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Leitlinie „Kinderschutz in Flüchtlingsunterkünften“ der DGKiM

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 13.12.2016
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.dgkim.de/dateien/2016_12_07_handlungsleitfaden-kinderschutz-in-fluechtlingsunterkuenften.pdf

Erkennen möglicher Risikofaktoren für Gewalt gegen Kinder in Flüchtlingsunterkünften

strukturelle/räumliche Risikofaktoren

  • ggf. Unterbringung sehr vieler fremder Menschen unterschiedlichster Herkunftsländer und Kulturen in einer Unterkunft
  • fehlende Privatsphäre, gestörte Nachtruhe etc.
  • fehlende Rückzugsmöglichkeiten/fehlende Schutzräume
  • unzureichende Überwachung, insbesondere auch nachts

kulturelle Risikofaktoren

  • unterschiedlichste Erziehungskulturen, in denen z.B. das Schlagen
    von Kindern und Frauen eine anerkannte Erziehungsmethode ist
  • Unkenntnis der in Deutschland geltenden Gesetze

persönliche Risikofaktoren

  • Belastungen der Eltern
  • psychische Anspannung, mangelnde (Lebens-)Perspektive
  • psychische oder körperliche Erkrankung

Indikatoren zur Prüfung einer möglichen Kindeswohlgefährdung

  • Vernachlässigung/gesundheitliche Gefährdung
    • kann sich sowohl auf die körperliche, geistige und seelische Entwicklung beziehen, wie auf die mangelnde Befriedigung von körperlichen Bedürfnissen (Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Sicherheit, Gesundheit)
  • körperliche Gewalt:
    • bewusste oder unbewusste Ausübung von physischer Gewalt (Schläge, Prügel, Festhalten oder Schütteln)
  • seelische Gewalt
    • Handlungen und Äußerungen, die den Minderjährigen in seinem Wertgefühl herabsetzen, ein Gefühl der Ablehnung erzeugen und das für die Entwicklung erforderliche Vertrauen schädigen, z.B. Beleidigung, Herabsetzen, Ablehnung, Demütigung, Bedrohung
  • häusliche Gewalt (als traumatisierende Beobachtung)
    • Zeuge von gewaltsamen Übergriffen in der Familie (körperliche und verbale Gewalt, sowie Androhung derselben und widerrechtliche Einschränkung der persönlichen Freiheit)
  • sexuelle Gewalt (physisch und verbal)
    • grenzüberschreitende und verletzende sexuelle Handlung oder die Aufforderung hierzu (z.B. sexualisierte Liebkosungen, verbale Anzüglichkeiten, sexualisiertes Verhalten, Fotografieren von sexuell aufreizenden Positionen, Geschlechtsverkehr, Aufforderung zur Prostitution)
  • unverarbeitete Konfliktsituationen, auf die mit selbstschädigendem Verhalten reagiert wird
  • Vorenthaltung von schulischer Bildung durch ungenügende elterliche Vorsorge und Kontrolle des Schulbesuchs
  • unangemessene erzieherische Einschränkungen / Kontrolle mit der Folge von alterstypischen Autonomiekonflikten
  • gezielte Instrumentalisierung und Entfremdung von Kindern durch Elternteile

Checkliste zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung

  • Versorgung des Kindes
    • mangelnde Körperpflege/mangelnde Zahnhygiene
    • empfohlene Arztbesuche/Behandlungen werden nicht durchgeführt
    • fehlende Vorsorgeuntersuchungen/unregelmäßige oder keine Impfungen
    • Krankheiten/Entwicklungsstörungen werden nicht erkannt/nicht beachtet
    • verordnete Medikamente werden nicht verabreicht/Therapien werden nicht umgesetzt
    • witterungs- und entwicklungsunangemessene Kleidung
    • schmutzige/kaputte Kleidung
    • Kind ist oft unbeaufsichtigt
  • Verhalten des Kindes
    • eindeutige Äußerungen des Kindes
    • Kind äußert sich gar nicht
    • Kind wirkt teilnahmslos/„wie erstarrt“
    • aggressives Verhalten
    • auffällige Sprachentwicklung
    • auffälliges Spielverhalten
    • Einkoten/Einnässen
  • Verhalten der Eltern
    • Eltern sind aufgrund eigener Beeinträchtigungen (Trauma, Krankheit etc.) in ihrer Wahrnehmung getrübt bzw. in ihrer Verantwortungsfähigkeit eingeschränkt
    • mangelnde Problemeinsicht
    • mangelnde Kooperation
    • mangelnde Fürsorge
    • mangelnde Wertschätzung dem Kind gegenüber
    • mangelnde Gesundheitsfürsorge
    • Desinteresse/Aggressivität
    • Gewaltanwendung gegenüber dem Kind
    • (Verdacht auf) psychische Erkrankung/Suchterkrankung
  • familiäre Situation
    • Unterbringung in einer Not-/Gemeinschaftsunterkunft
    • keine Privatsphäre
    • alleinreisendes Elternteil
    • minderjährige Mutter
    • Überforderung
    • schnelle Geburtenfolge/kurze Abstände zwischen den einzelnen Schwangerschaften
Published inIm Notfall PsychiatrieLeitlinien kompakt

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