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Leitlinie „Haemophilia“ des RCH

veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.05.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/

Grundsätzliches

  • X-chromosomal vererbte Blutungsstörung
  • 1 von 6.000 – 10.000 Männern und < 1 von 300.000 Frauen betroffen
  • Hämophilie A ist ausgelöst durch Mangel an Gerinnungsfaktor VIII
  • Hämophilie B ist ausgelöst durch Mangel an Gerinnungsfaktor IX
  • Untersuchung, Anamnese und Diagnostik sollten Blutfaktor-Gabe nicht verzögern

Anamnese & Diagnostik

  • detailliertes Erfassen von Verletzungsart, -ort, -ausmaß und -mechanismus (CAVE: innere und Gelenkverletzungen werden oft übersehen)
  • Beurteilung der Auswirkung des Blutverlusts auf den Kreislauf
  • Evaluation des Hämophilie-Typen (A oder B)
  • Abklärung, ob Patient*in Heimprophylaxeprogramm durchläuft (Zeitpunkt letzte Behandlung?)
  • ggf. bildgebende Diagnostik der Stelle, an der Blutung vermutet wird, abhängig von der Art der Verletzung
  • routinemäßige Gerinnungsuntersuchung nicht erforderlich

Schweregrade

SchweregradKonzentration der Gerinnungsfaktorentypische Blutungssituation
mild> 5 – 40 %Blutungen treten bei schweren
Traumata wie Operationen etc. auf
moderat1 – 5 %ggf. Blutung nach kleineren Verletzungen; ggf. Blutungen in Gelenke; schwere Blutungen treten bei mittelschweren Traumata, Operationen etc. auf
schwer< 1 %typischerweise häufige Blutungen, vor allem an Gelenke & in Muskeln; spontane Blutungen oder nach kleiner Verletzung

Therapie

  • größere (oder fragliche) Blutungen in Kopf-, Hals-, Thorax-, Abdominalbereich und/oder Becken sofort/schnellstmöglich (vor vollständiger Untersuchung) mit Gerinnungsfaktoren behandeln
  • pVK-Anlage meist notwendig (kann Angst und Stress auslösen, daher erfolglose Venenpunktionen minimieren; CAVE: Risiko von Blutungen durch Venenpunktion, nach Venenpunktion min. 3 min lang Druck ausüben)
  • bei den meisten Blutungen ist Gerinnungsfaktoren-Ersatz erforderlich (Ausnahme: kleinere Weichteilverletzungen und Blutergüsse)
  • rechtzeitiger Gerinnungsfaktoren-Ersatz verringert Schmerzen und langfristige Blutungsfolgen
  • keine i.m.-Applikation von Medikamenten
  • keine Gabe von Aspirin oder NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac etc. (erhöhtes Blutungsrisiko)
  • Paracetamol oftmals ausreichend, ggf. Opiate/Opioide erwägen
  • Schienung/Ruhigstellung ist wirksames Hilfsmittel zur Schmerzlinderung
  • CAVE: bei anhaltender Blutung nach adäquater Faktorsubstitution davon auszugehen, dass Patient*innen einen Faktorinhibitor entwickelt haben
  • Transport in Klinik mit Expertise in Bezug auf Hämophilie-Behandlung

PRICE-Schema bei Gelenk- & Muskelblutung

  • Protect (Ruhigstellung des betroffenen Bereichs in einer bequemen Position, z. B. Schiene/Schlingen/Krücken)
  • Rest (Ruhe)
  • Ice (Kühlung zur Blutstillung und Schmerzlinderung)
  • Compression (sanfterer Kompressionsverband)
  • Elevation (Hochlagerung der betroffenen Körperregion)

Indikationen zur Einweisung in Fachklinik

  • Verdacht auf intrakranielle Blutung
  • Blutung an Hals/Kehlkopf
  • Blutung in den Unterarm/die Wade mit Kompartmentsyndrom-Risiko
  • Blutung in die Hüfte oder Leistengegend
  • nicht genauer abgeklärte/abklärbare Unterleibsschmerzen
  • anhaltende Hämaturie
  • Blutung, die starke Schmerzen verursacht
Published inLeitlinien kompakt

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