veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.02.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/
Grundsätzliches
- Rückenmarksverletzung sind seltene Verletzung im Kindesalter
- führen zu dauerhaftem Verlust der motorischen und sensorischen Funktionen sowie zu Funktionsstörungen von Darm und Blase
- Schädel-Hirn-Verletzung sind am häufigsten Folge von Verkehrsunfällen, Stürzen oder Sprüngen in Wasser
- neurogener Schock = Hypotonie aufgrund von Bradykardie und Vasodilatation durch Verlust der sympathischen Innervation (CAVE: schwere Auswirkungen, wenn Verletzung auf Höhe von T6 oder darüber liegt)
- spinaler Schock = vorübergehender Zustand mit Verlust der autonomen Kontrolle und des Muskeltonus unterhalb der Verletzungshöhe (kann bis zu 6 Wochen anhalten; tritt i.d.R. nach HWS- oder BWS-Verletzung auf)
- Paraplegie = Funktionsstörung von Unterkörper, Darm und Blase aufgrund Verletzung im Brust-, Lenden- oder Sakralbereich
- Tetraplegie = Funktionsstörungen von Armen, Beinen, Darm und Blase aufgrund Verletzung im HWS-Bereich
Einteilung
- vollständige Verletzung/Durchtrennung des Rückenmarks
- Verlust aller motorischen und sensorischen Funktionen unterhalb des Verletzungsniveaus
- unvollständige Verletzung/Durchtrennung des Rückenmarks
- sensorischen Funktionen unterhalb des Verletzungsniveaus bleiben erhalten
- ggf. auch Kombination aus unterschiedlichen Graden der sensorischen und motorischen Einschränkung unterhalb der Verletzungshöhe
Ursachen & Pathophysiologie
- Rückenmark kann durch Durchtrennung, Distraktion, Kompression, Quetschung, Blutung oder Ischämie oder durch Verletzung versorgender Blutgefäße verletzt werden
- primäre Verletzung tritt zum Zeitpunkt des traumatischen Ereignisses
- sekundäre Schädigung erfolgt über Stunden bis Tage aufgrund komplexer Entzündungsprozesse, vaskulärer Veränderungen etc., die zu Ödemen und Ischämie des Rückenmarks führen
Symptomatik
- Lähmung unterhalb der Verletzungshöhe
- Verlust der Reflexe unterhalb der Verletzungshöhe
- Verlust von Empfindungen (Schmerz, Berührung, Temperatur) unterhalb der Verletzungshöhe
- Verlust des Schließmuskeltonus und Funktionsstörung von Darm und Blase
Vitalparameter-Veränderung bei Wirbelsäulenverletzung
- Bradykardie aufgrund unkontrollierter vagaler Aktivität
- Hypotension und Vasodilatation aufgrund Verlust des vasomotorischen Tonus durch Verlust der autonomen Kontrolle
- Ausfall der Fähigkeit zu schwitzen, zu zittern, die Gefäße zu erweitern/verengen, um die Körpertemperatur zu regulieren
- Beeinträchtigung der Atmung
- Verletzung von C1 – C4 mit Lähmung des Zwerchfells und der Zwischenrippenmuskeln
- Verletzung von C5-T6 mit Lähmung der Zwischenrippenmuskeln (Zwerchfell noch intakt)
- Verletzung von T6-12 mit Lähmung der Bauchmuskulatur (ggf. leichte Einschränkung)
Therapie
- primäre Versorgung bei schweren Traumata gemäß gültiger Leitlinien
- CAVE: bei Verletzungen von T1 bis T5 kommt es ggf. nicht/nur minimal zu Tachykardie und Vasokonstriktion als Anzeichen einer Hypovolämie
- Monitoring (SpO2, HF, RR, Temp.)
- neurologische Beurteilung (GCS, Sensorik, Motorik)
- Suche nach Anzeichen für Hirnverletzung
- Immobilisation
- Ruhigstellung der gesamten Wirbelsäule bei Patient*innen mit bekannter oder möglicher Wirbelsäulenverletzung
- Ruhigstellung des Halses mit Cervilkalstütze in Neutralposition
- Drehen der Patient*innen nur achsengerecht
- ggf. Gabe anticholinerger Medikamente
- ggf. Gabe von Vasopressoren (z.B. Noradrenalin) und Volumentherapie bei Hypotonie
- ggf. externe Kühlung in heißer Umgebung
- ggf. Intubation und mechanische Beatmung (v.a. bei Verletzung von C1 – C4)
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