veröffentlichende Fachgesellschaft: Gesellschaft für Neuropädiatrie
Klassifikation gemäß AWMF: S1
Datum der Veröffentlichung: 31.05.2021
Ablaufdatum: 30.05.2026
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/022-005.html
Definition
- altersabhängiger epileptischer Anfall, der unter Fieber auftritt (Temperatur ≥ 38 ° C) ohne eine gleichzeitige Infektion des ZNS und ohne vorausgegangene afebrile Anfälle
- keine besondere Epilepsievariante, da diese definiert ist durch wiederholte afebrile epileptische Anfälle oder nach neuester Definition auch nach einem einmaligen afebrilen Anfall bei entsprechender ungünstiger prognostischer Konstellation
Verlauf
- Anfall mit typischem Verlauf ereignet sich meist zu Beginn der fieberhaften Erkrankung, häufig im Fieberanstieg und sind damit nicht selten präsentierendes Symptom der Erkrankung
- nicht sicher geklärt, ob für die Auslösung eines Fieberkrampfes die absolute Höhe des Fiebers oder die Geschwindigkeit des Temperaturanstiegs entscheidend sind
- gehäuftes Auftreten in den frühen Abendstunden zw. 18.00 und 22.00 Uhr, weniger in der Nacht und am frühen Morgen
- 85 % als generalisierte klonische oder generalisiert tonischklonische Anfälle (GTKA), wobei im Säuglingsalter die tonische Phase oft fehlt
- 8 % fokale Anfälle
- prolongierte Fieberkrämpfe stellen 25% aller Status epileptici im Kindesalter dar
Differentialdiagnosen
- nicht-epileptisch
- „Schüttelfrost“: Kältegefühl verbunden mit Zittern der Skelettmuskulatur
- Fieberdelir: Halluzinationen, Träumen mit offenen Augen
- febrile Synkope: Kreislaufkollaps bei Fieber
- Breath holding attacks: „Wegschreien“
- reflex-anoxische Anfälle: blasser Affektkrampf
- epileptisch
- Epilepsiesyndrom mit Fieberkrämpfen (z.B. DravetSyndrom, GEFS-Syndrom)
- Anfälle unter Fieber auch „einfach so“ bei allen Epilepsien möglich
- Infektion des ZNS: Enzephalitis, Meningitis
Therapie
- nach unkomplizierten FK bei Kindern im Alter > 12 Monate und unauffälligem klinischen Untersuchungsbefund besteht bei nicht verunsicherten Eltern kein zwingender Grund zur stationären Aufnahme
- bei komplizierte FK Entscheidung abhängig von klinischem Befund
- nach 1. FK ggf. kurzer stationärer Aufenthalt zur Beruhigung der Eltern und ausführlichen Beratung bzgl. Vorgehen und Prognose
- Möglichkeit des Rezidivs während des gleichen Infektes sollte angesprochen werden
- klinischer Untersuchungsbefund ist Basis der Handlungsentscheidung; Routinelabordiagnostik bei postiktal klinisch unauffälligem Kind nicht zwingend erforderlich
- Antipyrese
- Vorstellung, dass sich Fieberkrämpfe durch Temperatursenkung mit Antipyretika verhindern lassen, ist nicht belegt
- Fiebersenkung verhindert nicht das Auftreten von FK; Rezidivrisiko während des gleichen Infektes kann möglicherweise gesenkt werden
- Akuttherapie
- Abgrenzung gutartiger FK von fiebergetriggerten Anfällen bei Kindern mit einem Epilepsie-Syndrom frühe Herausforderung in der Behandlung
- Vielzahl der FK von kurzer Dauer und sistieren spontan in < 3 min ohne medikamentöse Intervention • Anfälle > 5 min sistieren i.d.R. nicht mehr spontan und sollten medikamentös unterbrochen werden
- Akutunterbrechung
- Diazepam rektal in 2 Dosierungen
- Säuglinge und Kinder < 15 kg KG erhalten: 5 mg
- Kinder > 15 kg KG: 10 mg
- Zusammendrücken der Gesäßbacken für einige Minute um Zurücklaufen zu verhindern
- Diazepam rektal in 2 Dosierungen
- bukkales Midazolam in 4 Dosierungen (Zulassung für FK ohne Epilepsie):
- 3 Monate – < 1Jahr: 2,5 mg
- 1 Jahr – < 5 Jahre: 5 mg
- 5 Jahre – < 10 Jahre: 7,5 mg
- 10 Jahre – < 18 Jahre: 10 mg
- nasale Midazolamapplikation in Deutschland nicht zugelassen
- Medikamente und deren Dosierung zur Akutunterbrechung eines epileptischen Anfalls im Kindesalter
Name | Dosierung | Applikation | Intervallgabe | Indikation |
---|---|---|---|---|
Paracetamol | 15 mg/kg KG (Tageshöchstdosis 60 mg/kg/KG) | oral | alle 6 Stunden | Antipyrese |
Ibuprofen | 7,5 mg/kg KG (Tageshöchstdosis 30 mg/kg/KG) | oral | alle 6 Stunden | Antipyrese |
Diazepam | Sgl.: 0,25 – 0,5 mg/kg KG Klein-/Schulkind: 0,2 – 0,4 mg/kg | i.v. / rektal | Gabe nach 10 min | Anfallsunterbrechung |
Midazolam | Sgl.: 3 Mon. – < 1 Jahr: 2,5 mg 1 Jahr – < 5 Jahre: 5 mg 5 Jahre – < 10 Jahre: 7,5 mg 10 Jahre – < 18 Jahre: 10 mg | bukkal | Gabe nach 10 min | Anfallsunterbrechung |
Clonazepam | 0,01-0.05 mg/kg KG Sgl. bis 0,5 mg – ½ Ampulle Kleinkind: 1 mg – 1 Ampulle Schulkind: 1 – 2 mg – 1 – 2 Ampullen | i.v. | Gabe nach 10 min | Anfallsunterbrechung |
Lorazepam | 0,05 mg/kg KG Sgl.: bis 1 mg Klein-/Schulkind: 1 – 2,5 mg | i.v. | Gabe nach 10 min | Anfallsunterbrechung |
Midazolam | 0,15 – 0,2 mg/kg KG | i.v. | Gabe nach 10 min | Anfallsunterbrechung |
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