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10.10. – World Mental Health Day

Heute ist der World Mental Health Day, welcher von World Federation for Mental Health (Weltverband für Psychische Gesundheit, WFMH) 1992 ausgerufen worden ist. Ziel des Welttags für psychische Gesundheit ist es, auf die psychische Gesundheit von Menschen aufmerksam machen, Informationen über psychische Krankheiten zugänglich machen und für mehr Solidarität mit psychisch Kranken und ihren Angehörigen zu sorgen. Der diesjährige World Mental Health Day steht unter dem Motto „psychische Gesundheit in humanitären Krisen“ („Mental health in humanitarian emergencies“).

2025 – psychische Gesundheit in humanitären Krisen

Krisen wie Naturkatastrophen, Konflikte, Krieg etc. verursachen eine höhere emotionale Belastung und schon jetzt entwickelt etwa jede*r Fünfte in Konfliktgebieten eine psychische Erkrankung. Und die Zahl der Menschen, die durch solche Krisen betroffen sind, ist enorm: Bis Ende 2024 wurden weltweit über 123 Millionen Menschen gewaltsam vertrieben und 71 % davon leben in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, also Staaten deren Gesundheitssysteme bereits überlastet sind.

Zahlen & Fakten

  • allgemeine Zahlen & Fakten
    • fast ein Drittel der von Katastrophen betroffenen Menschen kann unter schwerwiegenden psychischen Folgen leiden
    • jede*r Fünfte (22 %), der in den letzten zehn Jahren Krieg oder Konflikte erlebt hat, leidet unter Depressionen, Angstzuständen, PTBS, bipolarer Störung oder Schizophrenie (demgegenüber beträgt die globale Prävalenz psychischer Störungen etwa 12 %)
    • traumatisierte Geflüchtete müssen in Deutschland im Schnitt 36 Monate auf reguläre medizinische und somit auch psychiatrische Behandlungen warten
    • Prävalenz psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen als Flüchtlinge und Asylsuchende: 22,7 % für PTBS, 13,8 % für Depressionen sowie 15,8 % für Angststörungen
    • Traumafolgestörungen treten im Mittel bei 30 – 50  % der geflüchteten Menschen auf (CAVE: Nicht jede geflüchtete Person ist traumatisiert oder leidet unter einer Traumafolgestörung
    • PTBS-spezifisches Systematic Review ergab eine durchschnittliche Prävalenz kriegsbedingter PTBS von 29,4 %, wobei hier eine erhöhte Prävalenz von 31,6 % bei anhaltenden Konflikten zu beobachten war
    • bei Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrungen konnte eine niederländische Studie zeigen, dass etwa 23  % der begleiteten Kinder körperlich misshandelt und etwa 8  % sexuell missbraucht wurden, wohingegen 63  % der unbegleiteten Minderjährigen körperlich und 20  % sexuell misshandelt wurden (bei Jungen: 12  %, bei Mädchen: 39  %)
    • häufig treten mehrere Traumafolgestörungen zeitgleich auf und überlagern sich (bei etwa 88  % der Patient*innen mit einer PTBS liegt mind. eine weitere psychische Störung vor, bei 76  % mind. zwei weitere Störungen)
  • spezifische Zahlen zur Ukraine
    • laut WHO ist die psychische Gesundheit von 10.000.000 ukrainischen Zivilist*innen kriegsbedingt gefährdet
    • ca. 1.500.000 ukrainische Kinder sind in Gefahr, langfristig von Angststörungen, Depressionen und sozialen Beeinträchtigungen betroffen zu sein
    • Investitionen von 50 US-Dollar pro Person könnten verhindern, dass über 1.000.000 Menschen, die vom Ukraine-Krieg betroffen sind, komplexere psychische Probleme entwickeln (sonst drohen spätere, langfristige Kosten von bis zu 1.600.000.000 US-Dollar)
    • etwa 70 % der ukrainischen Zivilist*innen haben eine PTBS entwickelt
    • in einer Querschnittsstudie bei Jugendlichen aus der Ukraine wiesen 32,0 % eine mittelschwere/schwere Depression auf, 17,9 % mittelschwere/schwere Angstzustände, 35,0 % ein klinisch relevantes psychologisches Trauma, 29,5 % eine Essstörung und 20,5 % ein mittleres oder höheres Risiko für Drogenkonsum
    • laut einer WHO-Erhebung aus dem Oktober 2024 zum Gesundheitsbedarf in der Ukraine berichten 68 % der Ukrainer*innen von einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands im Vergleich zur Vorkriegszeit (häufigste Gesundheitsprobleme sind psychische Erkrankungen (46 %), gefolgt von psychischen Störungen (41 %) und neurologischen Erkrankungen (39 %)
  • spezifische Zahlen zu Israel
    • Prävalenz einer wahrscheinlichen PTBS steigt von 16,2 % auf 29,8 %
    • etwa 3.000.000 Menschen der erwachsenen Bevölkerung leiden unter Angstzuständen, Depressionen und Symptomen einer PTBS
    • in den 6 Monaten nach dem Angriff vom 7. Oktober haben nur etwa 0,6 % der Bevölkerung eine psychiatrische Behandlung erhalten, obwohl 38 % der Bevölkerung über mittelschwere bis schwere Symptome berichteten
    • schätzungsweise 580.000 Israelis leiden als direkte Folge der Ereignisse vom 7. Oktober an mind. einem schweren Symptom einer PTBS
    • eine Umfrage prognostiziert, dass in Zukunft etwa 900.000 Menschen wegen psychischer Probleme Hilfe suchen werden
  • spezifische Zahlen zu Palästina & Gaza
    • Umfrage unter 504 Haushalten in Gaza zeigte, dass 88 % der Familien mehrfach vertrieben wurden, 21 % sogar sechsmal oder öfter und die meisten Familien von weniger als 122 Euro im Monat leben (in 24 % ein „Ernährer*innen” < 18 Jahre, 80 % der „Ernährer*innen” sind arbeitslos, 25 % der Familien haben kein Einkommen)
    • 87 % der betroffenen Kinder leiden unter starker Angst, 49 % haben den Wunsch geäußert, sterben zu wollen, 77 % äußern Gefühle von Traurigkeit, 96 % haben das Gefühl, dass der Tod unmittelbar bevorsteht
    • Studie aus dem Jahr 2020 zeigt, dass bereits vor dem aktuellen Konflikt 53,5 % der Kinder in Gaza an PTBS litten

Exkurs – „akute Belastungsreaktion“

  • Entwicklung vorübergehender emotionaler, somatischer, kognitiver oder verhaltensbezogener Symptome als Folge der Exposition ggü. einem Ereignis oder einer Situation (entweder kurz- oder langfristig) extrem bedrohlicher oder katastrophaler Natur (z. B. Natur- oder von Menschen verursachte Katastrophen, Kampfhandlungen, schwere Unfälle, sexuelle Gewalt)
  • typische Symptome: autonome Anzeichen von Angst (z.B. Tachykardie, Schwitzen, Erröten), Benommenheit, Verwirrung, Traurigkeit, Angst, Wut, Verzweiflung, Überaktivität, Inaktivität, sozialer Rückzug oder Stupor
  • Reaktion auf Stressfaktor wird angesichts der Schweredes Stressfaktors als normal angesehen und beginnt i.d.R. innerhalb weniger Tage nach dem Ereignis oder nach Entfernung aus der bedrohlichen Situation abzuklingen

Wie können wir helfen

  • Grundbedürfnisse der geflüchteten Menschen sichern: geschützte Unterbringung, Nahrung, Kontakt, soziale Hilfe, Information
  • Sicherheit und Ruhe
    • Bereitstellung eines sicheren Ortes, Privatsphäre
    • Achtungsvoller Umgang
    • Unterstützung der Handlungskompetenz durch kleinschrittiges Vorgehen
    • Förderung von gewohnten Tagesritualen und vertrauten Handlungsabläufen
  • Verbundenheit
    • Gefühl des Willkommenseins geben
    • Anteilnahme und Trost in der Kommunikation (auch nonverbal durch Gestik und Mimik)
    • Förderung des Kontakts zu Angehörigen und Freund*innen in der Heimat oder hier sowie zu anderen Geflüchteten
  • Selbstwirksamkeit
    • Förderung der Kontrollerfahrung und des positiven Selbsterlebens durch die Übernahme von Aufgaben und Verantwortung (Empowerment)
  • Abschalten
    • Angenehme Aktivitäten fördern (Sport, Entspannungsverfahren)
  • Zuversicht
    • Perspektiven auf nächste Schritte vor Ort vermitteln
    • Kleine Ziele setzen

„Kinder sind sowohl unser Grund, die schlimmsten Aspekte
bewaffneter Konflikte zu beseitigen, als auch unsere beste
Hoffnung, diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.“
Menschenrechtsaktivistin Graça Machel

Quellen

2025 – psychische Gesundheit in humanitären Krisen

Published inWelttag...

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