veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (OEGGG) & Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (SGGG)
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 01.04.2025
Ablaufdatum: 31.03.2030
Quelle/Quelllink: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-045
Grundsätzliches
- Endometriose ist eine chronische inflammatorische Erkrankung
- gilt als eine der häufigsten benignen gynäkologischen Pathologien
- Abschätzung zur Inzidenz und Prävalenz der Endometriose ist aufgrund der methodischen Unterschiede der vorliegenden Studien nicht möglich
- niedrigsten Angaben zur Jahresprävalenz basieren auf Abrechnungsdaten aus (Kranken-)Versicherungen oder anderen bevölkerungsbezogenen Informationssystemen und reichen von 0,5 – 1,0 %
- Vergleich aktueller mit früheren Prävalenzangaben aus deutschen Krankenversicherungsdaten zeigt eine moderate Steigerung von 0,53 % in 2010 zu 0,66 % in 2019
- höchste Prävalenzen betreffen die Altersgruppe 35 – 44 Jahre bzw. 40 – 45 Jahre
- endometriosebedingte Schmerzen können nozizeptiven, neuropathischen & noziplastischen Schmerzmechanismen oder Kombinationen dieser Schmerzmechanismen zugrunde liegen
Klassifikation
- klinisch/intraoperative Unterscheidung je nach Lokalisation und Ausdehnung
- peritoneale Endometriose
- ovarielle Endometriose
- tief infiltrierende Endometriose (z. B. Vagina, Septum rectovaginale, Darm, Blase sowie weitere seltenere Lokalisationen, wie z. B. Bauchdecke, Zwerchfell, Ureter etc.; tief infiltrierende Endometriose werden Endometrioseherde bezeichnet, die die Oberfläche (meist das Peritoneum) durchschreiten und in benachbartes Gewebe oder benachbarte Organe hineinweinwachsen und dabei eine Infiltrationstiefe von mindestens 0,5 cm aufweisen)
- Adenomyosis uteri
Symptomatik
- Endometriose-assoziierte Leitsymptome
- Dysmenorrhoe
- Dysurie/Hämaturie
- Dyschezie/Hämatochezie
- Dyspareunie
- Sterilität
- nichtspezifische Symptome, wie z. B. chronische Unterbauchschmerzen (zyklisch/azyklisch)
Anamnese
- allgemeine Anamnese
- Zyklusanamnese
- Gravidität/Parität
- bisherige Therapie
- Voroperationen
- Medikamente (bisherige und aktuelle)
- allgemeine (internistische) Anamnese
- Allergien
- Body-Mass-Index
- Familienanamnese
- Sozialanamnese
- symptomorientierte Anamnese
- Dysmenorrhoe
- Unterbauchschmerzen
- Dyschezie/Hämatochezie
- Dysurie/Hämaturie
- Dyschezie/Hämatochezie
- Dyspareunie
- Sterilität
- Fatigue
- zyklische Schulterschmerzen, ggf. Dyspnoe
- zyklische neurogene Schmerzsymptome der unteren Extremität
- strukturierte Schmerzanamnese bei Patientinnen mit Endometriose und/oder chronischen Unterbauchschmerzen
- Erfassung möglicher Grunderkrankungen
- Schmerzort, -dauer, -variabilität und -charakter
- Erfassung der Schmerzintensität auf einer numerischen oder visuellen Analogskala mit Angaben zu „momentaner Schmerz“, „geringster sowie stärkster Schmerz während der letzten Woche“ und „durchschnittlicher Schmerz während der letzten Woche(n)
- Erfassung weiterer Schmerzlokalisationen
- subjektive Ursachenzuschreibung der Patientin (Patientinnen-Attribution)
- aktuelle und bisherige hormonelle und analgetische Medikation (Wirksamkeit bezüglich der Schmerzen, Dauer der Schmerzlinderung, Nebenwirkungen)
- aktuelle und frühere nichtmedikamentöse Schmerztherapien
- Beurteilung des sozialen Umfelds, Familie, soziale Verstärker, Arbeitssituation
- aktuelle berufliche Tätigkeiten, Arbeitsfähigkeit und Gefährdungen am Arbeitsplatz
- sozialmedizinische Konsequenzen wie wiederholte Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Rentenverfahren
- Erfassung schmerzbedingter Funktionseinschränkungen der Schlafqualität, Mobilität, Hausarbeit, Hobbys, sozialer Aktivitäten, Sexualität
- Ressourcen, selbstachtsames bzw. -versorgendes Verhalten
- Hinweise auf Risikofaktoren für noziplastische Schmerzmechanismen und auf Schmerzchronifizierung
- Erwartungen an die weitere Schmerztherapie und das Therapieziel
- klinische Hinweise auf noziplastische Schmerzmechanismen (zentrale Sensitivierung)
- permanenter (nichtzyklischer) Unterbauchschmerz
- mehrere Schmerzorte (Kopf, Gesicht, Extremitäten, Rücken)
- funktionelle Störungen (temporomandibuläre Dysfunktion, Reizmagen, Reizblase)
- Allgemeinsymptome: vermehrte Erschöpfungsneigung (Fatigue), Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen
- vermehrte Empfindlichkeit gegenüber anderen Reizen (Geräusche, Geruch, Geschmack, Temperatur)
- Risikofaktoren für Schmerzchronifizierung
- Hinweise für das Vorliegen psychischer Störungen (Angst, Depressivität etc.)
- Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche Prozesse
- inadäquates Krankheitsverhalten (Vermeidung/Schonung)
- unangemessene kognitive Schmerzbewältigung (z. B. Katastrophisieren)
- unangemessene Schonungs- und Vermeidungsstrategien
- negative soziale Konsequenzen (Familie/Schule/Arbeitsplatz)
- Konflikte in der Familie/in der Schule/am Arbeitsplatz
- Fehlzeiten in der Schule/im Job
- Verhalten von Angehörigen/Umwelt (z. B. Unverständnis, Überbehütung)
- Rentenbegehren
- CAVE: alle Formen von anhaltenden Unterbauchschmerzen (Dysmenorrhoe, zyklische und azyklische Unterbauchschmerzen) in der Adoleszenz können Symptome einer Endometriose sein
Diagnostik
- bei V.a. tief infiltrierende Endometriose oder ovarielle Endometriose beidseitige Nierensonographie
- symptomorientierte Diagnostik bei Patientinnen mit (Verdacht auf) Endometriose

Therapie
- Schmerztherapie
- bei Patientinnen mit chronischen Unterbauchschmerzen sollte eine symptomorientierte Schmerztherapie bei den folgenden Konstellationen angeboten werden
- anhaltende schmerzbedingte Beeinträchtigung unter hormoneller und/oder operativer Therapie
- Unverträglichkeit und/oder Kontraindikation einer Hormontherapie
- Kontraindikation für eine Operation
- Einsatz von nichtsteroidalen Antiphlogistika bei nozizeptivem Schmerzmechanismus zur symptomatischen Schmerztherapie
- bei chronischen Schmerzen je nach zugrunde liegendem Schmerzmechanismus folgende Substanzen als individuellen Therapieversuch erwägen
- Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva)
- cannabisbasierte Arzneimittel
- Gabapentinoide (Gabapentin, Pregabalin)
- Metamizol, Paracetamol
- Serotonin-Nordadrenalin-Wiederaufnahmehemmer
- Opioidanalgetika (CAVE: keine kontrollierten Studien zur Wirksamkeit vorhanden; zusätzlich verantwortungsvoller Umgang mit Opioiden)
- Therapieoptionen der medikamentösen Schmerztherapie chronischer Unterbauchschmerzen
- bei Patientinnen mit chronischen Unterbauchschmerzen sollte eine symptomorientierte Schmerztherapie bei den folgenden Konstellationen angeboten werden
| Symptom | Medikament |
|---|---|
| nozizeptive Schmerzkomponente, z.B. tief infiltrierende Endometriose | Nichtopioidanalgetika (NSAR, Metamizol, Paracetamol), Opioide |
| neuropathische Schmerzkomponente | trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin), SNRI (Duloxetin), Antikonvulsiva (Pregabalin, Gabapentin) und cannabisbasierte Arzneimittel (THC, CBD und Kombination) |
| noziplastische Schmerzkomponente | trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin), SNRI (Duloxetin), Antikonvulsiva (Pregabalin, Gabapentin) und cannabisbasierte Arzneimittel (THC, CBD und Kombinationen) |
- Primärtherapie bei V.a. auf Endometriose in der Adoleszenz konservativ medikamentös


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