veröffentlichende Fachgesellschaft: Phoenix Australia
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 2020 bis 2021
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.phoenixaustralia.org/australian-guidelines-for-ptsd/
Trauma und Reaktionen auf Traumata
- bei Personen, die sich mit wiederholten unspezifischen körperlichen Gesundheitsproblemen/Symptomatiken vorstellen, Screening auf psychologische Ursachen in Erwägung ziehen, einschließlich der Frage, ob ein traumatisches Ereignis erlebt wurde
- gründliche Beurteilung, die die relevante Vorgeschichte (einschließlich der Traumaanamnese), die PTBS und verwandte Diagnosen, den allgemeinen psychiatrischen Status (unter Beachtung des Ausmaßes von Komorbiditäten), die körperliche Gesundheit, den Substanzkonsum, die eheliche und familiäre Situation, die soziale und berufliche Funktionsfähigkeit und die Lebensqualität umfasst
- ebenfalls Bewertung der Stärken und der Widerstandsfähigkeit sowie der Reaktionen auf frühere Behandlungen
- Schaffung eines sicheren Umfelds ist wichtige Vorbedingung für den Beginn einer traumabezogenen Therapie oder einer therapeutischen Intervention
Symptomatik
- aufdrängende Symptomatik
- wiederkehrende, unwillkürliche und aufdringliche belastende Erinnerungen an das/die Ereignis(e)
- wiederkehrende traumatische Albträume
- dissoziative Reaktionen (z.B. Flashbacks); Kontinuum von kurzen Episoden bis zu vollständigem Bewusstseinsverlust
- intensiver oder anhaltender Kummer oder physiologische Reaktivität nach der Exposition gegenüber der traumatischen Erinnerung
- negative Stimmung
- anhaltende Unfähigkeit, positive Emotionen zu erleben (z.B. Unfähigkeit, Glück, Zufriedenheit oder liebevolle Gefühle zu empfinden)
- anhaltende (und oft verzerrte) negative Überzeugungen und Erwartungen ggü. sich selbst oder der Welt (z. B. „ich bin schlecht“, „die Welt ist total gefährlich“)
- anhaltende verzerrte Schuldzuweisungen ggü. sich selbst oder anderen für die Verursachung des traumatischen Ereignisses oder für die daraus resultierenden Folgen
- deutlich vermindertes Interesse an wichtigen Aktivitäten
- Gefühl der Entfremdung von anderen (z. B. Losgelöstheit oder Entfremdung)
- dissoziative Symptome
- veränderte Wahrnehmung der Realität, der eigenen Umgebung oder der eigenen Person
- Unfähigkeit, sich an einen wichtigen Aspekt des/der traumatischen Ereignisses/Ereignisse zu erinnern (in der Regel nicht aufgrund von z.B. Kopfverletzungen, Alkohol oder Drogen)
- Depersonalisierung: anhaltende oder wiederkehrende Erfahrungen des Gefühls, von den eigenen mentalen Prozessen oder dem eigenen Körper losgelöst zu sein und als Beobachter von außen aufzutreten
- Derealisation: anhaltende oder wiederkehrende Erfahrungen der Unwirklichkeit der Umgebung
- Vermeidungssymptome
- bemühtes Vermeiden von belastenden traumabezogenen Gedanken oder Gefühlen
- bemühtes Vermeiden von traumabezogenen externen Erinnerungen (z.B. Menschen, Orte, Gespräche, Aktivitäten, Objekte oder Situationen)
- Erregungszustände
- Schlafstörung
- reizbares oder aggressives Verhalten
- Selbsverletzung
- Hypervigilanz
- Probleme mit der Konzentration
- Übertriebene Schreckreaktion
- selbstzerstörerisches oder rücksichtsloses Verhalten
populationsspezifische und traumaspezifische PTBS
notfallmedizinisch tätiges Personal
- klinische Manifestation des Leidensdrucks erfolgt in verschiedener Art und Weise
- Wut
- komorbider Alkoholmissbrauch keine ungewöhnliche Erscheinung, bei der der Betroffene versucht, sich selbst zu behandeln
- zwischenmenschliche Konflikte mit der Familie und insbesondere gewalttätige Ausbrüche sind weitere indirekte Manifestation
- Betroffene kann sich zunächst mit einer längeren Phase der Betäubung und zunehmender zwischenmenschlicher Gefühllosigkeit vorstellen; kann sich auch als unangemessener Umgang mit Nachwuchskräften oder als Konflikt mit Vorgesetzten äußern
militärisches und ex-militärisches Personal
- klinische Manifestation des Leidensdrucks erfolgt in verschiedener Art und Weise
- ggf. zunächst längere Phase der Betäubung und zunehmender zwischenmenschlicher Gefühllosigkeit; ggf. auch unangemessener Umgang mit Nachwuchskräften oder Konflikt mit Vorgesetzten
- zwischenmenschliche Konflikte mit der Familie und insbesondere gewalttätige Ausbrüche
- komorbider Alkoholmissbrauch keine ungewöhnliche Erscheinung, bei der der Betroffene versucht, sich selbst zu behandeln
- körperliche Beschwerden können primäres Problem sein
- Veteranen mit PTBS haben tendenziell mehr körperliche Symptome und eine höhere Symptomschwere als Veteranen ohne PTBS
- bei Personen, die das Militär verlassen haben, können die ersten Symptome erst einige Zeit nach ihrer Entlassung auftreten
PTBS bei Kindern
- Fragen zur Exposition gegenüber häufig erlebten, potenziell traumatischen Ereignissen standardmäßig in jede psychiatrische Beurteilung von Kindern und Jugendlichen aufnehmen
- bei der Beurteilung von Kindern und Jugendlichen auch das System (in der Regel die Familie), in dem sie leben, beurteilen, da ihre Symptome sowohl die anderen Vorgänge innerhalb des Systems beeinflussen als auch von ihnen b
- bei Kindern umfasst das Spektrum möglicher posttraumatischer psychischer Probleme Verhaltens- und Aufmerksamkeitsstörungen sowie Angststörungen und affektive Störungen
- bei Kindern und Jugendlichen gilt ein strukturiertes klinisches Interview als bessere Bewertungsmaßnahme als ein Fragebogen, um Diagnose zu stellen
Symptomatik
- Vorhandensein eines oder mehrerer Intrusionssymptome im Zusammenhang mit dem/den traumatischen Ereignis(en), beginnend nach dem/den traumatischen Ereignis(en):
- wiederkehrende, unwillkürliche und aufdringliche belastende Erinnerungen
- CAVE: spontane und aufdringliche Erinnerungen erscheinen möglicherweise nicht als belastend und können sich als spielerisches Wiedererleben äußern
- wiederkehrende Albträume, deren Inhalt mit dem/den traumatischen Ereignis(en) in Zusammenhang stehen.
- dissoziative Reaktionen (z.B. Flashbacks)
- intensiver oder lang anhaltender Kummer
- ausgeprägte psychologische Reaktionen auf traumabezogene Reize
- anhaltende mühsame Vermeidung von Reizen
- Vermeiden von Aktivitäten, Besuch von traumatisierenden Orten oder physischen Reizen
- Vermeidung von Kontakt zu Menschen, Gesprächen oder zwischenmenschlichen Situationen
- negative Veränderungen der Kognitionen
- negative emotionale Zustände (z.B. Angst, Schuldgefühle, Traurigkeit, Scham, Verwirrung)
- vermindertes Interesse oder Beteiligung an wichtigen Aktivitäten, einschließlich Einschränkung des Spiels
- sozial zurückgezogenes Verhalten
- anhaltender Rückgang des Ausdrucks positiver Emotionen
- Gereiztes Verhalten und Wutausbrüche (einschließlich extremer Wutanfälle)
- Hypervigilanz
- übertriebene Schreckreaktion
- Probleme mit der Konzentration
- Schlafstörung (einschließlich unruhiger Schlaf)
- wiederkehrende, unwillkürliche und aufdringliche belastende Erinnerungen
Flüchtlinge und Asylsuchende
- typische Ursachen für PTBS bei Geflüchteten und Asylsuchenden
- traumatische Erlebnisse in kriegerischen Situationen und in Situationen, in denen sie selbst oder ihnen nahestehende Personen bedroht, verletzt, vergewaltigt oder gefoltert wurden, oder in denen sie den Tod anderer Menschen miterlebt haben
- Verlust von Familienmitgliedern, Freunden, Verwandten, Besitz, Lebensunterhalt, Status oder Land
- Entzug grundlegender Menschenrechte (z. B. Religion, Sicherheit) oder Bedürfnisse (z. B. Nahrung, Wasser, Unterkunft, Bildung und medizinische Versorgung), die bei Asylbewerbern im Aufnahmeland fortbestehen können, während ihre Ansprüche als Flüchtlinge geprüft werden
- Faktoren vor der Migration, welche eine PTBS bedingen können
- Folter und wiederholte und/oder lang anhaltende extreme Formen von Gewalt
- Infragestellung der Identität und der Zusammenbruch von Familien und Gemeinschaften
- Bedingungen der Unausweichlichkeit und Unvorhersehbarkeit, die das Gefühl der Hilflosigkeit verstärken
- Verlust unter gewaltsamen Umständen mit Folgen wie lang anhaltender Trauer
- Miterleben von Gräueltaten wie Massentötungen, Vergewaltigungen, Folter, die gezielte Schädigung von Kindern, die Verletzung heiliger Werte, Verrat und die Schwäche der wiederherstellenden Gerechtigkeit
- bewusste Aushöhlung der persönlichen Integrität (z. B. Verletzung der Privatsphäre oder der körperlichen Grenzen, Kontrolle grundlegender Funktionen wie Essen und Schlafen) und die Schaffung unmöglicher Wahlmöglichkeiten (z. B. die Entscheidung, wer sterben oder wer zurückgelassen werden soll)
- ggf. zu beobachtende Symptomatik
- Angststörungen, Depressionen und Stimmungsstörungen
- Drogenmissbrauch
- sekundäre reaktive Psychosen und psychotische Züge
- chronische Schmerzen im Zusammenhang mit Folter und Übergriffen
- zwischenmenschliche Schwierigkeiten in Verbindung mit Misstrauen, Angst, Wut und Rückzug
- Schwierigkeiten bei der Emotionsregulierung und Reaktivität
- risikoreiche und adaptive Verhaltensweisen, einschließlich Suizidalität
- Trauerreaktionen wie Abstumpfung, Wut, Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit
- Familienkonflikte, Zusammenbruch der Familie und häusliche Gewalt
- verminderte körperliche Aktivität, körperliche Krankheiten und somatische Beschwerden
- Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, u.a. in Bezug auf Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und autobiografisches Gedächtnis
sexueller Übergriff/Missbrauch/Misshandlung
- häufig auftretende Symptome Überlebender sexueller Übergriffe
- wiederkehrende aufdringliche Erinnerungen/Flashbacks und belastende Träume während des Tages
- körperliche Symptome der Übererregung wie Herzklopfen, Schwitzen, Atembeschwerden
- Hypervigilanz (z. B. Angst vor dem Ausgehen)
- Schlafprobleme
- Schwierigkeiten beim Essen
- Misstrauen gegenüber Männern/Frauen, das sich auf das Eingehen von Beziehungen auswirkt
- Verlust des Interesses an den üblichen Aktivitäten
- Scham/Schuldgefühle im Zusammenhang mit den Erinnerungen an den Übergriff
- Depressionen und PTBS werden häufig nach sexuellen Übergriffen im Erwachsenenalter diagnostiziert.
- Schwierigkeiten mit Intimität
- häufige Reaktionen/Symptome eines Kindes nach einem sexuellen Übergriff (beeinflusst durch Alter und Entwicklungsstand)
- Albträume
- Schlafschwierigkeiten
- zurückgezogenes Verhalten
- aggressives Verhalten
- bei jüngeren Kindern sexuelle Kenntnisse oder Verhaltensweisen, die für das Alter des Kindes unangemessen sind
- Affektdysregulation
- bei Jugendlichen: wahllose sexuelle Partnerschaften
- bei Heranwachsenden: Substanzkonsum
- bei Jugendlichen: selbstzerstörerische/impulsive Verhaltensweisen
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