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„Gesundheitliche Versorgung von Frauen, die Gewalt in der Paarbeziehung oder sexuelle Gewalt erfahren“ der WHO

veröffentlichende Fachgesellschaft: Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 2018
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/136101/WHO_RHR_14.26_ger.pdf;jsessionid=A917D8DBB717F9C99721C5E2273F143B?

Definitionen

  • sexuelle Nötigung/Vergewaltigung
    • erzwungener Sex oder Vergewaltigung, durch jemanden, den die Frau kennt (Partner, Familienmitglied, Freund oder Bekannter) oder durch einen Unbekannten
  • Gewalt in Paarbeziehungen
    • fortlaufende oder zurückliegende Gewalt und Missbrauch durch einen Intimpartner oder Ex-Partner – einen aktuellen oder ehemaligen Ehemann, Freund oder Liebhaber
    • Frauen können verschiedene Arten von Gewalt durch einen männlichen Partner erleiden: körperliche Gewalt, emotionalen/psychologischen Missbrauch, kontrollierendes Verhalten und sexuelle Gewalt
  • physische Gewalt
    • Verursachung von körperlichen Verletzungen oder Schäden z. B. durch Schlagen, Treten oder Prügeln, Schubsen, mit einer Waffe verletzen
  • emotionaler/psychischer Missbrauch
    • kann viele Verhaltensweisen umfassen, z. B.:wiederholtes kritisieren
    • beschimpfen oder sagen, dass sie hässlich oder dumm ist drohen sie oder ihre Kinder zu verletzen
    • drohen Dinge, die für sie wichtig sind, zu zerstören
    • sie in der Öffentlichkeit herabsetzen oder erniedrigen

Symptome/Anzeichen

  • fortlaufende emotionale Probleme wie Stress, Angst oder Depression
  • schädigende Verhaltensweisen wie Missbrauch von Alkohol oder Drogen
  • Gedanken, Pläne oder Taten von Selbstverletzung oder (versuchtem) Suizid
  • Verletzungen, die sich wiederholen oder nicht überzeugend erklärt sind
  • wiederholtes Auftreten sexuell übertragbarer Infektionen
  • ungewollte Schwangerschaften
  • unerklärte chronische Schmerzen oder Zustände (Beckenbodenschmerzen oder sexuelle Probleme, gastrointestinale Probleme, Nieren- oder Blaseninfektionen, Kopfschmerzen)
  • wiederholte Konsultationen ohne eindeutige Befunde
  • Ersthilfe bei Gewalt in Paarbeziehungen und bei sexueller Nötigung/Vergewaltigung
  • Denken Sie daran: Dies ist vielleicht Ihre einzige Chance, dieser Frau zu helfen!

Ersthilfe gemäß LIVES-Schema

  • Listen (zuhören): Hören Sie der Frau aufmerksam zu, mit Empathie und ohne zu beurteilen.
  • Inquire about needs and concerns (Bedürfnisse und Sorgen erfragen): Schätzen Sie ihre unterschiedlichen Bedürfnisse und Sorgen ein – emotionale, körperliche, soziale und praktische (z.B. Kinderbetreuung) – und gehen Sie auf diese ein.
  • Validate (Bestätigen): Zeigen Sie ihr, dass Sie sie verstehen und ihr glauben. Versichern Sie ihr, dass sie keine Schuld trifft.
  • Enhance safety (Sicherheit erhöhen): Besprechen Sie einen Plan, wie sie sich vor weiterem Schaden schützen kann, falls es wieder zu Gewalt kommt.
  • Support (Unterstützung): Unterstützen Sie sie, indem Sie ihr helfen, Informationen zu bekommen und Kontakt zu Angeboten und sozialer Unterstützung herzustellen.

Tipps für Gesprächsführung

  • ungestörten Ort zum Reden, wo niemand mithören kann wählen (aber kein Ort, der Anderen aufzeigt, aus welchem Anlass Sie dort sind)
  • Versichern Sie ihr, dass Sie niemanden, der/die dies nicht zu wissen braucht, von dem erzählen werden, was sie berichtet und das Sie nicht erwähnen werden, dass sie bei Ihnen war. Sollten Sie zur Meldung ihrer Situation verpflichtet sein, erklären Sie, was Sie melden und an wen.
  • Zunächst: Ermutigen Sie sie zum Sprechen und zeigen Sie ihr, dass Sie zuhören
  • Ermutigen Sie sie weiterzureden, wenn sie möchte, aber setzen Sie sie nicht unter Druck zu reden. („Möchten Sie noch mehr darüber erzählen?“)
  • Lassen Sie Schweigen zu. Falls sie weint, lassen Sie ihr Zeit, sich zu sammeln.
  • Denken Sie daran: Respektieren Sie immer ihre Wünschen

Sicherheitsplanerstellung

  • Sicherer Ort vorhanden? → Falls Sie Ihr Zuhause schnell verlassen müssen, wohin könnten Sie gehen?
  • Für die Kinder planen → Würden Sie alleine gehen oder würden Sie Ihre Kinder mitnehmen?
  • Beförderung → Wie kommen Sie dorthin?
  • mitzunehmende Dinge → Müssen Sie Dokumente, Schlüssel, Geld, Kleidung oder andere Dinge mitnehmen, wenn Sie gehen? Was ist essentiell? Können Sie alle Sachen zusammen an einen sicheren Ort bringen oder bei jemandem lassen, nur für den Fall der Fälle?
  • Unterstützung von jemanden aus der näheren Umgebung → Gibt es jemanden in der Nachbarschaft, dem oder der Sie von der Gewalt erzählen können und der oder die die Polizei rufen und Ihnen zu Hilfe kommen kann, wenn Geräusche aus Ihrem Haus/Ihrer Wohnung dringen, die sich nach Gewalt anhören?
  • Finanzielles → Haben Sie Zugriff auf Geld, wenn Sie gehen müssen? Wo wird es aufbewahrt? Kommen Sie im Notfall daran?

mögliche Ressourcen

  • herausfinden welche Unterstützung und Ressourcen der Frau in ihrem Umfeld zur Verfügung stehen; es kann hilfreich sein, wenn es an jeder Stelle eine persönliche Kontaktperson gibt, an die Sie weitervermitteln können
    • Hotline
    • Unterstützungsgruppen
    • Krisenzentrum
    • Rechtsberatung
    • Fachberater/in mit Schwerpunkt „psychische Gesundheit“
    • Sozialarbeiter/in
    • Psychologe/in
Published inLeitlinien kompakt

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