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„Management of Elevated Blood Pressure in the Acute Care Setting“ der AHA

veröffentlichende Fachgesellschaft: American Heart Association (AHA)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 28.05.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1161/HYP.0000000000000238

Grundsätzliches

  • Bluthochdruck ist nach wie vor der wichtigste modifizierbare Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • bei bis zu 72 % der KH-Einweisungen hatten erhöhten Blutdruck mit oder ohne Anzeichen einer neuen oder sich verschlimmernden Endorganschädigung
  • 2012 war die Hypertonie mit 1.040.000 Einweisungen die Hauptdiagnose für ZNA-Vorstellungen (23 % der Patient*innen mussten stationär aufgenommen worden)
  • Raten hypertensiver Notfälle in den USA sind in den letzten 20 Jahren gestiegen
  • Sterblichkeitsraten sind zurückgegangen und liegen zwischen 0,2 – 11 %
  • grobe Einteilung in asymptomatisch erhöhter Blutdruck sowie erhöhter Blutdruck mit Anzeichen einer neuen oder sich verschlimmernden Endorganschädigung
  • anfälliger sind v.a. ältere Menschen, Afroamerikaner*innen und Menschen mit Begleiterkrankungen wie Diabetes, chronischen Nierenerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Definitionen

  • erhöhter innerklischer RR (engl. elevated inpatient BP): RRsys ≥ 130 mmHg ODER RRdia ≥ 80 mmHg
  • deutlich erhöhter innerklischer RR (früher hypertensive Krise/Entgleisung; engl. markedly elevated inpatient BP): RRsys ≥ 180 mmHg ODER RRdia ≥ 110 – 120 mmHg
  • nicht deutlich erhöhter innerklischer RR bzw. asymtomatisch erhöhter RR (engl. not markedly elevated inpatient BP): RRsys ≤ 180 mmHg ODER RRdia ≤ 110 mmHg
  • hypertensiver Notfall (engl. hypertensiv emergency): RRsys ≥ 180 mmHg ODER RRdia ≥ 110 – 120 mmHg SOWIE Anzeichen einer neuen oder sich verschlimmernden Endorganschädigung
  • asymtomatisch deutlich erhöhter RR: RRsys ≥ 180 mmHg ODER RRdia ≥ 110 – 120 mmHg OHNE Anzeichen einer neuen oder sich verschlimmernden Endorganschädigung
Quelle: https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/HYP.0000000000000238

RR-Messung

  • kritische Kontextfaktoren, die zur RR-Variabilität und -Ungenauigkeit beitragen, sind u.a.
    • Gerätetyp
    • Validierungs- und Kalibrierungsstatus des Geräts
    • Anlegen der Blutdruckmanschette
    • Manschettengröße
    • Position der Patient*innen (z.B. Rückenlage, sitzende Position)
    • situative Faktoren (z.B. Angst, Schmerzen, Aufwachen des Patienten zur Blutdruckmessung)
  • verfügbare Daten deuten auf erhebliche Unterschiede in derzeitiger Praxis der Blutdruckmessung in der Akutversorgung hin (z.B. Armauflage, Diskrepanz der Patient*innenposition, relativen Position zum Herzen, Überkreuzen der Beine und der falschen Manschettengröße
  • laut Studien unterschätzen oszillometrische Geräte bei RR-Werten von > 180/100 mmHg, den tatsächlichen Blutdruck um bis zu 50/30 mmHg
  • besondere Bevölkerungsgruppen wie Schwangere, ältere Menschen oder Patient*innen mit Adipositas, Pseudohypertension, Herzrhythmusstörungen und LVAD erfordern besondere Aufmerksamkeit bei der Blutdruckmessung
Quelle: https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/HYP.0000000000000238

Therapie

  • grundsätzliches Vorgehen bei erhöhten Blutdruckwerten
Quelle: https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/HYP.0000000000000238
  • initiales AIM-Schema im Akutsetting
    • Assess (Bewerten)
      • Genauigkeit und Qualität der Blutdruckmessung
      • Schweregrad der RR-Erhöhung und Schädigung der Zielorgane
    • Identify (Identifizieren)
      • Möglichkeiten für verbesserte BP-Messungen
      • mögliche Ursachen, die zu erhöhtem Blutdruck beitragen
    • Modify (Modifizieren)
      • Behandlungsplan zur Behebung der beteiligten Ursachen
      • antihypertensives Medikamentenschemata
  • sekundäres AIM für die Entlassung und post-klinische Phase
    • Arrange (Arrangieren)
      • umfassende Nachsorge innerhalb von 2 Wochen nach der Entlassung zur Beurteilung der Ätiologie chronischer/resistenter Hypertonie
    • Inform (Informieren)
      • Information der Patient*innen über die Bedeutung des Blutdrucks und die zu Hause zu ergreifenden Maßnahmen und Information für die ambulant weiterversorgenden Ärzt*innen über erhöhte Blutdruckwerte
    • Monitor (Überwachen)
      • ggf. häusliche Blutdrucküberwachung in Betracht zuziehen und teambasierte Betreuung und nach sekundären Ursachen für erhöhten Blutdruck suchen
Quelle: https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/HYP.0000000000000238

hypertensiver Notfall

  1. genaue Blutdruckmessung mit der geeigneten Technik
  2. Bewertung der RR-Werte und Such nach Anzeichen für Endorganschädigung (BARKH-Akronym zur schnellen Identifizierung potenziell gefährdeter Organe):
    • B – Brain (Gehirn)
    • A – Arterien
    • R – Retina (Netzhaut)
    • K – Kidney (Niere)
    • H – Heart (Herz)
  3. umfassende Bewertung der RR-Werte mittels gründlicher Anamnese und körperlicher Untersuchung
    • Anamnese: SAMPLERS + Patient*innen-Compliance bzgl. Medikation
    • Untersuchung: Vergleich der Pulse bds., Auskultation von Herz und Lunge, ggf. Fundoskopie etc.
    • weiteren diagnostischen Untersuchungen: Stoffwechselparameter, komplettes Blutbild, Thorax-Röntgen, 12-Kanal-EKG sowie Beurteilung von Volumenstatus und Orthostase-Risiko
  4. bei bestätigt erhöhten Blutdruckwerten und Anzeichen für neue oder sich verschlimmernde Endorganschädigung Einleitung der Therapie gemäß AHA-Hypertonie-LL (2017), grob wie in nachfolgender Tabelle zu den RR-Zielen & Medikamenten in Abhänigkeit des betroffenen Organsystems
GehirnArterienRetinaNiereHerz
akute Zustände, die auf hypertensiven Notfall hinweisen– Schlaganfall
– hypertensive Enzephalopathie (PRES)
– cerebrale Blutung
– akute Aortendissektion
– Präeklampsie, HELLP, Eklampsie
Keith-Wagener-Barker hypertensive Retinopathie (Grad III – IV)– akute Nierenschädigung
– thrombotische Mikroangiopathie
– akute Herzinsuffizienz
– Lungenödem
– ACS
initiales RR-Ziel– RRsys < 180 mmHg, MAP-Senkung um 15 % über 1 h
– unmittelbare MAP-Senkung um 20 – 25 %
– unmittelbare MAP-Senkung um 15 %
– unmittelbar auf RRsys < 120 mmHg
– sofortiger Senkung des RRsys auf < 160 mmHg und RRdia < 105 mmHg bei schweren Fällen
RRsys < 180 mmHg
MAP-Senkung um 15%
MAP-Senkung um 20 – 25 % über mehrere Stunden– RRsys < 180 mmHg oder MAP-Senkung um 25%
– unmittelbar auf RRsys < 140 mmHg
– unmittelbar auf RRsys < 140 mmHg
MedikamentLabetalol
Nicardipin
Esmolol und Nitroprussid, Nitroglycerin oder Nicardipin
Labetalol, Nicardipin, Magnesiumsulfat oder Hydralazin
Labetalol
Nicardipin
Clevidipin
Fenoldopam
Nitroglycerin
Nitroprussid
Labetalol
Clevidipin
Esmolol

asymptomatisch erhöhter Blutdruck im klinischen Setting

  • im Allgemeinen ratsam die Verschreibung von blutdrucksenkenden Medikamenten zur Behandlung asymptomatisch erhöhter Blutdruckwerte im Krankenhaus zu vermeiden, um eine Kultur der routinemäßigen Behandlung asymptomatisch erhöhter Blutdruckwerte in der Notaufnahme zu vermeiden
  • sorgfältige Bewertung der RR-Werte und Identifizierung reversibler Ursachen
    • Genauigkeit der Blutdruckmessung selbst überprüfen und nach reversiblen Ursachen suchen
    • alle reversiblen Ursachen für erhöhten Blutdruck ermitteln und beseitigen (z.B. akuter Stress, Schmerzen, Angstzustände, Schlafentzug und andere akute krankheitsbedingte Faktoren)
    • häusliche und stationäre Medikamentenliste gründlich überprüfen zur Identifikation von Medikamenten, die den Blutdruck potenziell erhöhen könnten (z.B. Überinfunsion i.v., NSAR, Stimulanzien, Kortikosteroide oder illegale Substanzen wie Kokain, Methamphetamin etc.)
    • HF-Überwachung, da diese Herzzeitvolumen und damit den Blutdruck beeinflusst
    • bei akuten Erkrankungen oder bei Gabe vasoaktiver/chronotroper Medikamente können HF-Schwankungen, ob intrinsisch oder medikamentös bedingt, die RR-Werte erheblich beeinflussen (z.B. Rebound-Hypertonie nach dem abrupten Absetzen von β-Blockern)
    • Prüfung der Compliance der Medikamenteneinnahme bei bestehender Hypertonie-Diagnose und verordneter RR-Medikation (ca. 41 % der Patient*innen mit Dauermedikation erfolgt diese nicht bei stationärer Aufnahme)
    • Volumenstatus beurteilen (v.a. bei Flüssigkeitsgabe, forcierter Diurese oder andere Maßnahmen)
    • Schmerz-Beurteilung und -Management
Published inLeitlinien kompakt

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