veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Klassifikation gemäß AWMF: S1
Datum der Veröffentlichung: 17.03.2021
Ablaufdatum: 16.03.2026
Quelle/Quelllink: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/001-036
- erwartet schwieriger kindlicher Atemweg wird definiert als akut auftretende oder anatomisch fixierte Atemwegsanomalie (s. Tabelle) mit möglichen Folgen einer Atemwegsobstruktion, schwieriger Maskenbeatmung, schwieriger konventioneller Laryngoskopie und schwieriger trachealer Intubation
Einteilung | Anatomie | Ursache |
normaler Atemweg, unerwartet schwieriger Atemweg | normal | anatomische Atemwegsobstruktion: – inadäquate Kopflagerung – ineffektives Offenhalten der normalen Atemwege häufig funktionelle Atemwegsobstr.: – oberflächliche Anästhesie – Laryngospasmus – Bronchospasmus – Opioid-induzierter Glottisschluss – Opioid-induzierte Thoraxrigidität – Überblähung des Magens – Alvelolarkollaps |
grundsätzlich normaler, aktuell erwartet schwieriger Atemweg | normal | meist akute Ereignisse durch Infektion/Blutung/Ödem: – Epiglottitis – schwere Laryngotracheitis (Pseudokrupp) – akut bakterielle (Laryngo-)Tracheitis – pharyngeale Abszesse, Traumata – Nachblutung nach atemwegsnahen Eingriffen – anaphylaktische Atemwegsschwellung – supraglottischer/infraglottischer-supracarinaler (zentraler) Fremdkörper subakute Entitäten: – Tonsillen- u/o Adenoidhyperperplasie |
anatomisch fixierter erwartet schwieriger Atemweg | normal | anatomische Veränderungen des Gesichts und/oder der HWS-Beweglichkeit: – Verbrennungen, Keloide, Z.n. nach Bestrahlung – Dysmorphie-Syndrome – HWS-Syndrome – fortgeschrittene Muskeldystrophien – Tumore im und um den Atemweg – narbige Trachealstenosen + Infekt-assoziierte Exazerbation – Missbildungen von Trachea und Bronchien – erworbene subglottische Stenosen |
- erwartet schwieriger Atemweg im Kindesalter bei hinreichend klinischer Sorgfalt in aller Regel vorhersehbar; vor jeder Anästhesie und Sedierung kindliche Atemwegsverhältnisse auf Hinweise eines schwierigen Atemwegs evaluieren
- persönliche Anamnese inkl. Schnarchen, obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom und Stridor
- Familienanamnese
- kinderärztliches Untersuchungsheft
- Arztbriefe vom Kinderarzt
- ggf. Anästhesieprotokolle vorangegangener Anästhesien, inkl. Warnhinweise im Anästhesie-internen, elektronischen Patientendatenmanagementsystem (PDMS)
- ggf. Krankenberichte früherer Krankenhausaufenthalte, inkl. Warnhinweise im Klinik-internen PDMS
- ggf.Anästhesie-Ausweis und gesondert vorhandene Krankenberichte zur Atemwegssicherung
- für notfallmäßige respiratorische Unterstützung primär eine der vier nachfolgend genannten Techniken zum Einsatz kommen:
- binasale Hochfluss-Sauerstoff-Gabe („THRIVE“),
- optimierte Gesichtsmaskenbeatmung (inkl. NIV),
- direkte Ventilation über einen nasopharyngeal platzierten Tubus („Rachentubus“),
- Ventilation über eine supraglottische Atemwegshilfe (SGA) unter Beachtung der Kontraindikationen.
- auf Grund oft fehlender Kooperation des Kindes situationsgerecht (Analgo-) Sedierung bis hin zur Allgemeinanästhesie durchführen
- i.v.-Zugang frühzeitig – vorzugsweise vor Narkoseeinleitung – etablieren; im Falle einer Anlage im Anschluss an inhalative Narkoseeinleitung, Material für eine umgehende intraossäre Kanülierung unmittelbar bereitliegend
- bei unerwartet schwieriger Intubation mittels direkter Laryngoskopie stellt die Videolaryngoskopie primär sinnvolle Alternative
- nach frustraner Anwendung aller Maßnahmen und nach Ausschluss funktioneller Atemwegsobstruktion notfallmäßiger transtrachealer Zugang (emergency front of the neck access, eFONA) als Ultima ratio für extrem seltenen Fall einer „cannot oxygenate/cannot intubate“-Situation; aufgrund anatomischen Gegebenheiten (kleine und weiche Strukturen) zumindest bei Säuglingen und Kleinkindern chirurgische Technik mit vertikaler Schnittführung und Trachealeröffnung, Spreizung, Bougierung und Tubuseinlage erfolgversprechender als die perkutane Punktion
- Interhospitaltransport von Kindern mit schwierigem Atemweg und beginnender respiratorischer oder hämodynamischer Beeinträchtigung oder Notwendigkeit einer Analgosedierung während des Transports Begleitung durch kinderanästhesiologisch und/oder kinderintensivmedizinisch erfahrenen Arzt; Transport mit Arztbegleitung mit einem Intensivtransportwagen (ITW), Intensivtransporthubschrauber (ITH) oder Rettungstransportwagen (RTW), ausgestattet nach DIN 75076:2012 und ergänzt mit einer adäquaten Ausrüstung zur Versorgung von Säuglingen und Kindern
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