veröffentlichende Fachgesellschaft:
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 16.09.2021
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1186/s13049-021-00949-4
Definition
- penetrierende Halsverletzung = Trauma am Hals, bei dem die Platysma-Muskelschicht verletzt ist
- besondere Herausforderung, insbesondere in der ressourcenbeschränkten prähospitalen Phase
Ersteinschätzung
- Einteilung der Erstbefunde der klinischen Untersuchung in „harte“ und „weiche“ Verletzungsanzeichen
„harte“ Zeichen | „weiche“ Zeichen |
---|---|
massive subkutane Emphyseme/Luftblasen durch die Wunde | Nähe der Wunde zur Arteria carotis oder Jugularvene |
Gefährdung der Atemwege | sich nicht ausdehnendes Hämatom |
expandierendes oder pulsierendes Hämatom | Veränderung der Stimme und/oder Heiserkeit |
aktive Blutung | Dysphagie |
Schock | Pulsdefizit der oberen Extremitäten |
Hämatemesis/Hämoptyse | spürbare Krepitationen |
neurologisches Defizit |
- harte Anzeichen → größere Verletzungen der Atemwege, der Gefäße oder des Verdauungstrakt mit Beeinträchtigung der Atemwege, saugenden Wunden, aktiven Blutungen, ein sich ausdehnendes oder pulsierendes Hämatom, Schock und neurologischem Defizit
Therapie
kritische Blutungen
- Halswunden können nicht mit einem Druckverband verbunden werden
- einfacher Verband mit Mullbinden sowie manueller Druck stellen die primäre Therapie dar; gefolgt von Woundpacking mit blutstillenden Gazen mit drei Minuten anschließender manueller Kompression sowie danach Verbinden mit einer normaler Mullbinde
- manuelle Kompression darf zu keiner verminderten cerebralen Durchblutung führen mit der Gefahr einer cerebralen Ischämie
- Entfernung der Gaze erst wieder im Krankenhaus
Atemwegskontrolle und Beatmung
- Atemwegsmanagement bei penetrierenden Halswunden potenziell schwierig
- ggf. Atemwegsverlegung durch Verletzung selbst, Blut oder anderer Sekrete sowie durch Weichteilschwellungen oder Hämatombildung
- Gefahr einer weniger effiziente Präoxygenierung und Denitrogenierung
- Entscheidung bzgl. des Atemwegsmanagement müssen individuell getroffen werden
- Indikationen für Intubation (frühzeitig Erkennen!)
- Beeinträchtigung/Verletzung der Atemwege
- Atemstillstand oder Atemversagen
- Hypoxie
- vermindertes Bewusstsein
- Ziel sollte immer der Erhalt der Spontanatmung sein
- Atemwegsmanagement bei zeitkritischen, agitierten Patienten
- RSI ohne Manipulation des Krikoids und intermittierende positive Druckbeatmung über Maske oder SGA
- ggf. Benutzung Videolaryngoskop (Gefahr von Verschmutzung der Kamera durch Blut)
- chirurgischer Atemweg
- bei frustraner Intubation oder „Cannot intubate, cannot ventilate”-Situation Wechsel zum chirurgischen Atemweg
- bei Komplikationen bei der chirurgischen Atemwegssicherung ggf. Nutzung eines Bougies um direkt durch einen Trachealriss/die Trachealpunktion zu intubieren
- Beatmung
- Kontrolle des Brustkorbs auf Folgen durch das anfängliche Trauma und die Überdruckbeatmung (z.B. Hämothorax und Pneumothorax)
- ggf. Thoraxdekompression
Kreislaufmanagement
- kontinuierliche Blutstillung
- ggf. Einsatz eines Foley-Katheter zur Blutstillung (10 mL Volumen ausreichend; umliegende Mikrozirkulation weiter gewährleisten)
- bei frustraner Reanimation sollte nach fünf Minuten eine Thorakotomie erwogen werden
- ggf. mit Abklemmen der Aorta, um kardiale Vorlast zu erhöhen und resultierend die cerebrale und kardiale Perfusion
Prävention neurologischer Problematiken
- Verletzungen der HWS sind sehr selten bei penetrierenden Halsverletzungen, wenn aber mit schweren fokalen neurologischen Defiziten oder einem insgesamt verschlechterten Bewusstseinszustand
- keine Wirbelsäulenstabilisierung bei Patienten mit isolierten Penetrationsverletzungen
- neuroprotektive Maßnahmen erwägen werden, um sekundären neurologischen Schäden durch Hypoxie, Hyperkapnie und Hypotonie zu verhindern
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