, bei STEMI-Patient*innen nach Fibrinolyse

Management des kardiogenen Schocks

Revaskularisierung bei ACS mit kardiogenem Schock

  • Notfallrevaskularisation durch PCI oder Bypass bei ACS-Patient*innen mit kardiogenem Schock oder hämodynamischer Instabilität, unabhängig von der Zeit nach Auftreten der Symptome
  • keine routinemäßige PCI einer nicht-infarktnahen Arterie zum Zeitpunkt der PPCI wegen des höheren Risikos von Tod oder Nierenversagen bei Patient*innen mit ACS, welcher durch einen kardiogenen Schock verkompliziert wird

mechanische Kreislaufunterstützung bei ACS-Patient*innen mit kardiogenem Schock

  • Einsetzen einer mikroaxialen intravaskulären Strömungspumpe bei ausgewählten STEMI-Patient*innenmut schwerem oder refraktärem kardiogenem Schock sinnvoll
  • kurzfristige mechanische Kreislaufunterstützung zur hämodynamischen Stabilisierung als Überbrückung bis zur Operation bei Patient*innen mit mechanischen Komplikationen durch ACS sinnvoll
  • keine routinemäßige Empfehlung für den Einsatz einer intraaortalen Ballonpumpe (IABP) oder einer VA-ECMO bei Patient*innen mit akutem Myokardinfarkt & kardiogenem Schock

ACS-Komplikationen

mechanische Komplikationen

  • Behandlung bzw. Verlegung in Einrichtung mit herzchirurgischer Expertise bei Patient*innen mit mechanischer ACS-Komplikation
  • kurzfristige mechanische Kreislaufunterstützung zur hämodynamischen Stabilisierung als Überbrückung bis zur Operation bei Patient*innen mit mechanischen Komplikationen durch ACS sinnvoll
Published inLeitlinien kompakt

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