veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.11.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/
Grundsätzliches
- Synkope = kurzer und plötzlicher Bewusstseinsverlust, der mit Verlust des Tonus einhergeht, von dem sich rasch spontan erholt
- Synkopen bei Kindern sind häufiges Phänomen (bei ca. 15 % aller Kinder haben bis zur Pubertät mindestens eine Synkope)
- Mehrzahl an Synkopen bei Kindern sind gutartig und vasovagal/orthostatisch bedingt
- gründliche Anamnese ist Grundlage zur Identifizierung der Ursache einer Synkope und zur Planung der weiteren Untersuchung & Therapie
- bei allen Kindern mit Synkope an Arrhythmie denken (lebensbedrohliche Herzerkrankungen sind trotzdem eher selten)
- CAVE: neurologische Erkrankungen wie Krampfanfälle und Migräne können Synkope ähneln
Ursachen
- reflexvermittelte oder orthostatische Synkopen
- Reflexsynkope (eindeutiges auslösendes Ereignis, z. B. Müdigkeit, Hunger, Hitze, Dehydrierung, Emotionen)
- orthostatische Hypotonie (Auftreten innerhalb von 2 – 3 min nach Einnahme aufrechter Position sowie Abfall RRsys > 20 mmHg oder Abfall RRdia > 10 mmHg, meist bedingt durch Hypovolämie, Anämie, Elektrolytstörungen, Menorrhagie und Medikamente)
- posturale Tachykardiesyndrom (POTS); täglich Symptome einer chronischen orthostatischen Intoleranz und innerhalb von 5 – 10 min nach Einnahme aufrechter Position sowie HF-Abfall > 40/min oder HF-Abfall > 30/min ohne posturale Hypotonie)
- Affektkrampf (engl. Breath-holding spells)
- kardial bedingte Synkopen bedingt durch
- Brady-/Tachyarrhythmie
- Long-QT-Syndrom
- Brugada-Syndrom
- katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie
- Überleitungskproblematik, z.B. Wolff-Parkinson-White-Syndrom
- strukturelle Anomalien (z.B. angeborene Herzfehler, Kardiomyopathien, Myokarditis)
Diagnostik
Untersuchung
- standardmäßiges Monitoring (min. SpO2, HF, RR & EKG)
- vollständige kardiale und neurologische Untersuchung
- BZ-Messung zum Ausschluss einer Hypoglykämie
- vollständige Laboruntersuchung (v.a. bei V.a. Anämie)
- im (prä)pubertären Alter Schwangerschaftstest erwägen
Anamnese
Die Anamnese des Kindes und die Beschreibung des Ereignisses, einschließlich aller früheren Episoden, sind für die Identifizierung der Ursache der Synkope von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grund eignet sich die nachfolgende Tabelle mit den Hauptmerkmalen zur Unterscheidung einer Synkope von einem Anfall:
Kriterium | orthostatische Synkopen | kardial bedingte Synkope | Krampfanfall |
---|---|---|---|
Auslöser wie vorherige Körperposition etc. sowie Aura-Symptome | – plötzliches Aufstehen, längeres Stehen, schmerzhafter oder emotionaler Stimulus, Palpitationen – Prodromalsymptome wie Schwindel, Schwäche und Sehstörungen | – bei körpl. Aktivität – i.d.R. keine Prodromi, ggf. Brustschmerzen oder Herzklopfen – kard. Vorgeschichte – Familienanamnese bzgl. frühem Herztod, Herzrhythmusstörungen oder plötzlichem Tod | üblicherweise keine |
Zeitraum der Bewusstlosigkeit | üblicherweise Sekunden | üblicherweise Sekunden | normalerweise mehr als ein paar Sekunden bis hin zu Minuten |
Inkontinenz | nicht vorhanden | nicht vorhanden | ggf. vorhanden |
Verwirrung beim Aufwachen | nicht vorhanden | nicht vorhanden | oft für 20 – 30 Minuten |
tonisch-klonische Bewegungen | gelegentlich und kurzzeitig, vor allem bei längerer Bewusstlosigkeit (Synkopenanfall) | gelegentlich und kurzzeitig, vor allem bei längerer Bewusstlosigkeit (Synkopenanfall) | häufig vorhanden |
Differenzialdiagnosen
- Krampfanfall
- Migräne
- Hypoglykämie
- Toxinexposition, z. B. Kohlenmonoxid, Clonidin
- funktionelle Störung/Syndrome
- Narkolepsie
Therapie
- bei V.a. oder bestätigtem Krampfanfall Therapie gemäß gültiger Leitlinien
- bei vasovagaler oder orthostatischer Synkope ggf., falls Indizien für Exsikkose bestehen, Flüssigkeitstherapie
- Transport in Klinik mit Kinderkardiologie bei kardial bedingter Synkope
- Transport in Klinik bei wiederkehrender vasovagaler oder orthostatischer Synkope, die auf eine bereits verordnete nicht-pharmakologische Behandlung nicht ansprechen
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