veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.01.2022
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/guideline_index/Acute_asthma/
Grundsätzliches
- SVT = abnorm schnelle Herzfrequenz, die ihren Ursprung oberhalb der Herzkammern hat, i.d.R. mit Frequenzen > 220/min und plötzlichem Auftreten
- supraventrikuläre Tachykardien (SVT) sind im Säuglings- & Kindesalter häufig, meist bei Kindes mit Re-Entry-Mechanismus, die ansonsten gesund sind
- > 1/3 der neu auftretenden SVT tritt in den ersten Lebenswochen auf und zeigt sich häufig erst nach mehreren Stunden mit Anzeichen eines Herzversagens
- Ätiologie
- Ursache bei jüngeren Kindern meist AV-Reentrytachykardie (AVRT), inkl. Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW-Syndrom)
- Ursache bei jüngeren Kindern meist AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT)
- andere Ursachen: Sinustachykardie, Vorhofflattern, ektope atriale Tachykardie und junktionale ektope Tachykardie
- CAVE: Tachykardie-auslösende Faktoren, wie z.B. Sepsis, Schmerzen, Dehydrierung, Angst und Fieber) berücksichtigen
Diagnostik
- primäres Ziel ist die Identifikation von Patient*innen im Schock (Blässe, schlechte Durchblutung, vermindertes Bewusstsein, Hypotonie), um diese ggf. zu reanimieren
- 12-Kanal-EKG-Diagnostik (vor und nach Kardioversion) mit Abklärung der nachfolgenden Fragen:
- Liegt eine Tachyarrhythmie vor?
- Liegt ein breiter oder schmaler QRS-Komplex vor?
- Sind P-Wellen vorhanden und wie ist deren Morphologie? (P-Wellen sind entweder nicht sichtbar oder treten nach den QRS-Komplexen auf)
- Ist die Frequenz fest oder variabel?
Kleinkindern | Kinder/Jugendliche | |
---|---|---|
Anzeichen | Tachykardie gut vertragen, daher frühe Anzeichen zunächst gut kompensierbar | in der Lage, Herzklopfen wahrzunehmen und daher frühere Vorstellung mit schon leichteren klinischen Anzeichen oder Symptomen |
Anamnese | – elterliche Sorge um das Kind – Reizbarkeit, schlechte Nahrungsaufnahme, Lethargie und Schwitzen | Unwohlsein, Atemnot, Brustschmerzen, Übelkeit, Schwindel oder Schweißausbrüche |
Diagnostik | typischerweise spätes Auftreten von kongestiver Herzinsuffizienz (Atemnot, Hepatomegalie, Ödeme) | Untersuchung meist unauffällig |
HF | P-Welle | Variabilität | häufig bei | |
---|---|---|---|---|
Sinustachykardie | < 220/min | vorhanden, normale Morphologie | variabel | unruhigen Kindern oder systemischer Krankheit |
SVT | > 220/min (meist 250 – 300/min bei Kindern) | nicht vorhanden oder nach QRS-Komplex | fest | |
AVRT, inkl. WPW | nach dem QRS-Komplex | Neugeborenen und Kindern | ||
AVNRT | normalerweise nicht sichtbar | Jugendlichen | ||
Vorhofflattern | bis zu 500/min bei Neugeborenen bzw. 300/min bei Kindern | Sägezahn-Flatterwellen (werden oft nur bei AV-Block durch Adenosin wahrgenommen) | fest, kann aber je nach AV-Leitung unregelmäßig erscheinen | Neugeborene (dann nicht mehr bis zum Erwachsenenalter) |
atriale ektope Tachykardie | QRS mit abnormaler vorangestellter Achse | variabel | -spricht möglicherweise nicht auf Kardioversion oder Adenosin an – kann Kardiomyopathie verursachen | |
junktionale ektope Tachykardie | 170 – 300/min | umgekehrte P-Welle | variabel | Z.n. Herzoperation |
Therapie
Therapie bei Patient*innen im Schock
- hochdosierte O2-Gabe
- Anlage eines pVK (CAVE: darf Kardioversion nicht verzögern)
- vagale Manöver, wenn möglich/ohne Verzögerung anderer Schritte (s.u.)
- ggf. Sedierung erforderlich
- sofortige Kardioversion
- EKG-Rhyhmus-Streifen aufzeichnen
- synchrone Kardioversion mit 1 J/kg
- synchrone Kardioversion mit 2 J/kg, sofern Schockabgabe mit 1 J/kg frustran verläuft
Therapie bei Patient*innen ohne Schock
- Monitoring mit Aufzeichnung eines Rhythmusstreifens
- dauerhafte 12-Kanal-EKG-Diagnostik, v.a. Rhythmusstreifen
- vagale Manöver
- Gabe von Adenosin i.v. (max. Einzeldosis 12 mg bzw. 300 μg/kg bei Neugeborenen; max. Gesamtdosis: 30 mg)
- 1. Dosis mit 100 μg/kg (0,1 mg/kg) schnell appliziert und mit 10 mL NaCL 0,9% nachspülen
- falls 1. Dosis frustran, 2. Dosis mit 200 μg/kg (0,2 mg/kg) schnell appliziert und mit 10 mL NaCL 0,9% nachspülen
- falls 2. Dosis frustran, 3. Dosis mit 300 μg/kg (0,3 mg/kg) schnell appliziert und mit 10 mL NaCL 0,9% nachspülen
- als Ultima ratio 400 – 500 μg/kg Adenosin (0,4 – 0,5 mg/kg)
vagale Manöver
- vagale Manöver sind sicher, minimalinvasiv und wirksam bei der Behandlung der SVT bei hämodynamisch stabilen Kindern und Säuglingen
- vor Durchführung kontinuierliches kardiales Monitoring
- KEINE Augendruck- oder Karotissinusmassage, aufgrund fehlender Empfehlungen
- Neugeborene und Säuglinge (<6 Monate)
- Auslösen des Tauchreflexes durch Eintauchen des Gesichts in Eiswasser für 5 sec (CAVE: nicht bei hämodynamischer Instabilität); Kind in ein Handtuch wickeln und das gesamte Gesicht wird 5 sec lang in Eiswasser tauchen, Verschließen der Nasenlöcher nicht notwendig
- ältere Säuglinge/Kleinkinder
- eiskaltes Tuch oder einen mit Eiswasser gefüllter Beutel wird für 15 – 30 sec auf das Gesicht legen zur Auslösung des Tauchreflexes
- Kinder im Schulalter
- Valsalva-Technik: Kind in Rückenlage, nach vollständiger Einatmung 10 – 15 sec lang auf seinen Daumen oder in eine 10-ml-Spritze zu blasen (CAVE: kein Entweichen von Luft
- modifiziertes Valsalva-Manöver: Manöver wie oben beschrieben, aber in halbliegender Position, Kind nach Beendigung der Einatmung sofort in Rückenlage bringen und die Beine passiv auf 45 Grad anheben
- ggf. alternativ Handstand als nützliche Option, wenn das Kind gesund genug ist
Adenosin
- sehr kurze Halbwertszeit von 5 – 10 sec
- wirkt durch kurzzeitige Blockade der AV-Knoten-Überleitung
- immer Aufzeichnung eines Rhythmusstreifen während der Adenosin-Gabe
- Nebenwirkungen:
- häufig vorübergehendes Erröten und/oder Engegefühl/thorakale Beschwerden
- seltener Vorhofflimmern oder längeren Pausen
- Verschlimmerung von Asthma durch Bronchospasmus
- relative Kontraindikationen:
- Patient*innen, die Dipyridamol (Persantin) einnehmen, benötigen niedrigere Adenosindosis
- bei Patient*innen nach Herztransplantation mit denerviertem Herzen Adenosin möglichst vermeiden
- Adenosin-Desaminase-Mangel (ADA-Mangel)
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