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Positionspapier „Caring for Transgender and Gender Diverse Prehospital Patients“ der NAEMSP

veröffentlichende Fachgesellschaft: National Association of EMS Physicians (NAEMSP)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 05.11.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1080/10903127.2024.2411723

Empfehlungen

  • grundlegende kulturelle Kompetenz in Bezug auf Transgender- und/oder genderdiversen Bevölkerungsgruppen (inkl. Kenntnis von Disparitäten bei der Behandlung, Kenntnis der Unterversorgung von Transgender- und/oder genderdiversen Personen sowie Verständnis für die zentrale Bedeutung von Stigmatisierung und Transphobie als Ursache für die Behandlungsdisparitäten)
  • kulturelle Demut ggü. Transgender- und/oder genderdiversen Personen an den Tag legen (Selbsteinschätzung von Wissenslücken, Offenheit für neue oder ungewohnte Ideen, Informationen und Ratschläge von Menschen mit anderen Lebenserfahrungen etc.)
  • Kenntnis der grundlegenden Transgender- und genderdiversen Terminologie und Nutzung einer angemessenen Sprache ggü. den Patient*innen (Nutzung der passenden Namen und Pronomen bei der direkten Versorgung, bei Übergaben und in der Dokumentation)
  • Transgender- und Gender-Status als sensible Gesundheitsinformation behandeln und darauf achten, dass diese Information nicht versehentlich ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Patienten weitergegeben wird
  • grundlegendes Verständnis der sozialen Transition und der geschlechtsangleichenden medizinischen und chirurgischen Behandlung
  • Nutzung eines traumainformierten Ansatzes bei der Versorgung von Transgender- und/oder genderdiversen Personen
  • Aus- und Weiterbildung im Rettungsdienst sollte Lernbereiche beinhalten, die eine umfassende Versorgung von Transgender- und genderdiversen Patient*innen ermöglichen, wobei die Ausbildungsinhalte das spezifische Wissen und die Fähigkeiten vermitteln sollen, die zur Förderung einer gerechten & guten Versorgung erforderlich sind
  • Implementieren von Richtlinien, um die Rekrutierung und Bindung von Transgender- und genderdiversem Personal zu verbessern, die den Schutz vor Belästigung, Anti-Diskriminierungspraktiken, eine integrative Arbeitsumgebung, gleiche Aufstiegschancen und maßgeschneiderte Mitarbeitendenleistungen umfassen
  • Konzentration von zukünftiger Forschung darauf, die Ungleichheiten und Hindernisse bei der prähospitalen Versorgung von Transgender- und genderdiversen Patient*innen untersuchen, wobei der Schwerpunkt auf den Erfahrungen der Patient*innen und der Ausbildung des medizinischen Personals liegen sollte

Ansatz zur Patien*innenbetreuung – Leitfaden für bewährte Praktiken

  1. Beginn der Begegnung mit den Patient*innen
    • Vorstellung (z.B. „Mein Name ist Joe. Ich verwende die Pronomen er/sie. Welchen Namen haben Sie? Wie sind Ihre Pronomen?“)
    • Abklärung der Beziehung zu begleitenden Personen, um die Privatsphäre zu wahren (z.B. „Wer ist heute bei Ihnen? Ziehen Sie es vor, dass wir unter vier Augen sprechen, oder dass ihr Freund bei Ihnen bleibt?“)
  2. Hauptanliegen erfragen
    • Hauptanliegen leiten die Behandler*innen bei der Anamnese
  3. Überlegungen zum Patient*innengespräch
    • Fragen so stellen, dass die Geschlechtsidentität und die Privatsphäre der Patient*innen respektiert wird (CAVE: kein versehentliches „Outing“)
    • bedenken, dass sich die Notfallversorgung i.d.R. bzgl. der meisten technischen Aspekten nicht von derjenigen von Cisgender-Patient*innen unterscheidet
    • Fortschritt des Transitionsprozesses erfragen, z.B. geschlechtsangleichende OPs (z.B. „Ich verstehe, dass Sie Unterleibsschmerzen haben. Damit ich mich richtig um Sie kümmern kann, muss ich mehr über Ihren Körper wissen, auch darüber, welche Organe sie besitzen. Hatten Sie schon einmal eine Unterleibsoperation? Haben Sie eine Gebärmutter, einen Penis oder Eierstöcke?“)
  4. Überlegungen zur Untersuchung
    • Untersuchung sollte so erfolgen, dass sie sowohl bestätigend ist als auch es dem medizinischen Personal ermöglicht, nur die notwendigen Informationen in Bezug auf das Hauptanliegen der Patient*innen zu erhalten
    • Beispiel: Durchführung eines EKGs (bei Patient*innen mit Brustbinde muss das Vorgehen ggf. anpasst werden)
  5. Beendigung der initialen Begegnung mit den Patient*innen
    • Patient*innen für die Offenheit und Weitergabe sensibler persönlicher Informationen (inkl. Transgender-Status oder geschlechtsangleichende Therapien)
    • Informationen nur an andere Fachkräfte weitergeben, die auch an der Behandlung beteiligt sind, und nur Informationen weitergeben, die für die Versorgung von Bedeutung sind
  6. Dokumentation
    • Dokumentation der relevanten Details aus der Anamnese und Untersuchung (Dokumentation sollte mit den Pronomen erfolgen, die zu Beginn der Behandlung mitgeteilt wurden)

Empfehlungen zu Trainings- & Schulungsinhalten

  • Beziehung zwischen Personal und Patient*innen
    • Geschlechtsidentität als eine Komponente der gesamten Identität eines Menschen begreifen
    • Erkennen der sich entwickelnden Sprache und Terminologie
    • einladende und sichere Umgebung für eine therapeutische Beziehung schaffen
    • angemessene Kommunikationsstile für die verschiedenen Kulturen erkennen/erlernen
    • Entwicklung eines respektvollen Verhältnisses zu allen Menschen
    • Macht und Gleichgewicht in der Beziehung zwischen Betreuer*in und Patient*in verstehen
    • Erkennen und Respektieren der Vielfalt innerhalb der Transgender- und Gender-Diversity-Kultur
  • interdisziplinäre Praxis
    • Erkennen der jeweiligen System-Richtlinien und wie sich diese auf die Behandlung auswirken
    • allgemeine Gesundheitsversorgung für Transgender- und genderdiverse Personen anbieten
    • Verstehen, welche Rolle Transphobie bei der Behandlung spielt
  • inhaltliche Kenntnisse
    • grundlegende Kenntnisse über den Bereich der Geschlechtervielfalt
    • Verstehen der allgemeinen Gesundheitsversorgung für Transgender und geschlechtsspezifisch unterschiedliche Menschen über die gesamte Lebensspanne
    • wissenschaftliche Erkenntnisse in die klinische Entscheidungsfindung einbeziehen
    • Patient*innenfeedback in die Behandlung einbeziehen
    • Erkennen des Machtgleichgewichts in Bezug auf die Entscheidungsfindung in der Patient*innenversorgung
  • berufliche Verantwortung/Ethik
    • Vertraulichkeit verstehen
    • Verstehen der ethischen Standards der Behandlung von Transgender- und genderdiverse Personen
    • Lücken im persönlichen Wissen erkennen und sich in diesem Bereich weiterbilden
    • Nutzung angemessener Kommunikationsstile bei der Behandlung von Transgender- und genderdiverse Personen in verschiedenen Kulturen
    • Gleichgewicht zwischen Wohltätigkeit und Nichtschädigung verstehen
    • Fürsprache für Transgender- und genderdiverse Personen
Published inGenderEMedLeitlinien kompakt

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