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Stellungnahme „Überlastungssituationen der Notfallabteilungen“ der DGINA

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 06.12. & 13.12.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1007/s10049-024-01419-x & https://doi.org/10.1007/s10049-024-01424-0

Begriffsdefinitionen

  • Crowding (Vollbelegung): Vollbelegung aller Behandlungsräume nicht einheitlich, aber zumeist mit dem Terminus „Crowding“ bezeichnet
  • Overcrowding (Überfüllung/Überlastung): Bedarf an Notfallversorgungskapazitäten übersteigt die verfügbaren institutionellen Ressourcen (räumlich, materiell, personell) für die Patient*innenversorgung in der Notfallabteilung und/oder im Krankenhaus
  • Entry Block (Zuflussblockade): Kapazitätserschöpfung durch raschen Zustrom von Notfallpatient*innen, die durch Rettungsdienstzuweisung oder fußläufig die Notfallklinik erreichen –> Gefahr der Verlängerung von Wartezeiten bis zur Ersteinschätzung, Patient*innenübergabe oder ärztlichem Erstkontakt & medizinisch-pflegerischer Betreuung (gemäß G-BA Erstsichtung innerhalb von < 10 min)
  • Exit Block (Abflussblockade): zeitnahe Aufnahme von Patient*innen mit stationärer Aufnahmeindikation nach Abschluss des Notaufnahmeprozesses aufgrund fehlender Bettenkapazitäten nicht (Zeitpunkt des Behandlungsabschlusses in der Notfallabteilung bis zur tatsächlichen Verlegung > 2 h)
  • Boarding: längeres Verbleiben der Notfallpatient*innen in der Notfallabteilung als eigentlich erforderlich und dadurch zusätzliche Ressourcenbelastung und Abnahme der Sicherheit der Patient*innen
Emergency Department Cardiac Analogy Model (EDCAM) – Quelle: https://doi.org/10.1007/s10049-024-01419-x

gesetzliche Rahmenbedingungen

  • Sicherstellungsauftrag
    • Sicherstellungsauftrag für ambulante Notfallversorgung liegt ausschließlich bei den KVen
    • Krankenhäuser mit Zulassung nach § 108 SGB V, die im Rahmen der Regelungen zum gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern in eine Notfallversorgungsstufe eingestuft sind, müssen stationäre Notfallversorgung sicherstellen (§ 136c Abs. 4 SGB V, §§ 75, 76 SGB V) –> primäre Zuständigkeit der Notfallabteilung einer Klinik für Patient*innen, die…
      • … aufgrund Beschwerdesymptomatik akute stationäre Aufnahmeindikation haben
      • … akute weitere Abklärung benötigen, um bedrohliche Verletzungen bzw. Erkrankungen auszuschließen, die potenziell weitere stationäre Behandlung erfordern
      • … akute (ambulante) Behandlung benötigen, welche ad hoc nur im KH durchführbar ist
    • Krankenhäuser mit Zulassung nach § 109 Abs. 1 SGB V sind im Rahmen des Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet
    • Sicherung einer notfallmedizinischen Versorgung ist staatliche Aufgabe und ein verfassungsrechtlich gesicherter Anspruch aller Personen in Deutschland (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG)
  • Hilfeleistungspflicht im Notfall –> allgemeine, also jedermann treffende, Hilfeleistungspflicht im Notfall ergibt sich aus § 323c StGB (Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bei Verstoß)
  • Unterlassung –> Begehen durch Unterlassen gemäß § 13 StGB, also fahrlässige oder vorsätzliche Körperverletzung oder gar Tötung durch Unterlassen –> greift nur bei natürlichen Personen, die überdies eine sog. Garantenstellung treffen muss, also spezifische (über § 323c StGB hinausgehende) Rechtspflicht, den Erfolg abzuwenden
  • Verpflichtung zur Behandlung
    • Verpflichtung zur Behandlung eines Patienten nach dem aktuellen medizinischen Standard auf Grundlage der Berufsordnung
    • Aufnahmepflicht besteht für Kliniken nur dann nicht, wenn sie subjektiv oder objektiv nicht geeignet sind, die erforderliche Versorgungsleistung zu erbringen, ein anderes Krankenhaus mit entsprechender Versorgungsmöglichkeit zur Verfügung steht und der Patient keiner sofortigen Behandlung bedarf
  • Verpflichtung zur Patientenaufnahme
    • Aufnahmepflicht, die für die Anwendung von § 13 StGB (Begehen durch Unterlassen) Voraussetzung ist, ergibt sich u.a. aus den geschlossenen Verträgen nach dem SGB V und je nach Bundesland auch aus dem jeweiligen Landeskrankenhausgesetz
    • Versorgungsauftrag bedeutet, dass Krankenhäuser stets für die Aufnahme und Behandlung von Notfallpatient*innen vorbereitet sein müssen
    • Verpflichtung zur Patientenaufnahme wird durch die „Leistungsfähigkeit“ der Klinik beschränkt, die dann auch der Garantenpflicht Grenzen ziehen kann
    • unverzügliche Behandlung lässt sich aber häufig aus der Ex-ante-Betrachtung einer Notfallversorgung nicht zweifelsfrei einschätzen, sodass diesbezüglich immer eine Abwägung zwischen der Zumutbarkeit und der Dringlichkeit zu treffen ist
  • Mechanismus der Akut-/Zwangsbelegung
    • (1) Zunahme der Einweisungen
    • (2) zunehmender Patient*innenabfluss auf periphere Stationen
    • (3) Exitblock in der Notfallabteilung
    • (4) Abmeldung bei der Integrierten (Rettungs-)Leitstelle
    • (5) Akut-/Zwangsbelegungen
– Quelle: https://doi.org/10.1007/s10049-024-01419-x

Messinstrumente für (Over‑)Crowding & Überlastung

  • verschiedene international angewandte Scores und Messmethoden für das Overcrowding in Notfallabteilungen vorhanden, z.B.
    • National Emergency Department Overcrowding Scale (NEDOCS)
    • Emergency Department Work Index (EDWIN)
    • Emergency Department Crowding Scale (EDCS)
    • International Crowding Measure in Emergency Departments (ICMED)
    • Community Emergency Department Overcrowding Scale (CEDOCS)
  • Übersicht für Level des Overcrowding am Beispiel des CEDOCS
  • DGINA-Notaufnahme-Ampel für Belastungseinschätzung in Notfallabteilungen

organisatorische Rahmenbedingungen

  • Bedarfsanalyse
    • Erfassung des Patientenflusses, der Belegungssituation, deren zirkadianer Dynamik und der benötigten Sachmittel & Raumkapazitäten
  • Raum- und Personalkonzept
    • Grundlage bilden die Empfehlungen der DGINA & DIVI zur Struktur und Ausstattung von Notaufnahmen
    • patient*innenstrom angepasstes Raumkonzept ist zwar essenziell, kann aber das Overcrowding- & Exit-Block-Problem nicht allein durch Kapazitätserweiterungen lösen
    • geeignete Personal- & Dienstplanung, Professionenmix und Aus‑, Fort- & Weiterbildungskompetenz, Qualifikations‑, Skill- & Grade-Mix, Dienstplanmodell und dessen Flexibilität wichtig, um auch auf rasch veränderte Situationen reagieren zu können, sind elementare Bestandteile
  • digitale Dokumentation
    • retrospektive Darstellbarkeit der Belegungssituation und Kapazitätserschöpfung sowie in der Konsequenz die daraus ableitbare Zumutbarkeit einer Notfallbehandlung ist essenziell, idealerweise geeignete Workflow-basierte Notaufnahmesoftware mit „Dashboard-Funktion“
    • Etablierung eines anerkannten Scores zum Monitoring von (Over‑)Crowding-Situationen, Exit-Block und Überlastung oder Möglichkeit zur retrospektiven Analyse als fester Bestandteil einer jeden Notaufnahmesoftware

Akutmaßnahmen in Überlastungssituationen

  • Weiterleitungskonzept
    • Patient*innen die sich direkt in Notfallabteilung vorstellen und bei med. Erstsichtung mit niedriger Dringlichkeit kategorisiert werden (z.B. Kategorie 4 oder 5 gemäß MTS/ESI) an Notdienstpraxis weiterleiten
    • Weiterleitung ist in schwierig zu beurteilenden Fällen trotz niedriger Dringlichkeitskategorie oder bei Einlieferung aufgrund einer notärztlichen Entscheidung nur nach ärztlicher Sichtung (First View) möglich
    • am besten erfolgt Verständigung zw. Notdienstpraxis & Notfallabteilung darüber, welche Ressourcen (Labor, Röntgen, Elektrokardiogramm, Sonographie, Wundversorgung etc.) der Notdienstpraxis zur Verfügung stehen, um Weiterleitung ohne Risiko einer Rückweisung konsequent umsetzen zu können
  • First-View-Konzept
    • Beschleunigung des Patient*innenflusses durch passagere Umsetzung einer ärztlichen Vorsichtung direkt nach oder während der medizinischen Erstsichtung
    • erste Anordnungen bereits zeitnah möglich und Patient*innenverweildauer kann verkürzt werden
  • Team-Time-out
    • Kurzbesprechung mit allen Berufsgruppen einer Notfallabteilung bei Boarding-Zeiten > 1 h zur Identifikation von Patientenflusshindernissen
    • Trigger für Team-Time-out sollte durch jede*n einzelnen Mitarbeitende*n der Notfallabteilung in Überlastungssituationen gesetzt werden können
  • effizientes Raummanagement
    • Behandlungsräume nicht als Wartebereich für Patient*innen „missbrauchen“, die z.B. auf Befundergebnisse oder Fachkonsile warten
    • unnötige Liegendbehandlungen von Patient*innen vermeiden
    • für mobile, nicht überwachungspflichtige Patient*innen möglichst nur zur Durchführung von Diagnostik- und Behandlungsmaßnahmen einen Raum belegen
    • für Wartezeiten Patient*innen wieder in den Wartebereich schicken (Vertical Treatment)
  • Personal-Recruitment
    • Möglichkeit das Personal kurzzeitig zu verschieben oder vorhandenen Rufdienst zu aktivieren, Arbeitsaufträge können neu priorisiert oder Raumkapazitäten neu organisiert werden
  • Betten-Recruitment im Rahmen klinikinterner (Over‑)Crowding-Konzepte, wie z.B.
    • Aufhebung von Bettensperren für geplante Elektivaufnahmen am Folgetag oder für Patient*innen, die sich vorübergehend auf anderen Stationen wie der ITS befinden, Kohortierung (auch fachabteilungsübergreifend) von isolationspflichtigen Patient*innen
    • Aufhebung des Einbettstatus (Zusatzbelegung von Zweibettzimmern, die als Einbettzimmer genutzt werden)
    • Interdisziplinäre und stations-/fachübergreifende Bettenbelegung
    • Belegung höherwertiger Betten (beispielsweise von Intermediate-Care[IMC]-Betten für nicht überwachungspflichtige Patient*innen und Nutzung von Aufwachraumkapazitäten für IMC-pflichtige Patient*innen)
    • vorzeitige Verlegung aus der Notfallabteilung auf periphere Stationen, noch bevor ein avisiertes Bett verfügbar ist (Patient*innen müssen vorübergehend auf dem Stationsflur verbleiben – dafür werden dringend benötigte Raumressourcen in der Notfallabteilung frei)
  • Fast Lane
    • Definition für welche Patient*innen das Servicelevel einer Notfallabteilung bewusst reduziert und auf die nachfolgende Abteilung verlagert werden kann
    • häufiges Patientenflusshindernis ist die sog. „turn-around time“, z.B. von Blutabnahme bis Laborbefundmitteilung, von Röntgenanforderung bis Durchführung oder beim Warten auf einen Konsiliararzt im therapeutischen Prozess medizinisch aufwendiger Interventionen
    • Verlagerung der weiteren ärztlichen und pflegerischen Aufnahmestandards auf die weiterbehandelnde Fachabteilung bei vital stabilen stationären Patient*innen mit niedriger Dringlichkeitseinschätzung
    • genaue Umstände und Dauer sowie Kommunikation während der Umsetzung einer solchen Fast-Lane-Schnellaufnahme und die Zielressourcen vorher definieren
  • Boarding on Ward
    • Patient*innen mit gesicherter stationärer Aufnahmeindikation, deren Behandlung in der Notfallabteilung abgeschlossen ist, werden bei schon avisiertem Bett – welches aber noch nicht verfügbar ist – vorzeitig auf die Zielstation verlegt und dort vorübergehend auf dem Flur weiterversorgt
  • Verlegung in umliegende Krankenhäuser
    • Verlegung von Patient*innen in geeignete externe Kliniken erwägen, wenn keine Aussicht auf ausreichende Bettenkapazitäten im eigenen KH besteht und auch die Kapazitäten der eigenen Beobachtungsstation nicht bis zum Folgetag ausreichen
  • Point-of-Care-Konzept
    • Etablierung oder Ausbau von Point-of-Care-Systemen zur Röntgendiagnostik, zum Infektscreening, zur Blutanalyse oder auch zur bettseitigen Sonographie zur Verminderung diagnostischer Prozesszeiten
  • Facharzt für Notfallmedizin
    • zukünftige Etablierung eines Facharztes für Notfallmedizin könnte dazu beitragen, die häufig bestehende und zeitaufwendige „Konsilflut“ zu verringern und somit die Aufenthaltsdauer von Notfallpatienten zu reduzieren
  • Anzeige der Kapazitätserschöpfung – „Abmeldung“ bei der (integrierten) Rettungs‑/Leitstelle
    • Festlegung definierter Kriterien für die „Abmelde“-Situation
    • Personenkreis mit der Kompetenz zur „Abmeldung“ sollte fachlich definiert sein und idealerweise durch transparenten digitalen Kapazitätsnachweis nachvollziehbar dokumentiert werden
    • Grund für die „Abmeldung“ (z.B. Overcrowding, Exit-Block, Personalausfall, technischer Defekt oder Vollbelegung einer Fachabteilung) sowie voraussichtliche Zeitdauer der (integrierten) Rettungs‑/Leitstelle in jedem Fall mitteilen
    • durch „Abmeldung“ bei (integrierten) Rettungs‑/Leitstelle zeigt die Klinik an, dass nachfolgendes nicht mehr unter individualmedizinischen fachärztlichen Standards gewährleistet werden kann:
      • sichere Notfall- und Akutversorgung der Patient*innen in der Notfallabteilung UND/ODER
      • stationäre Weiterversorgung von Patienten
    • Pflicht zur Erstversorgung besteht für die Notfallabteilung trotz Anzeige einer Kapazitätserschöpfung („Abmeldung“) bei der (integrierten) Leitstelle
    • Unterlassung einer „Abmeldung“ bei Kapazitätserschöpfung kann im Schadensfall gutachterlich als vermeidbare Patientengefährdung ausgelegt werden, da hierdurch provozierte Sekundärdispositionen (Verlegungen in umliegende Kliniken) vermeidbar wären
  • Block-Triage (Blockade der weiteren medizinischen Erstsichtung von Rettungsdienstzuweisungen)
    • weiter anhaltende Akut‑/Zwangsbelegung mit Patient*innen in Overcrowding-Situation trotz „Abmeldung“ –> nicht mehr zumutbare Versorgung der bereits in Behandlung befindlichen Patient*innen UND Mitarbeitende können weder ihren eigenen noch den Bedürfnissen der Patient*innen nachkommen –> Patient*innenzufluss passager so weit wie möglich unterbinden durch Verweigerung der medizinischen Erstsichtung und sowie auch der Übernahme (Patient*in befindet sich so weiter in medizinischer Obhut des RD) –> Disponierung in anderes KH oder Notarztnachalarmierung zur vorübergehenden weiteren ärztlichen Behandlung
    • ggf. Vorsichtung erwägen, um akute Patientengefährdung bereits physisch anwesender Patient*innen zu minimieren –> Übernahme von nicht transportstabilen Patient*innen (SK 1) UND Weiterdisponierung alle anderen Patient*innen (SK 2 & 3)

Verantwortungsebenen

Verantwortungsebene Fachabteilung

  • Verlegungsprozess Intensivstation
    • Schockraumversorgung als Kernelement einer Notfallabteilung bindet überproportional Ressourcen, sodass in jedem Behandlungsfall nach abgeschlossener Diagnostik & Therapie eine zeitnahe Verlegung vom Schockraum auf die Normal‑, IMC- oder ITS erfolgen sollte
    • Dauer von < 60 min bis zur Übernahme von intubiert und beatmeten Intensivpatienten gemäß Richtlinien zur gestuften Notfallversorgung
    • klinikinternen Verfahrensanweisung mit Vereinbarung mit ITS für den weiteren Patientenflussprozess im Falle einer Vollbelegung der ITS
    • Notwendigkeit eines zentral autorisierten Intensivkoordinators oder Möglichkeit zur  passageren Überbelegung einer ITS sowie Gestaltung der Versorgung während des Wartens auf Sekundärdisposition in externes KH
  • Verlegungsprozess Normalstation
    • klare Definition des Servicelevel sowie der Übergabeprozesse und zeitlicher Erwartungshorizont von Verlegungen mit den weiterbehandelnden Fachabteilungen
    • systematisches Monitoring der Verlegungszeiten zur Identifikation von Handlungsbedarfen, um zeitnahe Übernahme aus der Notfallabteilung zu gewährleisten

Verantwortungsebene Krankenhaus

  • Kliniken müssen Organisationsverantwortung durch bedarfsgerechte Ressourcenbereitstellung und geeignetes Belegungsmanagement nachkommen
  • Belegungsmanagement
    • aktive Belegungsteuerung, z.B. durch (zentrales) Belegungsmanagement oder Koordinator, muss an den zur Verfügung stehenden Bettenkapazitäten ausgerichtet sein und die elektiven sowie voraussichtlichen Notfallbelegungen berücksichtigen
    • krankenhausspezifische (Over‑)Crowding-Konzepte, um im Falle einer Vollbelegung der Normalstationen handlungsfähig zu bleiben (Umsetzung anhand von Crowding-Triggern im Bedarfsfall 24 h tgl. an 7 Tagen pro Woche umsetzbar), z.B. mit folgenden Maßnahmen
      • vorher definierte Überbelegung auch in fachfremden Abteilungen oder Umsetzung von Sekundärdispositionen an andere fachspezifische KH)
      • Rekrutierung von Pufferkapazitäten
      • Einplanung von Notfallkontingenten (beispielsweise vorübergehende Belegung von für Elektivpatienten reservierten Betten)
      • fachübergreifende (interdisziplinäre) Belegungsmöglichkeiten
      • Durchführung vorgezogener Entlassungen
      • Anpassung der elektiven Belegungssteuerung
      • Überlastungsanzeige/„Abmeldung“ bei der (integrierten) Leitstelle für weitere Patient*innenzuweisungen
    • autorisierte Priorisierung in der Belegung für Notfallpatient*innen (prioritäres Belegungsrecht für Notfallpatient*innen) für Risikominimierung in der Notfallabteilung
    • Notfallabteilung ist außerhalb der Anwesenheitszeiten eines Belegungsmanagements die Belegungshoheit zu übertragen
    • Beobachtungsstation
      • Beobachtungsstation ist im Rahmen der gestuften Notfallversorgung ab der erweiterten Notfallversorgungsstufe bereits gesetzlich vorgeschrieben (Mindestvorgabe von 6 Betten, sonst eine weiteren rechtsverbindlichen Vorgaben zu Struktur- oder Personalvorgaben)
      • Orientierung an Expertenkonsensusempfehlung und den Strukturempfehlungen der DGINA/DIVI
  • Krankenhaus-Alarm- & Einsatzplan (KAEP) beim Massenanfall von Notfallpatien*innen
    • Definition genauer Entscheidungskriterien für die Umstellung der Individualmedizin einer Notfallabteilung auf das Management eines MAN, z.B.
      • durch MANV/MANI-Alarm der (integrierten) Leitstelle (MANV Massenanfall von Verletzten, MANI Massenanfall von Infizierten)
      • durch Akut‑/Zwangsbelegungen in der Notfallabteilung durch den Notarzt
      • durch einen Ansturm von Selbsteinweisern
    • wenn keine Triggerfaktoren für diese Entscheidung definiert, dann Definition eines Entscheidungsprozesses (z.B. Vier-Augen-Prinzip zw. ärztlicher & pflegerischer Leitung der Notfallabteilung

Verantwortungsebene (integrierte) Rettungs‑/Leitstelle

  • Umgang mit „Abmeldung“
    • (integrierte) Rettungs‑/Leitstelle muss durch „Abmeldung“ davon ausgehen, dass individualmedizinischer Facharztstandard im anzeigenden KH für den Zeitraum der Kapazitätserschöpfung nicht mehr eingehalten werden kann –> Leitstelle kann damit prüfen, ob im Fall der Kapazitätserschöpfung alternativ andere Notfallabteilung für die nächste Patient*innenzuweisung disponiert werden kann
    • echte „Abmeldung“ von der Notfallversorgung ist nicht möglich –> weitere Patientendisposition obliegt der (integrierten) Rettungs‑/Leitstelle (sog. Akut‑/Zwangsbelegung, z.B. bei gleichzeitiger Kapazitätserschöpfung aller benachbarten Kliniken oder verlängerter & direkt patient*innengefährdender Zeitaufwand für Disposition
  • Krankenhauskoordination – Kleeblattkonzept
    • Vorhalten eines Eskalationskonzept zur weiteren Disposition in andere Leitstellenbereiche oder überregionale Kapazitäten

Quellen

  • Dormann, H., A. Hüfner, R. Schäfer, R. Marohl, H. Kudlich, J. G. Steenberg, und M. Pin. „Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) zu Überlastungssituationen der Notfallabteilungen: Teil 2: Verantwortungsebenen und Management“. Notfall + Rettungsmedizin, 13. Dezember 2024. https://doi.org/10.1007/s10049-024-01424-0.
  • Hüfner, A., H. Dormann, R. Schäfer, R. Marohl, H. Kudlich, J. G. Steenberg, und M. Pin. „Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) zu Überlastungssituationen der Notfallabteilungen: Teil 1: Terminologie und rechtliche Aspekte“. Notfall + Rettungsmedizin, 6. Dezember 2024. https://doi.org/10.1007/s10049-024-01419-x.
Published inLeitlinien kompakt

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