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Leitlinie „Treatment of Supraventricular Tachycardia in Adult Patients in the Emergency Department“ der IAEM

veröffentlichende Fachgesellschaft: Irish Association for Emergency Medicine (IAEM)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.08.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://iaem.ie/professional/clinical-guidelines/

Grundsätzliches

  • supraventrikuläre Tachykardie (SVT) = Tachyarrhythmien, die ihren Ursprung im oder proximal des atrioventrikulären Knotens (AV) haben, z.B. Vorhofflimmern, Vorhofflattern, multifokale atriale Tachykardien
  • CAVE: Begriff SVT wird in der Notaufnahme häufig synonym mit der atrioventrikulären nodalen Reentrant-Tachykardie (AVNRT) verwendet, welche die häufigste regelmäßige, anhaltende, paroxysmale SVT ist
  • AVNRT tritt häufiger bei Frauen auf (ca. 70 % der Fälle)
  • AVNRT kann in jedem Alter auftreten, wird jedoch am häufigsten im 4. und 5. Lebensjahrzehnt beobachtet
  • häufigste beschriebene AVNRT-Symptome sind Herzklopfen (98 %), Schwindel (78 %), Atemnot (47 %), Brustschmerzen (38 %), Müdigkeit (19 %) und Synkope (16 %)
  • bei der AVNRT handelt es sich i.d.R. um eine Tachykardie mit engem Komplex (QRS < 120 ms), es sei denn, es liegt eine vorbestehende Überleitungsverzögerung oder eine seltene frequenzbedingte Überleitungsstörung vor, die i.d.R. zu einem Rechtsschenkelblock (RBBB) als Morphologie führt
  • Unterteilung in zwei AVNRT-Hauptsubtypen
    • langsam-schnelle AVNRT (typische AVNRT, in > 90 % der Fälle)
    • schnell-langsame AVNRT (atypische AVNRT, in ~ 6 % der Fälle)

Anamnese & Diagnostik

  • initiales Vorgehen gemäß ABCDE-Schema mit folgenden Maßnahmen: O2-Gabe bei SpO2 < 94 %, etCO2-Überwachung, pvK-Anlage, kontinuierliche EKG-Überwachung (4-Kanal), RR-Messung und 12-Kanal-EKG (i.d.R. Frequenz von 140 – 280/min)
  • Patient*innen mit AVNRT beschreiben i.d.R. einen plötzlichen Beginn (und ein plötzliches Ende, wenn selbstlimitierend,) der Symptome, ggf. in Verbindung mit Lageveränderung, und bemerken i.d.R. selbst ihren schnellen, regelmäßigen Puls
  • reversible Ursachen einer Sinustachykardie (Hypovolämie, Elektrolytstörungen) erkennen und behandeln
  • Erkennen, ob eine hämodynamische Instabilität (d. h. Hypotonie, verändertes Bewusstsein, ischämischer Brustschmerz, akute Herzinsuffizienz/Flash pulmonary edema (FPE)) als Folge einer Schmal- oder Breitkomplextachykardie vorliegt –> Indikation zur sofortigen synchronisierten Gleichstrom-Kardioversion
  • Labordiagnostik: großes Blutbild, Nierenfunktionswert, Elektrolyte (Kalzium, Magnesium und Phosphat) sowie Schilddrüsenwerte

EKG-Auffälligkeiten

  • langsam-schnelle AVNRT
    • P-Wellen können vollständig im QRS-Komplex verborgen sein
    • P-Wellen, die spät im QRS-Komplex auftreten, können als Pseudo-R-Wellen in V1 oder V2 und als Pseudo-S-Wellen in den Ableitungen II, III oder aVF erscheinen
    • mögliche frequenzabhängige ST-Senkung
    • ggf. QRS-Alternans
    • ggf. R-R-Intervall-Variation
  • schnell-langsame AVNRT
    • ausgeprägte P-Wellen, oft mit verlängertem R-P-Intervall
    • invertierte P-Wellen in II, III aVF, V6 und positive P-Wellen in V1
    • mögliche frequenzabhängige ST-Senkung
    • ggf. QRS-Alternans
    • ggf. R-R-Intervall-Variation

Therapie

Empfehlungen wurden unter primärer Berücksichtigung der „AHA Guideline for the Management of Adults with Supraventricular Tachycardia“ verfasst und sind auch im Einklang mit den „ERC Guidelines 2021: Advanced Life Support für Erwachsene“ sowie den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC)

  • bestätigte AVNRT nach den gleichen Grundsätzen und gleichem Behandlungsalgorithmus behandeln wie eine akute Schmalkomplextachykardie ohne gesicherte Diagnose (siehe nachfolgender Algorithmus)
  • für Breitkomplextachykardien gilt der nachfolgende Algorithmus

instabile Patient*innen

  • hämodynamische Instabilität (d. h. Hypotonie, verändertes Bewusstsein, ischämiebedingter Brustschmerz, akute Herzinsuffizienz/Flash pulmonary edema (FPE), Schock) –> Indikation zur sofortigen synchronisierten Gleichstrom-Kardioversion
  • Analgesie sowie Sedierung bei nicht-bewusstlosen Patient*innen
  • wenn Kardioversion erfolglos und hämodynamische Instabilität weiterhin besteht –> Gabe von 150 – 300 mg Amiodaron i.v. über 10 – 20 min, gefolgt Amiodaron-Infusion mit 1 mg/min über 6 h ODER 900 mg über 24 h (ggf. weitere Versuche mit elektrischer Kardioversion)

stabile Patient*innen

  • modifiziertes Valsalva-Manöver ist die First-Line-Therapie bei Stabilität (Patient*in in halbliegender Position lagern und auffordern 15 Sekunden lang mit genügend Kraft in eine 20-mL-Spritze zu pusten, um den Spritzenkolben zu bewegen –> dann Kopfende des Bettes absenken, um Patient*innen in die Rückenlage zu bringen, und die Beine passiv auf über 45° anheben und bis zu 45 sec lang hochhalten)
  • Adenosin-Gabe als Second-Line-Therapie bei der Behandlung von Schmalkomplextachykardien (CAVE: keine Hinweise auf Präexzitation, also Deltawellen im EKG)
    • Gabe am besten über 3-Wege-Hahn, um sofort mit 20-mL-Flüssigkeitsbolus nachzuspülen
    • Patient*innen müssen dauerhaft überwacht werden (inkl. kontinuierliche EKG-Rhythmusstreifen) und einen Defibrillator angeschlossen werden
    • Dosierung
      • initial 6 mg Adenosin i.v.
      • wenn frustran, nach 1 Minute Gabe von 12 mg Adenosin i.v.
      • wenn frustran, dritte und letzte Gabe von 18 mg Adenosin i.v. nach 1 Minute
      • CAVE: bei Gabe über ZVK Initialdosis auf 3 mg Adenosin i.v. reduzieren
  • Kalziumkanal- oder Betablocker als Third-Line-Therapie
    • Kalziumkanalblocker (z.B. Verapamil oder Diltiazem): 5 – 10 mg (0,075-0,15mg/kg) Verapamil i.v. über 2 min
    • Betablocker (z.B. Metoprolol oder Esmolol): 2,5 mg Metoprolol i.v. über 2 min oder 50 mg Metoprolol oral

besondere Patient*innenkollektive

  • Schwangerschaft
    • Initialtherapie wie bei Allgemeinbevölkerung
    • bei Instabilität Kardioversion wie zuvor beschrieben
    • bei Stabilität First Line vagale Manlver sowie Second Line Adenosin in gleicher Dosierung wie zuvor beschrieben
    • aufgrund unzureichender Evidenz und potenzieller Teratogenität von Antiarrhythmika alle weiteren Behandlungsentscheidungen durch entsprechende Fachärzt*innen
  • Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern
    • Behandlung hängt von zugrundeliegender Anatomie und chirurgischer Vorgeschichte ab
    • rasches Hinzuziehen von Fachpersonal (v.a. vor medikamentöser Kardioversion)
    • bei Instabilität Kardioversion wie zuvor beschrieben
  • Erwachsene mit Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW)
    • Initialtherapie wie bei Allgemeinbevölkerung
    • bei Instabilität Kardioversion wie zuvor beschrieben
    • stabile Patient*innen mit WPW und SVT nach denselben Prinzipien behandeln wie Patient*innen ohne WPW
Published inLeitlinien kompakt

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