veröffentlichende Fachgesellschaft: Irish Association for Emergency Medicine
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 20.11.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://iaem.ie/professional/clinical-guidelines/
Grundsätzliches
- Hypertonien in der Schwangerschaft stellen immer noch relevanten Hauptgrund für Morbidität und Mortalität von Müttern und Neugeborenen weltweit dar
- irische Zahlen zeigten, dass von den 60.188 Geburten (2016) 5,9 % der Frauen an hypertensiven Schwangerschaftsstörungen und 4,6 % an einer Präeklampsie litten
- Präeklampsie = neu aufgetretene Hypertonie bei Patientinnen in der > 20. SSW, begleitet von Proteinurie oder andere mütterliche Organ-/uteroplazentaren Dysfunktionen
- überlagerte Präeklampsie = Synptome einer Präeklampsie bei Patientinnen > 20. SSW mit vorbestehender chronischer Hypertonie oder Proteinurie
- Eklampsie = erneutes Auftreten generalisierter tonisch-klonischer Anfälle bei Patientinnen mit Präeklampsie nach Ausschluss anderer neurologischer, anfallsauslösender Erkrankungen
- Definition der Schwangerschaftshypertonie (gemessen im Abstand von min. 4 h)
- Schwangerschaftshypertonie: RRsys ≥ 140 mmHg und/oder RRdia ≥ 90 mmHg
- schwere Schwangerschaftshypertonie: RRsys ≥ 160 mmHg und/oder RRdia ≥ 110 mmHg
- 10 – 25 % der Patientinnen mit Schwangerschaftshypertonie entwickeln eine Präeklampsie
Präeklampsie
Diagnostik
- Diagnosekriterien (bei Patientinnen i.d.R. > 20. SSW ohne vorbekannte Hypertonie)
- neu aufgetretener Bluthochdruck und Proteinurie
ODER - neu aufgetretener Bluthochdruck und erhebliche Endorganstörung mit/ohne Proteinurie
- neu aufgetretener Bluthochdruck und Proteinurie
- Präeklampsie-assoziierte Endorganstörungen
- Niereninsuffizienz
- hämatologische Erkrankungen wie Hämolyse, DIC etc.
- Lebererkrankungen
- neurologische Störungen wie Eklampsie, Hyperreflexie mit anhaltenden Klonien, persistierende neue Kopfschmerzen, persistierende Sehstörungen (Photopsie, Skotomata, kortikale Blindheit, posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom, retinaler Vasospasmus), Schlaganfall
- Lungenödem
- Laborparameter
- Protein/Kreatinin > 300 mg/d bzw. 1 g/L im Uristix
- Serum- oder Plasmakreatinin > 90µmol/L (Niereninsuffizienz)
- Thrombozytopenie <150.000/µL, ggf. in Verbindung mit Hämolyse und/oder DIC
- erhöhte Serumtransaminasen, ggf. in Verbindung mit schwere epigastrische und/oder Schmerzen im rechten oberen Quadranten
Symptomatik
- leichtere Symptomatik
- Kopfschmerzen, Visusprobleme
- Bewusstseinsstörung, Krampfanfall
- Bauchschmerz
- Lungenödem, Atemnot
- Oligurie
- schwere Symptomatik
- Eklampsie
- schwere Hypertonie (im Durchschnitt über 3 Messungen) + Proteinurie
- moderate Hypertonie + signifikante Proteinurie mit
- schweren Kopfschmerzen mit Visusproblemen
- epigastrischen Schmerzen
- (Anzeichen für) Klonien
- Druckempfindlichkeit der Leber
- Thrombozytenzahl < 100 x 109/L
- Alanin-Aminotransferase > 50 I.U./L
- Kreatenin > 100 mmol/L
Exkurs: überlagerte Präeklampsie
- Kombination aus vorbestehender chronischer Hypertonie oder Proteinurie bei Patientinnen > 20. SSW und Symptomen einer Präeklampsie wie
- sich verschlechternde oder resistente akute Hypertonie
oder - neuaufgetretener oder plötzlicher Zunahme der Proteinurie
und/oder - signifikante neue Endorganstörung
- sich verschlechternde oder resistente akute Hypertonie
Therapie
- RR- & Puls-Messung alle 15 min (nach Stabilisierung alle 30 min)
- Anlage pVK und Flüssigkeitstherapie von max. 80 mL/h (CAVE: keine prophylaktische Flüssigkeitstherapie bei Euvolämie)
- medikamentöse RR-Senkung bei RRsys > 160 mmHg auf RR <135/85 mmHg mit MAP < 100 mmHg (MAP = RRdia + 1/3 (RRsys – RRdia))
- 200 mg Labetalol oral als First-Line-Medikament (i.d.R. messbare Senkung in < 30 min)
- ggf. nach 30 min zwei Dosis oral erwägen
- alternativ 50 mg Labelol i.v. über 5 min (i.d.R. messbare Senkung in < 10 min); ggf. wiederholte 50 mg-Boli in 10-Minuten-Intervallen bis max. 200 mg; nachfolgend Labelol-Infusion mit Rate von 20 mg/h und Dosisverdopplung alle 30 min bis Ziel-RR oder max. Dosis von 160 mg/h erreicht
- sofern Labelol nach 0 – 90 min frustran, zusätzlich Gabe von 2,5 mg Hydralazin in 10 ml H2O über 5 min
- RR-Messung alle 5 min
- Dosis-Wdh. alle 20 min möglich bis max. 20 mg
- nach Bolus Infusion mit Rate von 1 – 5 mL/h (40 mg Hydralazin + 40 mL NaCl 0,9%)
- Nifedipin oral erwägen, wenn Labetalol +/- Hydralazin RR nicht ausreichend kontrolliert
- tägliche Dosis mit max. 90 mg
- 200 mg Labetalol oral als First-Line-Medikament (i.d.R. messbare Senkung in < 30 min)
- ggf. zusätzlich Magnesiumsulfat zur Prophylaxe der schweren Präeklampsie erwägen
- 4 g über 5 – 10 min als Loading-Dosis, gefolgt von Erhaltungsdosis mit 1 g Magnesiumsulfat/h
- Infusionsgabe bis 24 h nach letztem Anfall oder nach Entbindung
- CAVE: V.a. auf Magnesium-Intoxikation besteht bei motorischer Lähmung, AF <12/min, Herzrhythmusstörungen, Oligurie < 0,5 ml/kg/h, Atemnot, AP-Symptomatik, Lungenödem (Antidot: 10 mL 10%iges Kalziumglukonat langsam i.v.)
- Transport in Klinik mit Geburtshilfe und Gynäkologie
- Blutuntersuchungen alle 12 h (ggf. häufiger bei abnormalen oder sich verschlechternden hämatologische und/oder biochemische Markern)
- Anlage Dauerkatheter und engmaschige Überwachung des Flüssigkeitshaushalts
- regelmäßige Dopplersonografie und Kardiotografie (CTG, auch Wehenschreiber) zur Überwachung des ungeborenen Kindes
- Anlage ZVK bei
- Beginn antihypertensiver Therapie i.v.
- Instabilität der Patientin
- sehr schwerer Hypertonie
- Adipositas
- vaginalen Blutungen > 1000 mL
Eklampsie
Therapie
- Ziele der Therapie
- Prävention einer mütterlichen Hypoxie
- Behandlung der schweren Hypertonie
- Prävention wiederkehrender Anfälle
- Lagerung in Linksseitenlage
- Freihalten der Atemweg & Aspirationsprophylaxe
- ggf. O2-Gabe
- Gabe von 4 g Magnesiumsulfat über 5 – 10 min i.v. als Loading-Dosis, gefolgt von Erhaltungsdosis mit 1 g Magnesiumsulfat/h
- bei rezidivierenden Krämpfen weiteren 2 g Magnesiumsulfat-Bolus, Erhöhung der Infusionsrate auf 1,5 g Magnesiumsulfat/h & Intubation erwägen (nach zwei Boli Gabe herkömmlicher Antikonvulsiva)
- antihypertensive Therapie wie bei Präeklampsie
- Transport in Klinik mit Geburtshilfe und Gynäkologie
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