veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal College of Emergency Medicine (RCEM) & National Poisons Information Service (NPIS)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 26.04.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://rcem.ac.uk/clinical-guidelines/
Grundsätzliches
- Opioide sind die Droge, die in Europa am häufigsten zur Vorstellung in Notaufnahmen wegen einer Intoxikation führt
- opioidbedingte Drogentodesfälle sind weit verbreitet (ca. 60/Woche in Großbritannien 2022)
Anamnese & Diagnostik
- typischer Trias der akuten Opioidintoxikation
- ZNS-Depression
- Atemdepression (Hypoventilation & verringerte AF)
- Miosis
- weitere mögliche Symptome
- Übelkeit und Erbrechen
- neuropsychiatrische Auffälligkeiten wie Albträume, Angst, Unruhe, Euphorie, Dysphorie, Depression, Paranoia und Halluzinationen
- Urtikaria und Pruritus
- Krampfanfälle
- Hypotonie und Bradykardie
- Hypothermie (abhängig von der Umweltexposition)
- häufig Mischintoxikation mit Alkohol, Benzodiazepine wie Benzodiazepinen oder Sympathomimetika wie Crack oder synthetischen Cannabinoiden (CAVE: kann Opioid-Intox maskieren)
- Schweregrad und Dauer des Intox abhängig von der Menge, Stärke & Applikationsform des konsumierten Opioids sowie der Opioidtoleranz der konsumiereden Person
- Diagnosestellung erfolgt klinisch und/oder anamnestisch, ggf. Gabe von Naloxon bei ZNS-Depression und Atemdepression zur Diagnosestellung erwägen (Urin-Drogenscreening ist irrelevant für die Akutbehandlung)
Zeichen für akuten Opioidentzug
- Gähnen, Husten, Niesen
- erhöhte Tränensekretion und/oder laufende Nase
- Tachykardie, Hypertonie
- Diarrhöe, Übelkeit
- feines Muskelzittern
- Reizbarkeit, Angstzustände, Unruhe
- Kaltschweißigkeit
- geweitete Pupillen
Therapie
- AF > 10/min ODER SpO2 > 92 % bei Raumluft (GRÜN)
- wenn vorhanden, Nutzung von nicht-invasiver etCO2-Messung
- keine Naloxon-Gabe notwendig
- Monitoring von RR, SpO2, etCO2 & WASB alle 30 min
- Entlassung, wenn RR, SpO2, etCO2 & WASB normal für 6 h nach vermuteter Überdosis
- AF 6 – 10/min ODER SpO2 86 – 92 % bei Raumluft (ORANGE)
- pVK-Anlage
- O2-Gabe über Nasenbrille/Maske
- wenn vorhanden, Nutzung von nicht-invasiver etCO2-Messung
- titrierte Gabe von 100 – 200 μg alle 60 sec (max. 2000 μg) –> Ziel-RR > 10/min
- Monitoring von RR, SpO2, etCO2 & WASB alle 15 min für die ersten 60 min, dann alle 30 min für die nächsten 3 h
- bei später Verschlechterung (< 10/min) titrierte Gabe von 100 – 200 μg alle 60 sec (max. 2000 μg) bei AF 6 – 10/min oder SpO2 86 – 92 % bei Raumluft (wenn vorhanden, Nutzung von nicht-invasiver etCO2-Messung) –> Ziel-RR > 10/min
- Naloxon-Infusionstherapie starten (s.u.) & Monitoring von RR, SpO2, etCO2 & WASB
- Atemstillstand oder Periarrest mit RR < 5/min und/oder SpO2 < 85 % bei Raumluft (ROT)
- assistierte Beatmung mit 15 L O2/min
- pVK/i.o.-Anlage
- Gabe von 400 μg Naloxon i.v./i.o./i.m. (i.o./i.m. nur, wenn kein sicherer i.v.-Zugang)
- bei fehlendem Ansprechen nach 60 sec Gabe von 800 μg Naloxon i.v./i.o.
- bei fehlendem Ansprechen nach 60 sec Gabe von 800 μg Naloxon i.v./i.o.
- bei fehlendem Ansprechen nach 60 sec Gabe von 2000 μg Naloxon i.v./i.o.
- erweitertes Airwaymanagement & alternative Diagnosen erwägen
- Naloxon-Infusion
- stündliche Naloxon-Infusionsrate mit 60 % der Naloxon-Gesamtdosis beginnen, die zur angemessenen Umkehrung der Atemdepression während der zweiten Naloxon-Dosierung erforderlich war
- 10 x 400 μg/1 mL-Naloxon-Ampulle + 30 mL NaCl 0,9 % (alternativ G5) = 40 mL Lösung mit einer Konzentration von 100 μg/mL
- nach Infusionsbeginn min. 4 h laufen lassen und anschließend alle 2 h um 25 % senken
benötigtes Gesamtdosis | Infusionsrate (μg/h) | Infusionsrate (mL/h) |
---|---|---|
200 μg | 120 μg/h | 1,2 mL/h |
400 μg | 240 μg/h | 2,4 mL/h |
600 μg | 360 μg/h | 3,6 mL/h |
800 μg | 480 μg/h | 4,8 mL/h |
1000 μg | 600 μg/h | 6,0 mL/h |
1200 μg | 720 μg/h | 7,2 mL/h |
1400 μg | 840 μg/h | 8,4 mL/h |
1600 μg | 960 μg/h | 9,6 mL/h |
1800 μg | 1080 μg/h | 10,8 mL/h |
2000 μg | 1200 μg/h | 12,0 mL/h |
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