veröffentlichende Fachgesellschaft: Forschungsprojekt „Integrierte Notfallversorgung: Rettungsdienst im Fokus“ (kurz: Inno_RD)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 10.03.2022
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1007/s10049-022-00995-0
Die nachfolgenden Handlungsempfehlungen sind das Ergebnis des vom Innovationsfonds geförderten Projekts „Integrierte Notfallversorgung: Rettungsdienst im Fokus“ (Inno_RD; FKZ: 01VSF17032; Laufzeit: 01.04.2018–30.04.2021).
Handlungsempfehlungen für Leitstellen
- Etablierung einheitlicher, softwarebasierter und ggf. durch KI gestützter Ersteinschätzungsverfahren
- Ersteinschätzungsverfahren sollten standardisierte, bedarfsorientierte Zusatzfragen enthalten
- Etablierung strukturierter und standardisierter Notrufabfrage
- evidenzbasierte Abfragealgorithmen und dazugehörige Disponierungsempfehlungen
- KTWs sollten 24/7 jede Woche disponierbar sein
- mittels digitaler Schnittstellen sollten transparent und in Echtzeit alle verfügbaren & gebundenen Ressourcen im Umkreis des Einsatzortes sichtbar sein (CAVE: auch Ressourcen aus anderen RD-Bereichen, Landkreises oder Bundesländern)
- regelmäßige Evaluierung der Disponierungskriterien der Rettungsmittel
- bundeseinheitliche Kriterien zur Disponierung von Rettungsmittel
- Vermittlung an den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, wenn durch etablierten standardisierten Leitstellenalgorithmus und individuelle Nachfragen der Disponent*innen keine Notfallsituation festgestellt wurde
- statt 112 und 116117 eine zentrale Rufnummer für medizinische Notfälle
- Entwicklung eines Mindest-Qualifikationsprofils für Leitstellendisponent*innen
- regelmäßige Schulung für Disponent*innen mit Vermittlung von Kompetenzen zur telefonischen Anleitung standardisierter Erste-Hilfe-Maßnahmen
- Software sollte im Bedarfsfall automatisiert standardisierter Anleitung für Erste-Hilfe-Maßnahmen anzeigen
- regelmäßige Evaluierung des Notarztindikationskatalogs
Handlungsempfehlungen für Patientenversorger
- Erhalt von mehr Handlungsoptionen für RD-Personal bei der Auswahl des adäquaten Versorgungsziels für ambulante Fälle
- abrechnungsfähige Versorgung am Einsatzort, wenn kein Transport oder notärztliche Leistung erfolgt
- Erweiterung der Pflichtinhalte in der NFS-Ausbildung, um bei Einsätzen ohne Notwendigkeit von Notarztbeteiligung weiteren Behandlungsbedarf einschätzen zu können
- regelmäßige Evaluation der zuvor genannten Pflichtinhalte
- Erstellung von evidenzbasierten SOPs für durch NFS betreubare Patient*innen
- regelmäßige Evaluation und Überarbeitung der zuvor genannten SOPs
- Implementierung von Telenotärzt*innen in jedem Bundesland, welche bei Bedarf in Verbindung mit vor Ort befindlichen RD-Personal stehen
- Telenotärzt*innen = erfahrene Ärzt*innen, die per Telefon/Videokonferenz auf das Rettungsmittel zugeschaltet werden oder den Leitstellendisponent*innen zur Verfügung stehen
- Telenotärzt*innen müssen nicht zwing in Leitstelle anwesend sein
- mögliche Einsichtnahme in elektronische Patient*innenakte für Notärzt*innen und kassenärztlichen Bereitschaftsdienst
- Auf-/Ausbau von Versorgungsnetzwerken für Pflegepatient*innen, z.B. zw. Pflegeheimen und niedergelassenen Fachärzt*innen für (präventive) regelm. Haus-/Pflegeheimbesuche
- Datenübermittlung von Daten über weitere Versorgung auf Basis rechtl. Regelungen und anhand abgestimmter Pseudonymisierungsverfahren zw. KHs & RD zur Qualitätssicherung
Handlungsempfehlungen für die Dokumentation und Evaluation von Einsätzen
- Einführung und regelmäßige Optimierung einer standardisierten Mindest-Dokumentation für Leitstellen innerhalb der präkl. Notfallversorgung
- Einführung und regelmäßige Optimierung einer standardisierten Dokumentation des Rettungsdienstes (NFS. NA/NÄ, etc.)
- standardisierte Definition, Einführung, Dokumentation und kontinuierlichen Evaluation von Indikatoren zur Struktur-, Prozess- & Ergebnisqualität
- zusätzlich Harmonisierung der Datensätze (z.B. MIND/Datensatz Notaufnahme DIVI)
- zusätzlich Definition von interoperablen Schnittstellen zu anderen Versorgern
- Pflicht zur digitalen Dokumentation von Leitstellen, NFS, NA/NÄ und Zurverfügungstellung der entsprechenden Technik
- Plausibilitätsprüfung der Eingabe bei digitaler Dokumentation für Rückmeldung an Dokumentierende bzgl. fehlerhafter/unvollständiger Eingaben
- bundeseinheitliche Übermittlung an Kostenträger im Zuge der Abrechnung, welches Transportmittel eingesetzt wurde und ob NA/NÄ beteiligt
- Pflichtangabe bei (nicht)-ärztlicher Dokumentation, ob Notfall nach standardisierten Kriterien vorliegt
- Einspeisung der pseudonymisierten RD-Daten in länderübergreifende Datenbank, aus welcher alle Datenlieferer zur eigenen Qualitätssicherung anonymisiert und aggregiert (Vergleichs-)Daten abfragen können
- Anpassung der Gesetzeslage bzgl. digitaler RD-Dokumentation in Bundesländer, in denen dies noch nicht der Fall ist, damit Datennutzung für Forschung & Qualitätssicherung mgl. ist
Handlungsempfehlungen, die die Bevölkerung adressieren
- Initiierung von Angeboten zur Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung, um so Alarmierung bei unkritischen Situationen zu minimieren & bei potenziell bedrohlichen Anlässen zu erhöhen/verbessern
- stärkere Informationskampagnen über Alternativen zur Rufnummer 112
- häufigere Information über psychosoziale Unterstützungsangebote durch (prä)klinisches Personal
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