veröffentlichende Fachgesellschaft: Institute for Addressing Srangulation (IFAS)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.02.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://ifas.org.uk/guidelines-for-clinical-management-of-non-fatal-strangulation-in-acute-and-emergency-care-services/
Grundsätzliches
- Strangulation = Asphyxie durch Verschluss der Blutgefäße und/oder Luftwege des Halses infolge von äußerem Druck auf den Hals
- jährlich > 20.000 Strangulationsopfer im Vereinigten Königreich
- jedes 11. erwachsene Opfer eines sexuellen Übergriffs ist während selbigem erdrosselt/erwürgt worden
- Strangulation (inkl. Erhängen) und Ersticken stellen die häufigsten Suizidmethoden dar
- nicht-tödliche Strangulation kann schwerwiegende Folgen wie Dissektion der Halsschlagader, Schlaganfall oder Hirnverletzung haben
- Hauptgruppen der Strangulation
- Erhängen
- Ligaturstrangulation (Erdrosseln)
- manuelle Strangulation (Erwürgen)
Algorithmus
Box A – Anamnese
- Anzeichen für häuslichen und sexuellen Missbrauch/Vergewaltigung und Suizidversuch
- CAVE: Patient*innen werden häufig keine spontanen Angaben zur Strangulation machen (z.B. im Rahmen eines autoerotischen Unfalls)
- bei verwirrten Patient*innen zusätzlich eine Intoxikation erwägen
- CAVE: 50 % der Opfer haben keine sichtbaren äußeren Verletzungen am Hals/Kopf (Fehlen sichtbarer Verletzungen darf keinen Einfluss auf weiteres Vorgehen haben)
Box B – Red Flags
- A – Airway (kompromittierter Atemweg)
- erhebliche Druckauswirkung auf den Hals (auch in der Vorgeschichte)
- Dyspnoe (objektive Symptome) oder Stimmveränderungen
- Dysphagie oder Odynophagie (Schluckbeschwerden oder Schmerzen beim Schlucken)
- Schwellung des Halses oder Druckdolenz/Schmerzen des Kehlkopfes/der Luftröhre
- (C) – Halswirbelsäule
- Mechanismus im Zusammenhang mit HWS-Verletzung oder passender radiolog. Befund
- B – Breathing (Atmung)
- Dyspnoe (objektive Symptome)
- subkutanes Emphysem
- C – Circulation (Kreislauf)
- petechiale Einblutungen an Gesicht/Hals/Mund/Augen
- jeglicher Grad von Blutergüssen am Hals oder Ligaturspuren (CAVE: bei 50 % nicht vorhanden)
- Karotisgeräusche (CAVE: nicht hörbare Geräusche sind nicht beruhigend)
- Druckdolenz der Halsschlagader
- D – Disability
- Bewusstseinsverlust oder Beinahe-Bewusstlosigkeit (Prä-Synkope)
- Amnesie oder veränderter Bewusstseinszustand (Schwindel, Verwirrtheit, Gedächtnis- oder Bewusstseinsverlust)
- Inkontinenz (Blase und/oder Darm)
- neurologische Symptome (Krampfanfall, schlaganfallähnliche Symptome, starke Kopfschmerzen, Tinnitus, Schwerhörigkeit, Parästhesien etc.)
- visuelle Symptome (blinkende Lichter/Blitze/Punkte/Sterne, Tunnelblick etc.)
- vorherige Kopfverletzung/Schlaganfall
Box C – Diagnostik/Bildgebung
- innerhalb von 1 h Bildgebung in Form von
- CT-Angiographie des Halses und der intrakraniellen Gefäße
- UND/ODER Kopf-CT (initiales Kopf-CT ohne Kontrastmittel, wenn die folgenden klinischen Indikatoren vorliegen: GCS <14, beobachteter Anfall, Inkontinenz in Vorgeschichte, fokales neurologisches Defizit, klinisch erkennbares stumpfes Kopftrauma)
- UND/ODER Thorax-CT bei Anzeichen für subkutanes Emphysem, Dyspnoe oder stumpfen Thorax-Trauma
- keine Ultraschall-/Karotis-Doppler-Untersuchung sowie einfache Röntgenaufnahme zur Beurteilung der Gefäß- oder Weichteilstrukturen
BOX D – Screening bzgl. häuslicher/sexueller Gewalt
- Beurteilung bzgl. des Risikos des Vorliegens von häuslicher/sexueller Gewalt, auch ggü. Kindern
- Beurteilung des Risikos für Suizid oder Selbstverletzung (CAVE: Erhängen/Würgen deutet oft auf sehr hohe Suizidabsicht hin)
- Weiterleitung an Gewaltschutzambulanz, Polizei, Beratungsstelle etc.
Box E – Einweisungs-/Aufnahmekriterien
- Aufnahme entweder zur Behandlung von Verletzungen, aus sozialen bzw. Schutzgründen oder aus beiden Gründen erforderlich
- weitere Einweisungs-/Aufnahmekriterien
- Bedenken bzgl. des Atemwegs
- klinischer Zustand
- Vorgeschichte bzgl. erheblicher stumpfer Krafteinwirkung/Druck auf Hals oder Kopf
- signifikante Ergebnisse bei Bildgebung
- unsicheres Entlassszenario
- gefährdete Bevölkerungsgruppen (z.B. Kinder, ältere Menschen, Schwangere, Obdachlose) und/oder Schutzanforderungen, inkl. Selbstverletzungsrisiko
- CAVE: verzögerte Atemwegsbeschwerden sind selten und treten wahrscheinlich innerhalb der ersten 6 h nach Angriff/Verletzung auf, abhängig von Faktoren wie Art/Ausmaß der Verletzung usw.
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