Nachdem es am 15.06. am ersten Nationalen Veteranentag um die gesundheitlich-phychologische Situation der Veteran*innen in Deutschland ging und damit auch um das Thema „Posttraumatische Belastungsstörung“ (PTBS) ging, geht es heute bei „Im Notfall Psychiatrie genau um dieses Thema.
Epidemiologie
- Prävalenzen
- 1-Monats-Prävalenz für PTBS in Deutschand in der Allgemeinbevölkerung: 1 – 3 % (mit dem Alter ansteigend; 1,3 – 1,9 % bei < 60-Jährigen & 3,4 % bei > 60-Jährigen, v.a. bedingt durch Traumata durch 2. Weltkrieg)
- neuere Studie mit Definitionskriterien gemäß ICD-11 fand 1-Monats-Prävalenz von 1,5 % für die PTBS und 0,5 % für komplexe PTBS
- 12-Monats-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung: etwa 4 %
- Lebenszeitprävalenz in der Allgemeinbevölkerung: ca. 2 – 9 % (Lebenszeitprävalenz für PTBS liegt bei Männern bei 5 bis 6 %, bei Frauen bei 10 bis 12 %, für komplexe PTBS bei 7 bis 15 %)
- Prävalenzen in Abhängigkeit der Art des Traumas
- ca. 50 % bei Kriegs-, Vergewaltigungs- und Folteropfern (also absichtlich herbeigeführten Trauma; CAVE: 90 % entwickeln eine akute Belastungsstörung)
- ca. 25 % bei Opfer von Gewaltverbrechen
- ca. 20 % bei Soldat*innen nach Kampfeinsätzen
- ca. 15% bei Verkehrsunfallopfern
- ca. 10 – 15 % bei Menschen nach schwerem Verkehrsunfall oder lebensbedrohlicher Erkrankung (z.B. Herzinfarkt oder Krebs)
- in weltweit größter epidemiologischer Studie gaben 60 % der Befragten aus einer repräsentativen Stichprobe der US-Bevölkerung an, zumindest ein traumatisches Ereignis im Sinne der definierten Traumakriterien erlebt zu haben –> nur kleiner Teil der Betroffenen danach an PTBS erkrankt (Männer: 8 %; Frauen: 20 %)
- höheres PTBS-Risiko bei Menschen in Risikoberufen wie Polizei, Feuerwehr oder RD
- Studie ergab, dass 38,9 % der PTBS-Patient*innen im letzten Monat mind. einen Arbeitstag aufgrund emotionaler Probleme versäumten (5,4 % bei Personen, die nicht an einer psychischen Erkrankung litten
- PTBS erhöht die Wahrscheinlichkeit, obdachlos zu werden, um 150 %
- Chronifizierung bei 20 – 30 % der Patient*innen
- volkswirtschaftliche Kosten
- geschätzte Produktivitätsausfälle aufgrund PTBS in den USA von mehr als 3 Mrd. US-$/Jahr
- geschätzte gesamt-finanzielle Auswirkungen von Traumafolgestörungen in Deutschland bei rund 11.000.000.000 €/Jahr
Ätiologie
Eine Posttraumatische Belastungsstörung lässt sich immer auf ein bestimmtes schwerwiegendes, traumatisierende Ereignis zurückführen. Die Psychologie versteht unter einem Trauma das Erleben einer problematischen Situation oder einem bedrohlichen Ereignis, das mit Gefühlen von Angst und Hilflosigkeit und/oder dem Ausgeliefertsein verbunden ist, wobei die Betroffenen subjektiv keine Möglichkeit der Bewältigung der Situation wahrnehmen. Traumata lassen sich in zwei Typen einteilen:
- Typ 1: Trauma von kurzer Dauer und einmaligem Auftreten (z.B. Naturkatastrophen, Unfälle)
- Typ 2: Trauma von längerer Dauer bzw. wiederholtes Auftreten (z.B. Geiselhaft, Kriegsgefangenschaft, über längere Zeit andauernder sexueller Missbrauch)
Zu den typischen Auslösern einer PTBS zählen z.B.:
- Kriege, Aufstände, Vertreibung, Flucht, Terroranschläge
- individuelle Gewalterfahrungen (z.B. Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, Folter, Überfälle, Entführungen)
- Unfälle (z.B. Verkehrs-, Berufs-, Freizeit- und Sportunfälle)
- Naturkatastrophen (z.B. Brände, Blitzschläge, Überschwemmungen, Lawinen oder Erdbeben)
- menschlich verursachte Katastrophen (z.B. Brände, Explosionen, Flugzeugabstürze, Zugskollisionen, Schiffshavarien, Industrieunfälle)
- schwere Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt, Krebs, ITS-Behandlung oder Notfall-OP)
Symptomatik
Kriterien gemäß ICD-11
Ausgesetztsein ggü. extrem bedrohlichem oder katastrophalem Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen SOWIE
- Wiedererleben des traumatischen Ereignisses oder der traumatischen Ereignisse in der Gegenwart in Form von lebhaften sich aufdrängenden Erinnerungen, Flashbacks oder Albträumen (auch Intrusionen genannt; Wiedererleben kann über eine oder mehrere Sinnesmodalitäten erfolgen und wird typischerweise von starken oder überwältigenden Emotionen, v.a. Angst oder Entsetzen, und starken körperlichen Empfindungen begleitet)
- Vermeidung von Gedanken und Erinnerungen an das Ereignis bzw. die Ereignisse oder Vermeidung von Aktivitäten, Situationen oder Personen, die an das Ereignis bzw. die Ereignisse erinnern
- anhaltende Wahrnehmung einer erhöhten aktuellen Bedrohung, die sich z. B. durch Hypervigilanz oder verstärkte Schreckreaktion auf Reize wie unerwartete Geräusche zeigt
- Symptome halten mind. mehrere Wochen lang an und verursachen bedeutsame Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, ausbildungsbezogenen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen
Kriterien gemäß DSM-V
- A – Konfrontation mit einem der folgenden Ereignisse (z.B. Tod, tödliche Bedrohung, schwere Verletzung, angedrohte schwere Verletzungen, sexuelle Gewalt, angedrohte sexuelle Gewalt) und zwar in einer der nachfolgenden Weisen:
- direkt ausgesetzt
- Augenzeug*in
- indirekt konfrontiert (nahe*r Verwandte*r oder Freund*in)
- B – traumatische Ereignis wird wiederkehrend wiedererlebt und zwar in einer der nachfolgenden Weisen (min. 1 Punkt erfüllt):
- wiederkehrende, unfreiwillige und eindringliche belastende Erinnerungen (CAVE: Kinder > 6 Jahre können dies potentiell in repetitivem Spiel ausdrücken)
- traumatische Albträume (CAVE: Kinder können Albträume haben, ohne dass sich der Inhalt direkt auf das traumatische Ereignis bezieht)
- dissoziative Reaktionen, z.B. Flashbacks), in Dauer variierend von kurzer Episode bis Verlust des Bewusstseins (CAVE: Kinder können das traumatische Erlebnis im Spiel nachstellen)
- intensiver oder langanhaltender Stress, nachdem die Person an das traumatische Erlebnis erinnert wurde (unabhängig von der Ursache für die Erinnerung)
- markante physiologische Reaktion, nachdem die Personen einem Reiz ausgesetzt war, der einen Bezug zum traumatischen Erlebnis hat
- C – Anhaltendes starkes Vermeidungsverhalten von traumaassoziierten Reizen nach dem traumatischen Erlebnis (min. 1 Punkt erfüllt):
- traumaassoziierte Gedanken oder Gefühle
- traumaassoziierte externe Reize (z. B. Menschen, Orte, Unterhaltungen, Tätigkeiten, Objekte oder Situationen)
- D – negative Veränderungen von Gedanken und Stimmung: Die negativen Veränderungen von Gedanken und Stimmung begannen oder verschlechterten sich nach dem traumatischen Erlebnis (min. 2 Punkte erfüllt):
- Unfähigkeit, sich an wichtige Merkmale des traumatischen Erlebnisses zu erinnern (normalerweise dissoziative Amnesie; nicht aufgrund einer SHT, Alkohol oder Drogen)
- andauernde (und oft verzerrte) negative Annahmen von sich selbst oder der Welt (z.B. „Ich bin schlecht“, „Die ganze Welt ist gefährlich“)
- andauernde verzerrte Vorwürfe gegen sich selbst oder gegen andere, am traumatischen Erlebnis oder seinen negativen Folgen schuld zu sein
- andauernde negative traumaassoziierte Emotionen (z.B. Angst, Wut, Schuld oder Scham)
- markant vermindertes Interesse an wichtigen (nicht traumaassoziierten) Tätigkeiten
- Gefühl, anderen fremd zu sein (z.B. Distanziertheit oder Entfremdung)
- eingeschränkter Affekt (andauernde Unfähigkeit, positive Emotionen zu empfinden)
- E – Veränderung in Erregung und Reaktionsfähigkeit: Traumaassoziierte Veränderungen in Erregung und Reaktionsfähigkeit, die nach dem traumatischen Erlebnis begonnen oder sich danach verschlechtert haben (min. 2 Punkte erfüllt):
- gereiztes oder aggressives Verhalten
- selbstverletzendes oder leichtfertiges Verhalten
- erhöhte Vigilanz
- übermäßige Schreckreaktion
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Schlafstörungen
- F – Störungsbild (alle Symptome in B, C, D und E) dauert länger als einen Monat an
- G – Störungsbild verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen
- H – Symptome sind nicht die Folge von Medikamenten, Substanzeinnahme oder anderen Krankheiten
Darüber hinaus gibt es noch den dissoziativen Subtyp welcher diagnostiziert wird, wenn zusätzlich zu allen oben genannten Symptomen Anzeichen für Depersonalisation und/oder Derealisation vorliegen.
Verlauf
Der Verlauf einer PTBS kann sehr unterschiedlich sein, denn schon während oder kurz nach dem Trauma sind erste Anzeichen möglich. Aber es kann auch einige Zeit dauern, bis sich die ersten Symptome zeigen, dies ist z.B. bei Soldat*innen zu beobachten. Genauso ist es, wenn sich eine PTBS manifestiert hat, denn diese kann auch nach einigen Wochen schon wieder zurückgehen. Aber auch ein jahrelange anhaltender Verlauf mit einer Chronifizierung ist möglich.
Rund 30 % der Betroffnen haben auch drei Jahre oder später noch bestehende Symptome und oftmals kommt es auch dazu, dass sich weitere Erkrankungen wie z.B. eine Sucht manifestieren.
Diagnostik
Die zentralen Bausteine der PTBS-Diagnostik sind die Erfassung der traumatischen Ereignisse sowie die assoziierten Folgen auf symptomatischer und funktionaler Ebene. Darüber hinaus sollte die Gesamtdiagnostik auch erfragen, welche Aus- und Nachwirkungen es auf die aktuelle Lebenssituation, komorbide Symptome sowie Chronifizierungsfolgen gibt, aber auch salutogenetische Faktoren und den Status vor dem Trauma.
Um die Diagnosestellung valide und patient*innenorientiert zu gestalten, sind v.a. die nachfolgenden Faktoren wichtig:
- sichere, störungsfreie Gesprächsatmosphäre herstellen
- spezifische Kontrollbedürfnissen berücksichtigen, u.a. Eingehen auf notwendige Rahmenbedingungen (z.B. ausreichend körperlicher Abstand, ggf. Türen offenlassen, Vertrauenspersonen einbeziehen, Auslösereizen im Gesprächsraumentfernen)
- posttraumatische Belastungssymptome aktiv erfragen (CAVE: viele Patiente*innen berichten nicht spontan davon)
- Erklärungsmodells für die Symptome als menschliche Reaktion auf Extrembelastung vermitteln (Psychoedukation; Benennung der Störung im Sinne einer posttraumatischen Diagnose führt i.d.R. zur Entlastung der Betroffenen)
- vorbeugende Aufklärung über eventuell zu erwartende Symptome bei akuter Traumatisierung
- Erfassung und Bekräftigung der individuellen kompensatorischen Strategien als „normale“ Reaktion
- Risiko- und Schutzfaktoren erfassen
Risikofaktoren
- mangelnde soziale Unterstützung durch Familie, Freunde oder Kollegen nach einem traumatischen Erlebnis
- jugendliches oder hohes Lebensalter, weibliches Geschlecht
- psychische Erkrankungen oder Traumata in der Vorgeschichte (auch in der Familie)
- lange Dauer und Schweregrad des Traumas
- niedriger sozio-ökonomischer Status
Komorbiditäten
- affektive Störungen (z.B. Depressionen)
- dissoziative Störungen
- Persönlichkeitsveränderungen/-störungen
- Bindungsstörungen
- Sucht-/Substanzerkrankungen
- aggressive Verhaltensmuster
- selbstverletzendes Verhalten und/oder Suizidalität
- sexuelle Probleme (v.a. bei Opfern von Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch)
- Angststörung (z.B. generalisierte Angststörung, Panikstörung)
- somatoforme Störungen
- Psychosen
Therapie
- Erstmaßnahme ist das Verbringen in eine sichere Umgebung, um weitere Traumatisierung zu vermeiden (ggf. auch Einsatz von Entspannungs-/Beruhigungsverfahren) sowie initiale Stabilisierung
- traumafokussierte Psychotherapie nach erster Stabilisierung mit Fokus auf die Verarbeitung der Erinnerung an das traumatische Ereignis und/oder seiner Bedeutung
- First-Line-Therapie: Cognitive Processing Therapy (CPT), Prolonged Exposure Therapy (PE), Trauma-fokussierte kognitive Verhaltenstherapie (CBT)
- Second-Line-Therapie: kognitive Verhaltenstherapie, Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR), Narrative Expositionstherapie (NET)
- zusätzlich Berücksichtigung weiterer Problem- und Symptombereiche wie z.B. Risiko weiterer Viktimisierung bei Opfern von Gewalt, Trauerprozesse, soziale Neuorientierung, Neubewertung, Selbstwertstabilisierung
- Ziel: Wiederherstellung der persönlichen Sicherheit, der körperlichen Gesundheit und achtsamer Ansatz zur Eigenfürsorge
- Pharmakotherapie
- Psychopharmakotherapie weder als alleinige noch als primäre Therapie
- Einsatz von Antidepressiva zur Verhinderung von Schlafstörungen, Angsterleben, vegetative Symptome und Desintegrationsgefühl in der Frühphase (z.B. SSRI wie Sertralin, Fluoxetin & Paroxetin oder SNRI wie Venlafaxin)
- KEIN Einsatz von Benzodiazepinen
Sonderfall „Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung“ (KPTBS)
Mit der Einführung des ICD-11 ist die Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS) zu einer eigenen anerkannten Diagnose geworden und umfasst ein Symptombild, das i.d.R. durch besonders schwere, langandauernde und sich wiederholende traumatische Erlebnisse (Traumata Typ 2) ausgelöst ist. Hierzu zählen z.B. sexueller Missbrauch oder körperliche Misshandlung in der Kindheit, aber auch das Erleben von Krieg, Vertreibung oder Flucht. Der Grund weswegen im ICD-11 zusätzlich auch die KPTBS geführt wird, ist, dass v.a. nach Typ-II-Traumata oft komplizierte Symptommuster entstehen, die i.d.R. einen höheren therapeutischen Aufwand nach sich ziehen. Zusätzlich gibt es zu den klassischen PTBS-Symptomen eine gestörte Affektregulation und Impulskontrolle sowie eine persistierende dysphorisch-depressive Verstimmung, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, welche nicht selten mit einer latenten chronischen Suizidalität und auch schweren Selbstverletzungen einhergeht.
Wichtig zu betonen ist, dass die Diagnosestellung einer KPTBS sich an der Symptomatik und nicht an den spezifischen erlebten Traumata orientiert. In einer repräsentativen deutschen Studie wurde die 1-Monats-Prävalenz der KPTBS auf 0,5 % geschätzt.
- In der ICD-11 (106) ist die Diagnose der KPTBS durch folgende Merkmale charakterisiert: Sie entwickelt sich nach dem Erleben eines Belastungsereignisses, das typischerweise extremer bzw. langdauernder Art ist und aus dem eine Flucht schwierig oder unmöglich ist. Die Diagnose umfasst alle Kernsymptome der klassischen PTBS (Wiedererinnerung, Vermeidung, Übererregung) und zusätzlich kommen drei weitere Symptomgruppen hinzu: anhaltende und tiefgreifende Probleme der Emotionsregulation (verstärkte emotionale Reaktivität, Affektverflachung, gewalttätige Durchbrüche), ein negatives Selbstkonzept (beeinträchtigte Selbstwahrnehmung wie die Überzeugung, minderwertig, unterlegen oder wertlos zu sein, Schuldgefühle, Schamgefühle) sowie Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen (Schwierigkeiten, nahe Beziehungen aufzubauen und aufrecht zu erhalten). Es ist wichtig anzumerken, dass sich die Diagnose der KPTBS an der Symptomatik und nicht an den spezifischen erlebten Traumata orientiert. Eine repräsentative deutsche Studie schätzt die 1-Monats-Prävalenz der KPTBS auf 0.5% (107).
- Validität der Diagnose der KPTBS
- Differenzialdiagnostik
Kriterien nach ICD-11
Ausgesetztsein ggü. einem Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen extrem bedrohlicher oder schrecklicher Natur, meist lang anhaltende oder sich wiederholende Ereignisse, denen man nur schwer oder gar nicht entkommen kann (z. B. Folter, Sklaverei, Völkermordkampagnen, lang anhaltende häusliche Gewalt, wiederholter sexueller oder körperlicher Missbrauch in der Kindheit) SOWIE
- alle diagnostischen Voraussetzungen für einfache PTBS sind erfüllt
- Probleme bei der Affektregulierung
- Überzeugungen über die eigene Person als erniedrigt, unterlegen oder wertlos, begleitet von Scham-, Schuld- oder Versagensgefühlen im Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis
- Schwierigkeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten und sich Anderen nahe zu fühlen (Symptome führen zu bedeutsamen Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, ausbildungsbezogenen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen)
Diagnostik
- Differenzialdiagnostik
- Die differenzialdiagnostische Abgrenzung zur Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist schwierig (119). Die KPTBS nach ICD-11 kann von der BPS dadurch unterschieden werden, dass die letztgenannte durch Furcht vor dem Verlassenwerden, Wechsel der Identitäten und häufiges suizidales Verhalten charakterisiert ist (116). Für die KPTBS ist die Furcht vor dem Verlassenwerden keine erforderliche Bedingung, und das Selbstkonzept ist andauernd negativ und nicht in wechselndem Ausmaß. Suizidales Verhalten kann vorkommen, allerdings seltener und meist weniger ausgeprägt als bei der BPS, so dass Umgang mit Suizidalität gewöhnlich nicht den Fokus der Therapie darstellt. Weiter beinhaltet die diagnostische Beschreibung der Persönlichkeitsstörung mit Borderline-Persönlichkeitsmuster (ICD-11) nicht das Vorliegen einer traumatischen Belastung oder die Kernsymptome der PTBS.
- Auch die differenzialdiagnostische Abgrenzung zu dissoziativen, schweren affektiven Störungen und psychotischen Erkrankungen ist sorgfältig zu prüfen. Umfassende Intrusionen (in Form von sich aufdrängenden Gedanken und Gefühlen, visuellen Wahrnehmungen, sensorischen Empfindungen, unfreiwilligen Bewegungen und Handlungen sowie akustischen Wahrnehmungen wie Stimmen hören) können leicht mit dissoziativen oder psychotischen Erkrankungen verwechselt werden, die für die PTBS charakteristische Übererregung kann psychotischen Erregungszuständen ähneln, und chronische Anspannung und traumabedingtes Misstrauen kann paranoid anmuten. Da die genannten Störungsbilder nicht selten komorbid auftreten, kann sich die Differenzialdiagnostik schwierig gestalten. Eine zutreffende diagnostische Einordnung ist jedoch für die psychotherapeutische Behandlungsplanung unabdingbar.
Therapie
Die Therapie bei einer KPTBS folgt den gleichen Grundsätzen wie bei einer einfach PTBS, also eine psychotherapeutische Therapie mit kombinierten traumafokussierten Techniken miut einem Schwerpunkte auf der Verarbeitung der Erinnerung an die traumatischen Erlebnisse und/oder ihrer Bedeutung. Zusätzlich sollen auch Techniken zur Emotionsregulation und zur Verbesserung von Beziehungsstörungen im Sinne der Bearbeitung dysfunktionaler zwischenmenschlicher Muster Anwendung finden.
Versorgungsalgorithmus der dt. Leitlinie

Quellen
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- Barnhill, John W. „Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)“. MSD Manual Profi-Ausgabe, 1. August 2023. https://www.msdmanuals.com/de/profi/psychiatrische-erkrankungen/anst-und-stressbezogene-erkrankungen/posttraumatische-belastungsstörung-ptbs.
- Frommberger, Ulrich, Jörg Angenendt, und Mathias Berger. „Posttraumatische Belastungsstörung – eine diagnostische und therapeutische Herausforderung“. Deutsches Ärzteblatt, 30. Januar 2014. https://www.aerzteblatt.de/archiv/posttraumatische-belastungsstoerung-eine-diagnostische-und-therapeutische-herausforderung-1f6916f4-d845-4c4d-9242-54be30e0eb4d.
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. „Posttraumatische Belastungsstörung“. gesundheitsinformation.de, 2. Januar 2023. https://www.gesundheitsinformation.de/posttraumatische-belastungsstoerung.html.
- International Classification of Diseases, Eleventh Revision (ICD-11), World Health Organization (WHO) 2019/2021 https://icd.who.int/browse11. Licensed under Creative Commons Attribution-NoDerivatives 3.0 IGO licence (CC BY-ND 3.0 IGO).
- Martin, Alicia, Mark Naunton, Sam Kosari, Gregory Peterson, Jackson Thomas, und Julia K. Christenson. „Treatment Guidelines for PTSD: A Systematic Review“. Journal of Clinical Medicine 10, Nr. 18 (15. September 2021): 4175. https://doi.org/10.3390/jcm10184175.
- „Posttraumatische Belastungsstörung“. In Wikipedia, 11. Mai 2025. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Posttraumatische_Belastungsst%C3%B6rung&oldid=255914060.
- Schäfer, I., Gast, U., Hofmann, A., Knaevelsrud, C., Lampe, A., Liebermann, P., Lotzin, A., Maercker, A., Rosner, R., Wöller, W. (2019) S3-Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung. Springer Verlag, Berlin.
- Schnyder, Ulrich. „Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) – Risikofaktoren“. Neurologen und Psychiater im Netz. Zugegriffen 14. Juni 2025. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/risikofaktoren/.
- Schnyder, Ulrich. „Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) – Therapie“. Neurologen und Psychiater im Netz. Zugegriffen 14. Juni 2025. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/therapie/.
- Schnyder, Ulrich. „Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) – Ursache / Auslöser“. Neurologen und Psychiater im Netz. Zugegriffen 14. Juni 2025. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/ursache-/-ausloeser/.
- Spiegel, David. „Dissoziativer Subtyp der posttraumatischen Belastungsstörung“. MSD Manual Profi-Ausgabe, 1. Mai 2023. https://www.msdmanuals.com/de/profi/psychiatrische-erkrankungen/dissoziative-störungen/dissoziativer-subtyp-der-posttraumatischen-belastungsstörung.
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