veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 10.10.2015
Ablaufdatum: 09.10.2020
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/065-002.html
Definition & klinische Problematik
- akute tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT)
- partielle oder vollständige Verlegung der Leit- und/oder Muskelvenen durch Blutgerinnsel
- Lungenembolie (LE)
- partielle oder vollständige Verlegung der Lungenarterien durch eingeschwemmte Blutgerinnsel aus der peripheren venösen Strombahn
- jeder klinische Verdacht auf LE sollte unverzüglich und konsequent zur diagnostischen Sicherung und – bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit – auch zur Therapieeinleitung vor Diagnosesicherung veranlassen
klinische Diagnostik
akute tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT)
- klinische Charakteristik
- aktive Tumorerkrankung
- Lähmung oder kürzliche Immobilisation der Beine
- Bettruhe (> 3 Tage); große Chirurgie (< 12 Wochen)
- Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Venen
- Schwellung ganzes Bein
- Unterschenkelschwellung > 3 cm gegenüber Gegenseite
- eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein
- Kollateralvenen
- frühere, dokumentierte TVT
Lungenembolie (LE)
- bei Verdacht auf LE soll eine initiale Risikostratifizierung erfolgen, um zwischen hämodynamisch stabilen und instabilen Patienten zu unterscheiden
- bei hämodynamisch stabilen Patienten sollte der diagnostische Prozess mit einer Einschätzung der klinischen Wahrscheinlichkeit beginnen, entweder mittels eines validierten Scores (z.B. Wells-Score), alternativ empirisch basiert durch erfahrene Untersucher
- klinische Parameter/Risikofaktoren
- Lebensalter (Alter > 80 Jahre)
- männliches Geschlecht
- Tumorerkrankung
- chronische Herzinsuffizienz/chronische Lungenerkrankung
- Pulsfrequenz ≥ 110 Schläge/min
- systolischer Blutdruck < 100 mmHg
- Atemfrequenz > 30 Atemzüge/min
- Temperatur < 36 °C
- Bewusstseinsstörung
Therapie
akute tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT)
- initiale Antikoagulation
- sofort nach Diagnosestellung mit therapeutischer Antikoagulation beginnen, bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit auch bereits vor Sicherung der Diagnose durch Bildgebung
- diagnostizierte asymptomatische Thrombose sollte wie die symptomatische Thrombose antikoaguliert werden
- Heparin-Calcium oder Heparin-Natrium mit initialer Dosis/Startmedikation: Bolus 5000 IE, dann 15 – 20 IE/kg KG/h
- Patienten mit Venenthrombose jedweder Lokalisation und Morphologie sollen nicht immobilisiert werden, es sei denn zur Linderung starker Schmerzen
- Ziel der Initialtherapie ist
- die Verhinderung einer Lungenembolie (LE)
- die Verhinderung eines appositionellen Thrombuswachstums
- die Aktivierung der körpereigenen Fibrinolyse zur Verringerung eines postthrombotischen Syndroms
Lungenembolie (LE)
- wesentlicher Unterschied für hämodynamisch instabile Patienten mit Lungenembolie, die eine medikamentöse Thrombolyse erhalten sollen; in diesen Fällen wird initial Heparin verabreicht, bevorzugt unfraktioniertes Heparin (UFH) als Bolus
- Heparin-Calcium oder Heparin-Natrium mit initialer Dosis/Startmedikation: Bolus 5000 IE, dann 15 – 20 IE/kg KG/h
- für Mehrzahl der Patienten mit Lungenembolie gelten bezüglich der initialen Antikoagulation, der Erhaltungstherapie und der verlängerten Erhaltungstherapie dieselben Empfehlungen wie für die Beinvenenthrombose
- Reperfusionstherapie
- für Entscheidung zwischen alleiniger Antikoagulation oder zusätzlicher Maßnahmen ist primär die hämodynamische Stabilität des Patienten ausschlaggebend
- hämodynamisch instabile Patienten sollen eine sofortige Reperfusionstherapie erhalten
- zugelassene Substanzen und Dosierungen zur Therapie der akuten Lungenembolie
- Alteplase (rt-PA) Bolus-Injektion von 10 mg über 1 − 2 min, gefolgt von 90 mg über 2 h oder 100 mg über 2 h oder akzeleriert: 0,6 mg/kg über 15 min
- Streptokinase 250000 IE über 30 min, gefolgt von 100 000 IE/h über 12 − 24 h oder akzeleriert: 1,5 Mio. IE über 2 h
- Urokinase 4400 IE/kg KG über 10 min, gefolgt von 4400 IE/kg/h über 12 − 24 h oder akzeleriert: 3 Mio. IE über 2 h
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