veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (OEGGG) & Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (SGGG)
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 17.07.2024
Ablaufdatum: 16.07.2029
Quelle/Quelllink: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-018
Grundsätzliches
- hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES) umfassen chronische Hypertonie, Gestationshypertonie und Präeklampsie mit assoziierten Zuständen, wie Eklampsie und HELLP -Syndrom
- hypertensive Erkrankungen treten in 6 – 8 % aller Schwangerschaften auf
- hypertensive Erkrankungen sorgen für 20 – 25 % der perinatalen Mortalität (führende mütterliche Todesursachen in Industrieländern)
- HELLP-Syndrom-Inzidenz: ca. 0,1 – 0,5 % aller Geburten bzw. bei etwa 10 – 20 % aller Frauen mit Präeklampsie
- rund 2 – 5 % der schwangeren Frauen sind von einer Präeklampsie betroffen (weltweit sterben jährlich 76.000 Frauen und 500.000 Babys durch Präeklampsie)
- Eklampsie-Inzidenz: ca. 0,1 % aller Geburten
Klassifizierung
- chronische Hypertonie = präkonzeptionell oder im ersten Trimester diagnostizierte Hypertonie (entsprechend NVL-Kriterien)
- Gestationshypertonie = während Schwangerschaft neu auftretende Blutdruckwerte systolisch ≥ 140 und/oder diastolisch ≥ 90 mmHg bei zuvor normotensiven Schwangeren ohne zusätzliche Kriterien, die eine Präeklampsie definieren
- Präeklampsie = chronische oder Gestationshypertonie mit min. einer in der Schwangerschaft neu auftretenden Organmanifestation, welche keiner anderen Ursache zugeordnet werden kann (typische betroffene Organsysteme sind v.a. Plazenta mit fetaler Wachstumsrestriktion, Niere, ZNS, Leber, hämatologisches System, Lunge)
- keine Unterscheidung in milde und schwere Präeklampsie, aufgrund sich ändernder klinischer Dynamik und Ausprägung
- Unterscheidung in early-onset (<34+0 SSW) und einer late-onset (≥34+0 SSW) Präeklampsie
- CAVE: vorliegende Präeklampsie-typische Symptomatik und RRsys < 140 mmHg bzw. RRdia < 90 mmHg schließt Risiken und typische Komplikationen nicht aus
- HELLP-Syndrom = typische während der Schwangerschaft auftretende Laborkonstellation aus Hämolyse, erhöhten Transaminasen und Thrombozytopenie < 100 G/L, die häufig mit einer Präeklampsie assoziiert ist (akute Gefahr besteht v.a. durch Leberruptur, Blutungen, DIC sowie Multiorganversagen)
- Eklampsie = während Schwangerschaft auftretende tonisch-klonische Krampfanfälle (häufig assoziiert mit Präeklampsie) ohne anderen neurologischen Ursache (z. B. Epilepsie)
- schwere Hypertonie = wiederholt gemessene RR-Werte von systolisch ≥ 160 und/oder diastolisch ≥ 110 mmHg (ab diesen Schwellenwerte ist das Risiko ungünstiger Ereignisse besonders erhöht)
Symptomatik
Präeklampsie
Symptomatik sehr unterschiedlich und unspezifisch (z.B. Kopfschmerz, Abgeschlagenheit oder Übelkeit, welche auch physiologisch in Schwangerschaft sind)
- chronische Hypertonie oder Gestationshypertonie
- ZNS-Symptome
- Kopfschmerz
- Tics, Kloni
- Sehstörung, Hörstörung
- generalisierter Krampfanfall
- Apoplexie
- hepatische Symptome (Leber)
- Oberbauchschmerz (rechtsbetont)
- epigastrische Schmerzen
- retrosternale Schmerzen
- Leberwert-Erhöhung
- pulmonale Symptome (Lunge)
- Dyspnoe mit oder ohne Abfall der Sauerstoffsättigung SpO2 < 96 %
- renale Symptome (Niere)
- Oligo- bis Anurie
- Proteinurie
- Erhöhung der Retentionsparameter
- gastrointestinale Symptome
- Nausea, Emesis, Diarrhoe
- hämatopoetische Symptome
- Thrombozytopenie
- Hämolyse
- Plazenta-Symptome wie SGA (Small for gestational age) oder Fetale Wachstumsrestriktion (FGR)
- angiogene Faktoren wie sFlt-1, PlGF
CAVE: neu auftretende Symptome sind v.a. dann im Zusammenhang mit Präeklampsie zu bringen, wenn diese persistieren, in ihrer Ursache unerklärt bleiben & therapieresistent sind
HELLP-Syndrom
- oft ein paar Tage vorher bereits Unwohlsein sowie nachfolgende Symptome
- rechtsseitiger Oberbauchschmerz bzw. epigastrischer/retrosternaler Schmerz (in 40 – 90 %), selten unspezifischer Schulterschmerz
- Proteinurie (in 86 – 100 %)
- Hypertonie (in 82 – 88 %)
- Übelkeit/Erbrechen (in 29 – 84 %)
- Kopfschmerzen (in 33 – 61 %)
- Visusstörungen (in 10 – 20 %)
- Ikterus (in 5 %)
- laborchemischer Nachweis meist erst in Verlauf sowie ggf. auch DIC
- CAVE: verläuft fluktuierend in Schüben, mit Remissionen in bis zu 46 % der Fälle oder mgl. Exazerbation innerhalb von Stunden
Eklampsie
- in 75 – 80 % Prodromi mit Kloni, Tics, persistierende/therapierefraktäre frontale starke Kopfschmerzen, Visusstörungen (Doppeltsehen & Augenflimmern), Hyperreflexie, epigastrisches Spannungsgefühl bzw. Oberbauchschmerzen und persistierend (therapierefraktäre) schwere Hypertonie
- tonisch-klonische Krampfanfälle
- im Verlauf Gefahr durch Hirnblutungen und O2-Mangel
- CAVE: 25 % der Patientinnen mit Eklampsie ohne hypertone Blutdruckwerte
Risikofaktoren für Präeklampsie (a-priori Risiken)
- Risikofaktoren für eine Präeklampsie (a-priori Risiken)
- Höheres maternales Alter
- Höherer maternaler BMI
- Ethnizität (Kaukasisch < Afrikanisch < Südasiatisch)
- Positive Familienanamnese; Mutter mit Präeklampsie
- Primiparität (gegenüber Multiparität ohne vorangegangene Präeklampsie)
- Vorangegangene Schwangerschaft mit Präeklampsie (gegenüber Primigravität)
- Konzeption (Assistierte Reproduktion, insbesondere Kryo-Zyklus und Eizellspende)
- Mehrlingsschwangerschaft
- Chronische Hypertonie
- Diabetes mellitus (Typ I / Typ II )
- Systemischer Lupus Erythematodes
- Antiphospholipid-Antikörpersyndrom
- Nikotingebrauch
- (Als weitere Risikofaktoren gelten schwangerschaftsspezifische Faktoren wie ein Hydrops fetalis, Trisomien, Blasenmole oder erhöhte Widerstände in den Aa. uterinae, weitere Vorerkrankungen oder klinische Befunde wie Nierenerkrankungen, Proteinurie / Gestationsproteinurie oder die Weißkittelhypertonie [39-41, 43-55].)
- Wiederholungsrisiken
- Das Wiederholungsrisiko für Präeklampsie nach einer vorangegangenen Präeklampsie liegt bei 12 – 27 %, im Mittel bei 14 – 18 %, nach zwei vorangegangenen Präeklampsien bei 32 % [56-60].
- Nach vorangegangener Gestationshypertonie wird das Wiederholungsrisiko für die gleiche Erkrankung in der Folgeschwangerschaft mit 11 – 47 % und für eine Präeklampsie mit 2 – 7 % angegeben [57, 61]
- Das Wiederholungsrisiko für das Auftreten eines HELLP-Syndroms nach vorausgegangenem HELLP-Syndrom beträgt in Deutschland 13 % [62].
- Nach einer Eklampsie besteht ein Wiederholungsrisiko für eine Eklampsie in der Folgeschwangerschaft von 2 – 16 % und für eine Präeklampsie von 22 – 35 % [63].
- Das Wiederholungsrisiko sowie die Prognose ist vor allem vom Gestationsalter der Manifestation (≤28 SSW: 38,6 %; 29 – 32 SSW: 29,1 %; 33 – 36 SSW: 21,9 %; ≥37 SSW: 12,9 %) und dem Schweregrad der Präeklampsie in der vorangegangenen Schwangerschaft (Wiederholungsrisiko 25 % nach schwerer Präeklampsie, HELLP – Syndrom oder Eklampsie vor 34 SSW und von 55 % bei schwerer Präeklampsie vor 28 SSW) abhängig [58].
Rezidivrisiken…
- … für Präeklampsie nach vorangegangener Präeklampsie: 12 – 27 % (im Mittel bei 14 – 18 %, nach zwei vorangegangenen Präeklampsien bei 32 %)
- … für Präeklampsie nach vorangegangener Gestationshypertonie: 2 – 7 %
- … für Präeklampsie nach vorangegangener Eklampsie: 22 – 35 %
- … für Gestationshypertonie nach vorangegangener Gestationshypertonie: 11 – 47 %
- … für HELLP-Syndrom nach vorangegangenem HELLP-Syndrom: 13 %
- … für Eklampsie nach vorangegangener Eklampsie: 2 – 16 %
- Wiederholungsrisiko & Prognose v.a. von Gestationsalter (≤2 8 SSW: 38,6 %; 29 – 32 SSW: 29,1 %; 33 – 36 SSW: 21,9 %; ≥ 37 SSW: 12,9 %) und Schweregrad der Präeklampsie (Wiederholungsrisiko 25 % nach schwerer Präeklampsie, HELLP-Syndrom/Eklampsie vor 34. SSW und von 55 % bei schwerer Präeklampsie vor 28 SSW) abhängig
Diagnostik
Blutdruck
- RR-Messung manuell oder mit für die Schwangerschaft validierten automatisierten NIBD-Messgerät
- Messung mit einer an den Oberarmumfang adaptierten Manschette
- zum Ausschluss von Seitendifferenzen (> 20 mmHg) primär Messung an beiden Armen (CAVE: am Arm weiter messen, an dem der höhere Blutdruck gemessen wurde)
- Messmethoden für Praxisblutdruckmessung
- Variante 1
- Vorbereitung: min. 5 min Ruhe, i.dR. in sitzender Position
- Messungen: 3x in Folge am Oberarm mit 2 min Abstand
- Ergebnis: Mittelwert der 2. & 3. Messung
- Variante 2
- Vorbereitung: min. 5 min Ruhe, i.dR. in sitzender Position
- Messungen: am Oberarm
- bei Auffälligkeit erneute Messung nach 5 min Ruhe in sitzender Position
- Ergebnis: letzter gemessener Wert
- Variante 1
Sonstige
- Proteinurie
- Quantifizierung des Nachweis von ≥ 1+ Eiweiß im Urin -Streifentest
- Proteinurie-Quantifizierung vorzugsweise mit Protein-Kreatinin-Quotient aus Spontanurin (Werte ≥ 30 mg/mmol, entspricht ca. 300 mg/g bzw. 0,3 g/g, zeigen signifikante Proteinurie an und korrelieren mit Protein-Ausscheidung ≥ 300 mg/d)
- bei nachgewiesener signifikanter Proteinurie sind wiederholte Messungen zur Prognose-Abschätzung bzw. Verlaufskontrolle der Präeklampsie nicht sinnvoll
- Hämolyse
- Nachweis am besten durch Haptoglobin-Bestimmung
- weitere Hämolyseparameter sind Nachweis von Fragmentozyten im peripheren Blutausstrich (54 – 86 %) oder erhöhtes Gesamtbilirubin (47 – 62 %)
Screening-Tool „MEOWS“ (Modified Early Obstetric Warning Score)
Parameter | 3 | 2 | 1 | 0 | 1 | 2 | 3 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
SpO2 (%) | ≤ 85 | 86 – 89 | 90 – 95 | ≥ 96 | |||
AF (min) | < 10 | 10 – 14 | 15 – 20 | 21 – 29 | ≥ 30 | ||
Puls (min) | < 40 | 41 – 50 | 51 – 100 | 101 – 110 | 110 – 129 | ≥ 130 | |
RRsys (mmHg) | ≤ 70 | 71 – 80 | 81 – 100 | 101 – 139 | 140 – 149 | 150 – 159 | ≥ 160 |
RRdia (mmHg) | ≤ 49 | 50 – 89 | 90 – 99 | 100 – 109 | ≥ 110 | ||
Diurese (mL/h) | 0 | ≤ 20 | ≤ 35 | 35 – 200 | ≥ 200 | ||
Neurologie | agitiert | wach | Reaktion auf Ansprache | Reaktion auf Schmerz | keine Reaktion | ||
Temperatur (°C) | ≤ 35 | 35 – 36 | 36 – 37,4 | 37,5 – 38,4 | ≥ 38,5 |
Differentialdiagnostik
- metabolische Störungen wie Hypoglykämie bei Bewusstseinsstörungen oder Krämpfen
- metabolische Auffälligkeiten (z.B. Hypoglykämie), Toxine, Infektionen oder Traumata bei Krampfanfällen ohne neurologische Defizite (v.a. bei Normotonie)
- Schlaganfall, intrakranielle Blutung, Tumor, TTP etc. bei persistierenden neurologischen Defiziten
- Schwangerschaft ist begünstigender Faktor für Erkrankungen, die mit Krampfanfällen assoziiert sind (z.B. TTP, HUS)
- thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP), atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom (aHUS) oder akute Schwangerschaftsfettleber (AFLP) beim Auftreten einer Thrombozytopenie, Anämie und/oder eines Nierenversagens in der Spätschwangerschaft oder peripartal
- CAVE: (Prä-)Eklampsie < 20+0 SSW ist sehr selten und wahrscheinlich durch andere Ursache bedingt
- Ähnlichkeit klinischer Symptome macht frühzeitige interdisziplinäre Abklärung (Nephrologie, Hämatologe) zur Diagnosesicherung sinnvoll
Therapie
medikamentöse RR-Therapie
- Indikationen
- RRsys ≥ 160 mmHg und/oder RRdia ≥ 110 mmHg birgt erhöhtes Risiko für die Entwicklung Präeklampsie-assoziierter Komplikationen, Nierenversagen, Schlaganfall und Frühgeburt
- Therapie indiziert bei wiederholtem RRsys ≥ 160 mmHg und/oder RRdia ≥ 110 mmHg
- medikamentöse Senkung bei RRsys ≥ 160 mmHg und/oder RRdia ≥ 110 mmHg soll unter stationären Bedingungen erfolgen
- unverzügliche medikamentöse Blutdrucksenkung bei hypertensiven Notfall (akute schwere Hypertonie ≥ 160 mmHg systolisch und/oder ≥ 110 mmHg diastolisch über 15 min anhaltend mit vitaler Gefährdung durch Organschäden z.B. hypertensive Enzephalopathie mit Sehstörungen, Schwindel, starke Kopfschmerzen, Bewusstseinstrübung, neurologischen Ausfallerscheinungen oder Lungenödem)
- Ziele der medikamentösen Blutdrucktherapie
- Zielblutdruckwerte: ≤ 135 mmHg systolisch und ≤ 85 mmHg diastolisch
- therapeutisches Ziel ist die Vermeidung der schweren Hypertonie und assoziierte Beteiligung weiterer Organsysteme bzw. Komplikationen
- CAVE: drastische Blutdrucksenkung birgt Gefahr von plazentarer Minderperfusion und nachfolgend akuten fetalen Beeinträchtigung („Start low, go slow!“)
- Wahl der Medikation bei schwerer Hypertonie
- Urapidil, Nifedipin und Dihydralazin für die initiale Behandlung (in Österreich und Schweiz auch Labetalol i.v. möglich)
- laut NICE-LL vor Dihydralazin-Gabe erst 500 mL VEL zur Risikoreduktion eines plötzlichen schweren Blutdruckabfalls (CAVE: kritische Bewertung durch LL-Autoren, VEL-Gabe nur unter engmaschiger RR- & HF-Überwachung)
- CAVE: Dihydralazin hat signifikant häufiger maternale Nebenwirkungen als Urapidil
- Wahl der Medikation bei milder Hypertonie
- α-Methyldopa, Nifedipin und Labetalol/Metoprolol sind Mittel der 1. Wahl (wenn Nifedipin kontraindiziert/nicht verfügbar: Amlodipin; Verapamil, wenn antiarrhythmischer Effekt gewünscht
- Nifedipin ist bei Vermeidung von schweren Hypertonien α-Methyldopa überlegen, daher ist der Off-Label-Use gerechtfertigt
- bei Schwangeren mit chronischer Nierenkrankheit Verweis auf AWMF-LL 015/090 „Nierenerkrankung und Schwangerschaft“ (CAVE: Diuretika sehr zurückhaltend bei strenger Indikation)
Prophylaxe und Therapie der Eklampsie
- Eckpfeiler der Eklampsie-Therapie
- Traumaprävention
- Prävention einer maternalen Hypoxämie
- antihypertensive Therapie
- Prävention erneuter Krampfanfälle
- Evaluation der Entbindungsindikation
- oft fetale Bradykardie (ca. 3 – 5 min) während bzw. unmittelbar nach Krampfanfall (fetale Tachykardie mit Oszillationsverlust postiktal, ggf. transiente Dezelerationen –> erholt sich fetale HF nicht an vorzeitige Plazentalösung denken –> unverzügliche Entbindung)
- MgSO4 als Prophylaxe und/oder Therapie der 1. Wahl, v.a. bei manifester Eklampsie (bei vitaler Bedrohung durch (Prä-)Eklampsie auch bereits präklinisch großzügig erwägen)
- CAVE: MgSO4-Empfehlung gilt wegen Atemdepression-Risiko (selten, ca. 1 %) für mit Komplikationen einer Präeklampsie und der Therapie vertrautes Fachpersonal
- nachfolgend Monitoring von AF, Reflexstatus (z.B. Patellarsehnenreflex auslösbar) und Urinausscheidung (Cave: bei Oligo-/Anurie erhöhte Gefahr für Magnesiumintoxikation) sowie RR, Puls, SpO2, Laborkontrollen und klinische Einschätzung
- MgSO4-Reduktion auf 0,5g/h bei belastenden Symptomen wie anhaltend Nausea/Emesis, wenn Reflexe nicht mehr auslösbar oder bei AF <16 bzw. Sauerstoffsättigungsabfall
- Serum-Magnesiumspiegel-Kontrollen bei unauffälligem Verlauf nicht erforderlich
- Kombi von Kalziumantagonisten und Magnesium i.v. erhöht magnesiumbedingten Nebenwirkungen nicht
andere medikamentöse Behandlungen
- keine Evidenz für Nutzen einer Kortikosteroidgabe zur Behandlung bei HELLP-Syndrom und Präeklampsie mit dem Ziel, die Schwangerschaft zu prolongieren
- individuelle Evaluation der Notwendigkeit einer Thromboseprophylaxe bei jeder Patientin mit Präeklampsie
Medikamentendosierungen
- antihypertensive Therapie
- Urapidil: initial 6,25 langsam i.v. (2 min) danach 3 – 24 mg/h (über Perfusor)
- Labetalol: (Österreich/Schweiz): initial 50 mg (20 – 80 mg) langsam i.v. über 1 – 3min, evtl. Wiederholung nach 10 – 30 min; Perfusor: 120 mg/h
- Nifedipin: initial 5 mg p.o. (s.l./i.v.), ggf. Wdh. nach 20 min
- Dihydralazin: initial 5 mg i.v. über 2 min, danach 2 – 20 mg/h über Perfusor oder 5 mg alle 20 min (CAVE: Wirkeintritt nach 3 – 5 min, z.T. erst nach 20 min, v.a. bei Bolusgabe und dann häufig überschießend)
- bei Lungenödem/Herzinsuffizienz
- Furosemid: 10 – 20 mg i.v., ggf. Wdh. mit erhöhter Dosis
- Nitroglycerin: 0,4 – 0,8 mg s.l., dann 2 – 10 mL/h i.v. (Perfusor 50 mg/50 ml)
- antikonvulsive Prophylaxe & Therapie
- Magnesiumsulfat: initial 4 – 6 g in 50 mL über 15 – 20 min als Kurzinfusion oder Perfusor, dann Erhaltungsdosis mit 1 – 2 g/h (Antidot: Calciumgluconat 1 g bzw. 10 mL einer 10%igen Lösung i.v.)
Einweisungsindikationen
- HES-typische Risikokonstellation, welche eine Verschlechterung des Zustands anzeigt
- diagnostizierte Präeklampsie
- RR-Werte ≥ 160 mmHg systolisch bzw. ≥ 110 mmHg diastolisch
- klinischer/laborchemischer Verdacht auf HELLP-Syndrom (v.a. persistierende Oberbauchschmerzen)
- umgehender Transport in Klinik über das Rettungswesen bei Eklampsie, Präeklampsie mit schweren neurologischen Prodromalsymptomen, Dyspnoe und/oder hypertensiver Krise mit vitaler Bedrohung
- fetale Indikationen zur Einweisung in Klinik bestehen unabhängig von maternaler Situation
stationäre Überwachung
- Ersteinschätzung der maternalen und fetalen Situation, insbesondere Abklärung eines akuten mütterlichen oder kindlichen Notfalls, über
- CTG (ggf. computerisiertes CTG)
- Blutdruckmessung
- Anamneseerhebung
- klinische Untersuchung inklusive orientierend neurologischer Symptome und Erhebung des Reflexstatus (Patellarsehnenreflex)
- Abklärung einer Proteinurie und ggf. Quantifi zierung dieser (Protein-Kreatinin-Quotient)
- Labor nach Klinikstandard (vergleiche Tabelle 13)
- Ultraschall (Biometrie, Fruchtwassermenge, Plazentabeurteilung)
- feto-plazentarer und maternaler Doppler
- stationäre maternale Überwachung beinhaltet:
- regelmäßige Blutdrucküberwachung (Intervall nach klinischer Symptomatik)
- Verlaufskontrolle klinischer Symptome: Oberbauchschmerzen, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Hyperreflexie, Bewusstseinsstörungen, Dyspnoe, Blutungsneigung
- tägliche Gewichtsmessung
- Kontrolle der Urinausscheidung (Oligurie: < 0,5 ml/kg/h)
- respiratorische Überwachung (z.B. Pulsoxymetrie)
- Laborkontrollen
Entbindung(sindikationen)
- bei Präeklampsie ist Prolongation über 37. + 0. SSW hinaus nicht sinnvoll
- bei Präeklampsie jenseits 34. + 0. SSW soll in Bezug auf Indikation zur Beendigung der Schwangerschaft auch die erhöhte neonatale Morbidität berücksichtigt werden
- ab 34. + 0. SSW soll jede schwere Verlaufsform der Präeklampsie möglichst bald, nach Abwägen der mütterlichen und fetalen Risiken, entbunden werden (Hinweise für zentralnervöse Symptome, Lungenödem, kardiale Dekompensation, zunehmende Niereninsuffizienz, therapieresistenter RRsys ≥ 160 mmHg bzw. RRdia ≥110mmHg, eklamptischer Anfall oder persistierender Oberbauchschmerz)
- bei Präeklampsie < 24. + 0. SSW steht mütterliche Situation im Vordergrund (Verweis auf AWMF-LL 024-019 „Frühgeborene an der Grenze der Lebensfähigkeit“)
- maternale Indikationen zur Entbindung unter Berücksichtigung der antenatale Kortikosteroid-Therapie ggü. der Dringlichkeit der Schwangerschaftsbeendigung:
- therapierefraktäre schwere Hypertonie
- zunehmende Niereninsuffizienz/akutes Nierenversagen
- maternale Pulsoxymetrie < 90 %
- kardiale Dekompensation
- akutes Lungenödem
- disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)
- progrediente Thrombozytopenie oder Plättchenwerte < 50 G/L
- vorzeitige Plazentalösung
- intrauteriner Fruchttod
- persistierende schwere Oberbauchschmerzen
- neu aufgetretene schwere zentralnervöse Symptome
- Eklampsie
- Geburt kann bei stabilem maternalen und fetalen Zustand auf vaginalem Weg erfolgen, da bei optimaler Überwachung kein erhöhtes kindliches Risiko besteht
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