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Konsensusstatement „Antithrombotic drugs for acute coronary syndromes in women“ der ESC

veröffentlichende Fachgesellschaft: European Society of Cardiology (ESC)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 20.05.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehaf352

Risikofaktoren für Thrombose oder Blutung bei Frauen

  • Thromboserisiko
    • Auswirkungen von Östrogen und Progesteron: Thrombozyten- und Endothelfunktion, Prostacyclinproduktion, Leukozytenaktivität
    • Schwankungen des Hormonstatus: Megakaryozytenreifung, Thrombozytenfunktion, Gerinnungskaskade
    • Thrombozyten: Adhäsion und Agonisten-induzierte Aktivierung
    • kleinere epikardiale Koronararterien: endotheliale Scherbelastung, Lipidakkumulation in den Gefäßen, pathologischer Umbau und Plaque-Instabilität/-erosion
    • Schwangerschaft, postpartale Phase: Hyperkoagulabilität, (Prä-)Eklampsie, SCAD, HELLP
  • Blutungsrisiko
    • prämenopausaler Hormonstatus: geringere Thrombozytenreaktivität im Ausgangszustand
    • Hauptmerkmale bei Auftreten eines ACS: höheres Alter und geringere Kreatinin-Clearance
    • geringeres Körpergewicht: periprozedurale Überdosierung von Antithrombotika
    • kleinere periphere Arterien: Häufigkeit von Spasmen der Radialarterie und Häufigkeit von Komplikationen der Oberschenkelarterie

Empfehlungen

Thrombose-/Ischämierisiko in Abhängigkeit vom Geschlecht bei Patient*innen, die mit Antithrombotika behandelt werden

  • kein signifikanter geschlechtsspezifischer Unterschied in der Wirksamkeit antithrombotischer Medikamente zur Prävention sekundärer kardiovaskulärer Erkrankungen
  • Verzögerungen bei der ACS-Diagnose und der invasiven Behandlung angehen, um rechtzeitigen Beginn der Behandlung mit antithrombotischen Medikamenten zu ermöglichen

Blutungsrisiko in Abhängigkeit vom Geschlecht bei Patient*innen, die mit Antithrombotika behandelt werden

  • Strategien mit dem Ziel durch einen femoralen Zugang Blutungsrisiken zu vermindern
    • radialen Zugang ggü. dem femoralen Zugang bevorzugen, wobei der Fokus auf der Spasmusprophylaxe und der Verwendung einer speziellen radialen Ausrüstung liegt
    • ultraschallgestützte Punktion, wenn ein femoraler Zugang erforderlich
  • Überdosierung von periprozeduralen Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern vermeiden
    • Gabe von periprozeduralen Thrombozytenaggregationshemmern (P2Y12-Inhibitor Cangrelor oder Glykoprotein [GP] IIb/IIIa-Inhibitoren Tirofiban oder Eptifibatid) und Antikoagulanzien (UFH, MWH, Bivalirudin) in einer dem Körpergewicht und/oder der Nierenfunktion angepassten Dosierung
    • bei Kombination aus UFH und GPIIb/IIIa-Inhibitoren UFH-Dosis von 70 – 100 U/kg auf 50 – 70 U/kg zu reduzieren (Überwachung mithilfe der Testung der aktivierten Gerinnungszeit/ACT)
    • bei NSTE-ACS-Patientinnen ohne sofortige invasive Strategie Antikoagulanzien mit günstigem Sicherheitsprofil bevorzugen (z.B. Fondaparinux ggü. Enoxaparin)
  • langfristige Auswahl der Art oder Dauer der antithrombotischen Therapie nach ACS/PCI sollte sich an den Komorbiditäten der Patient*innen und nicht am Geschlecht orientieren, da Frauen im Vergleich zu Männern eine höhere Komorbiditätslast aufweisen
  • Verwendung von in Leitlinien empfohlenen Blutungs-Scores, wie Academic Research Consortium for High Bleeding Risk (ARC-HBR) und PRECISE-DAP

antithrombotische Intervention im Rahmen bei MINOCA

  • Empfehlung für intravaskuläre Bildgebung, um Plaque-Erosion bei MINOCA-Patientinnen zu bestätigen, die von einem konservativen Ansatz, bestehend aus einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung (starker P2Y12-Hemmer und Aspirin) für 12 Monate ohne PCI, profitieren könnten
  • Entscheidung, ob Patient*innen entweder mit dualer Thrombozytenaggregationshemmung oder nur mit Aspirin behandelt werden, sollte auf den zugrunde liegenden pathophysiologischen Mechanismen beruhen, unabhängig vom Geschlecht
  • duale Thrombozytenaggregationshemmung bei Patientinnen mit konservativ behandelter spontaner Koronararteriendissektion, vasospastischer und mikrovaskulärer Angina pectoris oder Takotsubo-Syndrom auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Daten nicht ratsam

Unterrepräsentation von Frauen in RCTs

  • geschlechtsspezifische Daten zu veröffentlichen, wie z.B. Verhältnis zwischen Teilnahme und Prävalenz, Rücknahme der Einwilligung, Subanalysen (inkl. Wechselwirkung zwischen Geschlecht und Behandlung), Meldung von unerwünschten Ereignissen und Absetzen von Arzneimitteln nach Geschlecht
  • uneingeschränkten Zugang zu geschlechtsdifferenzierten Daten in RCTs ermöglichen
  • ggf. Anpassung des Stichprobenumfangs und eine Stratifizierung der Randomisierung nach Geschlecht, um relevante Unterschiede im Behandlungseffekt zwischen Frauen und Männern festzustellen, auch wenn dies aus wirtschaftlichen und logistischen Gründen schwierig sein kann
  • konsequentes Handeln aller Akteur*innen des Forschungssystems, um angemessene Vertretung von Frauen in RCTs als Teilnehmerinnen und Prüfärztinnen zu gewährleisten
  • Ergreifen von Maßnahmen, um die Beteiligung von Patientinnen an RCTs zu erhöhen (z.B. Organisation von Aufklärungskampagnen, Erfahrungsaustausch zwischen teilnehmenden Frauen, Bereitstellung logistischer Unterstützung bei Bedarf, wie z.B. Mitfahrgelegenheiten, Kinderbetreuung oder die Betreuung älterer Menschen etc.)
  • Erweiterung der Einschlusskriterien, um z.B. schwangere und stillende Frauen einzubeziehen
Published inLeitlinien kompakt

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