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Leitlinie „Seizures acute management“ des RCH

veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.06.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/

Anamnese

  • Dauer des Anfalls sowie detaillierte chronologische Anamnese der Ereignisse vor, während und nach dem Anfall (wenn möglich Kind selbst befragen sowie Augenzeug*innen; nach Videoaufnahmen fragen)
  • alle Benzodiazepin-Dosen, die unmittelbar vor der Einlieferung ins Krankenhaus zur Behandlung des Anfalls verabreicht wurden
  • Vorgeschichte: frühere Anfälle und Medikation (ggf. Behandlungsplan), neurologische Komorbiditäten (z.B. VP-Shunt, strukturelle Hirnanomalie, Nierenversagen mithypertensiver Enzephalopathie oder Endokrinopathie/Elektrolytstörung)
  • fokale Symptome
  • Hinweise auf zugrunde liegende Ursachen, die möglicherweise zusätzliche spezifische Notfallmaßnahmen erfordern (z.B. Hypoglykämie, Meningitis, Intoxikationen, SHT, Schlaganfall, intrakranielle Blutung sowie Elektrolytstörungen wie Hyponatriämie, Hypokalzämie, Hypomagnesiämie)

Untersuchung

  • körperliche Untersuchung
  • umfassende neurologische Untersuchung (u.a. Anzeichen einer Meningitis oder eines erhöhten Hirndrucks)
  • kardiovaskuläre Untersuchung, inkl. RR-Messung
  • Beurteilung hinsichtlich Intoxikationen/Toxidromen (z.B. Tachykardie, Tachypnoe, Hypertonie, erhöhte Temperatur, Diaphorese, Durchfall, Tremor, Hyperreflexie)

Diagnostik

  • BZ-Messung
  • EKG-Diagnostik, wenn eine Arrhythmie vermutet wird
  • Bildgebung bei folgenden Umständen erwägen:
    • Anzeichen eines Traumas
    • fokaler Anfall
    • Kinder, die Third-Line-Medikation benötigen
    • Kinder < 6 Monaten
    • Anzeichen eines erhöhten Hirndrucks
    • neue fokale Symptome, die auf einen Schlaganfall hindeuten
    • Blutgerinnungsstörung/Antikoagulation
    • Kind hat nach Abklingen der postiktalen Phase und der Wirkung der Medikamente noch nicht seinen Normal-/Ausgangszustand erreicht bzw. weist weiterhin neurologische Symptome auf
    • CAVE: kein CT bei Kindern mit diagnostizierter Epilepsie nach typischem Anfall, es sei denn, es liegen andere Indikationen vor
  • EEG-Diagnostik
    • in der Akutphase selten erforderlich
    • nach erstem Anfall nicht routinemäßig (erwägen bei Kindern < 12 Monate oder bekannter genetischer rkrankung)

Red Flags

  • Kopfverletzung mit verzögertem Krampfanfall
  • Entwicklungsverzögerung oder -regression
  • Kopfschmerzen vor Krampfanfall
  • Bluthochdruck
  • Blutgerinnungsstörung, medikamentöse Blutverdünnung
  • Intoxikationszeichen
  • fokale Symptome
  • Anamnese oder Untersuchungsbefunde, die auf nicht-akzidentielle Verletzung hindeuten
  • Arrhythmien (Krampfanfall als Ursache oder Folge einer Arrhythmie; EKG erwägen)

Differenzialdiagnosen

  • Arrhythmien
  • Atemstillstand (Auftreten der Episoden, wenn das Kind weint)
  • vasovagale Synkope mit anoxischem Anfall (Haltungsänderung, vorangehend Schwindel und Übelkeit)
  • paroxysmale nicht-epileptische Ereignisse (Paroxysmal non-epileptic events; PNEE) wie z.B. gastroösophagealer Reflux (Sandifer-Syndrom) oder Gratifikationsstörung (kindliche Masturbation)
  • psychogene nicht-epileptische Anfälle (Psychogenic non-epileptic seizures; PNES)
  • gutartige infantile Bewegungen (Zittern, Schlafmyoklonus)

Therapie

  • meiste Krampfanfälle sistieren innerhalb von 5 min ohne Intervention von selbst
  • bei Atemwegsverlegung Vorgehen nach Reanimationsalgorithmen
  • patient*innenspezifische Behandlungspläne, falls vorhand, berücksichtigen

medikamentöse Therapie

  • CAVE: präklinisch durch RD oder Eltern verabreichte Benzodiazepin-Gaben berücksichtigen (max. 2 Benzodiazepin-Gaben, inkl. der präklinischen Gaben)
  • First-Line-Medikation
    • 0,15 mg/kg Midazolam i.v./i.m./i.o. ODER 0,3 mg/kg Midazolam buccal/i.n. (jew. max. 10 mg)
    • 0,3 mg/kg Diazepam i.v./i.o. (max. 10 mg)
  • Second-Line-Medikation
    • 20 mg/kg Phenytoin i.v./i.o. als Aufsättigungsdosis/Loading Dose (max. 2 g; unverdünnt oder verdünnt auf 5 mg/mL mit Laufrate von 1 mg/kg/min und max. Geschwindigkeit von 50 mg/min)
    • 40 – 60 mg/kg Levetiracetam i.v./i.o. (max. 4,5 g; auf 50 mg/mL verdünnen über 5 min)
    • 20 mg/kg Phenobarbital i.v./i.o. (max. 1 g; auf 20 mg/ml verdünnen über mind. 30 min mit max. Geschwindigkeit von 1 mg/kg/min)
    • 20 – 40 mg/kg Valproat über 3 – 10 min (max. 3 g; nicht bei Kindern < 3 Jahre wegen hohem Risiko einer Hepatotoxizität)
  • Third-Line-Medikation
    • 100 mg Pyridoxin i.v. (bei Kindern bis zu 6 Monaten erwägen, die auf Standard-Antikonvulsiva nicht ansprechen)

Post-Krampfanfall-Phase

  • Lagerung in stabiler Seitenlage und Atemwege freihalten
  • Überwachung bzgl. weiterer Krampfanfälle
  • ggf. weitere Untersuchungen erwägen

Algorithmus

Published inLeitlinien kompakt

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