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Leitlinie „Prähospitales Atemwegsmanagement“ der DGAI

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Klassifikation gemäß AWMF: S1
Datum der Veröffentlichung: 26.02.2019
Ablaufdatum: 25.02.2024
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/001-040.html

Grundsätzliches

  • Funktionsüberprüfung des Materials bei Dienstbeginn oder vor
  • Beginn von Maßnahmen zur Atemwegssicherung
  • bei allen invasiven Atemwegsicherungen Kapnografie

Indikationen

  • dringliche Indikation bei Patienten mit anhaltendem Atemstillstand
  • sofortige Indikation bei Patienten mit starker Atemnot oder Bewusstseinsverlust

Faktoren/Verursacher von Atemwegsverlegungen

  • Zurücksinken des Zungengrundes (Esmarch-Handgriff)
  • Verlegung der oberen Atemwege durch festes Material
  • Vorhandensein flüssiger Stoffe

Sauerstoffapplikation und Präoxygenierung

  • O2-Gabe bei allen Patienten mit erhaltener – auch insuffizienter – Spontanatmung nach Freimachen der Atemwege
  • O2-Gabe über dichtsitzende Gesichtsmaske, am besten mit Demand-ventil inklusive Filter
  • suffiziente Präoxygenierung vor jeder invasiven Atemwegssicherung
    • bei dringlicher Intubation bei noch ausreichender Spontanatmung Präoxygenierung über 4 min mit FiO2 von 1,0 über Gesichtsmaske mit Reservoir
    • ggf. zusätzlich für die Einleitung 15 L O2 über Nasenbrille
    • ggf. NIV zur Präoxygenierung bei Patienten mit eingeschränkter pulmonaler Funktion oder Adipositas

Nicht-Invasive Beatmung

  • Indikationen
    • (hyperkapnisches) akutes respiratorisches Versagen bei Exazerbation einer COPD
    • akutes kardiales Lungenödem
    • akutes respiratorisches Versagen bei immunsupprimierten Patienten
    • palliative Patienten mit akutem respiratorischen Versagen, bei denen die endotracheale Intubation umgangen werden soll
  • absolute Kontraindikationen
    • fehlende Spontanatmung bzw. Schnappatmung
    • fixierte oder funktionelle Verlegung der Atemwege
    • gastrointestinale Blutung oder Ileus
    • nicht-hyperkapnisches Koma
  • relative Kontraindikationen
    • hyperkapnisch bedingtes Koma
    • massive Agitation
    • massiver Sekretverhalt
    • schwere Hypoxämie oder Azidose (pH <7,1)
    • hämodynamische Instabilität (kardiogener Schock, Myokardinfarkt)
  • anatomische und/oder subjektive Interface-Inkompatibilität, Z.n. Operation am oberen Gastrointestinaltrakt

Gesichtsmaskenbeatmung

  • assistierte und kontrollierte Beatmung möglich
  • bei erschwerter Beatmung ggf. Optimierung der Kopfposition, doppelter C-Griff, Überstrecken des Kopfes, Anheben des Unterkiefers oder Einlage von Oro-/Nasopharyngealtubus
  • Normoventilation anstreben
  • Indikationen
    • primär vor der endotrachealen Intubation, während diese vorbereitet wird und der Atemstillstand bereits eingesetzt hat
    • nach gescheitertem Intubationsversuch bis weitere Maßnahmen ergriffen werden
    • intermittierend bei kurzzeitiger respiratorischer Insuffizienz (z.B. bei iatrogener Medikamentenüberdosierung oder kurzen Interventionen)
    • immer, wenn eine Beatmung indiziert ist und andere Maßnahmen/ Techniken nicht durchgeführt werden können

ETI, Videolaryngoskopie & andere Alternativen

endotracheale Intubation (ETI)

  • ETI = GOLD-STANDARD
  • Durchführung nur durch geübten Anwender mit 100 initialen ETIs und min. 10 ETI pro Jahr
  • Durchführung
    • optimale Oberkörperhochlagerung
    • max. zwei videolaryngoskopische Versuche; CPR nicht mehr als 5 Sekunden unterbrechen
    • bei RSI bei noch spontanatmenden Patienten primär Muskelrelaxanz und Verzicht auf Maskenbeatmung
    • Tubus unmittelbar noch Passage der Stimmbänder blocken
    • bei Traumapatienten HWS-Kragen erst direkt zur ETI abnehmen

extraglottische Atemwege (EGA)

  • primäre Strategie bei nicht geübten Anwendern
  • nur Verwendung von EGAs der 2. Generation
  • geübter Anwender: 45 EGA-Einlagen und min. 3 EGA pro Jahr
  • Cuffdruck nicht über 60 cmH20

Notkoniotomie

  • bei „can´t intubate – can´t oxygenate“-Situationen frühzeitige Entscheidung für Notkoniotomie
  • „Catheter-over-needle technique“: Kanülierung des Atemweges analog der Anlage einer Venenverweilkanüle
    • auf einem Stahlmandrin ist eine Kanüle mit einem Innendurchmesser zwischen 1,5 – 6,0 mm aufgezogen und nach erfolgreicher Passage des Ligamentum cricothyroideum wird der Mandrin entfernt und die Kanüle verbleibt in der Trachea
  • „Seldinger Technik“
    • mit Kanüle wird durch das Ligamentum cricothyroideum der Atemweg punktiert, ein Führungsdraht eingelegt, das Gewebe aufdilatiert und dann eine Trachealkanüle eingebracht
  • „Chirurgische Notfallkoniotomie“
    • mithilfe eines Skalpells wird das Ligamentum cricothyroideum durchtrennt, Schildund Ringknorpel z.B. mittels eines Spekulums auseinandergedrängt und eine Kanüle oder ein dünner Endotrachealtubus in den Atemweg eingelegt
    • im Gegensatz zu den beiden anderen Techniken erfordert die chirurgische Notfallkoniotomie keine speziellen, vorgefertigten Sets, auch wenn diese kommerziell erhältlich sind

Beatmung

  • Normoventilation mit etCO2 von 35 – 40 mmHg anstreben
  • Überwachung der Oxygenierung mittels Pulsoxymetrie
  • maschineller Beatmung sollte im Vergleich zur manuellen Beatmung per Beatmungsbeutel der Vorrang gegeben werden

Kindernotfälle

  • bei allen primär oder sekundär respiratorischen Kindernotfällen soll eine frühzeitige und hochdosierte Sauerstoffgabe erfolgen
  • bei Bronchospastik kurzwirksames β-2-Mimetikum + Anticholinergikum
  • bei akuter Obstruktion der extrapulmonalen Atemwege Adrenalin vernebelt (z.B. bei Krupp-Syndrom)
  • primäre Technik zur Beatmung von Kindern ist Beutel-Maskenbeatmung
    • Optimierung der Maskenbeatmung durch optimale Kopflagerung und die korrekte Größe der Maske sowie beidhändiger Esmarch-Maskengriff (doppelter C-Griff) und ggf. ein passender Guedeltubus
  • ETI
    • da sich entscheidende Therapieziele (Normoxie und Normokapnie) in den meisten Fällen auch mittels (optimierter) Maskenbeatmung oder extraglottischer Atemwegshilfsmittel erreichen lassen, soll die Indikation zur prähospitalen ETI von Kindern zurückhaltend gestellt werden
    • Präoxygenierung über dichtsitzende Gesichtsmaske; narkotisiertes oder komatöses Kind sollte bis zur Intubation bzw. alternativen Atemwegssicherung maskenbeatmet werden
    • Standardmonitoring mit EKG, SpO2, NIBP + Kapnografie
    • alle erforderlichen Medikamente sollen in der vereinbarten Konzentration vorbereitet und verwechslungssicher beschriftet werden
    • bei der kontrollierter RSI eines Kindes soll eine druckkontrollierte (pmax 10-15 mbar) Zwischenbeatmung über Gesichtsmaske
    • zur Durchführung der ETI Muskelrelaxanz-Gabe
    • bei ETI nur blockbare Tuben mit kleinem, weit distalem Cuff
    • nur zwei ETI-Versuche sonst EGA oder Maske-Beutel-Beatmung
  • bei EGA primär LaMa 2. Generation

schwieriger Atemweg

  • drei Entitäten vorhanden
    • unerwartet schwierige Maskenbeatmung aufgrund anatomischer oder funktioneller Atemwegsobstruktion
    • unerwartet schwierige Intubation
    • erwartet schwieriger Atemweg
  • beim Vorliegen eines unerwartet schwierigen Atemwegs beim Kind sollen funktionelle und/oder anatomische Schwierigkeiten konsequent behoben werden mit optimierter Maskenbeatmung, Anwendung eines oropharyngealen Tubus (Guedel), Narkosevertiefung (inkl. Muskelrelaxierung) sowie Anwendung von extraglottischen Atemwegshilfen (Larynxmaske oder nasopharyngealer Rachentubus)
  • bei erfolgloser Intubation eines Kindes soll frühzeitig auf die Maskenbeatmung zurückgegriffen oder ein extraglottischer Atemweg (Larynxmaske oder nasopharyngealer Rachentubus) eingelegt werden
    • Anzahl der Intubationsversuche soll auf max. zwei begrenzt
  • beim erwartet schwierigen Atemweg eines Kindes soll jegliche prähospitale Manipulation im Bereich der Atemwege besonders sorgsam überlegt sein oder, falls unumgänglich, mit größter Vorsicht durchgeführt werden
    • im Zweifelsfall sollte man sich auf nicht- oder geringinvasive Maßnahmen beschränken

Grafiken

Quelle: https://register.awmf.org/assets/guidelines/001-040l_S1_Praehospitales-Atemwegsmanagement_2019-03_1.pdf
Published inLeitlinien kompakt

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