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Leitlinie „Management of peripheral arterial and aortic diseases“ der ESC

veröffentlichende Fachgesellschaft: European Society of Cardiology (ESC)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 30.08.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae179

Grundsätzliches

  • periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
    • weltweit verbreitet und betrifft 113.000.000 Menschen im Alter ≥ 40 Jahren
    • 42,6 % der Betroffenen leben in Ländern mit niedriger bis mittlerer Soziodemografie
    • globale Prävalenz: 1,52 % (mit dem Alter zunehmend; 14,91 % bei 80 – 84-Jährigen)
    • Frauen häufiger betroffen (18,03 % vs. 10,56 % in gleiche Altersgruppe)
    • pAVK-Prävalenz ist von 1990 bis 2019 um 72 % gestiegen (CAVE: Wachstumsrate der Weltbevölkerung von 45 % berücksichtigen)
    • weltweite altersstandardisierte Gesamtprävalenz: ca. 1470 pro 100.000 Personen
  • Aortenerkrankungen (inkl. Aneurysmen & Dissektionen)
    • geschätzte Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung: etwa 1 – 3 % (bis zu 10 % in älteren Altersgruppen)
    • 2019 weltweit 172.000 Todesfälle im Zusammenhang mit Aortenaneurysmen (Anstieg um 82,1 % ggü. 1990)
    • Prävalenz von Bauchaortenaneurysmen (BAA) bei Männern im Alter > 65 Jahre von 1,3 – 3,3 %
    • klassische akute Aortendissektion macht etwa 80 – 90 % der AAS mit einer Inzidenz von 2,6 – 3,5 Fällen pro 100 000 Patient*innenjahre
    • akute Aortendissektion betrifft v.a. Männern (∼ 65 %) und tritt v.a. im siebten Lebensjahrzehnt (∼ 63 Jahre) auf
    • Schwangerschaft erhöht das Risiko für ein akutes Aortensyndrom, v.a. im letzten Trimester (50 %) oder nach der Geburt (33 %)

periphere arterielle Verschlusskrankheit

Symptomatik

  • abrupte Verschlechterung der arteriellen Extremitätenperfusion, z.B. durch fortschreitende pAVK, Embolie, Aortendissektion, Transplantatthrombose, Aneurysmathrombose, Trauma etc.
  • Schmerzen
  • Funktionseinbußen (je länger, desto stärker und desto unwahrscheinlicher ist Rettung der Extremität)
  • klinische Einteilung
GradKategoriesensorische Störungenmotorisches Defizitarterielles Doppler-Signalvenöses Doppler-SignalRekap-ZeitBiomarkerPrognose
Ikeine EinschränkungkeinekeinJaNeinJanicht erhöhtkeine unmittelbare Gefährdung
IIageringfügige Einschränkungkeine oder minimal (an den Zehen)keinNeinNeinrettbar bei sofortiger Behandlung
IIbschwer umkehrbarmehr als Zehenmild bis mittelschwerNeinNeinrettbar bei sofortiger Revaskularisierung
IIIirreversibeltiefgreifend, betäubtes Gefühlausgeprägte Lähmung (Rigor)NeinJaNeinstark erhöhtgroßer Gewebeverlust, bleibende Nervenschäden unvermeidlich

Klassifikation

Quelle: https://academic.oup.com/view-large/479845978

Anamnese & Diagnostik

  • umfassende Anamnese erheben, um Ursache der Thrombose und/oder Embolie zu ermitteln
  • RR-Messung an beiden Armen
  • Laborparameter-Bestimmung (Lipide, Nüchtern-BZ & HbA1c, Nieren- & Leberwerte, großes Blutbild, Gerinnungsparameter, Elektrolyte und Entzündungsmarker wie CRP sowie ggf. Schilddrüsenwerte
  • Bildgebung mittels digitaler Subtraktionsangiographie, CT-Angiographie, Duplex-Sono und/oder kontrastverstärkte Magnetresonanzangiographie, v.a. bei schwieriger Beurteilung von neurologischen Defiziten
  • Biomarker-Bestimmung (z.B. Kreatininkinase & Myoglobin bzgl. Rhabdomyolyse)

Risikofaktoren

  • modifizierbare Risikofaktoren
    • Tabakkonsum
    • Diabetes
    • Lipide
    • Bluthochdruck
  • nicht-modifizierbare Risikofaktoren
    • Alter
    • Geschlecht
    • Polygene und familiäre Vererbung
  • sonstige Risikofaktoren
    • Übergewicht
    • Bewegungsarmut
    • Schlafstörungen
    • Stressiger Lebensstil
    • Alkoholkonsum
    • Diät
    • Entzündungen
    • Apolipoproteine
    • Autoimmunerkrankung
    • Umweltverschmutzung
    • Sozioökonomischer Status
    • bei Frauen: Menopause und schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck/Diabetes

Therapie

  • Transport in spezialisierte Klinik (Zeitraum, in dem Skelettmuskulatur und Nerven Ischämie tolerieren: ca. 4 – 6 h)
  • Analgesie
  • Antikoagulation: Gabe von Heparin als Bolus mit 5000 I.E. oder 70 – 100 I.E./kgKG i.v., gefolgt von kontinuierlicher Infusion mit Dosisanpassung
  • Flüssigkeitstherapie i.v.
  • chirurgische & interventionelle Behandlung (dringende Revaskularisierung), v.a. bei neurolog. Defiziten
  • nach Revaskularisation auf Kompartmentsyndrom achten und dieses gg. behandeln (Fasziotomie)
Quelle: https://academic.oup.com/view-large/figure/479846106/ehae179f16.jpg

akute thorakale Aortensyndrome

  • akutes Aortensyndrom (AAS): lebensbedrohliche Notfälle wie akute Aortendissektion (AAD), intramurales Hämatom (IMH), penetrierender Aortenulkus (PAU) & traumatische Aortenverletzungen (TAI)
  • Stanford- & DeBakey-Klassifikation für das AAS
    • Aorta ascendens betroffen (Stanford A oder DeBakey Typ I & Typ II)
    • Aorta ascendens nicht betroffen (Stanford B oder DeBakey Typ IIIa & Typ IIIb)
    • unabhängig von Entstehungsstelle des Intimarisses
    • Klassifizierung berücksichtigt nicht nur anatomische und Therapieaspekte, sondern auch prognostische Auswirkungen
Quelle: https://academic.oup.com/view-large/figure/479846399/ehae179f28.jpg

Symptomatik

  • plötzliche, starke Brust-/Rückenschmerzen (oft als „stechend“ beschrieben)
  • i.d.R. Vorgeschichte mit arterieller Hypertonie
  • bei etwa 6,4 % der Patient*innen treten keine Schmerzen
  • häufig Hypotonie und Schock
  • bei Typ A Aortendissektion zusätzlich Perikarderguss, Aortenregurgitation und Beteiligung der Koronararterien mit Möglichkeit eines ACS (v.a. rechte Koronararterien)
  • ggf. Komplikationen wie Querschnittslähmung (infolge Ischämie der Wirbelsäule), akute Nierenschädigung, Darmischämie oder Ischämie der Gliedmaßen

Diagnostik

  • neurologische Beurteilung
  • Herz- & Lungenauskultation (diastolisches Aortengeräusch, Perikardreiben usw.)
  • abdominalen Palpation (Empfindlichkeit usw.)
  • Beurteilung der peripheren Pulse (v.a. bzgl. Pulsdefizit)
  • Beurteilung der Mobilität & Sensibilität der oberen und unteren Gliedmaßen
  • routinemäßiges Thorax-Röntgen und EKG (CAVE: Fehlen von Befunden sollte weitere Untersuchungen nicht verzögern)
  • Blutuntersuchung (häufigster Befund ist D-Dimer-Anstieg, bei < 500 ng/mL ist AAS unwahrscheinlich)
  • EKG-gesteuertes Kardio-CT als Diagnostik der 1. Wahl
  • transthorakale Echokardiographie, um Perikarderguss, Wandbewegungsstörungen, Aortenregurgitation und Aortendurchmesser zu beurteilen (v.a. wenn Kardio-CT nicht möglich)
  • alternativ kardiales MRT erwägen, wenn Kardio-CT nicht möglich
Quelle: https://academic.oup.com/view-large/figure/479846420/ehae179f30.jpg
  • typische Komplikationen
Quelle: https://academic.oup.com/view-large/figure/479846430/ehae179f32.jpg

Therapie

  • Transport auf ITS in Klinik mit Spezialisierung
  • titrierte Senkung auf RRsys < 120 mmHg (ggf. Tolerierung höherer Werte bei Malperfusion, z.B. spinaler Ischämie oder begleitenden Hirnverletzungen) und HF < 60/min
    • Gabe von Betablocker i.v. (Labetalol als Mittel der 1. Wahl, alternativ Esmolol)
    • Gabe von Nitraten oder Calciumantagonisten wie Dihydropyridine (z. B. Nicardipin), wenn Ziel-RR mit Betablockern nicht erreicht
  • frühzeitige Anlage von invasiver RR-Messung
  • ggf. zur Analgesie titrierte Gabe von Morphin
      Published inLeitlinien kompakt

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