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11.02. – Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft

Auch im Jahr 2024 ist das Thema der Gleichberechtigung in der Wissenschaft immer noch ein großes, aber zu viel wenig beachtetes Thema. Aus diesem Grund trifft es sich gut, dass heute der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft ist und man sich diesem Thema annehmen kann!

Der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft wurde am 22.12.2015 durch die Resolution A/RES/70/212 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen angenommen und findet seit dem Jahr 2016 am 11. Februar statt. Das Ziel des „International Day of Women and Girls in Science“ verfolgt das Ziel z.B. durch Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Mädchen an Bildungs-, Ausbildungs-, Beschäftigungs- und Entscheidungsprozessen in der Wissenschaft zu fördern, jede (rechtliche & tatsächliche) Diskriminierung von Frauen zu beseitigen und ie diesbezüglichen rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Hindernisse zu überwinden.

Der diesjährige Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft steht unter dem Hauptthema “Women and Girls in Science Leadership, a New Era for Sustainability“ („Frauen und Mädchen in wissenschaftlichen Führungspositionen, eine neue Ära der Nachhaltigkeit“) in Verbindung mit dem Unterthema „Think Science … Think Peace”.

Das Problem – Weltweit!

Schaut man sich den Wissenschaftsbereich weltweit an, stellt man fest, dass der Anteil an Forscherinnen bei nur 33,3 % liegt (im forschenden Wirtschaftssektor nur 1/4), bei den MINT-Studiengängen auch nur bei 35 % (22 % im KI-Bereich, 28 % im Ingenieursbereich) und hinsichtlich der Mitgliedschaft in nationalen Wissenschaftsakademien nur bei 12 % weiblichen Mitgliedern liegt. Zusätzlich haben nur 30 % aller Länder weltweit im Jahr 2016 die Parität im Wissenschaftssektor erreicht. Wenn wir weltweit im aktuellen Tempo den Rechtsrahmen zur Förderung, Durchsetzung und Überwachung der Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Leben reformiert brauchen wir noch etwa 286 Jahre zur Herstellung einer allumfassenden Geschlechterparität. Beschränkt man die Anstregungen noch auf den globalen Arbeitsmarkt, so sind laut WEF 2022 noch etwa 150 Jahre und Investitionen von ca. 12.000.000.000.000 US-Dollar zum Schließen des Gender Gaps notwendig.

Betrachtet man den publizierenden Markt, so sind die Zahlen nicht viel schöner. Im Zeitraum von 1992 bis 2011 ist der Publikationsunterschied bzgl. der Menge an Publikationen von 1:3 auf 1:1,36 gesunken und bei der Anzahl an Zitationen von ca. drei Mal so oft auf etwa 2 mal so viele Zitationen gesunken. Oben drauf kommt die Problematik, dass die Wahrscheinlichkeit auf einer Veröffentlichung zu stehen, an welcher man mitgewirkt hat, für Frauen ca. 13 % unter den Männern liegt. Und bei näherer Untersuchung dieses Gender Publication Gaps (Anzahl wissenschaftlicher Artikel) stellt man fest, dass Frauen klar benachteiligt sind, auch wenn sie die gleiche Arbeitszeit, im selben Labor mit und dem gleichem akademischen Grad leisten.

Hinsichtlich der Forschungsförderung erhalten Männer in den USA durschnittlich etwa 660.000 Dollar & Frauen nur 340.000 Dollar und der weltweite Trend ist ähnlich (in Europa nur 6 % Unterschied). Ähnlich sieht es beim Risikokapital für von Frauen gegründeten Start-ups aus, denn hier erhalten diese nur 2 % des gesamten Risikokapitals weltweit.

Das Problem – In Deutschland!

Die weltweit geschilderten Probleme sind auf dem deutschen Wissenschaftsmarkt auch zu finden und zum Glück mehr und tiefergehenden Zahlen. So ist bei den deutschen Zahlen zum Beispiel klar erkennbar, dass der Zeitraum zw. dem 30. – 45. Lebensjahr für den größten Verlust von Wissenschaftlerinnen sorgt, da hier i.d.R. die Familienplanung im Fokus steht.

Schaut man sich die Geschlechterverteilung an deutschen Universitäten an, so ergeben sich die nachfolgenden Zahlen:

  • Frauenanteil bei Erstimmatrikulationen: 52,3 %
  • Frauenanteil bei Studierenden (Gesamtzahl im Wintersemester): 50,5 %
  • Frauenanteil bei Studienabschlüssen: 52, 6 %
  • Frauenanteil bei Promotionen: 46,1 %
  • Frauenanteil bei Habilitationen (im Kalenderjahr): 36,5 %
  • Frauenanteil bei Hochschulpersonal insgesamt (im Dezember 2022): 54,9 %
  • Frauenanteil bei hauptberuflichen Professuren: 28 %
  • Frauenanteil bei Juniorprofessuren: 47 %
  • Frauenanteil bei Professuren: ca. 20 % (ca. 15 % bei C4/W3-Professuren; ca. 27 % bei C3/W2-Professuren)
  • Frauenanteil in Leitung Universitäten & Hochschulen: 1/4 (FH: 23 %; Uni: 28 %)
  • Frauenanteil in selbstständigen Forschungsgruppen: 30 – 48 %
  • zum Vergleich Gesamtbevölkerung Deutschland: 50,7 %

Das die gleichstellungsorientierte Politik erste Erfolge zeigt, zeichnet sich so langsam ab, denn 2020 gingen ca. 40 % der universitären Rufe an Frauen (2000: ca. 16 %) und bei den W2-Professuren sind es ca. 43 % sowie bei W3-Professuren etwa 35 %).

Auch im Bereich der außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie z.B. Max-Planck-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Fraunhofer-Gesellschaft & Leibniz-Gemeinschaft, und den wissenschaftlichen Akademien, wie z.B. der Leopoldina, sehen die Zahlen nicht viel besser auf. Mit der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste wird nur eine deutsche wissenschaftliche Akademie von einer Frau geleitet und bei den o.g. außeruniversitären Forschungseinrichtungen hat nur die Leibniz-Gemeinschaft eine Präsidentin. Insgesam lag in außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Frauenanteil bei den C4/W3-Professuren bei 18 % und bei C3/W2-Professuren bei 30 % (2020).

Ähnlich ist es bei den deutschen Wissenschaftsakademien mit dem Gesamtfrauenanteil:

  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: 18 % (9 Neuaufnahmen)
  • Leopoldina: 16 % (48 Neuaufnahmen)
  • acatech: 16 % (22 Neuaufnahmen)
  • Junge Akademie: 52 % (10 Neuaufnahmen)

Ebenso ist der Anteil von Frauen bei der Vergabe prestigeträchtiger Wissenschaftspreise im Zeitraum von 1994 – 2022 auch nur bei 13 % bei der Helmholtz-Medaille und bei 19 % beim Leibniz-Preis. Bei den Förderungen warten Frauen etwa ein Jahr länger auf die erste große Drittmittelförderung und diese fällt oftmals auch geringer aus als bei den männlichen Kollegen. So lag z.B. der Frauenanteil in der Leitung von DFG-geförderten Verbundprojekten (SFB & TRR) im Jahr 2020 auch nur bei 13 %.

Stellt man den Fokus größer auf den gesamten Bereich von Forschung und Entwicklung in Deutschland so ist unser Frauenanteil mit 29,4 % im Jahr 2021 der drittschlechteste Wert in der EU und dies auch beim prozentualen Anstieg des Frauenanteils von 2011 zu 2021 mit nur 2,6 %. In den Forschungsabteilungen dt. Unternehmen waren 2021 von den Mitarbeitenden nur 15,6 % Frauen und in der industriellen Forschung im Jahr 2019 nur 14,8 %. Aber im Bereich der Pharmaindustrie sieht die Parität hier zum Glück mit einem Frauenanteil von 41 % besser aus (1/3 ist Führungskraft). Im europäischen Vergleich liegen wir (29,4 %) damit im Forschungssektor hinter Lettland (49,8 %), Kroatien (48,8 %), Spanien (41,6 %), Polen (36,2 %), Italien (36,1 %) sowie Österreich (31,3 %).

Hinsichtlich des Gender Gaps schlagen die folgenden Zahlen zu Buche:

  • Gender Pay Gap (geschlechtsspezifische Lohngefälle) in Deutschland 2020: 18 % zulasten der Frauen (Bruttoverdienst bei Männern bei 22,78 €/h und bei Frauen bei 18, 62 €/h)
  • Gender Pay Gap bei Professorenbesoldungen: W3 ca. 690 € weniger, W2 ca. 290 € weniger und W1 ca. 130 € weniger (z.B. HU Berlin: 727 € weniger bei W3, 327 € bei W2 und 79 € bei W1)
  • Gender-Care-Gap (Zeitaufwand für unbezahlte Sorgearbeit) betrug 2018 ca. 52,4 % (Frauen: 4 h & 13 min pro Tag; Männer: 2 h & 46 min pro Tag)
  • Gender Gap Problematik in der Corona-Pandemie
    • Gender Pay Gap (Verdienstabstand zw. Männern & Frauen) ist in der Pandemie kleiner geworden, aber nicht durch Anpassungen bei den Gehälter, sondern weil mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden sind und in Kurzarbeit waren
    • Gender Time Gap (Unterschied durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit bei Männern & Frauen) hat Pandemie-bedingt zugenommen, da v.a. Mütter ihre Arbeitszeit reduzierten für die Kinderbetreuung bei geschlossenen Schulen und Kitas (24 % der Frauen & ca. 10 % der Männer)

Das Problem – Im Medizinsektor in Deutschland!

Auch im Medizinbereich haben wir in Deutschland noch viele Paritätsprobleme. So liegt der Frauenanteil im Medizinstudium bei 64 % (2020) und auch fast 50 % der berufstätigen Ärzteschaft sind Frauen, jedoch besetzen Frauen nur 10 % der Lehrstühle oder nur 30 % der Oberärzt*innenstellen. Schaut man sich die Anzahl der leitenden ärztlichen Direktorinnen und Vorstandsvorsitzenden in der Universitätsmedizin an den 34 Standorten in Deutschland an, so war nur an einer der Universitätskliniken im Jahr 2021 eine Frau in dieser Position tätig. Aufgegliedert nach den Karrierestufen zeigt sich für das Jahr 2020 im Bereich Humanmedizin bzw. Gesundheitswissenschaften in Deutschland folgendes Bild:

  • Frauenanteil Studierende: 68,2 %
  • Frauenanteil Promotionen: 61,2 %
  • Frauenanteil Habilitationen: 32 %
  • Frauenanteil Professuren: 25,7 %

Die Bundesärztekammer stellt im Jahr 2016 fest, dass mehr als 11.000 Ärztinnen und nur etwas mehr als 700 Ärzte aus Gründen wie Elternzeit oder Haushaltsführung nicht ärztlich tätig waren.

Quelle: V., Deutsche. „Frauen in der Wissenschaft: Entwicklungen und Empfehlungen : Stellungnahme“. Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung: Stellungnahme. MyCoRe Community, September 2022. https://doi.org/10.26164/LEOPOLDINA_03_00688.

Das Problem – Im Notfallmedizinbereich in Deutschland!

Hinsichtlich der Zahlen für den Bereich wird es schon schwieriger klare Aussagen zu treffen, jedoch darf davon ausgegangen werden, dass hier auch dieselben Probleme vorherrschen.

Hinsichtlich der Präsenz von Frauen auf notfallmedizinischen Tagung, Kongressen oder Konferenzen, aber auch in notfallmedizinischen Publikationsorganen, gibt es jedoch eine spannende Arbeit von Schacher et al. (2020), welche stichprobenartig die Tagungsprogramme einiger Veranstaltungen aus den Jahren 2018 – 2020 (z.B. DGINA 2019, DINK 2019 etc.) sowie das Jahresprogramm des überregionalen Online-Fortbildungsformates „NOWtoGo“ und die aktuellen Herausgeberverzeichnisse von „Der Notarzt“, „Notfall + Rettungsmedizin“, „Notaufnahme up2date“ analysiert hat und zu den folgenden Ergebnissen kam:

  • Frauenanteil DGINA 2019: knapp 20 % (trotz des Mottos „Alle an Bord“)
  • Frauenanteil bei separat abgehaltenen Pflegesessions beim Nürnberger Adventssymposium: 42 % (vgl. 11 % Frauen im ärztlichen Bereich)
  • DINK 2019: keine einzige Frau als Session-Vorsitzende & nur 3,6 % Referierende
  • NOWtoGo-Programm 2019: 5 Frauen bei 46 Vorträgen (10 %)
  • EUSEM 2016 in Wien: 40 % weibliche Delegierte, aber nur 20,9 % weibliche Referierende und Vorsitzende
  • Frauenanteil bei Gesamtheit der Veranstaltungen: 6,7 – 23,9 % (bei Vorsitz: 0 – 41,6 %)
  • zum Vergleich Rednerinnenanteil in USA, Kanada und Australien: 30 – 40 %
  • Frauenanteil in Herausgeber-Boards und wissenschaftlichen Beiräten gängiger deutscher Notfallmedizinfachzeitschriften: max. 5 % (vgl. international um die 17, 5 %)
  • Argumente wie „Bestrebungen für Gendergleichstellung und Frauenquoten gehen auf Kosten der fachlichen Qualität“ sind falsch, denn die vortragenden Frauen verfügten über mindestens genauso viele Jahre wissenschaftlicher Erfahrung

In der Publikation von Schacher et al. (2020) werden auch gleich einige Lösungsansätze für dieses Problem mitgeliefert, welche an die Vorschläge Casadevall (2015) angelehnt sind:

  • Erhebung der Frauenanteile vergangener Veranstaltungen, um sich des bisherigen Ungleichgewichtes bewusst zu werden
  • Integration mindestens einer Frau in jedes Programmkomitee
  • klare Planungsvorgabe bei einer Tagung rein männliche Sessions zu vermeiden

Das Problem der ungleichen Parität zeigt sich zum Beispiel auch beim vergleichenden Blick auf die Mitgliederstruktur von Fachgesellschaften, wie hier z.B. bei der DGINA, mit der Gesamtzahl der weiblichen Studierenden der Humanmedizin. (bis zu 70 % weibliche Studierende, aber nur knappe 32 % Frauen, die sich berufspolitisch engagieren).

Schacher, S., Hidas, C. & Derichs, D. Notfallmedizinische Tagungen und Zeitschriften in Deutschland – sag mir, wo die Frauen sind. Notfall Rettungsmed 23, 611–617 (2020). https://doi.org/10.1007/s10049-020-00687-7

Auch in amerikanischen Untersuchungen konnten weitere Paritätsprobleme aufgezeigt werden. So ist es z.B. so, dass Männer Frauen bereits im zweiten Jahr der Weiterbildung in der Notfallmedizin abhängen, was aber nicht gleichbedeutend mit einem Wissensvorsprung der Männer ist. Festgestellt wurde hier, dass die Männer ab Beginn des zweiten Jahres einen Vorsprung von 3 – 4 Monaten aufbauten und die weiblichen Weiterbildungsassistent schlechter berwertet wurden als die männlichen Kollegen.

Um das Problem in der deutschen Notfallmedizin noch einmal zu verdeutlichen, haben wir uns die Mühe gemacht und alle Lehrstühle und Leitungspositionen mit Bezug zur Notfallmedizin an deutschen Universitätskliniken überprüft und so kamen die folgenden Ergebnisse zustande:

(Datenerhebung am 05.02.2024; Statistik exklusive UK Frankfurt, da Webseite aufgrund Hackerangriff nicht verfügbar)

  • Universitätsklinikum Heidelberg
    • Anästhesiologie: Prof. Dr. med. Markus Weigand (Direktor), PD Dr. med. Jan Larmann (stellv.)
    • Sektion Notfallmedizin: Prof. Dr. med. Erik Popp (Leiter)

strukturelle & habituelle Ursachen und Lösungsansätze

Zum Schluss der Ausführungen zum heutigen Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft soll es noch kurz um die Ursachen für diese Misere gehen und ein paar Lösungsansätze aufgezeigt werden.

Zu den wichtigsten Ursachen für diesen Gender Gap zählen z.B.:

  • implizite Voreingenommenheiten bei der Rekrutierung, Wertschätzung & Förderung von Wissenschaftlerinnen, verstärkt durch die Dominanz von Männern in Führungspositionen, institutionellen Entscheidungsgremien & Netzwerken
  • Wissenschaftskultur, die Kooperationswilligkeit & -fähigkeit oft geringer schätzt und belohnt als Durchsetzungsfähigkeit in Konkurrenzsituationen
  • Reputationsungleichgewicht (Forschungsthemen von Frauen werden häufig weniger hoch angesehen als die von Männern, dadurch Verzerrung & schlechtere Bewertung von von Frauen erbrachten Leistungen)
  • überproportionale Belastung von Wissenschaftlerinnen mit Gremien- und Kommissionsarbeit
  • nach der Promotion einsetzende Intransparenz bei der Entwicklung wissenschaftlicher Karrieren, die Unsicherheit maximiert und längerfristige Planungsperspektiven weitgehend ausschließt
  • Mangel an Rollenvorbildern, der sich auf das Selbstvertrauen und die Motivation bei Frauen negativ auswirkt
  • traditionelle Rollenverteilungen in Partnerschaften (Frauen leisten meiste Familien- und Carearbeit, v.a. in wichtigen Lebensphase, die die Weichen für eine wissenschaftliche Karriere stellen, Frauen oft in schlechter bezahlten Berufen etc.)
  • unzureichende Infrastruktur für Vereinbarung von Arbeit und Familie (z.B. Betreuung für Kinder und pflegebedürftige Angehörige)

Für die wichtigsten Lösungsansätze sei auf die Stellungnahme „Frauen in der Wissenschaft: Entwicklungen und Empfehlungen“ der Leopoldina aus dem September 2022 verwiesen, welche nachfolgend kurz skizziert werden:

  • Strukturen ändern
    • Messung der Leitungen von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Akademien daran, wie rasch und nachhaltig sie dem Imperativ der Gleichstellung nachkommen (ggf. mit Vergabe institutionsgebundener Mittel und persönlicher Leistungszulagen)
    • höhere Bedeutung der Gleichstellungsziele und ihre erfolgreiche Implementierung bei Evaluierungen und Zertifizierungen
    • mehr unbefristete Positionen also größere Verfügbarkeit attraktiver, weisungsungebundener Stellen
    • Verbesserung des Arbeitsklimas und Verringerung von Reibungsverlusten durch transparente und kooperative, am Teamgedanken orientierte Strukturen
    • Abbau hierarchischer zugunsten horizontaler Organisationsstrukturen, um positive Gleichstellungseffekte zu erzeugen
    • mehr Tenure-Track-Positionen, um jungen Wissenschaftler*innen nach Promotion bzw. erstem Postdoc bei entsprechender Leistung verlässliche Planungs- & Beschäftigungsperspektiven anzubieten
    • paritätische Besetzung von Tenure-Track und anderen weisungsungebundenen Positionen (z.B. Forschungsgruppenleitung) verbunden mit ambitionierten Ziele für Fächern, in denen aufgrund eines geringen Studentinnen- und Promovendinnenanteils noch keine Parität erreicht werden kann (falls Ziele nicht erreicht Konsequenzen materieller/struktureller Art)
    • Erreichen einer „kritischen Masse“ von etwa 30 %, damit sich Minderheiten in Organisationen entfalten und Einfluss nehmen können
    • gleiche Gehaltsangebote, inkl. aller Zulagen, bei Berufungen (auch für Ausstattung etc.)
    • Förderung von Dual Career-Möglichkeiten (zusätzliche Jobangebote für Partner*in bei Ortswechsel aufgrund von Berufung o.Ä.)
    • Etablierung von Cluster-Hiring (gleichzeitige und themenoffene Ausschreibung mehrerer Positionen)
  • Frauen ermächtigen
    • mehr persönliche Beratung und Mentoring sowie materielle Unterstützung junger Familien (auch bei Auslandsaufenthalten) und die Flexibilisierung von Arbeitszeiten
    • wiederkehrende Termine, die für die Karriereentwicklung wichtig sind, nicht in Zeiten, die mit Familien­ und Betreuungsaufgaben belegt sind (ggf. auch Kinderbetreuungsangebote durch veranstaltende Institutionen bei Veranstaltungen wie Tagungen o.Ä.)
    • keine Teilzeitarbeit, da qualifizierte und qualifizierende Tätigkeit angesichts sehr dynamischer Prozesse von Wissenschaft & Forschung in längerfristiger Teilzeit schwierig ist
    • Förderung & Sichtbarmachen von Partnerschaften, in denen beide die familiale Care-Arbeit übernehmen
    • mehr hybride Formate und Förderung von Reisekosten für Arbeit in nationalen & internationalen Netzwerken
    • längerfristige Personalplanung durch Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen durch vorausschauender Identifizierung von Stellenvakanzen und Initiierung von Rekrutierungsoffensive mit Konzentration auf Frauen
    • intensives Onboarding für umworbene Wissenschaftlerinnen in Form vorgängiger Gastaufenthalte, die Vertrauen schaffen und Vorbehalte abbauen
    • transparente und detaillierte Begründungen warum die Rekrutierung einer Wissenschaftlerin bei der Besetzung von wissenschaftlichen oder wissenschaftsorganisatorischen Schlüsselpositionen nicht möglich war
    • Fortsetzung des Professorinnenprogramm des Bundes und der Länder, um Anreize für Hochschulen bieten, Gleichstellungskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen
  • Frauen sichtbar machen
    • Entgegenwirken bzgl. dem allfälligen Bias in der Bewertung männlicher und weiblicher Leistungen und Persönlichkeiten als wichtige Leitungsaufgabe
    • höhere (zeitliche) Belastung von Frauen durch Kommissions- und Gremienarbeit kompensieren (z.B. durch Forschungsfreisemester, verringertes Lehrdeputat oder zusätzliche Personalmittel)
    • keine (externe & hochschulinterne) Finanzierung von Konferenzen und daraus hervorgehende Publikationen ohne oder mit nur marginaler Präsenz von Wissenschaftlerinnen
    • gezieltes Zugehen auf qualifizierte Wissenschaftlerinnen durch wissenschaftsinterne und -externe Medien (Karriereverläufe, unterstützenden Bedingungen und Hindernissen skzizzieren und positive Rollen(vor)bilder hervorheben
  • Fortschritte dokumentieren, Entwicklungen überprüfen
    • weitere Differenzierung des Datenmaterial zur Beurteilung der beruflichen Chancen von Frauen (Familienstand, Alter, Region, Migrationserfahrung etc.) für zielgenauere Gleichstellungsmaßnahmen
    • Evaluation von Frauenförderungsprogrammen durch BMBF zur Wirksamkeitsüberprüfung
    • regelmäßige Berichte aller wissenschaftlichen Einrichtungen und Förderinstitutionen über die Entwicklung der Gleichstellung, v.a. in kritischen Phase nach der Promotion bzw. dem ersten Postdoc, sowie zentrales Monitoring nach einheitlichen Kriterien (vorzugsweise durch das BMBF)
    • regelmäßige Umfragen in den Wissenschaftsinstitutionen über die Umsetzung der Gleichstellungsziele, differenziert nach Besoldungsgruppe und Ausstattung, und ggf. mit Begründungen, weshalb (noch) keine Gleichstellung erfolgt ist

Quellen

Published inWelttag...

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