veröffentlichende Fachgesellschaft: British Burn Association
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 19.02.2019
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.britishburnassociation.org/first-aid-guidelines/
Airway-Management
- Verbrennungen der Atemwege oder Inhalationsverletzungen bei Erstuntersuchung ausgeschließen werden
- Einteilung in supraglottisch und infraglottisch; meist supraglottisch
- infraglottische Verätzungen der Atemwege unter bestimmten Umständen in Betracht ziehen, z.B. bei Inhalation von Dampf oder Aspiration von verbrühenden Flüssigkeiten, Explosionsverletzungen, brennbaren Gasen unter Druck oder Aerosolen (Merkmale: beeinträchtigte Ziliartätigkeit, Erythem, Hypersekretion, Ödem, Schleimhautulzeration und Bronchialspasmus)
- Verwendung großvolumiger Endotrachealtubus , insbesondere bei Verdacht auf Inhalationsverletzung
- größerer ET erleichtert anschließende Bronchoskopie und verringert Risiko eines späteren Verschlusses der Atemwege aufgrund von Blutgerinnseln oder Schleimablagerungen
- Fixierung des ET kann schwierig sein, Baumwollverbände verwenden; regelmäßig auf Spannung überprüfen, da die Schwellung im Gesicht dazu führen kann, dass die Bänder in die Haut einschneiden
- klinische Merkmale für prophylaktische Intubation: Verbrennungen der gesamten Gesichtsfläche, Stridor, Atemnot, Schwellungen bei Laryngoskopie, Rauchinhalation und versengte Nasenhaare
- ggf., falls notwendig und Intubation fehlschlägt, chirurgischer Atemweg zu legen; direkter Querschnitt durch Haut und Krikothyreoidea kann bei übergewichtigen Patienten, aufgrund von Gewebeödemen oder darüber liegender verbrannter Haut fehlschlagen
- ggf. Längsschnitt erwägen, um Anatomie freizulegen, gefolgt von Querschnitt durch Krikothyreoidea
Breathing
- Sauerstoffgabe bei allen Patienten mit schweren Traumata, einschließlich Verbrennungen
- Gabe über Maske mit Reservoir mit 10 – 15 L/min
- Ziel-Sauerstoffsättigung von 94 – 98 % anstreben
- zusätzlich zur Pulsoximetrie auf Anzeichen und Symptome einer Asphyxie untersuchen (Lethargie, Reizbarkeit, starke Kopfschmerzen, allgemeine Muskelschwäche, veränderter Bewusstseinszustand oder ZNS-Depression)
- nach CO- oder Zyanidvergiftung kann Zyanose häufig fehlen; kirschrote Hautverfärbung ist selten
- Kohlenmonoxidvergiftung kann auch bei normalen Pulsoximetrie-Werten vorliegen; falls vorhanden, können Kohlenmonoxidmessgeräte nutzen
- Wert von > 30 % weist auf eine schwere Vergiftung hin
- Gabe von 100 % normobarem Sauerstoff bis der COHb-Wert normal ist (< 3 %) und Symptome der CO-Vergiftung abgeklungen sind
- Halbwertszeit von Carboxyhämoglobin beträgt 320 Minuten bei Luftatmung; kann bei Atmung von 100 % Sauerstoff auf 80 Minuten verkürzt werden
Circulation
- Anlage pVk; wenn zwei Versuche fehlschlagen, Wechsel zu i.o.-Zugang
- bei i.o.-Zugang liegen die Infusionsraten ohne Druckbeutel zwischen 5 – 10 mL/min, je nach anatomischer Stelle und zugrunde liegendem Hypovolämie-Status; daher ggf. zweiten i.o.-Zugang erwägen
- bei Verbrennungspatienten mit Verdacht auf Rauchinhalation, die Veränderungen des Bewusstseinszustand und/oder kardiovaskuläre Instabilität aufweisen, Gabe des Antidot Hydroxycobalamin (5 mg i.v.)
Temperaturmanagement
- Maßnahmen zur aktiven Erwärmung der Patienten ergreifen, um Hypothermie zu vermeiden.
- Patienten müssen vollständig entkleidet werden, um Schweregrad der Verbrennung genau beurteilen zu können; um Wärmeverlust zu verringern, dies nur für die minimal notwendige Zeit, wobei nur der zu untersuchende Bereich entkleidet werden sollte
- Körpertemperatur regelmäßig messen
- Körpertemperatur von Kindern sorgfältig überwachen, insbesondere wenn Verbrennungen gekühlt werden (Risiko einer Unterkühlung bei Kindern aufgrund des größeren Verhältnisses von Oberfläche zu Körpermasse; gilt auch für ältere Patienten)
Schweregrad der Verbrennung
- Verwendung Lund & Browder-Tabelle als zuverlässigste Methode zur genauen Bestimmung des Verbrennungsschweregrads
- Rücken eines liegenden Patienten muss vollständig untersucht werden, um genaue Beurteilung zu ermöglichen
- es sollten nur Verbrennungen mit teilweiser oder vollständiger Durchdringung der Haut einbezogen werden (Ausschluss von Bereichen mit oberflächlichen Verbrennungsmerkmalen: Erythem, trockene Oberfläche, keine Blasenbildung, intakte Haut, Hautbleichung mit reger Kapillarfüllung)
- bei Kindern entsprechend skalierte pädiatrische Verbrennungstabelle verwenden
- bei Schätzung lediglich vereinfachte Unterscheidung zwischen Verbrennungen mit einer VKOF < 20 %, 20 – 50 % und > 50 %, um Strategien für die präklinische Versorgung festzulegen
Kühlung von Verbrennungen
- fließendes kühles Wasser ist nachweislich wirksamste Methode zur Kühlung von Verbrennungen
- optimale Dauer der Kühlung beträgt 20 Minuten.
- Temperatur des Wassers sollte < 20 °C betragen, wobei der optimale Heilungserfolg bei Wassertemperatur von etwa 12 °C erreicht wird
- Eiswasser (< 8 °C) wegen der verstärkten Gewebsnekrose vermeiden
- vorzugsweise Trinkwasser, um das Risiko einer Wundinfektion zu verringern
- für wirksame Kühlung können Flüssigkeitsmengen zwischen 20 – 120 Litern Wasser erforderlich sein, wobei min. 1 bis 1,5 Liter pro Minute auf die Verbrennungsstelle(n) aufgetragen werden sollten
- alle Schmuckstücke und Kleidungsstücke, die die verbrannten Stellen bedecken, entfernen
- wenn Material an der Haut haftet, an Ort und Stelle belassen; Kühlung jedoch ungehindert fortsetzen
- Kühlung von Verbrennungen scheint nicht direkt zur Unterkühlung des Patienten beizutragen
- dennoch Behandlung mit Kühlung in der prähospitalen Phase aufmerksam überwachen und Maßnahmen zur aktiven Erwärmung der Patienten einleiten
Chemische Verbrennungen
- Behandlung mit amphoterischen Lösungen bei Verätzungen
- sofortige Spülung und idealerweise in weniger als 10 Minuten nach Verletzung, unabhängig von verwendeter Spüllösung
- stehen keine amphoteren Lösungen zur Verfügung, Spülung mit normaler Kochsalzlösung; wenn keine dieser Lösungen verfügbar ist, Spülung mit Leitungswasser oder Flaschenwasser
- Dauer der Spülung sollte so lange wie möglich fortsetzen
Wundversorgung bei Verbrennungen
- locker angelegte Polyvinylchloridverbänden (Frischhaltefolie) verwenden, um Wundhygiene zu unterstützen
- Frischhaltefolie sollte über die Wunde gelegt und nicht vollständig umlaufend angebracht werden, um einschnürende Wirkung zu vermeiden
- wenn keine Frischhaltefolie zur Verfügung steht, Wunden mit sauberen, feuchten Tüchern oder nicht haftenden Verbänden verbinden
- Verwendung von Hydrogelverbänden nicht empfohlen
Volumentherapie
- bei Verbrennungen > 20 % VKOF bedecken, Flüssigkeitstherapie bereits präklinisch einleiten; bei Kinder ebenfalls an Leitlinien für Erwachsene orientieren
- keine Verabreichung zu großer Flüssigkeitsmengen (CAVE: Ödembildung, erhöhter Kompartmentdruck, ARDS und Organfunktionsstörungen)
- idealerweise angepasste Flüssigkeitstherapie mittels Überwachung angemessener Urinausscheidung steuern (Erwachsene: 0,3 – 1 mL/kg/Std.; Kinder: 1 – 1,5 mK/kg/Std.)
- Gabe von isotonischer Kochsalzlösung (NaCl 0,9%9
- idealerweise mit erwärmten Flüssigkeit
- orale Verabreichung von Flüssigkeit ist möglicher Weg zur Rehydrierung, aber nur bei wachen Patienten mit nur mittelschweren Verbrennungen
Analgesie
- angemessene Schmerzbehandlung ist in allen Phasen der Verbrennungsbehandlung unerlässlich
- Schmerzintensität kann bei Vollverbrennungen etwas geringer sein, die meisten Patienten haben jedoch immer noch erhebliche Schmerzen
- Vorhandensein von Schmerzen sollte nicht als Ausschlusskriterium für tiefgehende Verbrennungen sein
- Abdecken der Verbrennung mit Verband hat schmerzlindernde Wirkung
- Wahl des Analgetikums sollte entsprechend dem Schmerzwert des Patienten richten werden; titrierende Analgesie
- keine Belege für die Verwendung eines bestimmten Opiats bei Verbrennungen (z.B. Morphin oder Fentanyl)
- keine Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAIDs) aufgrund ihrer Auswirkungen auf Entzündungsreaktion, akute Nierenschädigung und Wundheilung
Escharotomie
- Escharotomie des Brustkorbs dekomprimiert die eingeschränkte Ausdehnung des Thorax und trägt dazu bei, den intraabdominalen Druck, die CO2-Retention sowie den Druck in zentralen Venen und der unteren Hohlvene zu senken, während die Sauerstoffkonzentration im Serum und der systolische Blutdruck deutlich ansteigen
- Notwendigkeit einer präklinischen Thorax-Escharotomie ist selten; sie ist jedoch potenziell lebensrettend sind
- Indikation für Durchführung einer prähospitalen Thorax-Escharotomie (einschließlich des Halses, falls erforderlich) nur in Fällen von fast oder den ganzen Thorax betroffener Verbrennungsausdehnung und drohender oder bestehender respiratorischer Beeinträchtigung aufgrund von thorako-abdominalen Verbrennungen
- Escharotomie nur entlang der mittelaxialen Linien durch die verbrannte Haut durchführen
- Escharotomie kann zu erheblichen externen Blutungen führen, daher sollte direkter Druck auf die Wunden ausgeübt werden, um die Blutstillung und die notwendige Volumentherapie mit Blutprodukten zu gewährleisten
- präklinische Escharotomie von Gliedmaßen nicht empfohlen, zumal die Durchführung solcher Verfahren ein erhebliches Komplikationsrisiko birgt
- kann bei längeren Versorgungsszenarien vor Ort in Betracht gezogen werden
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