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Leitlinie „International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations“ der ILCOR (Update 2024)

veröffentlichende Fachgesellschaft: International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 14.11.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000001288

Advanced Life Support

  • Sauerstoffversorgung
    • Gabe von 100 % O2 bis SpO2 bzw. pO2 zuverlässig gemessen werden kann
    • Hypo- & Hyperoxämie bei Erwachsenen mit ROSC nach Herzstillstand in jeder Situation vermeiden
    • nach SpO2/pO2-Messung folgende Zielwerte bei Erwachsenen mit ROSC nach Herzstillstand anstreben: SpO2 von 94 – 98 % oder pO2 von 75 – 100 mmHg (≈ 10 – 13 kPa)
    • medizinisches Personal sollte sich des erhöhten Risikos einer fehlerhaften Einschätzung bewusst sein, das eine Hypoxämie bei Patient*innen mit dunklerer Hautpigmentierung hat
  • etCO2-Zielwerte
    • bei Erwachsenen mit ROSC nach Herzstillstand Normokapnie (pCO2 von 35 – 45 mmHg oder ≈ 4,7 – 6,0 kPa) anstreben
  • Hämodynamik nach Herzstillstand
    • keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für ein bestimmtes Blutdruckziel nach Herzstillstand, daher Empfehlung für MAD von min. 60 – 65 mmHg
  • Temperaturmanagement nach Herzstillstand
    • Fieber aktiv verhindern mit dem Ziel einer Temperatur von ≤ 37,5 °C bei Patient*innen im Koma nach ROSC
    • Ungewissheit, ob Untergruppen von Patient*innen mit Herzstillstand von einer gezielten Hypothermie bei 32 – 34 °C profitieren
    • komatöse Patient*innen mit leichter Hypothermie nach ROSC nicht aktiv erwärmen, um Normothermie zu erreichen
    • keine routinemäßige prähospitale Kühlung durch rasche Gabe großer Mengen kalter intravenöser Flüssigkeit unmittelbar nach Herzstillstand
    • Nutzung von Oberflächen- oder endovaskulären Temperaturkontrolltechniken bei Patient*innen im Koma nach ROSC
    • sofern Kühlgeräte verwendet werden, Nutzung von Temperaturkontrollsystemen mit Feedbacksystem zur kontinuierlichen Temperaturüberwachung, um Zieltemperatur zu halten
    • aktive Fieberprävention für 36 – 72 h bei Patient*innen im Koma nach Herzstillstand
  • Prophylaxe & Behandlung von Krampfanfällen nach Herzstillstand
    • keine prophylaktische Medikation gegen Krampfanfälle nach Herzstillstand
    • Behandlung von klinisch offensichtlichen und elektrographisch-detektierbaren (EEG) Anfällen nach Herzstillstand
    • Behandlung bei rhythmischen und periodischen EEG-Mustern, die klares Kennzeichen für ein Kontinuum zwischen Iktal und Interiktal
  • extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (eCPR)
    • eCPR als Rettungstherapie für ausgewählte Erwachsene mit OHCA/IHCA erwägen, wenn konventionelle CPR frustran verläuft und die Etablierung der eCPR realisierbar ist
  • Herzstillstand während der Schwangerschaft
    • notfallmäßige Crash-Sectio bei Frauen mit Herzstillstand in der 2. Schwangerschaftshälfte
    • keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für ein bestimmtes Zeitintervall während der Reanimation, in dem die Entbindung beginnen sollte
    • keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für Linksseitenlagerung oder Uterusverschiebung während der Reanimation bei schwangeren Patientinnen
    • Erwägung der eCPR als Rettungstherapie für ausgewählte Patientinnen während der Schwangerschaft oder im Wochenbett, sofern konventionelle CPR frustran verläuft und die Etablierung der eCPR realisierbar ist
  • Emergency Front of Neck Airway Access beim Herzstillstand
    • bei frustraner Atemwegssicherung mit oropharyngealen Tools, Beutel-Maske-Beatmung, SGA oder ETI, Emergency Front of Neck Airway Access mittels Krikothyreotomie durch entsprechend geschultes Personal

Pediatric Life Support

  • Hämodynamik nach Herzstillstand
    • Ziel-RR von RRsys > 10. Altersperzentil anstreben
  • Prophylaxe & Behandlung von Krampfanfällen nach Herzstillstand
    • keine prophylaktische Medikation gegen Krampfanfälle nach Herzstillstand
  • Atemwegsmanagement (Advanced Airway)
    • Beutel-Masken-Beatmung anstelle von ETI oder SGA bei Kindern mit OHCA
    • keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für oder gegen Beutel-Masken-Beatmung im Vergleich zur edotrachealen Intubation bei Kindern mit IHCA
    • Hauptziel der kardiopulmonalen Reanimation ist die wirksame Beatmung & O2-Versorgung, egal mit welchen Mitteln, ohne dabei die Qualität der Herzdruckmassage zu beeinträchtigen
    • erweiterte Atemwegssicherung mittels SGA oder ETI erwägen, wenn das Team über ausreichende Fachkenntnisse, Ressourcen und Ausrüstung verfügt, um die Platzierung mit minimalen Unterbrechungen der Herzdruckmassage zu ermöglichen, oder wenn die Beutel-Ventil-Maske keine ausreichende Sauerstoffzufuhr und Beatmung gewährleistet
  • Beatmungs-/Atemfrequenz bei Kindern mit erweiterter Atemwegssicherung
    • keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für bestimmte AF
    • bei Herzstillstand bei Kindern mit erweitert gesichertem Atemweg ist die Beatmung mit einer AF > 10/min sinnvoll (PLS-Taskforce empfiehlt AF, die nahe an der dem Alter entsprechenden physiologischen AF liegt, um Hypo- und Hyperventilation zu vermeiden)
  • Management der pulmonalen Hypertonie bei Herzstillstand bei Säuglingen & Kindern
    • Vermeidung von Faktoren, die den pulmonalen Gefäßwiderstand erhöhen können, und gleichzeitige Behandlung des sich verschlimmernden Zustand, um das Risiko eines Herzstillstands zu verringern, z.B. durch folgende Maßnahmen wie Vermeidung von Hypoxie, Hyperkapnie, Azidose, Stressfaktoren wie Schmerzen, Unruhe, Dehydratation oder Flüssigkeitsüberlastung, Anämie, Infektionen oder Arrhythmien
    • medikamentöse Therapie bei pulmonaler Hypertonie mittels Stickstoffmonoxid inhalativ, L-Arginin, PDE-5-Hemmer (z.B. Milrinon, Sildenafil) oder Endothelin-1- Rezeptorantagonist (z.B. Bosentan)
    • bei Kindern, die trotz optimaler medizinischer Therapie Anzeichen einer pulmonal-hypertensiven Krise, eines niedrigen Herzzeitvolumens oder einer rechtsventrikulären Insuffizienz entwickeln, ECMO-Anlage vor Herzstillstand oder bei refraktärem Herzstillstand (d.h. eCPR) als Überbrückung bis zur Genesung oder Evaluierung von Organersatz und Transplantation in sehr ausgewählten Fällen erwägen

Neonatal Life Support

  • Nabelschnurmanagement bei der Geburt von Frühgeborenen
    • bei Frühgeborenen < 37. SSW, bei denen eine sofortige Wiederbelebung nicht erforderlich ist, sollte die Nabelschurabklemmung um min. 60 sec abgeschoben werden
    • bei Frühgeborenen zw. 28. + 0. bis 36. + 6. SSW, bei denen keine verzögerte Abnabelung erfolgt, ist das Ausstreichen der Nabelschnur („Melken“) eine sinnvolle Alternative zur sofortigen Nabelschnurabklemmung (CAVE: Berücksichtigung der individuellen Umstände von Mutter und Kind)
    • kein Ausstreichen der Nabelschnur bei Frühgeborenen < 28. SSW
    • keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für eine Empfehlung zum Nabelschnurmanagement bei Frühgeborenen < 37. SSW, bei denen eine sofortige Wiederbelebung erforderlich ist
    • keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz für Empfehlungen zum Nabelschnurmanagement bei Pathologien der Mutter, des Fötus oder der Plazenta (z.B. Mehrlingsgeburt, angeborene Anomalien, Plazentaanomalien, Alloimmunisierung, fetale Anämie etc.) –> individuelle Entscheidungsfindung auf Grundlage des Schweregrads der Erkrankung und der Bewertung des mütterlichen & neonatalen Risikos
    • wann immer möglich, Plan für das Nabelschnurmanagement vor Entbindung zwischen entbindendem Team und den Eltern besprechen (CAVE: Berücksichtigung der individuellen Umstände von Mutter und Kind)
  • Auswirkung der Wiedererwärmungsrate auf Neugeborene, die nach der Geburt ungewollt unterkühlt sind
    • bei Neugeborenen, die nach der Geburt ungewollt unterkühlt sind, mit der Wiedererwärmung beginnen (CAVE: keine ausreichenden Belege für schnellere Wiedererwärmungsrate mit ≥ 0,5 ˚C/h oder langsame Wiedererwärmungsrate mit <0,5 ˚C/h)
    • unabhängig von gewählte Wiedererwärmungsrate Verwendung eines Protokolls für die Wiederaufwärmung mit häufiger oder kontinuierlicher Temperaturüberwachung sowie die BZ-Überwachung, aufgrund der höheren Gefahr einer Hypoglykämie
  • therapeutische Hypothermie in einem Umfeld mit begrenzten Ressourcen
    • Einsatz der therapeutischen Hypothermie im Vergleich zur alleinigen Standardbehandlung bei Termingeborenen (≥ 37. + 0. SSW) mit sich entwickelnder mittelschwerer bis schwerer hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie in Ländern mit niedrigem & mittlerem Einkommen
    • keine Empfehlung für späte Frühgeborene (zw. 34. + 0. bis 36. + 6. SSW) aufgrund unzureichender Evidenz
    • therapeutische Hypothermie nur im Rahmen klar definierter Protokolle erwägen, einleiten und durchführen, wobei die Therapie im spezialisierten klinischen Setting erfolgen sollte (i.d.R. Protokolle mit Beginn der Kühlung innerhalb von 6 h nach Geburt, strenger Temperaturkontrolle in bestimmten Bereich von i.d.R. 33 – 34 °C und für eine Dauer von meist 72 h mit einer Wiedererwärmung über min. 4 h)

Sonstiges

  • Patient*innen mit einem OHCA sollten in einem Cardiac Arrest Center betreut werden
  • Verwendung kognitiver Hilfsmittel bei der Wiederbelebung
  • keine Empfehlung für den Einsatz kognitiver Hilfsmittel bei der Ausbildung von medizinischem Fachpersonal aufgrund fehlender Evidenz
  • keine Empfehlung für Nutzung von Virtual Realitiy für die ALS-Ausbildung von medizinischem Fachpersonal als alleiniges Lehrmittel
  • Nutzung von Gamified Learning für die ALS-Ausbildung von medizinischem Fachpersonal erwägen
  • Aufnahme von Rapid Cycle Deliberate Practice (RCDP) als Lehrplanmerkmal in die ALS-Ausbildung als sinnvoll angesehen (RCDP = simulationsbasierte Lehrstrategie, bei der die Lernenden zwischen bewusstem Üben und gezieltem Feedback wechseln, bis sie die Fertigkeiten beherrschen, bevor sie mit den nächsten Lernzielen fortfahren)
  • Vermittlung von Teamkompetenzen sollten in die ALS-Ausbildung aufgenommen werden
Published inLeitlinien kompakt

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