veröffentlichende Fachgesellschaft: Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie e.V. (GPOH)
Klassifikation gemäß AWMF: S3
Datum der Veröffentlichung: 26.06.2025
Ablaufdatum: 25.06.2030
Quelle/Quelllink: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/025-035
Grundsätzliches
- jährlich ca. 2.290 Kinder und Jugendliche < 18 Jahre mit Krebserkrankung
- Inzidenzrate für Mädchen: etwa 16,1 pro 100.000 Kindern & Jugendlichen
- Inzidenzrate für Jungen: etwa 18,9 pro 100.000 Kindern & Jugendlichen
- laut DKKR überleben derzeit 84 % der im Alter von unter 18 Jahren Erkrankten mind. 15 Jahre
- häufigsten Krebsarten in dieser Altersgruppe: Leukämien (ca. 30 %) und Tumore des ZNS (etwa 24 %)
- 15-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit liegt derzeit bei 90 % für die Akute Lymphatische Leukämie (ALL) und bei 67 % für das Medulloblastom
Empfehlungen
Atemnot bzw. Dyspnoe
- Grundsätzliches
- Definition „Atemnot“: subjektiv empfundenes Gefühl, nicht genug Luft zubekommen
- Definition „Atemnotattacken“: Form von Atemnot und durch eine starke Zunahme der Atemnotintensität oder des unangenehmen Gefühls durch Atemnot gekennzeichnet. Sie sind zeitlich begrenzt (Sekunden bis Stunden), treten intermittierend und unabhängig vom Vorliegen kontinuierlicher Atemnot auf“
- häufig von anderen belastenden Symptomen wie Schwäche, Müdigkeit & Angst begleitet
- Häufigkeit von Atemnot schwankt zwischen 12 – 80 %
- Empfehlungen
- Atemnot klinisch regelmäßig erfassen und dokumentieren (bei ausführlicherer Erfassung der Atemnot inkl. Atemnotattacken soweit möglich in drei Dimensionen beurteilen, durch Selbsteinschätzung bei kommunikationsfähigen Kindern und Jugendlichen bzw. durch Fremdeinschätzung durch Angehörige und/oder Professionelle bei nicht-kommunikationsfähigen Kindern und Jugendlichen):
- sensorisches Erleben: Intensität/Schweregrad der Atemnot
- emotionale Belastung: unangenehmes Gefühl durch Atemnot
- Beeinträchtigung in den Alltagsaktivitäten durch die Atemnot
- Optionen einer kausalen Therapie der Atemnot immer prüfen (wenn ursächliche Therapie der Atemnot möglich und indiziert, und von den Patient*innen/Sorgeberechtigten erwünscht ist, diese parallel zur symptomatischen Therapie durchführen)
- bei Kindern und Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung und Dyspnoe nicht-medikamentöse Allgemeinmaßnahmen zur Linderung von Atemnot anbieten (z. B. Aufklärung über das Symptom Atemnot, Beruhigung/Entspannung, Lagerung, Atemübungen oder Kühlung des Gesichts)
- Sauerstoffgabe bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung und Dyspnoe mit Hypoxämie (SpO2 < 90 % bei Raumluft) anbieten
- Sauerstofftherapie bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung und Dyspnoe ohne Hypoxämie (SpO2 > 90 % bei Raumluft) nicht empfohlen
- allen Kindern und Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung systemische Opioide zur Behandlung von Atemnot anbieten, falls nicht-pharmakologische Interventionen keine ausreichende Linderung verschaffen
- bzgl. Opioidwahl gibt es keine ausreichende Datenlage für eine eindeutige Empfehlung
- mit niedriger Anfangsdosis unter engmaschiger klinischer Kontrolle des Effektes und möglicher Nebenwirkungen starten, und bei fehlendem Ansprechen die Dosis am Effekt zu titrieren (i.d.R. Steigerung um 20 – 50 %)
- es gibt keinen Hinweis, dass eine lege artis durchgeführte Therapie der Atemnot mit Opioiden zu einer klinisch relevanten Atemdepression führt
- Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung, die Dyspnoe-bezogene Angstsymptomatik zeigen und bei denen die Dyspnoe trotz nicht-pharmakologischer Maßnahmen und systemischer Opioidgabe persistiert, können zusätzlich kurzwirksame Benzodiazepine angeboten werden
- bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung und Atemnot kann, falls eine wahrscheinlich entzündliche Ursache oder tumorbedingte Atemwegsobstruktion vorliegt, ein Therapieversuch mit Steroiden angeboten werden
- Atemnot klinisch regelmäßig erfassen und dokumentieren (bei ausführlicherer Erfassung der Atemnot inkl. Atemnotattacken soweit möglich in drei Dimensionen beurteilen, durch Selbsteinschätzung bei kommunikationsfähigen Kindern und Jugendlichen bzw. durch Fremdeinschätzung durch Angehörige und/oder Professionelle bei nicht-kommunikationsfähigen Kindern und Jugendlichen):
Schmerz
- Verwendung validierter Instrumente zur Selbsteinschätzung zur Diagnose von Schmerzen und zur Messung der Schmerzintensität bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung und uneingeschränkter Äußerungsfähigkeit (z.B. VAS, NRS, Oucher Scale, Wong-Baker Faces pain Scale, Pieces of Hurt Pain Assessment Tool Poker Chip Tool oder Faces Pain ScaleRevised)
- Verwendung validierter Instrumente zur Fremdeinschätzung zur Diagnose von Schmerzen und zur Messung der Schmerzintensität bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung und eingeschränkter oder nicht vorhandener Äußerungsfähigkeit (z.B. Faces, Legs, Activity, Cry and Consolability Scale; Faces, Legs, Activity, Cry and Consolability Scale – Revised; COMFORT Behavior Scale; Paediatric Pain Profile; Kindliche Unbehagen und Schmerz-Skala)
- Selbsteinschätzung der Schmerzen bei äußerungsfähigen Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung einer Fremdeinschätzung vorziehen
- regelmäßige an die Schmerzsituation angepasste Verlaufserhebung mit validierten Instrumenten, um Schmerzkrisen bei Kindern und Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung zu diagnostizieren und zu quantifizieren
- spezifische Methoden der Kommunikation und Aufklärung als ergänzende Maßnahmen in der Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung anwenden
- spezifische Kommunikation und Aufklärung der Sorgeberechtigten zur Unterstützung der Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung erwägen
- Thermotherapie zur Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung erwägen
- Wärmetherapie: Heißluft, heiße Rolle, warme trockene Tücher, Warmpackungen mit Peloiden, Paraffinbad der Hände oder Voll- & Teilbäder mit Peloiden
- Kältetherapie: Eiswickel, Eismanschetten, Eiskompressen, tiefgekühlte Eis- oder Gelbeutel, Eismassage als direkte kutane Abreibung, Kältesprays & Kaltluft
- Wickel und&Auflagen als Teil eines multimodalen Ansatzes zur Schmerzbehandlung bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung erwägen
- Lagerung in der Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung anwenden (z.B. Rücken- oder Bauchlage mit Kissenunterstützung, seitliche Lagerung, halbsitzende Position, Fowler-Position)
- Tramadol oder Tilidin zur Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erwägen
- transdermale Applikation von Buprenorphin zur Schmerzbehandlung von Kindern und Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung bei entsprechender Patientenpräferenz und sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erwägen
- transdermale Applikation von Fentanyl zur Schmerzbehandlung von Kindern und Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung bei entsprechender Patientenpräferenz und sorgfältiger NutzenRisiko-Abwägung erwägen
- Monotherapie mit starkem Opioid (ohne Nicht-Opioidanalgetika) zur Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung in Abhängigkeit der Schmerzsituation erwägen
- Einsatz von Nicht-Opioidanalgetika als Ergänzung zu starken Opioiden zur Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung erwägen
- Behandlung mit subkutan applizierten starken Opioiden zur Schmerzbehandlung bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung anbieten, wenn eine enterale, transdermale oder intravenöse Applikation starker Opioide nicht möglich, nicht gewünscht oder nicht effektiv ist
- zur Schmerzbehandlung von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung in ausgesuchten Einzelfällen mit hohem Leidensdruck bedingt durch unzureichende Analgesie nach Ausschöpfung empfohlener medikamentöser und nicht-medikamentöser Maßnahmen individuellen Therapieversuch mit niedrig dosierter Ketamin-Infusion unter engmaschiger Kontrolle unerwünschter Wirkungen und mit individueller Dosisfindung erwägen
- Einsatz von Gabapentin zur Behandlung von neuropathischen Tumor-Schmerzen bzw. tumorassoziierten Schmerzen von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung erwägen
- kein Einsatz von Gabapentin zur Behandlung Vincristin induzierter neuropathischer Schmerzen von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung
- Einsatz von Pregabalin zur Behandlung neuropathischer Schmerzen von Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung erwägen
- Amitriptylin kann zur Behandlung neuropathischer Schmerzen bei Kindern & Jugendlichen mit prognostisch ungünstiger Krebserkrankung erwägen


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