veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.10.2022
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/
Grundsätzliches
- offener Augapfel oder penetrierende Augenverletzung stellt eine ernsthafte Gefahr für das Sehvermögen dar
- jeglicher Druck auf den Augapfel ist durch Untersuchung oder Polsterung zu vermeiden (CAVE: Austritt von Augeninhalt)
- bei Feststellung oder V.a. penetrierende Augenverletzung ist die Untersuchung zu beenden und das Auge abzudecken/zu schützen
- Verletzung des offenen Augapfels = Verletzung der Hornhaut/Sklera über die gesamte Dicke, die entweder zur Ruptur des Augapfels oder zur Rissbildung führt
- Ruptur des Augapfels tritt häufiger bei stumpfen Verletzungen oder als Risswunde infolge eines Traumas durch einen scharfen Gegenstand oder ein Hochgeschwindigkeitsprojektil auf
Anamnese
- vollständige Anamnese bzgl. des Ereignisses einschließlich Zeitpunkt und Zeugen
- Mechanismus der Verletzung, z.B. stumpfe Gewalteinwirkung, scharfer Gegenstand oder Projektil
- Zusammensetzung des möglichen intraokularen Fremdkörpers, z.B. Erde, Dreck oder Metall
- Schmerzanamnese
- Anamnese hinsichtlich der Verschlechterung des Sehvermögens
- begleitende Verletzungen
Diagnostik
- primäre Untersuchung gemäß ABCDE-Schema als pädiatrischer Primary Survey
- Untersuchung muss unter Umständen nur oberflächlich sein
- ggf., v.a. bei kleineren Kindern, Untersuchung durch Sedierung oder Vollnarkose erleichtern
- CAVE: Ausübung von Druck auf den Augapfel vermeiden
Red Flag bzgl. Perforation des Augapfels
- aus dem Auge ragender Gegenstand (CAVE: nicht entfernen oder berühren)
- starker Verlust des Sehvermögens
- relativer afferenter Pupillendefekt
- gequetschtes oder verzerrtes Morphologie des Augapfels
- geschwollene, hämorrhagische Augenlider
- Chemosis (Schwellung/Ödem der Bindehaut)
- 360°-Blutung unter der Bindehaut (subkonjunktival)
- verzerrte, unregelmäßige oder spitz zulaufende Pupille
- aus dem Augapfel austretender Augeninhalt (Iris und Netzhaut sind pigmentiert, der Glaskörper ist eine klar-gallertartige Flüssigkeit)
- erhöhte oder verringerte Vorderkammertiefe
Therapie
- Augenlider nicht gewaltsam öffnen (CAVE: Druck kann zur Extrusion von Augeninhalt führen)
- vorstehenden Fremdkörper nicht aus Augapfel entfernen
- Transport in Krankenhaus mit Augenklinik (Voranmeldung)
- Augenklappe anbringen bzw. Auge durch Abdeckung schützen
- keine Augentropfen verabreichen
- ggf. Analgesie, z.B. NSAR plus Antiemetika erwägen (CAVE: Erbrechen kann Augeninnendruck erhöhen und zum Herausschleudern von Augeninhalt führen)
- Lagerung mit 30 Grad erhöhtem Kopfteil, wenn hämodynamischer Zustand es erlaubt
- Tetanus-Impofstatus überprüfen
- ggf. Antibiotika verabreichen
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