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„Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung“ der BÄK

veröffentlichende Fachgesellschaft: Bundesärztekammer (BÄK)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 28.04.2016
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/_old-files/downloads/pdf-Ordner/Empfehlungen/2016-04_Empfehlungen-zum-Umgang-mit-Patientinnen-nach-weiblicher-Genitalverstuemmelung.pdf

Definition

Unterscheidung gemäß WHO in vier Formen:

  • Typ I: partielle oder vollständige Entfernung der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut
  • Typ II: partielle oder vollständige Entfernung der Klitoris und der kleinen Schamlippen, mit oder ohne Entfernung der großen Schamlippen
  • Typ III: Verengung der Vaginalöffnung mit Herstellung eines bedeckenden, narbigen Hautverschlusses nach Entfernen der kleinen und/oder großen Schamlippen durch Zusammenheften oder -nähen der Wundränder, meistens mit Entfernung der Klitoris
  • Typ IV: alle anderen schädigenden Eingriffe, die die weiblichen Genitalien verletzen und keinem medizinischen Zweck dienen (z.B. Einstechen, Durchbohren, Einschneiden, Ausschaben, Ausbrennen oder Verätzen, Dehnen)

Rechtliches

  • Straftatbestand der Verstümmelung weiblicher Genitalien gem. § 226a StGB
  • ggf. auch Straftatbestände wie gefährliche Körperverletzung gem. § 224 StGB, schwere Körperverletzung gem. § 226 StGB und Misshandlung von Schutzbefohlenen gem. § 225 StGB
  • Strafandrohung reicht von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe, in minder schweren Fällen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren
  • ggf. erfolgte Einwilligung der Patientin in den Eingriff entfaltet gem. § 228 StGB keine rechtfertigende Wirkung, weil die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt
  • gem. § 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) können Berufsgeheimnisträger*innen bei
  • gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung eine Einschaltung des Jugendamtes auch ohne Schweigepflichtsentbindung veranlassen, wenn eine Erörterung der Situation mit den Personensorgeberechtigten nicht möglich ist oder erfolglos bleibt

Symptomatik

akute Symptome/Komplikationen

  • akutes psychisches Trauma
  • (lokale) Infektion (wie HIV, Tetanus), ggf. mit septischem Schock oder Gangrän
  • Abszessbildung
  • Probleme beim Wasserlassen bis Urinretention
  • Ödem der Urethra
  • Dysurie
  • Verletzung benachbarter Organe
  • Frakturen (Femur, Clavicula, Humerus)
  • Blutung bis Hämorrhagie
  • Schock
  • Anämie
  • Tod

chronische, somatische Symptome/Komplikationen

  • Menstruationsstörungen
  • Dyspareunie/Apareunie
  • Infertilität/Sterilität
  • Dysmenorrhoe bis Menorrhagie
  • Inkontinenz
  • Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt sowie erhöhte perinatale Mortalität
  • Hämatokolpos
  • postpartale Hämorrhagie

chronische, psychosomatische Symptome/Komplikationen

  • schwerwiegendes körperliches und seelisches Trauma
  • Verhaltensstörungen
  • Vertrauensverlust zu Bezugspersonen
  • Gefühl des Unvollständigseins
  • Angst und Depressionen
  • chronische Reizbarkeit
  • Sexualstörungen bis Frigidität
  • Partnerschaftskonflikte
  • sonstige psychosomatische Störungen

Therapie

  • Akutversorgung gemäß ABCDE-Schema
  • einfühlsame Anamnese, eventuell mit Dolmetscherin
  • Verwendung des Terminus „Beschneidung“ ggü. betroffenen Frauen empfohlen
Published inLeitlinien kompakt

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