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Leitlinie „Airway management in patients living with obesity“ der SOBA

veröffentlichende Fachgesellschaft: Society for Obesity and Bariatric Anaesthesia (SOBA)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 05.06.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1111/anae.16647

präoperative Beurteilung

  • bei adipösen Patient*innen vor einem Eingriff die Atemwege formell untersuchen
  • Patient*innen auf adipositasbedingte Komplikationen, u.a. bzgl. Atemwegsproblemen, hinweisen
  • für adipöse Patient*innen kann ein persönliches Gespräch mit Anästhesist*innen vor einer elektiven Operation von Vorteil sein
  • adipöse Patienten, die mit CPAP/NIV behandelt werden, anweisen, ihr CPAP/NIV-Gerät am Tag der elektiven Operation mitzubringen

Planung

  • adipöse Patient*innen mit BMI > 40 kg/m² im OP-Plan spezifisch ausweisen
  • bei der OP-Planung bei adipösen Patient*innen zusätzliche Zeit einplanen
  • Örtlichkeit bei der Narkose adipöser Patient*innen berücksichtigen, v.a. bei Notfällen –> bei ETI außerhalb des OP sollten geeignete Geräte und Personal zur Verfügung stehen
  • BMI der Patient*innen und alle zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Teambesprechung thematisieren
  • detaillierte Strategie für das Atemwegsmanagement, inkl. der Notfallstrategien im Falle von Schwierigkeiten, vor Einleitung der Anästhesie im Team besprochen
  • beim Verdacht, dass das die Atemwegssicherung auf eine eFONA (Emergency Front-of-Neck Access; Notfallkoniotomie) hinausläuft, alternative Techniken wie die Wachintubation und die Regionalanästhesie in Betracht ziehen, und eine Risiko-Nutzen-Entscheidung über das weitere Vorgehen auf der Basis der einzelnen Patient*innen treffen
  • Ergonomie, inkl. der Gestaltung des Operationssaals und der Geräte, berücksichtigen
  • für die Narkoseanpassung erforderliche Ausrüstung spätestens bei der Teambesprechung besprechen
  • Hilfsmittel zur Erleichterung der Umlagerung in Betracht ziehen (z. B. Schwebematratzen, Gleittücher)
  • Hilfsmittel zur Unterstützung der Patient*innenlagerung in Betracht ziehen (z. B. Oxford-HELLP-Kissen)
  • Ausrüstung zur sicheren Fixierung von adipösen Patient*innen auf dem OP-Tisch sollte vorhanden
  • OP-Tisch/Trage vor OP/Intubation auf Gewichtsbeschränkungen überprüfen
  • ultraschallgestützte Identifizierung und Markierung der Krikothyreoidea bzw. des Krikoidknorpels bei Verwendung des Sellick-Handgriffs für RSI und ETI vor Einleitung der Anästhesie in Betracht ziehen

Maskenbeatmung und Präoxygenierung

  • vor Präoxygenierung adipöse Patient*innen in Rampenposition von ≥ 30° Oberkörper-Hochlagerung lagern
  • mit Präoxygenierung so bald wie möglich beginnen
  • Maskenbeatmung bei Patient*innen mit hohem BMI ist wahrscheinlich schwieriger –> Einsatz von Hilfsmitteln, Zwei-Helfer-Methode und SGA kann hilfreich sein
  • zusätzliche Oxygenierung über Nasenbrille oder HFNC neben Maskenbeatmung kann Vorteile bringen und eine Entsättigung verzögern
  • Einsatz von HFNO als First-Line-Methode für Präoxygenierung erwägen (apnoeische Oxygenierung)
  • wenn eine apnoeische Oxygenierung nicht möglich ist, ist die Nutzung eines SGA zur Erleichterung der Beatmung zwischen der Präoxygenierung über Maske und den Intubationsversuchen sicher und wirksam
  • Atelektasen durch Basalkollaps tritt früh auf und sollte antizipiert werden

endotracheale Intubation

  • Videolaryngoskopie als Technik der 1. Wahl, vorzugsweise mit hyperanguliertem Spatel, wenn die Anwender*innen ausreichend geschult sind
  • ausreichende Muskelrelaxierung vor ETI sicherstellen
  • Verwendung geeigneter Hilfsmittel, wie z. B. Bougie, und anderer Notfalltechniken, wenn bei der trachealen Intubation Schwierigkeiten auftreten
  • ETI im Wachzustand bei Patient*innen mit Adipositas sicher und wirksam, können aber aufgrund der physiologischen und anatomischen Veränderungen eine größere Herausforderung darstellen (CAVE: obwohl Adipositas allein bei Fehlen anderer Faktoren nur selten eine Indikation für eine Wachintubation darstellt, sollte bei dieser Patient*innengruppe eine niedrige Schwelle für die Wachintubation gewählt werden)
  • bei adipösen Patient*innen ETI im OP-Saal auf dem OP-Tisch durchführen und nicht im Einleitungssaal, da dies Umlagerungsmaßnahmen minimiert, eine korrekte Positionierung ermöglicht und die Notwendigkeit des Abschaltens des Beatmungsgeräts und des Transfers vom Einleitungsraum in den OP vermeidet

supraglottische Atemwegssicherung

  • SGA können zur Beatmung vor ETI oder zwischen Intubationsversuchen eingesetzt werden, um die Sauerstoffversorgung aufrechtzuerhalten, wenn die Maskenbeatmung schwierig ist
  • sofern ein SGA als primäre Variante der Atemwegssicherung geplant ist, ein SGA der 2. Generation verwenden

endotracheale Extubation

  • endotracheale Extubation ist ein elektiver Eingriff und muss entsprechend geplant werden (inkl. Plan für die erneute Intubation, falls erforderlich)
  • Patient*innen vor Extubation mit hohem inspiratorischen FiO2 voroxygeniert und in Kopflage lagern (CAVE: adäquate Antagoniserung der Muskelrelaxierung durch quantitative neuromuskuläre Überwachung bestätigen)
  • bei Patient*innen, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Entsättigung besteht, Extubation direkt mit HFNO/CPAP in Betracht ziehen
  • Material und Personal für Reintubation soll zur Verfügung stehen

organisatorische Zuständigkeiten und Schulung

  • Leitlinien/SOPs für die Behandlung von Patient*innen mit BMI > 40 kg/m² etablieren
  • Kliniken sollten über eine*n Verantwortliche*n für adipöse Patient*innen verfügen
  • Kliniken sollten für die Bereitstellung geeigneter Geräte sorgen, um eine sichere und effektive Behandlung von Patient*innen mit Adipositas zu gewährleisten
  • Assistenzärzt*innen für Anästhesie sollten eine spezielle Ausbildung für die Anästhesie von adipösen Patient*innen erhalten und sollten entsprechend ihrem Ausbildungsstand und ihrer klinischen Kompetenz angemessen beaufsichtigt werden
Published inLeitlinien kompakt

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