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Leitlinie „Transcutaneous and Temporary Transvenous Pacing“ des JTS (Update 2025)

veröffentlichende Fachgesellschaft: Joint Trauma System – Department of Defense Center of Excellence for Trauma (JTS)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 16.04.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://jts.health.mil/index.cfm/PI_CPGs/cpgs

Grundsätzliches

  • Herzschrittmachertherapie ist vorübergehende Maßnahme, um Zeit für eine finale Therapie bzw. einen Eingriff zu gewinnen, z.B. eine Herzkatheteruntersuchung oder elektrophysiologische Untersuchungen, die die Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache oder bis zum endgültigen Eingriff, z.B. dem Einsetzen eines permanenten Herzschrittmachers, ermöglicht
  • Herzschrittmacher können transkutan (über extern angebrachte Stimulationspads), transvenös (über zentralen Venenkatheter, der als Einführhilfe für einen Stimulationsdraht dient, der durch das Venensystem direkt in das Herz geführt wird) oder über epikardiale Elektroden, die chirurgisch platziert werden, eingesetzt werden

Ätiologie

  • strukturelle Herzerkrankung
    • Ischämie oder Infarkt
    • angeborene Herzerkrankung
    • infiltrative Kardiomyopathien (Amyloidose, Lymphome)
    • Infektionen oder Entzündungen (virale Myokarditis, infektiöse Endokarditis, Borreliose, Chagas-Krankheit, Diphtherie, Toxoplasmose, Sarkoidose, Malaria, Dengue-Fieber, virale hämorrhagische Fieber usw.)
    • Z.n. chirurgischem Eingriff (z.B. Bypass-OP, Klappenoperationen)
    • stumpfes Thoraxtrauma
  • extrinsische Ursachen
    • Elektrolyt- und endokrine Anomalien
    • zufällige oder gezielte Hypothermie
    • Wirkungen von Medikamenten oder Toxinen (Organophosphate, Medikamentenüberdosierung)
    • neurogener Schock

Pathophysiologie

  • Schädigung des Erregungsleitungssystems durch eine der zuvor genannten Ätiologien –> Funktionsstörungen an verschiedenen Orten im Herzen wie z.B. sinoatrialer Knoten, intraatriale Erregungsleitungsbahnen, AV-Knoten, His-Bündel, Tawara-Schenkel & Purkinje-Fasern –> Herzrhythmusstörungen
  • typische bradykarde Herzrhythmusstörungen sind z.B. AV-Block I, II & III sowie Sick-Sinus-Syndrom und junktionale (Escape-)Rhythmen

Indikationen für temporäre Schrittmachertherapie

  • zuvor genannte Herzrhythmusstörungen, die mit einer Hypotonie und/oder Anzeichen einer schlechten Perfusion einhergehen (z.B. Synkope, Bewusstseinsveränderungen und Anzeichen einer Endorganischämie wie eine Angina pectoris)
  • wenn Zeit und Kapazitäten es erlauben, ist ein Versuch einer pharmakologischen Intervention sinnvoll, wobei die Schwelle zum Einsatz einer Herzschrittmachertherapie niedrig anzusetzen ist (z.B. Anticholinergika wie Atropin ODER Inotropika und Chronotropika wie Epinephrin oder Dobutamin)
  • CAVE: keine Verzögerung der Einleitung der Herzschrittmachertherapie aufgrund der medikamentösen Intervention

Vorgehen bei transkutanem Pacing

  1. WENN zeitlich möglich oder der Zustand der Patient*innen es erlaubt, vorher Analgesie (z.B. mit Fentanyl) und/oder Anxiolyse (z.B. mit Midazolam) i.v.
  2. Defi-Pads entweder in anterior-lateral (AL; rechte obere Brustwand und linke untere Brustwand, in der Mitte der Axillarlinie) oder anterior-posterior (AP; anterior unter der linken Brustwand und posterior unter dem linken Schulterblatt)
    • AL-Konfiguration wird häufig in Notfallsituationen verwendet, da Patient*innen nicht gedreht werden müssen
    • AP-Konfiguration unterstützt geeigneteren Vektor für die elektrische Leitung durch das Herz
    • guter Haut-Elektrodenkontakt senkt transthorakale Impedanz und verbessert elektrische Erfassung des Herzens (CAVE: ggf. vorher Anbringen der Pads Brusthaar entfernen)
  3. Defibrillator einschalten und Schrittmachermodus starten
  4. falls erforderlich, EKG-Elektroden anbringen, um zugrunde liegenden Rhythmus zu ermitteln
  5. angemessene gewünschte Ziel-HF liegt i.d.R. mind. 30 Schläge über dem natürlichen Rhythmus und i.d.R. zwischen 60 – 80 Schlägen pro Minute
  6. mit 70 Milliampere (mA) beginnen und langsam in 10-mA-Schritten erhöhen, bis eine elektrische Erfassung erkennbar ist, welche sich im EKG-Rhythmus widerspiegelt (CAVE: einige Geräte erkennen Schrittmacherspitzen, wenn sie eingeschaltet sind)
  7. mittels Ertasten des Pulses gegenprüfen, ob die elektrische Stimulation funktioniert
  8. sobald die elektrische Stimulation erfasst und bestätigt wurde, die finale mA-Einstellung auf 5 – 10 mA über der Erfassungsschwelle einstellen
  9. erneut den Kreislauf der Patient*innen sowie den allgemeinen Zustand überprüfen
  10. wenn nicht bereits erfolgt und falls erforderlich, Analgesie und Anxiolyse verabreichen, da die transkutane Stimulation sehr unangenehm ist und von wachen Patient*innen i.d.R. nicht gut akzeptiert wird

weiteres Vorgehen

  • Pacer-Pads alle 24 h austauschen, da sich Feuchtigkeit und Schweiß ansammeln und die Rhythmus-Erfassung erschweren
  • höhere Schwellenwerte werden teilweise bei Patient*innen mit gleichzeitiger Hypoxämie, Azidose, Lungenemphysem, Perikarderguss, starker Muskulatur, Übergewicht oder Medikamenten, wie z.B. Antiarrhythmika, Betablocker, Kalziumkanalblocker, beobachtet
  • ggf. prophylaktische Intubation vor einem luftgebundenen Transport erwägen
Published inLeitlinien kompakt

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