veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI)
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 02.12.2024
Ablaufdatum: 01.12.2029
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/001-031.html
Grundsätzliches
- Aspiration und Ingestion von Fremdkörpern gehören zu den bedeutsamen Gründen einer akuten Vorstellung von Kindern im ambulanten Versorgungsbereich, im Rettungsdienst und in der Notaufnahme
- Begrifflichkeit des „Verschluckens“ unterscheidet zunächst nicht zwischen Aspirations- und Ingestionsereignis, kann aber als klarer Hinweis auf die diagnostischen und therapeutischen Verknüpfungen zwischen beiden verstanden werden
- wichtige Gründe für altersgruppenbezogene Häufungen bei sehr jungen und sehr alten Menschen sind eingeschränkte Koordination des Schluckens, fehlende Zähne sowie entwicklungstypische Neigung von Säuglingen und Kleinkindern, Dinge mit dem Mund zu explorieren
- Fremdkörperaspirationen sind vermutlich für die Mehrzahl der Todesfälle bei Ereignissen des „Verschluckens“ verantwortlich
Epidemiologie
- „Verschlucken“ in den USA im Jahr 2020 häufigste Todesursache durch vermeidbare Unfälle bei Säuglingen (1- bis 4-Jährige: 4. Platz; Jugendliche: Platz 7; > 85 Jahre: Platz 2)
- in den USA sind 2015 fast 7.000 Menschen durch „Verschlucken“ erstickt
- „Verschlucken“ ist in Deutschland die achthäufigste Todesursache bei Kindern aller Altersstufen
- regelhaft wird das „Verschlucken“ gar nicht beobachtet (bei Fremdkörperaspiration in 52 % oder bei Fremdkörperingestionen in 22 % der Fälle)
- Fremdkörperaspiration
- ca. 2/3 der betroffenen Kinder sind jünger als 3 Jahre
- Jungen sind mit 53 – 62 % der Fälle etwas häufiger betroffen als Mädchen
- Fremdkörperingestion
- 75 % der Patient*innen sind jünger als 4 Jahre alt
- Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen (z.B. 53 – 64 %)
Charakteristik, Verlauf und Prognose
Fremdkörperaspirationen
- nur sehr selten unmittelbare, vollständige Verlegung der Atemwege mit Todesfolge
- Mortalität von 3,4 % (bei 1,7 % der Fälle erfolgte eine Notfall-Tracheotomie)
- meist organische Fremdkörper (60 – 81 %), v.a. Nüsse, Samen, Bohnen, Äpfel, Möhren o.Ä.
- Verteilungsmuster der Lokalisation aspirierter Fremdkörper
- Larynx, Supraglottis/Glottis: 2,8 – 10 %
- Subglottis/Trachea: 6 – 16 %
- rechte Lunge: 43 – 59 %
- linke Lunge: 29 – 42 %
- Lunge beidseits: 2 %
- durchschnittlich in 80 % der Fälle werden Fremdkörper bronchoskopisch unterhalb der Karina gefunden, etwas häufiger in der rechten Lunge
- Fremdkörperaspirationen können zudem in jedem Teil der Atemwege, also auch in der Nase vorkommen
- zwischen Aspirationsereignis und Vorstellung des Kindes können ggf. Monate vergehen
Fremdkörperingestionen
- Ingestion von starken Magneten aus Seltenen Erden (Neodym) hat zugenommen (ca. 16.000 Fälle in den USA zw. 2002 & 2011)
- Ingestionen von stark sauren oder alkalischen Lösungen sind selten –> erhebliche Bedrohung durch Schädigungen der Speiseröhre in bis zu 40 % der Fälle
- mit Inzidenz zw. 5 und >500 Fällen pro 100.000 Einwohnern pro Jahr sind vor allem Kinder in Schwellenländern bedroht
- Sonderfall „Trichobezoare“
- besondere Form der Fremdkörperingestion
- regelmäßige Ingestion von Haaren (eigene, von Puppen oder Haustieren), die Trichitillophagie, die über die chronische Aufnahme zur Formierung eines kompakten Trichobezoars führen kann
- kann den Magen ausfüllen und bis in das Duodenum oder sogar in das Colon reichen
- Trichobezoare kommen sehr selten (hauptsächlich Kasuistiken und Fallserien)
- Anamnese insofern oft nicht informativ, sodass die chronische Ingestion lange übersehen werden kann; hinweisend können psychiatrische Störungen sein
- Symptome: Bauchschmerzen, Gedeihstörung oder Gewichtsabnahme, gastrointestinale Blutungen, Erbrechen bis zu Symptomen eines Ileus oder einer Perforation
- Diagnostik: klinisch meist derbe, teilweise druckschmerzhafte Resistenz im Mittel-/Oberbauch linksbetont
- Komplikationen: Gedeihstörungen und Anorexie, Anämie, gastrointestinale Blutungen bei Ulzerationen, Magenausgangsobstruktionen, Invaginationen, Ileus, Magen- und Dünndarmperforationen
Symptomatik
- allgemeine Symptome wie Speicheln, Würgen, Erbrechen, pathologische Atemgeräusche, Husten oder Luftnot
Fremdkörperaspiration
- Husten (plötzlich einsetzend als häufigstes Initialsymptom)
- Tachypnoe/Dyspnoe
- Giemen, Stridor (je nach Lage, Größe und Konsistenz des Fremdkörpers häufig ex- oder inspiratorischer Stridor oder exspiratorisches Giemen bei sorgfältiger, seitengetrennte Lungenauskultation; ggf. auch einseitig oder regional verschärftes, abgeschwächtes oder gar fehlendes Atemgeräusch möglich)
- Heiserkeit
- Zyanose
- Einziehungen
- Erbrechen
- Pneumothorax oder Pneumomediastinum als seltene Komplikation
- CAVE: nicht selten unspezifische respiratorische Symptome (Keuchen, Husten, Spastik, Atemwegsinfektionen, Fieber oder Dyspnoe) über Stunden, Tage oder sogar Wochen bzw. Monate nach Fremdkörperaspiration
Fremdkörperingestion (bei nur ca. 1/3 der Patient*innen)
- bei Verschluss des Pylorus –> durchgehendes oder wiederkehrendes Erbrechen
- Lokalisation irgendwo im Ösophagus –> Erbrechen, Schluckbeschwerden, Speicheln, Engegefühl, Brust- oder Bauchschmerzen, Luftnot und Husten
- Lokalisation im oberen Ösophagus –> Schluckbeschwerden (95 %) & Atembeschwerden (18 %)
- Lokalisation im Rachen –> Schmerzen, Schluckbeschwerden, Veränderung der Stimme und Atembeschwerden
Diagnostik
V.a. akute Fremdkörperaspiration
- Kinder, die prähospital (z.B. RD, Arztpraxis) mit typischen Aspirationsereignis vorgestellt werden, (auch wenn diese klinisch unauffällig sind) fachärztlich untersuchen und ggf. Indikation zur Verlegung in ein Zentrum mit pädiatrischer Endoskopie-Expertise diskutieren
- wenn bei akutem Ereignis ein nicht-röntgendichter Fremdköper vermutet wird, soll kein Röntgen-Thorax zum Fremdkörpernachweis und -ausschluss durchgeführt werden
- nach typischem Aspirationsereignis Bronchoskopie durchführen
- wenn aspirierter Fremdkörper röntgendicht ist und wertvolle zusätzliche Aussage dadurch erwartet wird, unter Abwägung der Strahlenbelastung Röntgenaufnahme durchgeführen
- unauffälliger Röntgen-Thorax schließt chronische Fremdkörperaspiration nicht aus (bei begründetem Verdacht Bronchoskopie durchführen)
- Computertomographie (CT) als Ergänzung zur prä- und postinterventionellen Diagnostik erwägen
V.a. akute Fremdkörperingestion
- bei Ingestion spitzer Gegenstände (z.B. Nadeln, Gräten, Knochen, Zahnstocher) mit typischen Symptomen im Mund-Rachen-Raum immer sofort am wachen Kind (soweit atraumatisch möglich) Inspektion des Mundes und zeitgleich schon beim ersten Versuch Entfernung desselben, wenn möglich, z.B. durch Pinzette, Klemme, Magill-Zange in der Hand (für Inspektion am wachen Kind können je nach Erfahrung und Ausstattung Holzspatel und Lichtquelle, Laryngoskop oder HNO-Optiken verwendet werden)
- Darstellung von Fremdkörpern im Rachen (Pharyngoskopie) am sedierten Kind kann mit Gastroskopen, Bronchoskopen, HNO-Endoskopen oder Laryngoskop erfolgen (bei Verwendung eines Laryngoskops Video-Laryngoskopie dafür bevorzugen)
- Durchleuchtungsuntersuchungen mit Kontrastmittel bei länger bestehender, unklarer Symptomatik erwägen, um nicht-röntgendichte Fremdkörper und andere Pathologien (z.B. Stenosen) nachzuweisen
- bei nadelartig spitzen, röntgendichten Gegenständen im Pharynx und im gesamten Magen-Darm-Trakt, wenn glaubhaft ingestiert oder passende Symptome besteht und Fremdkörper mit keiner anderen Methode (Inspektion, Röntgen) lokalisiert werden konnte, Computertomographie erwägen (im gleichen Fall eines nicht röntgendichten, spitzen Fremdkörpers MRT-Untersuchung erwägen)
- bei spitzen Fremdkörpern bzw. Perforationsverdacht Computertomografie zur Lokalisation und Darstellung des Ausmaßes von Komplikationen erwägen
- bei V.a. Ingestion eines röntgendichten Fremdkörpers a.p.-Röntgen-Thorax und Abdomen vom Epipharynx bis zur Symphyse durchführen (initial auch Darstellung nur bis zum Oberbauch erwägen –> bei fehlendem Nachweis eines Fremdkörpers oder anamnestischem Hinweis auf mehrere Fremdkörper diese dann durch Abdomenaufnahme im Liegen ergänzen)
- wenn bei Abdomenaufnahme im Liegen die Lage nur fraglich dem Magen zugeordnet werden kann und Differenzierung klinisch bedeutsam ist, zusätzliche Abdomenaufnahme in Linksseitenlage erwägen (Fremdkörper fällt möglicherweise in den Fundus)
- durch radiologische Diagnostik soll kein zeitlicher Verzug entstehen, der zu gesundheitlichen Schäden der Patient*innen führen kann
- elektive Endoskopie bei Kindern, die ätzende Substanzen ingestiert haben, die aber asymptomatisch sind und keine oralen oder pharyngealen Verletzungen zeigen, auch wenn Schädigungen nur selten zu erwarten sind
- bei V. a. Trichobezoar radiologische Diagnostik (Abdomen-Leeraufnahme, ggf. mit oraler Gabe von Kontrastmittel; alternativ MRT)
Fremdkörperaspiration und -ingestion (anamnestisch und/oder klinisch beides möglich)
- bei zu einer Fremdkörperaspiration oder -ingestion passenden Symptomen (auch ohne zuvor berichtetes Ereignis) immer gezielte Anamnese dahingehend erheben
- besonders wenn Symptome nicht in üblicher Weise auf Therapie ansprechen oder untypischen Verlauf zeigen, gezielte Diagnostik durchführen
- wenn durch gründliche Anamnese und Untersuchungen Ausschluss einer Ingestion oder Aspiration und/oder dessen Differenzierung nicht möglich ist, ggf. p.a.-Röntgen-Thorax-Aufnahme unter Einschluss des Hypopharynx mit überstrecktem Kopf und des Oberbauchs durchführen, um röntgendichte Objekte zu finden, ansonsten symptombezogene weitere Diagnostik, je nach Art und möglicher Lage des Fremdkörpers Bildgebung oder endoskopische Untersuchung durchführen
(Symptome: Giemen, Keuchen, Heiserkeit, Stridor, Husten, Tachypnoe/Dyspnoe, Zyanose, Schluckbeschwerden, Unwohlsein, Appetitlosigkeit, Speicheln, Erbrechen, Engegefühl, Brust- oder Bauchschmerzen und Fieber)
interdisziplinäre Organisation
- Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten bei der Versorgung von Kindern nach Fremdkörperaspiration und Fremdkörperingestion in jeder einzelnen Einrichtung jeweils gemäß den strukturellen und personellen Ausstattungen und Erfahrungen regeln
- Ansprechpartner sowie Standardabläufe bezüglich Diagnostik, Therapieentscheidung und der durchzuführenden Interventionen während der Regelversorgungszeit sowie im Notdienst eindeutig festlegen
- folgende endoskopische Prozeduren sollen hinsichtlich Zuständigkeit und Abläufen innerhalb eines Versorgers für Kinder interdisziplinär abgesprochen werden:
- (Video-) Laryngoskopie und Hypopharyngoskopie
- Nasopharyngoskopie
- flexible Tracheo- und Bronchoskopie
- starre Tracheo- und Bronchoskopie
- flexible Ösophagoskopie und Gastroskopie (gegebenenfalls mit Ballon-Dilatation)
- starre Ösophagoskopie
Aufklärung und Einwilligung
- Aufklärung soll bei vitaler Gefährdung eines Kindes nicht zur Verzögerung der Versorgung führen (Aufklärung soll dann erst im Anschluss an die Versorgung erfolgen)
- anästhesiologische Aufklärung sollte neben Benennung der allgemeinen Risiken (die jeder Versorger selbst standardisieren sollte) die folgenden spezifischen Punkte beinhalten: Intubation (auch bei geplanter Sedierung), ggf. postoperative Versorgung auf Intensivstation, ggf. Nachbeatmung mit Analgosedierung, Zahnschäden, Kehlkopf-/Luftröhrenverletzung
- bei operativ-endoskopischenrAufklärung typische, auch seltenere Komplikationen ansprechen, z.B.
- flexible und/oder starre Tracheobronchoskopie: Blutung, Infektion, Schleimhautverletzung, Zahnschäden, Kehlkopf- und Bronchialverletzung, Verbleiben von Fremdkörperresten und Bedarf einer erneuten Spiegelung, Risiko von Sekundärschäden bei verspäteter Endoskopie beziehungsweise Extraktion
- flexible und/oder starre Ösophagogastroskopie: Speiseröhrenverletzung im Rahmen der Intervention mit Blutung und gegebenenfalls Perforation (Einriss), welche ggf. weitere Interventionen nach sich ziehen (Blutungsstillung, Magensonde, parenterale Ernährung)
Dringlichkeit, Nüchternheit & Patient*innen-Vorbereitung
- zuständige Disziplinen beurteilen die Dringlichkeit der Endoskopie in Bezug auf die akute Bedrohung oder Belastung des Kindes unter Einbezug der nachfolgenden Kriterien:
- Risiko einer (sub-)totalen Atemwegsobstruktion durch den Fremdkörper
- Risiko einer respiratorischen Erschöpfung des Kindes
- Risiko von Sekundärschäden (z.B. Batterien, mehrere Magnete, spitze Fremdkörper).
- Risiken einer Notfallnarkoseeinleitung (Rapid-Sequence-Induction, RSI) mit dem Risiko der Regurgitation von Mageninhalt und/oder pulmonaler Aspiration bei nicht-nüchternem Kind
- Risiko von Atemwegskomplikationen durch einen begleitenden, nicht-kompensierten Atemwegsinfekt
- Risiko der Durchführung des Eingriffs mit nicht optimaler Teambesetzung im Notfallbetrieb
- beteiligte Disziplinen sollen die Dringlichkeit der Endoskopie in Bezug auf die akute Bedrohung oder Belastung des Kindes beurteilen und die Risiken in Bezug auf den Zeitpunkt der Versorgung dagegen abwägen
- grundsätzlich soll vor Beginn der Narkoseeinleitung die vollständige Einsatzbereitschaft des unmittelbar beteiligten Teams und die Funktionsbereitschaft des gesamten möglicherweise notwendigen Instrumentariums gewährleistet sein
- bei vitaler Bedrohung durch unmittelbar drohende oder bereits manifeste vollständige Atemwegsobstruktion mit Maßnahmen beginnen, sobald das Instrumentarium einsatzbereit ist, mit dem eine Verbesserung des Kindes mit großer Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann
- bei bedrohlichen Konstellationen, die zum Beispiel durch vermuteten großen Fremdkörper, in- und exspiratorischen Stridor und drohende oder manifeste Atemwegsobstruktion vorliegen, operative Eröffnung der Trachea (zur Bergung eines Fremdkörpers oder Sicherung der Oxygenierung z.B. durch HNO oder Kinderchirurgie) unmittelbar ermöglichen
- um bei Entscheidungsfindung im Einzelfall keine Zeit zu verlieren, soll jeder Versorger klare Regeln und Abläufe für die Standardsituationen in seiner Einrichtung etablieren, die allen Mitarbeitenden bekannt sind und deren Praktikabilität und Umsetzung regelmäßig überprüft und trainiert wird
- Kugeln und andere Materialien, die supraabsorbierende Polymere enthalten und aspiriert oder ingestiert wurden, so schnell wie möglich bergen
- spitze Gegenstände wie Fischgräten, Nadeln, Knochen oder Zahnstocher sofort bergen, solange diese voraussichtlich noch im Mund-Rachenraum oder mit einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) erreichbar sind, denn Komplikation einer Perforation kommt in allen Abschnitten des Darmes vor
- Fremdkörperaspiration
- lebensbedrohliche Ereignisse mit akuter totaler oder subtotaler Atemwegsobstruktion erfordern sofortige Intervention entsprechend ERC-Leitlinien zur Wiederbelebung von Kindern –> Kind, welches sich durch die ERC-Maßnahmen bei V.a. Fremdköperaspiration nicht stabilisieren lässt, möglichst schnell (auch unter laufendenr Reanimation) zu einer kompetenten Endoskopieeinrichtung transportieren und gleichzeitig dort ankündigen
- bei akuter, kompletter Atemwegsverlegung im Rahmen einer Notfalllaryngoskopie versuchen, einen ggf. supraglottisch/glottisch gelegenen Fremdkörper mit geeigneter Fasszange (z.B. Magill-Zange) umgehend zu entfernen
- bei akutem Aspirationsereignis (< 24 h) und Kind mit akuter Dyspnoe Bronchoskopie und Fremdkörperbergung ohne Verzögerung durchführen
- nach Puder-Aspiration Bronchoskopie ohne Verzögerung
- bei akutem Aspirationsereignis und unbeeinträchtigtem Kind sowie Ereignis, welches < 72 h zurück liegt, Bronchoskopie und Fremdkörperbergung innerhalb der nächsten 24 h unter optimalen Bedingungen durchführen (bis dahin Vitalzeichen-Monitoring sowie unmittelbare Reaktion auf Verschlechterung gewährleisten)
- bei Aspirationsereignis > 72 h Bronchoskopie zeitnah unter optimalen Bedingungen durchführen
- bei Fremdkörpern, die > 72 h im Bronchialsystem sind, Vorbehandlung mit Glukokortikoiden erwägen
- wenn Vorbehandlung mit Glukokortikoiden zur Reduktion von Schwellungen und Granulationsgewebe erfolgt, kontinuierliche Überwachung der Vitalparameterund Intervention bei Dislokation des Fremdkörpers mit Atemwegsverlegung jederzeit ermöglichen
- Fremdkörperingestion
- bei bedeutsamer Blutung mit oder nach Knopfzellbatterie im oberen Ösophagus soll durch unmittelbares Zusammenbringen aller verfügbaren Fachabteilungen (Herz- und Thoraxchirurgie, interventionelle Radiologie und/oder Kardiologie) unmittelbar umsetzbare Strategie beschlossen werden
- bei Knopfzell-Batterien im oberen Ösophagus innerhalb der ersten 12 h sofortige Vorbehandlung mit Sucralfat oder Honig (kein Honig bei Säuglingen < 1 Jahr)
- im Ösophagus dargestellte Knopfzell-Batterien stellen Sofort-Notfall dar und sollen unmittelbar entfernt werden
- bei Knopfzellbatterien im oberen Ösophagussphinkter und entsprechender Kompetenz deren Bergung unter Verwendung eines langen Laryngoskop-Spatels und einer Zange in Sedierung erwägen
- wenn Knopfzelle bereits Magen eines Kindes erreicht hat, zeitnah Endoskopie, aber nach Abwarten optimaler Bedingungen durchführen (nach Läsionen des Ösophagus schauen und Batterie aus dem Magen bergen)
- scharfkantige Gegenstände, wie Metallfragmente oder Glasscherben, die den Magen bereits erreicht haben und aufgrund ihrer Größe wahrscheinlich per vias naturales abgehen, nicht endoskopisch bergen
- wenn scharfkantige Gegenstände so groß sind, dass Sie den Pylorus möglicherweise nicht auf natürlichem Weg überwinden können (z.B. Rasierklingen), Bergung nur unter Verwendung geeigneter Schutzkappen durchführen
- verschluckte starke Magnete aus Seltenen Erden, die sich in der Speiseröhre oder im Magen darstellen, zeitnah entfernen
- wenn Magnete über den Magen hinaus gewandert sind, Kinder mit abdominellen Beschwerden stationärer überwachen bis die Magnete den Körper verlassen haben oder operative Entfernung notwendig wird
- bei symptomatischen Kindern nach Ingestion ätzender Substanzen Endoskopie innerhalb von 24 h durchführen, um weitere Therapie festzulegen und Magensonde unter Sicht zu legen
anästhesiologische Aspekte
- anästhesiologisches Team zur Versorgung von Kindern mit Aspirationen oder Ingestionen soll hierin erfahren sein
- vor Narkoseeinleitung Inhalation mit Salbutamol (oder ß-Mimetika) erwägen
- zur Fremdkörperendoskopie auf grundsätzliche perioperative Antibiotikaprophylaxe verzichten
- bei jeder Fremdkörperaspiration & -ingestion potenziell schwierigen Atemweg antizipieren
- bei Endoskopie-Narkose vollständiges anästhesiologisches Standard-Monitoring (SpO2, EKG, NIBP, Temperatur, FiO2 und etCO2)
- wenn Muskelrelaxanzien verwendet werden, (wann immer durchführbar) durchgehende Messung der neuromuskulären Übertragung
- bei gefährdetem oder unklarem Atemweg Spontanatmung erhalten mit kontrolliert zunehmender Narkosetiefe und gradueller Zunahme einer assistierten Beatmung
- Anästhesie für Fremdkörperendoskopie soll tief genug sein, um störende und gefährliche Bewegungen und Reflexe sicher zu unterdrücken (gleichzeitig größeren Narkoseüberhang vermeiden)
- zur sicheren starren Tracheobroncho- oder Ösophagoskopie vollständige Muskelrelaxierung
- nach schwieriger oder protrahierter Fremdkörperextraktion und/oder bei vorstehender respiratorischer Kompromittierung passagere Intubation oder auch Intubation und Nachbeatmung bis zur adäquaten respiratorischen Stabilisierung erwägen
weitere Kapitel
- Endoskopie-Vorbereitung
- Endoskopie-Techniken
- Endoskopie-Dauer
- Nachsorge
- Prävention
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