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25.05. – Weltschilddrüsentag

Wichtiges zum Weltschilddrüsentag

Im September 2007 beschloss die Thyroid Federation International auf dem jährlichen Kongress der European Thyroid Association der „Weltschilddrüsentag“. Gewählt wurde der 25. Mai, da dieser in einigen Ländern schon nationaler Schilddrüsentag war. Da es jedoch einige Anerkennungsprobleme bei der Eintragung in die Liste der Welttage bei UN gab, fand am 25.05.2008 der erste „Europäische Schilddrüsentag“ statt. Danach verselbstständigte sich der „Europäische Schilddrüsentag“ sukzessive zum „Weltschilddrüsentag“. Und so wird seit mehreren Jahren schon jährlich am 25. Mai auf viele Schilddrüsenerkrankungen und die weltweit etwa 200.000.000 Menschen von Schilddrüsenerkrankungen aufmerksam gemacht. Aber los geht es erstmal mit einem bisschen Anatomie und Physiologie.

Die Schilddrüse

Quelle:
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Bei der Schilddrüse, auch Glandula thyroidea, handelt es sich um eine schmetterlingsförmige Drüse im Halsbereich. Genau lokalisiert ist sie unterhalb des Kehlkopfes und setzt sich aus zwei Lobi links und rechts neben der Trachea zusammen, die über den Isthmus (Brücke) verbunden sind, welcher auf Höhe der 2. bis 3. Trachealspange liegt. Umgeben ist die Schilddrüse von einer Capsula fibrosa/externa („chirurgische Kapsel“).

Mit einem Gewicht von rund 30 – 50 g ist die Schilddrüse die größte endokrine Drüse des Menschen (bei Frauen meist etwas schwerer).

Die Schilddrüse hat zwei große Funktionen. Zum einen wäre dies die Speicherung von Jod im Körper und zum anderen die Produktion von Hormonen, für welche das gespeicherte Jod benötigt wird. Bei den Hormonen handelt es sich um Triiodthyronin (T3) und das Prohormon Thyroxin/Tetrajodthyronin (T4) sowie das Peptidhormon Calcitonin, welche für die Regulierung vieler Funktionen im Körper verantwortlich sind, darunter z.B. die Stoffwechselregulation, Steuerung von Herz-, Muskel- und Verdauungsfunktionen etc. Bei Neugeborenen steuern die Hormone darüberhinaus das Wachstum sowie die Bildung von Zellen im ZNS. Damit die Schilddrüse ordentlich arbeiten kann braucht eine gute Versorgung des Körpers mit Nährstoffen wie Jod (z.B. 100 – 200 µg täglich), aber auch Selen, Zink, Vitamin D und Vitamin B12.

Fakten & Zahlen

  • ca. 2.800.000.000 Menschen weltweit haben einen Jodmangel und somit eine eingeschränkte Produktion der Schilddrüsenhormonen
  • > 20.000.000 Deutsche haben wahrscheinlich nie diagnostizierte Schilddrüsenknoten
  • rund 33 % der Deutschen haben für sie nicht bekannte Schilddrüsen-Pathologien
  • in Deutschland haben 15 % der Erwachsenen eine diagnostizierte Schilddrüsenerkrankung
    • 53 % davon mit Schilddrüsenunterfunktion
    • 18 % davon mit Hashimoto-Thyreoiditis
    • 11 % davon mit Schilddrüsenknoten oder Z.n. Schilddrüsenoperation
  • jede*r Zweite > 45 Jahre hat eine Schilddrüsenerkrankung
  • > 50 % der Menschen in Deutschland > 60 Jahre hat knotige Veränderungen der Schilddrüse
  • Schilddrüsentumore sind bei Männern für ca. 0,5 % und bei Frauen für ca. 1,5 % aller bösartigen Tumore verantwortlich
  • in Deutschland haben 58 % der Kinder eine unzureichende Jodversorgung
  • jährlich etwa 79.000 Schilddrüsen-Operationen in Deutschland & viele sind vermeidbar
  • hohe Komorbiditätszahlen (47 % mit Bluthochdruck, 24 % mit Depressionen & 18 % mit Diabetes)
  • jährliche Kosten durch Schilddrüsenkrankheiten in Deutschland von 1.000.000.000 €

Krankheitsbilder im Zusammenhang mit der Schilddrüse

thyreotoxische Krise (2024)

Bei einer thyreotoxischen Krise handelt es sich um eine i.d.R. akute, eher seltene Komplikation einer bereits bestehenden Schilddrüsenerkrankung bzw. Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) bei der zu einer starken Steigerung der Wirkung der Schilddrüsenhormone kommt und somit einer überschießenden katecholaminen Reaktion kommt.

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Epidemiologie

  • Mortalitätsrate von 8 – 25 % trotz der modernen Medizin
  • 600 – 1100 Fälle pro Jahr in Deutschland (CAVE: wahrscheinlich erhebliche Dunkelziifer)
  • Todesfälle in Deutschland: 6 – 25 pro Jahr (CAVE: wahrscheinlich erhebliche Dunkelziifer)
  • ca. 1 von 100 Hyperthyreosen geht in eine thyreotoxische Krise über
  • thyreotoxische Krise macht ca. 1 – 2 % der KH-Einweisungen aufgrund Hyperthyreosen aus
  • Durchschnittsalter liegt bei etwa 42 – 43 Jahren (Erkrankungsgipfel: 60. Lebensjahr)
  • Geschlechterverhältnis liegt bei ca. 1 Mann auf 3 Frauen

Ätiologie

  • Schilddrüsenautonomie (häufigste Ursache für Hyperthyreose in Deutschland)
  • Morbus Basedow bzw. Immunhyperthyreose (zweithäufigste Ursache für Hyperthyreose in Deutschland)
  • übermäßige exogene Zufuhr von Schilddrüsenhormonen bzw. Jod, z.B. durch Einnahme von Amiodaron oder Kontrastmittel (Hyperthyreosis factitia)
  • (subakute) Thyreoiditis de Quervain oder Hashimoto-Thyreoiditis als entzündliche Ursachen
  • Krebs (z.B. Schilddrüsenkarzinome oder TSH-produzierende Hypophysenadenome)
  • abruptes Absetzen von Schilddrüsenmedikamenten (z.B. Thyreostatika)
  • Gestationsthyreotoxikose
  • sonstige Erkrankungen wie diabetische Ketoazidose, Herzinfarkt, Schlaganfall/ICB, Sepsis
  • psychische Ursachen wie Stress, Trauerreaktion, Misshandlung etc.
  • sonstige Ursachen wie Trauma, Operation, Verbrennungen

Pathophysiologie

Eine thyreotoxische Krise ist i.d.R. das Ergebnis einer plötzlichen Freisetzung von Schilddrüsenhormonen aufgrund verschlechterter Bindung der Schilddrüsenhormone T3 und T4 an das Thyroxinbindendes Globulin (TBG), ein im Blut vorkommendes Plasmaproteine, welches rund 99 % der Schilddrüsenhormone bindet. Jedoch ist zu betonen, dass die Wirkung der Schilddrüsenhormone allein nicht die thyreotoxische Krise bedingt, sondern oftmals akute Ereignise wie die im Kapitel „Ätiologie“ aufgeführten in Verbindung mit einer lang bestehenden oder nicht behandelten Hyperthyreose.

Die überschießende Hyperthyreose sorgt pathophysiologisch z.B. für die nachfolgenden Reaktionen:

  • Tachykardie, Herzrhythmusstörungen (VHF) & hyperdynames Herzversagen durch Nachlastsenkung durch höhere ß-Rezeptoren-Expression
  • sys. Hypertonie, erhöhtes Blutvolumen mit erhöhter Vorlast und Rechtsherzdekompensation durch gesteigerte Na+-Rückresorption bedingt durch erhöhte Na+-K+-ATPase-Expression
  • psychomotorischen Symptome wie Stress, Angst durch zentralnervöse ß-adrenerge Wirkung
Pathogenese der thyreotoxischen Krise (Quelle: Dietrich, J. W. „Thyreotoxische Krise“. Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin 107, Nr. 6 (September 2012): 448–53. https://doi.org/10.1007/s00063-012-0113-2.)

Eines der größten Probleme der thyreotoxischen Krise ist der Teufelskreis, dass sich die Hyperthyreose durch die Organkomplikationen weiter verstärkt.

Symptomatik (Stadien gemäß Herrmann)

  • Stadium I (Letalität < 10 %)
    • entgleiste Temperaturregulation mit Flush (CAVE: Fieber bis 41 °C möglich)
    • Tachykardie (i.d.R. Sinustachykardie bis > 150/min, ggf. Tachyarrhythmia absoluta bei bestehendem VHF möglich, selten VT)
    • erhöhtes Myokardinfarkt-Risiko durch hohen myokardialen Sauerstoffverbrauch
    • Herzinsuffizienz
    • GI-Symptome wie Übelkeit, Erbrechen & Diarrhoe –> Exsikkose & Dehydration (ggf. starke Unterleibsschmerzen möglich)
    • Adynamie bis völlige Teilnahmslosigkeit (Apathie)
    • zentralnervöse Symptomatik unterschiedlicher Ausprägung (z.B. Tremor, Unruhe, Agitation, Muskelschwäche der prox. Muskulatur & Schultergürtels und/oder Bulbärparalyse)
  • Stadium II
    • zusätzlich Somnolenz, Stupor, Sopor, Desorientierung, Delir, Psychosen
  • Stadium III (Letalität > 30 %)
    • zusätzlich Bewusstlosigkeit/Koma
    • ggf.. Nebenniereninsuffizienz

Bei der Stadieneinteilung nach Herrmann wird zusätzlich in die folgende Klassifikation unterschieden: Stadium 1a – 3a bei Alter < 50 Jahre ODER Stadium 1b – 3b bei Alter < 50 Jahre. Die hohe Mortalität ist v.a. bedingt durch thromboembolische Komplikationen.

Diagnostik & Anamnese

  • CAVE: seltenes Auftreten sorgt oft für Schwierigkeiten bei der korrekten Diagnosestellung
  • Suche nach Kardinalsymptomen: Fieber, ungeklärte Tachykardie und Agitiertheit
  • Auskultation der Struma (bei Hyperthyreose sind ggf. Strömungsgeräusche und/oder ein Stridor hörbar)
  • Palpation der Schilddrüse (bei Hyperthyreose ist ggf. ein „Schwirren“ tastbar)
    • Vorgehen: sitzende*n Patient*in Kopf zurückneigen lassen –> Hals von vorne betrachten und auf ein-/beidseitige Vergrößerung hin kontrollieren –> hinter sitzende*n Patient*in mit Kopf in Normalstellung stellen –> Schildrüse vorsichtig bimanuell hinsichtlich Lobiasymmetrie, Knoten & Vergrößerung palpieren (Daumen an den Nacken & Palpation mit den übrigen Fingern ausgehend vom Isthmus über Ringknorpel nach lateral)
  • ggf. Schluckversuch durchführen (gesunde Schilddrüse ist verschieblich; fixierte Schilddrüse ist ggf. Hinweis auf Neoplasie)
  • Labordiagnostik (supprimiertes TSH, erhöhtes fT3 & fT4, Hyperglykämie, milde Hyperkalzämie, Leukozytose/Leukopenie, erhöhte Transamninasen & Cholestase, eingeschränkte Leberfunktionsstörung; CAVE: Schilddrüsenwerte korrelieren nicht mit Schwere der thyreotoxischen Krise)

Einteilung Schilddrüsenvergrößerungen gemäß WHO

  • Grad Ia: Schilddrüsenvergrößerung nur tastbar
  • Grad Ib: Schilddrüsenvergrößerung tastbar und bei Reklination des Kopfes sichtbar
  • Grad II: Schilddrüsenvergrößerung bei normaler Kopfhaltung sichtbar
  • Grad III: Schilddrüsenvergrößerung aus der Ferne sichtbar

Burch-Wartofsky-Score

Quelle: https://nerdfallmedizin.blog/wp-content/uploads/2022/09/burch-wartofsky-score.png?w=768

Differenzialdiagnosen

  • Sepsis
  • Infektion
  • Psychose, Delir
  • Intoxikationen mit Koma (z.B. Kokain, Amphetamine, Designerdrogen)
  • Phäochromozytom
  • Neuroleptisches malignes Syndrom
  • Hyperthermie

Therapie

Die Therapie einer thyreotoxischen Krise beruhen auf den folgenden Säulen im Rahmen einer intensivmedizinischen Überwachung und Therapie:

  • T4-Spiegel-Reduktion
    • Thyreostatika-Gabe bei Hyperthyreose (z.B. 40 – 80 mg Thiamazol i.v. alle 4 – 8 h; alternativ initial 500 – 1000 mg Propylthiouracil p.o., dann 250 mg alle 4 h p.o. als Erhaltungsdosis)
    • Gabe von 10 Tropfen Lugolscher Lösung (5 %-ige Kaliumjodidlösung) p.o. alle 8 h (min. 1 h nach Beginn der Thyreostatikatherapie) zur gehemmten Schilddrüsenhormon-Freisetzung
    • NSAR (z.B. 600 mg Ibuprofen 4× tgl.) oder Steroide (z. B. 50 mg Prednisolon i.v. oder 2 mg Dexamethason i.v. alle 6 h) bei destruktiver Thyreoiditis
    • T4-Substitution pausieren bei Thyreotoxicosis factitia
    • Gabe von 8 g Colestyram 3× tgl. zur Hemmung des enterohepatischen Kreislaufs
    • ggf. Gabe von 1,3 mL bzw. 400 mg Natriumperchlorat p.o. (max. 1200 – 2000 mg/d)
    • ggf. Plasmapherese bei lebensbedrohlicher jodinduzierter thyreotoxischer Krise
    • ggf. Not-Thyreoidektomie (indiziert, wenn keine Stabilisierung innerhalb von 12 – 24 h)
  • Dejodierung blockieren
    • Gabe unselektiver β-Blocker (z.B. 60 – 80 mg Propranolol p.o. alle 4 – 6 h oder 0,1 mg Pindolol/h i.v. 3× tgl.)
    • Glukokortikoid-Gabe (z.B. 100 – 250 mg Prednisolon/d)
    • ggf. Thyreostatikum durch Propylthiouracil ersetzen (50 mg Propylthiouracil 4 – 6× tgl.)
  • Jodothyroninwirkung blockieren
    • β-Blockade (z.B. Propranolol oder Pindolol; alternativ β1-selektiver β-Blocker bei Kontraindikationen, z.B. 100 – 400 mg Metoprolol/d)
  • weitere, supportive Therapiemaßnahmen
    • durchgehendes Monitoring (v.a. Atmung & Kreislauf; ggf. Beatmung & Sedierung)
    • Flüssigkeits- & Elektrolytsubstitution sowie hochkalorische Ernährung (ca. 3000 kcal/d) & Vitamine
    • Fiebersenkung (Paracetamol; ggf. auch kühlende Ansätze)
    • O2-Gabe
    • Thromboembolieprophylaxe (Full-Dose-Antikoagulation bei VHF)
    • Digitalis bei Tachyarrhythmia absoluta

hypothyreotes Koma

Beim hypothyreotischen Koma, früher auch fälschlicherweise als Myxödemkoma bekannt, handelt es sich um die schwerste und lebensbedrohlichste Verlaufsform der Hypothyreose, die nur selten auftritt, aber potentiell tödlich ist. Ausgelöst wird das hypothyreotische Koma durch akute Stressfaktoren (z. B. Infektion, Operation, Medikamente, Unterkühlung), die eine Verschlechterung einer undiagnostizierten oder unbehandelten Hypothyreose bedingen.

Epidemiologie

  • In einer retrospektiven Multicenteranalyse in Deutschland wurden nur 24 Fälle mit einem Myxödemkoma beschrieben. Fraglich ist, ob diese Anzahl von Myxödemkomata repräsentativ ist, da von den 800 angeschriebenen Krankenhäusern nur 168 Kliniken antworteten. Eventuell besteht eine deutlich höhere Dunkelziffer. Häufig sind Patienten höheren Alters betroffen.
  • Selbst bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung des Myxödem-Komas ist die Sterblichkeitsrate unterschiedlich hoch, in einigen Berichten wird von bis zu 60 % berichtet, in anderen von nur 20 bis 25 %, selbst bei intensiver Betreuung.
  • Die Hypothyreose ist bei Frauen viermal häufiger als bei Männern. Die Inzidenz des Myxödem-Komas wird mit 0,22 pro 1.000.000 pro Jahr angegeben, aber die Daten sind begrenzt und insbesondere in Ländern außerhalb der westlichen Welt und in Ländern entlang des Äquators fehlen sie. Das Myxödemkoma tritt am häufigsten bei Menschen ab 60 Jahren auf und ist in den Wintermonaten am häufigsten, wenn Unterkühlung häufiger vorkommt.
  • Ein Myxödemkoma tritt heutzutage nur noch sehr selten auf. Ältere Menschen, vor allem Frauen, sind am häufigsten betroffen.
  • hohe Letalität von 20-25%
  • Die genaue Inzidenz und Prävalenz des Myxödem-Komas sind nicht bekannt, aber einige Autoren gehen von einer Inzidenz von etwa 0,22 pro 1000000 pro Jahr in der westlichen Welt aus; es gibt jedoch keine ausreichenden epidemiologischen Daten aus anderen Ländern. Das Myxödemkoma tritt häufiger bei Frauen auf (80 % der Fälle), da eine Hypothyreose bei Frauen häufiger vorkommt (viermal häufiger als bei Männern). Die Bevölkerung im Alter von mehr als 60 Jahren ist anfälliger für ein Myxödem-Koma. Da die Patienten in der Regel unterkühlt sind, tritt das Myxödemkoma häufiger im Winter auf (90 % der Fälle). Diese Tatsache erklärt sich durch die mit dem Alter abnehmende Wärmeproduktion, die Hypothyreose und die mit dem Alter abnehmende Thermoregulation.

Ätiologie & Pathophysiologie

  • Pathophysiologie
    • Die Entwicklung der Schilddrüse beginnt in der vierten Schwangerschaftswoche als endodermale Verdickung des Bodens des primitiven Pharynx. Ihr endgültiger Sitz befindet sich im vorderen inferioren viszeralen Kompartiment des Halses und liegt tief im Bereich der Musculi omohyoidea, sternohyoidea und sternothyroidea. Sie ist von der prätrachealen Faszie umhüllt und wird von Rachen, Luftröhre, Speiseröhre und Nervus laryngeus recurrens begleitet. Die Schilddrüse besteht aus zwei Lappen, die durch einen Isthmus verbunden sind. Manchmal hat sie einen Pyramidenlappen (40 % der Bevölkerung), der sich vom Isthmus nach oben erstreckt und für die Produktion von zwei wichtigen Hormonen verantwortlich ist: Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Diese Hormone sind für die Regulierung des gesamten Körperstoffwechsels verantwortlich, der bei völliger Abwesenheit dieser Hormone um 40 bis 50 Prozent sinken und bei voller Sekretion um 60 bis 100 Prozent steigen kann.
    • Die stoffwechselaktiven Hormone, die die Schilddrüse ausschüttet, sind T4 und T3 (etwa 93 % T4 und 7 % T3). T3 ist viermal stärker als T4, und der größte Teil von T4 wird im Gewebe in T3 umgewandelt. Die Halbwertszeit von T4 beträgt sieben Tage, während T3 eine viel kürzere Halbwertszeit hat. Mehrere Proteine binden an T3 und T4. Zu diesen Proteinen gehören thyroxinbindendes Globulin, Transthyretin (TTR) und Albumin. Die Produktion der Schilddrüsenhormone erfolgt im Inneren der Schilddrüse durch Follikel, die von quaderförmigen Epithelzellen ausgekleidet sind. Diese Follikel scheiden Kolloid aus, das aus Thyreoglobulin besteht und die Schilddrüsenhormone T3 und T4 enthält. Mindestens 50 Milligramm Jod pro Jahr oder 1 Milligramm pro Woche sind für eine ausreichende Hormonproduktion erforderlich.
    • Jod wird in der Schilddrüsenzelle durch einen Natrium-Jodid-Symporter konzentriert, der ein Jodidmolekül und zwei Natriumionen pumpt. Der TSH-Spiegel im Serum hat einen großen Einfluss auf die Aktivität dieses Symporters. Ein Peroxidase-Enzym oxidiert dann Jodid-Ionen zu Jod. Dann erfolgt die Organifizierung durch Bindung von Jod an die Aminosäure Tyrosin, die sich im Thyreoglobulinmolekül befindet. Thyreoglobulin wird in der Schilddrüse gespeichert und enthält etwa 30 Moleküle T4 und einige Moleküle T3. Wenn keine Schilddrüsenhormone mehr produziert werden, enthält die Schilddrüse genügend Reserven für etwa 2 bis 3 Monate.
    • Schilddrüsenhormone beeinflussen praktisch alle Zellen im Körper, indem sie nach Bindung an Schilddrüsenhormonrezeptoren eine Vielzahl von Genen aktivieren oder unterdrücken. Neunzig Prozent des intrazellulären Schilddrüsenhormons, das sich an die Zellen bindet und deren Funktion beeinflusst, ist T3, das aus T4 durch die Entfernung eines Jodidions umgewandelt wurde. Die Schilddrüsenhormonrezeptoren, die mit der DNA in den Zielgenen assoziiert sind, werden an spezifischen Schilddrüsenhormonreaktionselementen an Retinoid-X-Rezeptoren gebunden. Nach der Bindung beginnt der Transkriptionsprozess, und es werden Hunderte von neuen intrazellulären Proteinen, meist Enzyme, gebildet. Ein besonders wichtiges Gen ist das Gen, das die Expression der Kalzium-ATPase reguliert, die für die Aufrechterhaltung einer effizienten Herzleistung besonders wichtig ist. Schilddrüsenhormone haben einige nicht-genomische Wirkungen auf die Zellen, die die Regulierung von Ionenkanälen und die oxidative Phosphorylierung umfassen. Diese Wirkungen werden möglicherweise durch die Bindung der Schilddrüsenhormone an die Plasmamembran, das Zytoplasma und die zellulären Organellen vermittelt. Zu den weiteren Wirkungen des Schilddrüsenhormons gehören eine gesteigerte Na-K-ATPase-Aktivität, ein erhöhter Kohlenhydratstoffwechsel, eine Zunahme der freien Fettsäuren (weniger Cholesterin, Phospholipide und Triglyceride), ein erhöhter Vitaminbedarf als Folge der Zunahme von Enzymen, die Vitamine als Kofaktoren verwenden, und ein insgesamt erhöhter Stoffwechsel. Angesichts der Tatsache, dass das Schilddrüsenhormon auf genetischer und zellulärer Ebene für die überwiegende Mehrheit der Körperfunktionen verantwortlich ist, ist es leicht verständlich, dass das extreme Fehlen dieses Hormons, wie es beim Myxödem-Koma auftritt, mit einer hohen Sterblichkeitsrate verbunden ist und ein breites Spektrum an Symptomen aufweist.
    • Das Myxödemkoma ist eine potenziell tödliche Komplikation, und eine rasche Diagnose ist ein wichtiger Faktor zur Senkung der Sterblichkeitsrate[5]. Die Ermittlung einer auslösenden Ursache ist unerlässlich. Es ist erwähnenswert, dass sich ein Patient in der Regel mit Hypothermie vorstellt und nicht fiebrig ist.[22] Dennoch ist eine Untersuchung auf eine infektiöse Ursache gerechtfertigt, insbesondere wenn der Patient minimal unterkühlt ist, da dies die zugrunde liegende Infektion maskieren könnte.[15] Für bestimmte Medikamente wie Lithium und Amiodaron gibt es mehrere Fallberichte, die ihre Einnahme mit dem Auftreten eines Myxödemkomas in Verbindung bringen, da ihr Wirkmechanismus die Freisetzung von Schilddrüsenhormonen hemmt.[23] Lithium hemmt auch die cAMP-Produktion als Reaktion auf TSH. Bei Patienten, die Lithium einnehmen, wurde auch eine übertriebene TSH-Antwort auf TRH festgestellt.[24] Amiodaron hemmt den Eintritt von Schilddrüsenhormonen in das periphere Gewebe, hemmt die 5′-Deiodinase, wandelt T4 in T3 um und setzt überschüssiges Jod frei.[25] Andere auslösende Faktoren wie Hypoglykämie, Hypoxämie und Hyperkapnie können auch sekundär zum Myxödemkoma selbst sein.
  • Ätiologie – Gestörte homöostatische Mechanismen bei Hypothyreose-Patienten führen zu einem Myxödem-Koma. Es gibt viele auslösende Faktoren. Die wichtigsten sind:
    • Infektionen: Harnwegsinfektion, Lungenentzündung, Virusinfektionen, Grippe usw.
    • Verbrennungen, Kohlendioxidretention und Trauma
    • Hypothermie und Hypoglykämie
    • Hypoxämie und zerebrovaskuläre Unfälle
    • Medikamente: Amiodaron, Lithium, Sedativa, Beruhigungsmittel, Anästhetika, Opioide, Phenytoin, Rifampin, Diuretika, Betablocker (aufgrund des langsamen Arzneimittelstoffwechsels bei Patienten mit Hypothyreose besteht bei diesen Patienten die Gefahr einer Überdosierung von Anästhetika und Beruhigungsmitteln)
    • In der Literatur sind neue Fallberichte über die Verursachung eines Myxödems durch eine Anti-TNF-Therapie dokumentiert.
    • Kongestive Herzinsuffizienz
    • Gastrointestinale Blutungen
    • Operationen (angesichts der Auswirkungen auf die Hypophysen-Schilddrüsen-Achse mit verminderter Sekretion von Schilddrüsenhormonen nach Operationen als Reaktion auf Stress)
    • Ein Fallbericht aus dem Jahr 2019 zeigte, dass eine diabetische Ketoazidose bei einem Patienten nach einer totalen Thyreoidektomie ein Myxödem-Koma auslöste.
  • zusätzliche (dann auslösende parallel vorliegende) Erkrankung (z.B. Infektionen, Herzversagen, zerebrovaskuläre Ereignisse, Trauma, Operation) bei eine meist schon länger bestehende, unerkannte Hypothyreose)
  • zusätzliche Auslöser: Kälte, Narkotika (Opioide), Sedativa
  • Ursache der zurgrundeliegenden Hypothyreose: Hashimoto-Thyreoditis, Strahlenthyreoiditis, 5% sekundäre Hypothyreose bei Hypophyseninsuffizienz, u.a.
  • Mögliche Ursachen sind eine primäre Hypothyreose (z. B. postentzündlich), eine sekundäre Hypothyreose (HVL-Insuffizienz) oder eine tertiäre Hypothyreose (peripherer Verlust von Schilddrüsenhormonen), verbunden mit einer unzureichenden Therapie. Ein Myxödemkoma entwickelt sich über Jahre. Auslösende Faktoren sind Trauma, Operationen, Pharmaka (Barbiturate, Phenothiazine) oder Infektionen.
  • Nach neueren Theorien könnte das Myxödem-Koma durch eine allostatische Überlastung in einer Situation entstehen, in der die Auswirkungen der Hypothyreose durch ein nicht-thyreoidales Krankheitssyndrom verstärkt werden.
  • Das Myxödemkoma stellt eine extreme oder dekompensierte Form der Hypothyreose dar. Die meisten Fälle treten bei Patienten auf, bei denen zuvor eine Hypothyreose diagnostiziert wurde, doch in einigen Fällen wurde die Hypothyreose zuvor nicht erkannt.
  • Häufige auslösende Faktoren für ein Myxödem-Koma sind:
    • Unterkühlung, insbesondere in den Wintermonaten
    • Stoffwechselstörung, einschließlich Hypoglykämie, Hyponatriämie, Azidose und Hyperkalzämie
    • Beeinträchtigung der Atmung, einschließlich Hypoxämie und Hyperkapnie
    • Infektionen wie Lungenentzündung, Zellulitis und Urosepsis
    • Kongestive Herzinsuffizienz
    • Zerebrovaskuläre Unfälle
    • Gastrointestinale Blutungen
    • Trauma, Kraftfahrzeugunfälle und Frakturen
    • Medikamente, einschließlich Anästhetika, Sedativa, Beruhigungsmittel, Narkotika, Amiodaron und Lithium
    • Entzug von Schilddrüsenpräparaten, insbesondere im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt
  • Andere auslösende Faktoren sind:
    • Andere Medikamente wie Betablocker, Diuretika, Phenothiazine, Phenytoin, Rifampin, Anti-TNF-Therapie
    • Verbrennungen
    • Grippe
    • Chirurgie
    • Verzehr von rohem Bok Choy
    • Diabetische Ketoazidose nach totaler Thyreoidektomie
  • Pathophysiologie
    • Die Schilddrüse ist für die Regulierung des Ganzkörperstoffwechsels durch die Produktion von zwei Haupthormonen verantwortlich: Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Von den stoffwechselaktiven Schilddrüsenhormonen entfallen 93 % auf T4 und 7 % auf T3. T3 ist viermal stärker als T4, und der größte Teil von T4 wird im Gewebe in T3 umgewandelt. Jod ist für eine ausreichende Hormonproduktion erforderlich. Das schilddrüsenstimulierende Hormon (TSH) ist ein zirkulierendes oder im Serum befindliches Hormon aus der Hypophyse, das die Schilddrüse zur Produktion von T3 und T4 anregt. Eine Hypothyreose liegt vor, wenn die Schilddrüse nicht genügend T3 und T4 produziert.
    • Die weltweit häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion ist eine zu geringe Jodzufuhr mit der Nahrung. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion in Ländern mit ausreichender Jodzufuhr über die Nahrung. Wenn die Produktion von Schilddrüsenhormonen eingestellt wird, enthält die Schilddrüse genügend T3- und T4-Reserven für 2 bis 3 Monate.
    • Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 beeinflussen die Produktion von Hunderten neuer intrazellulärer Proteine und Enzyme in praktisch allen Zellen des Körpers. Dieser Einfluss umfasst die Expression der Kalzium-ATPase, die Regulierung von Ionenkanälen, die oxidative Phosphorylierung, die erhöhte Aktivität der Na-K-ATPase, den erhöhten Kohlenhydratstoffwechsel, die erhöhten freien Fettsäuren, den erhöhten Vitaminbedarf und den erhöhten Gesamtstoffwechsel. Das Fehlen der Schilddrüsenhormone T3 und T4 ist für viele Körperfunktionen auf genetischer und zellulärer Ebene verantwortlich, und ein Fehlen dieser Schilddrüsenhormone, wie es beim Myxödem-Koma auftritt, hat sehr schwerwiegende Folgen, einschließlich eines breiten Spektrums von Symptomen und einer hohen Sterblichkeitsrate.
  • Das Myxödemkoma entwickelt sich aus einer unbehandelten Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), die häufig im Zusammenhang mit chronischen autoimmunen Entzündungsprozessen in der Schilddrüse (Thyreoiditis) auftritt. Infolge der Schilddrüsenunterfunktion kann es zu Funktionsstörungen in mehreren Organsystemen und einer Verringerung der Aktivität bei diversen Stoffwechselprozessen im Körper kommen. Bei einer schweren Hypothyreose kann dies lebensbedrohlich sein.
  • Heutzutage wird eine Schilddrüsenunterfunktion in der Regel so früh diagnostiziert, dass kein Risiko für das Eintreten eines Myxödemkomas besteht. Die Behandlung mit Schilddrüsenhormonen beugt der Entstehung vor. Zuweilen geschieht es allerdings, dass die Diagnose übersehen oder eine medikamentöse Behandlung abgebrochen wird; in diesen Fällen ist das Risiko eines Myxödemkomas hoch.
  • Als Auslöser gelten Situationen, in denen Patient*innen mit schwerer Schilddrüsenunterfunktion akutem Stress ausgesetzt sind. Dabei kann es sich um Infektionen, Operationen, Verletzungen, Herzinfarkt, Magen- oder Darmblutungen, Schlaganfall, Unterkühlung oder um eine Behandlung mit bestimmten Medikamenten (Beruhigungs- und Narkosemittel, Antidepressiva, Opiate) handeln.

Symptomatik

  • Typische klinische Symptome sind eine blasse, trockene Haut mit teigigen, nicht wegdrückbaren periorbitalen und prätibialen Myxödemen, wie sie auch bei unserer Patientin nach näherer Inspektion erkennbar waren.
  • Durch die respiratorische Insuffizienz mit Hypoventilation und Hyperkapnie wird die ausgeprägte Bewusstseinsstörung (CO2-Narkose), zusätzlich zur eventuell bestehenden Hyponatriämie, noch begünstigt. In unserem Fall wurde eine präklinische Kapnometrie leider nicht durchgeführt. Die Blutgasanalyse bei der schon kontrolliert beatmeten Patientin konnte eine eventuell vorbestehende Hyperkapnie nicht mehr nachweisen.
  • Eine Stoffwechsellage mit Hypoglykämie und Hypothermie kann die zentralnervösen Symptome verstärken. Eine hypotone Kreislaufsituation mit Bradykardie und Herzinsuffizienz gehört ebenfalls zum klinischen Spektrum. Manche Patienten entwickeln Pleura- und Perikardergüsse.
  • Die beschriebenen Symptome hätten somit eher die Kriterien des Myxödemkomas erfüllt, als der vom Notarzt vermutete Hirninfarkt bzw. die intrakranielle Blutung. Auch die im weiteren Verlauf erhobenen Laborbefunde (Hypothyreose, Hyponatriämie) weisen in Kombination mit den beschriebenen klinischen Befunden auf dem Boden einer möglichen Infekttriggerung auf die Diagnose Myxödemkoma hin. Aufgrund des noch nicht so stark erniedrigten fT4-Spiegels und der eher milden Hyponatriämie ist unter Umständen die relativ schnelle Erholung der Patientin zu erklären.
  • Kardiale Manifestationen
    • Die diastolische Hypertonie ist einer der kardiovaskulären Kompensationsmechanismen bei Hypothyreose. Hypothermie und verminderter Atemantrieb verursachen eine periphere Vasokonstriktion, die zum Verlust des Schutzmechanismus und zur Entwicklung einer Hypotonie führt. Zu den häufigen kardiovaskulären Symptomen gehören Hypotonie, Schock, Herzrhythmusstörungen und Herzblock. Ein Myxödem verursacht eine verminderte Myokardkontraktilität und ein verringertes Herzzeitvolumen, was zu Hypotonie führt. Bradykardie, abgeflachte T-Wellen, niedrige Spannung, Schenkelblocks und komplette Herzblocks sind häufige EKG-Befunde. Eine niedrige Spannung im EKG kann auf einen Perikarderguss hindeuten, der durch die Ansammlung von mucopolysaccharidreicher Flüssigkeit verursacht wird, und sollte untersucht werden. Fatale Arrhythmien sind bei Myxödem und chronischer Hypothyreose wichtig zu erkennen. Es gibt Fälle, in denen QT-Intervall-Verlängerungen zu „Torsades de pointes“ führen, die sich mit der Behandlung des Myxödems auflösen. Es ist wichtig, einen Myokardinfarkt auszuschließen, da eine aggressive T4-Substitution das Risiko eines Myokardinfarkts erhöhen kann.
  • Neurologische Manifestationen
    • Der Verlauf des Myxödem-Komas ist in der Regel ein langsames Fortschreiten bis zum Koma. Typischerweise treten die Patienten nicht im Koma auf, vor allem nicht in der Frühphase, sondern sie sind lethargisch. Daher kann die Bezeichnung Myxödemkoma selbst irreführend sein. Weitere Befunde können Depressionen, Desorientierung, verminderte tiefe Sehnenreflexe, Psychosen, verlangsamte Denkprozesse, Paranoia und Gedächtnisstörungen sein. In einem Fall wird eine seltene Präsentation eines Patienten mit Status epilepticus beschrieben. Lumbalpunktionen, die in der Regel bei der Untersuchung der zugrunde liegenden Ursachen zum Ausschluss von Infektionen durchgeführt werden, können in diesen Situationen einen erhöhten Druck und eine hohe Proteinkonzentration aufweisen, die auf eine erhöhte meningeale Permeabilität und einen erhöhten zerebralen Blutfluss sowie eine Abnahme des Stoffwechsels zurückzuführen sind.
  • Respiratorische Manifestationen
    • Die Hypoventilation beim Myxödem-Koma ist auf eine beeinträchtigte hypoxische und hyperkapnische Beatmungsreaktion und die damit verbundene Zwerchfellmuskelschwäche zurückzuführen. Die Hauptursache für das Koma bei Myxödemen scheint die Atemdepression aufgrund der verminderten Reaktion auf Hyperkapnie zu sein. Außerdem führt die Schwellung der Zunge und der Stimmbänder zu einer obstruktiven Schlafapnoe, die zum Atemversagen beiträgt. Ein weiteres Problem, das dazu beitragen kann, ist eine Verringerung des Atemzugvolumens aufgrund von Pleuraerguss oder Aszites.
  • Gastrointestinale Manifestationen
    • Das Myxödemkoma verursacht häufig Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Ileus, Anorexie, Verstopfung und Aszites. Der Ileus ist von besonderer Bedeutung, da er zu einem Megakolon führen kann. Aszites wurde auch bei Myxödemen beobachtet, ist aber nicht häufig. In der Literatur wird nur über einige wenige Fälle berichtet. Diese Magenkomplikationen können auch zu Problemen bei der Absorption von oral eingenommenen Medikamenten führen. Gastrointestinale Blutungen können auftreten, da bei einem Myxödem ein höheres Risiko für Blutungen aufgrund von gerinnungsbedingten Komplikationen besteht.
  • Nieren- und Elektrolytmanifestationen
    • Typische Befunde beim Myxödem-Koma sind Hyponatriämie und eine verminderte glomeruläre Filtrationsrate. Eine Hyponatriämie tritt hauptsächlich aufgrund eines verminderten Wassertransports zum distalen Nephron auf. Andere Ursachen können ein Anstieg des antidiuretischen Hormons (ADH) sein. Die Hyponatriämie ist auch ein Schlüsselfaktor für den veränderten mentalen Status des Patienten und die Entwicklung eines Komas. Die Natriumausscheidung im Urin ist erhöht oder normal. Die Osmolalität im Urin ist im Verhältnis zur Plasmaosmolalität erhöht. Die Patienten können auch eine Blasenatonie haben, die zu einem Harnverhalt führt.
  • Hämatologische Manifestationen
    • Patienten mit Myxödemkoma haben ein erhöhtes Blutungsrisiko aufgrund eines erworbenen von-Willebrand-Syndroms Typ 1 und einer Abnahme der Faktoren V, VII, VIII, IX und X. Dies ist anders als bei Patienten mit nur leichter Hypothyreose, die einen hyperkoagulablen Zustand verursacht. Es gibt Fälle, in denen das erworbene von-Willebrand-Syndrom durch eine T4-Therapie reversibel ist.
  • Hypothermie
  • neuropsychiatrische Symptome: Desorientiertheit, Halluzinationen, Depression, Vergesslichkeit bis Amnesie, Lethargie bis hin zum Koma sowie auch Kleinhirnsymptome (z.B. Ataxie, Adiadochokinese)
  • Epilepsie
  • Hyponatriämie
  • klassisches Myxödem (aufgedunsenes Gesicht, geschwollene Hände, große Zunge, trockene, raue, kühle Haut)
  • kardiovaskuläre Symptome: verlängerte QT-Zeit, Sinusbradykardie, AV-Block, diastolische Hypertonie, ggf. Hypotonie bei verminderter myokardialer Kontraktilität, vermindertem Schlagvolumen und Herzzeitvolumen, Perikard- und Pleuraergüss
  • pulmonale Symptome: alveoläre Hypoventilation mit Hyperkapnie, Gefahr der Bronchopneumonie
  • gastrointestinale Symptome: Obstipation bis hin zu paralytischem Ileus und Magenatonie
  • cave: gleichzeitig auf auslösende Erkrankung achten (s.o.)
  • Hypothermie, Hypoventilation, Hyperkapnie, respiratorische Azidose, Bewusstseinstrübung, Bewusstlosigkeit, generalisierte Krampfanfälle weisen auf ein Myxödemkoma hin.
  • Typische Hautveränderungen (myxödematös), periorbitale Schwellungen, Makroglossie, Bradykardie und erloschene Reflexe erhärten die Verdachtsdiagnose. Zusätzlich können eine Herzinsuffizienz (Myxödemherz), Perikard- und Pleuraergüsse sowie Aszites auftreten (Kley u. Schlaghecke 1996[374], Kearney u. Dang 2007[373]).
  • Die Hauptsymptome des Myxödemkomas sind Bewusstseinstrübung, niedrige Körpertemperatur, eine schwache Atmung und eine teigige Schwellung der Haut an Gesicht und Händen (Myxödem). Darüber hinaus kann es zu Krampfanfällen kommen.
  • Andere typische Symptome sind solche, die auch normalerweise bei einer Schilddrüsenunterfunktion auftreten. Dazu zählen Müdigkeit, Kälteempfindlichkeit, Gewichtszunahme, Verstopfung, trockene Haut und unregelmäßige Menstruationsblutungen bei Frauen.
  • Klinische Merkmale des Myxödem-Komas:
    • Kardiovaskulär
      • Bradykardie
      • Schenkelblocks
      • Kompletter Herzblock und Herzrhythmusstörungen
      • Kardiomegalie
      • Erhöhter diastolischer Blutdruck-früh
      • Hypotonie – spät
      • Niedriges Herzzeitvolumen
      • Unspezifische EKG-Befunde
      • Perikarderguss
      • Polymorphe ventrikuläre Tachykardie (Torsades de pointes)
      • Verlängertes QT-Intervall
    • Atmung
      • Hypoxie
      • Hyperkapnie
      • Hyperventilation
      • Myxödem des Kehlkopfes
      • Pleuraerguss
    • Gastrointestinale Symptome
      • Abdominales Aufstoßen
      • Schmerzen im Unterleib
      • Anasarca
      • Anorexie und Übelkeit
      • Verlangsamte Motilität
      • Fäkale Impaktion und Verstopfung
      • Gastrointestinale Atonie oder Ileus
      • Myxödem oder toxisches Megakolon – spät
      • Neurogene oropharyngeale Dysphagie
      • Ileus
    • Neurologisch
      • veränderte Wahrnehmung
      • Koma
      • Verwirrung und Ohnmacht
      • Verzögerte Sehnenreflexe
      • Depression
      • Schlechte kognitive Funktion
      • Psychose
      • Krampfanfälle
    • Nieren- und Urinfunktion
      • Blasendystonie und Blasenüberdehnung
      • Flüssigkeitsretention
    • Erscheinungsbild und Dermatologie
      • Alopezie
      • Grobes, schütteres Haar
      • Trockene, kühle, teigige Haut
      • Myxödematöses Gesicht
      • Generalisierte Schwellungen
      • Kropf
      • Makroglossie
      • Nicht-litische Ödeme
      • Ptosis
      • Periorbitale Ödeme
      • Operationsnarbe von früherer Thyreoidektomie
    • Hypothermie
  • Labormerkmale beim Myxödem-Koma:
    • Anämie
    • Erhöhte Kreatinkinase (CPK)
    • Erhöhtes Kreatinin
    • Erhöhte Transaminasen
    • Hyperkapnie
    • Hypercholesterinämie (erhöhtes LDL)
    • Hyperlipidämie
    • Hypoglykämie
    • Hyponatriämie
    • Hypoxie
    • Leukopenie
    • Respiratorische Azidose
  • Zentralnervensystem: Leistungsminderung, Antriebslosigkeit, Depression, Müdigkeit, verlängerte Muskeleigenreflexe, Vigilanzminderung bis hin zum Koma
  • Herz-Kreislauf-System: bradykarde Herzrhythmusstörungen, Zeichen einer Herzinsuffizienz, Perikarderguss
  • Pulmonale Symptome: Bradypnoe, Hypoventilation
  • Haut: trockene, raue und blasse Haut; typische nicht wegdrückbare Myxödeme (teigige Schwellung der Subkutis)
  • Hypothermie
  • Heiserkeit, Obstipation, Gewichtszunahme

Anamnese & Diagnostik

  • Am häufigsten werden Patienten mit verändertem Geisteszustand und Unterkühlung (unter 35,5 °C) in die Notaufnahme eingeliefert. Je niedriger die Körpertemperatur ist, desto schlechter ist die Prognose. Das Fehlen einer leichten diastolischen Hypertonie bei Patienten mit schwerer Hypothyreose ist ein Warnzeichen für ein drohendes Myxödemkoma. Aufgrund des veränderten mentalen Status kann es schwierig sein, eine definitive Anamnese zu erheben. Zu den wichtigen anamnestischen Merkmalen gehören Schilddrüsenfunktionsstörungen, die Dosierung der Schilddrüsenmedikamente, die Einhaltung der Schilddrüsenmedikamente, Schilddrüsenoperationen und die Einnahme von Medikamenten, die die Schilddrüsenfunktion beeinflussen können. Eine schnelle und ausführliche körperliche Untersuchung ist ein Muss bei der anfänglichen Beurteilung des Myxödem-Komas. Eine körperliche Untersuchung kann dazu beitragen, den Verdacht auf eine Schilddrüsenanamnese zu bestätigen, wenn kein tastbares Schilddrüsengewebe, ein Kropf, spärliches Haar, ein nicht löchriges Ödem, eine Operationsnarbe am Hals oder trockene Haut festgestellt werden. Einige ältere Patienten zeigen atypische Symptome, wie z. B. eine eingeschränkte Mobilität.
  • Die wichtigsten Merkmale bei der Untersuchung sind folgende:
    • Bewusstseinsstörungen – können sehr subtil sein, wie z. B. depressiver Affekt, Apathie, verminderte intellektuelle Kapazität, Verwirrung, kurze Aufmerksamkeitsspanne und Desorientierung. Seltener Psychose und Koma. Alle Patienten mit verminderter Wachsamkeit müssen auf eine Depression untersucht werden.
    • Hypoventilation und Schlafapnoe
    • Hypothermie – Hypoglykämie und kaltes Wetter können sich als schwere Hypothermie äußern. Nicht jeder Patient ist unterkühlt, und einige Patienten können normal unterkühlt sein.
    • Trockene, kühle und teigige Haut (nicht löchrige Ödeme, Schwellungen)
    • Alopezie
    • Verminderte Beweglichkeit
    • Verspätete Reflexentspannung
    • Diastolische Hypertonie, gefolgt von Hypotonie
    • Bradykardie
    • Blasendystonie und -distention
    • Abdominales Aufstoßen, paralytischer Ileus mit Megakolon
    • Fäkale Impaktion (immer rektale Untersuchung durchführen)
  • Bewertung
    • Es ist wichtig, dass der Arzt einen hohen Verdacht auf ein Myxödemkoma hat. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den Patienten, die sich in den Wintermonaten vorstellen, höchstwahrscheinlich um Frauen mit einer Vorgeschichte von Schilddrüsenstörungen und einer auslösenden Krankheit. Die beiden häufigsten Befunde sind ein veränderter mentaler Status und Hypothermie, zusammen mit den üblichen Befunden einer Hypothyreose. Weitere häufige Anzeichen sind Hyponatriämie, Hypotonie, Bradykardie und Hypoventilation. Die Laborergebnisse bei primärer Hypothyreose zeigen einen stark erniedrigten oder unerkannt niedrigen Serumspiegel von Gesamt-T4, freiem T4 und freiem T3 sowie ein erhöhtes TSH. Bei den meisten Patienten liegt eine primäre Schilddrüseninsuffizienz zugrunde, aber auch sekundäre, tertiäre und euthyreote Erkrankungen sollten in der Differentialdiagnose berücksichtigt werden. Beim euthyreoten Sick-Syndrom ist das TSH nicht so stark erhöht wie erwartet. Bei einem kleinen Prozentsatz der Patienten sollte eine zentrale Hypothyreose in Betracht gezogen werden. Bei diesen Patienten kann das TSH unangemessen niedrig sein. Die Methode zur Unterscheidung zwischen zentraler und primärer Hypothyreose besteht darin, dass auch die zugehörigen Hypophysenhormone abnehmen.
    • Laboranomalien bei Myxödem-Koma
      • Anämie (entweder normozytäre oder makrozytäre Anämie) und Leukopenie
      • Erhöhte Kreatininphosphokinase kann zur Fehldiagnose eines Myokardinfarkts führen
      • Erhöhte Transaminasen
      • Hyperlipidämie aufgrund der Hemmung des Enzyms Lipoproteinlipase
      • Hypoglykämie aufgrund einer Herunterregulierung des Stoffwechsels)
      • Hyponatriämie mit niedriger Serumosmolarität und erhöhtem Kreatinin (Anstieg von ADH mit verminderter Fähigkeit der Nieren, Wasser auszuscheiden)
    • Andere erforderliche Untersuchungen
      • Septische Untersuchung zum Ausschluss einer Infektion, einschließlich Kulturen und Röntgenaufnahmen der Brust usw.
      • Das EKG kann Bradykardie mit unspezifischen Veränderungen, Spannungsabfall, variablem Block oder verlängertem QT-Intervall zeigen.
      • Die arteriellen Blutgase können Hypoxie, Hyperkapnie und respiratorische Azidose anzeigen.
      • Wenn bei bildgebenden Untersuchungen eine Kardiomegalie festgestellt wird, sind weitere Untersuchungen zum Ausschluss eines Perikardergusses erforderlich (Echokardiogramm).
      • Neurologische Untersuchungen wie die Lumbalpunktion zeigen in der Regel erhöhte Eiweißwerte und unspezifische EEG-Veränderungen.
  • V.a. Myxödemkoma bei Patienten, die sich mit klassischen neuropsychiatrischen Symptomen mit gleichzeitiger Hypothermie, Hyponatriämie und/oder Hyperkapnie präsentieren
  • klinischer Hinweis auf ein Myxödemkoma bei eingeschränkter Ansprechbarkeit:
    • Thyreoidektomienarben
    • Fremdanamnese/Arztbriefe mit Radiojodtherapie oder Hypothyreose, meist im Rahmen einer chronischen lymphozytären Thyreoiditis
  • TSH erhöht und fT4 erniedrigt, Cave: schilddrüsenspezifische Antikörper sind in der Akutdiagnostik bedeutungslos
  • weitere Laborwerte: Hyponatriämie (bei 50% d. Patienten vorliegend –> neuropsychiatrische Symptome), Hypoglykämie, LDH- und CK-Erhöhung
  • Bei der ärztlichen Untersuchung können ein niedriger Blutdruck, ein verlangsamter Puls, eine verlangsamte Atmung sowie eine erniedrigte Körpertemperatur festgestellt werden.
  • Mit Blutuntersuchungen werden die Schilddrüsenhormone (TSH und FT4), Kortisol sowie der Natrium- und Blutzuckerspiegel bestimmt. Außerdem wird der Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt im Blut gemessen.
  • Ein Elektrokardiogramm (EKG) kann Herzrhythmusstörungen aufzeigen.
  • Oftmals liegt eine Infektion oder eine andere akute Erkrankung vor, die das Myxödemkoma ausgelöst hat.
  • Präklinisch wird die Diagnose selten zu stellen sein. Eine sorgfältige (ggf. Fremd-)Anamnese sowie eine klinische Untersuchung stellen die Weichen. Innerklinisch erfolgt über die Bestimmung der Hormonspiegel die Sicherung der Diagnose.
  • Labor:
    • TSH↑↑ (oft T4 ↓; im Verlauf: TPO-AK, Tg-AK)
    • Hyponatriämie
    • Hypoglykämie, CK/LDH erhöht
  • EKG (Bradykardie, ggf. Niedervoltage bei Perikarderguss)
  • Schilddrüsenmedikation (Thyreostatika, Thyroxin)
  • Operationen an der Schilddrüse
  • Radiojodtherapie
  • Angeborene/erworbene Schilddrüsenerkrankungen (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis)
  • Hypophyseninsuffizienz
  • Jodmangel
  • Familiäre Disposition
  • Differentialdiagnosen (Die Differentialdiagnose basiert auf Anzeichen und Symptomen; so würde die Differentialdiagnose eines veränderten mentalen Status oder eines Komas beispielsweise Folgendes umfassen:)
    • Sepsis
    • Schock
    • Schlaganfall
    • Überdosierung von Medikamenten
    • Diabetische Ketoazidose
    • Krampfanfall
    • Unterkühlung

Therapie

  • Da das Myxödem-Koma eine hohe Sterblichkeitsrate von bis zu 60 % aufweist, müssen alle Patienten auf der Intensivstation behandelt werden. Eine höhere Sterblichkeitsrate ist bei älteren Frauen, Herzrhythmusstörungen, anhaltender Unterkühlung, Bewusstseinsstörungen und Sepsis nachgewiesen. Die Behandlung des Myxödem-Komas ist eine multisystemische Herausforderung. Die Identifizierung des auslösenden Faktors ist von entscheidender Bedeutung. Das Management der Atmung und der Atemwege ist eine entscheidende Komponente bei der Behandlung des Patienten. Zur Überwachung der Hyperkapnie und Hypoxämie sollten häufige Kontrollen der arteriellen Blutgase durchgeführt werden. Die meisten Patienten müssen mechanisch beatmet werden, da der veränderte mentale Status die Patienten anfälliger für Aspiration macht und eine Obstruktion der Atemwege aufgrund des Myxödems des Kehlkopfes auftreten kann. Die Patienten sollten so lange beatmet werden, bis Hyperkapnie und Hypoxämie verschwunden sind und der Patient das Bewusstsein wiedererlangt. Außerdem muss eine Lungenentzündung mittels bildgebender Verfahren festgestellt werden, um sicherzustellen, dass alle auslösenden Faktoren behandelt werden. Außerdem sollte eine Flüssigkeitsreanimation unter Überwachung des Natriumspiegels und eine langsame Wiedererwärmung eingeleitet werden, um eine weitere Hypotonie zu vermeiden. Abklärung der Infektionsursache, einschließlich Lumbalpunktion, Blut- und Urinkulturen, empirische Antibiotika sowie geeignete bildgebende Verfahren und Interventionen, sofern eine Arbeitsdiagnose erforderlich ist.
  • Eine Hypothermie sollte mit Wärmedecken und einer Erhöhung der Raumtemperatur behandelt werden. Bei der Erwärmung des Patienten ist Vorsicht geboten, da dies eine periphere Vasodilatation verursacht und zu Hypotonie und Schock führen kann. Wenn der Patient eine Schilddrüsenersatztherapie erhält, wird sich die Unterkühlung langsam zurückbilden. Hypotonie erfordert ein sorgfältiges Management, da häufig mehrere Probleme gleichzeitig auftreten, wie Hyponatriämie, Hypoglykämie und Hypothermie. Wie bereits erwähnt, führt eine rasche Wiedererwärmung des Patienten zu einer verstärkten Vasodilatation und damit zu einer Verschlechterung der Hypotonie. Dies macht die Gabe von Flüssigkeiten zur Aufrechterhaltung der hämodynamischen Stabilität erforderlich. Wenn die Hypotonie auf die intravenöse Flüssigkeitsreanimation nicht anspricht, sollten Vasopressoren verabreicht werden, bis Levothyroxin wirken kann. Liegt eine Hypoglykämie vor, sollte vorsichtig 5 bis 10 %ige Dextrose mit halb normaler Kochsalzlösung verabreicht werden. Das Dilemma entsteht, wenn der Patient auch eine Hyponatriämie aufweist. Hypotone Flüssigkeiten sollten vermieden werden. Ein niedriger Natriumspiegel kann zu einem veränderten mentalen Status führen, und die Behebung des Mangels ist von entscheidender Bedeutung. Es ist ein sorgfältiges Gleichgewicht zwischen Flüssigkeitsrestriktion und Flüssigkeitsbedarf herzustellen. Ein zentraler Venenkatheter ist ebenfalls zu empfehlen. Bei schwerer Hyponatriämie (unter 120 mmol/L) ist eine vorsichtige Verabreichung von 3%igem Natriumchlorid zusammen mit intravenösem Bolus-Furosemid erforderlich, um eine angemessene Diurese zu ermöglichen. Eine Erhöhung der Serumnatriumkonzentration um 4 bis 6 mmol/L kann nachweislich viele neurologische Symptome korrigieren. Eine langsame Korrektur ist entscheidend, da eine Überkorrektur das Risiko eines osmotischen Demyelinisierungssyndroms erhöht. Aktuelle Forschungsergebnisse legen nahe, dass die korrekte Rate nicht mehr als 6 bis 8 mmol/L in 24 Stunden ansteigen sollte. Sobald der Serumnatriumspiegel über mmol/L ansteigt, sollten Flüssigkeitsrestriktionen ausreichen, um den Serumnatriumspiegel zu korrigieren.
  • Die unverzügliche Einleitung einer Schilddrüsenhormontherapie ist von größter Bedeutung, wenn ein starker Verdacht auf ein Myxödemkoma besteht, und zwar auch dann, wenn die Ergebnisse der Schilddrüsenhormone noch nicht vorliegen (auch wenn sie in den meisten klinischen Einrichtungen in der Regel schnell zurückkommen). Eine Verzögerung könnte die Mortalität und Morbidität des Patienten erhöhen. Es wird empfohlen, vor der Schilddrüsenhormontherapie Hydrocortison zu verabreichen, insbesondere wenn der Patient hypotensiv ist, um Nebennierenkrisen zu vermeiden; es wird vermutet, dass Levothyroxin den Cortisol-Stoffwechsel erhöht und die Hypothyreose eine zugrunde liegende Nebenniereninsuffizienz maskieren kann. Ein empfohlener Therapieverlauf ist, wenn möglich, die Blutentnahme für zufällige Cortisol-, TSH-, FT4- und FT3-Bestimmungen und die Verabreichung von Hydrocortison, beginnend mit einer Anfangsdosis von 100 mg intravenös (insgesamt 200 bis 400 mg täglich), die je nach Cortisolspiegel gestoppt oder abgesetzt werden kann, wenn die Blutwerte wieder normal sind und die Hypotonie verschwindet. Die Verabreichung von Levothyroxin IV sollte folgen. Wiederholte TSH-, FT4- und FT3-Werte sind die Grundlage für die Dosisanpassung.
  • Nach den neuesten Richtlinien der American Thyroid Association (ATA) beträgt die empfohlene Anfangsdosis 200 bis 400 mcg einmalig intravenös (niedrigere Dosis bei älteren Menschen oder zugrunde liegenden Herzerkrankungen oder Arrhythmie, in einigen Berichten bis zu 500 mcg). Anschließend beträgt die Dosierung 1,6 mcg/kg/Tag, reduziert auf 75 %, wenn es bevorzugt intravenös verabreicht wird, da die Patienten möglicherweise nicht in der Lage sind, PO zu tolerieren, und die Absorption aufgrund von Motilitätsstörungen und Ödemen im Darm beeinträchtigt sein könnte. TSH, FT4 und FT3 sollten zu Beginn der Behandlung und dann alle 24 bis 48 Stunden gemessen werden, bis sich der mentale Status des Patienten zu verbessern beginnt. Die optimale Dosis ist nach wie vor umstritten, da eine höhere Dosis insbesondere bei älteren Patienten oder bei Patienten mit Herzerkrankungen und Herzrhythmusstörungen schädlich sein kann. Es sollte erwogen werden, LT3 in einer Ladedosis von 5 bis 20 Mikrogramm zu verabreichen, gefolgt von 2,5 bis 10 Mikrogramm intravenös alle 8 Stunden, wenn innerhalb von 24 Stunden keine Reaktion erfolgt (schwache Empfehlung, geringe Qualität der Nachweise). Bei Patienten mit Herzerkrankungen oder Herzrhythmusstörungen in der Vorgeschichte ist ebenfalls Vorsicht geboten, da in einer Fallserie ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Wirkungen bei höherer LT3-Dosierung festgestellt wurde. Eine weitere Kontroverse ist die Frage, ob Liothyronin (LT3) für Patienten geeignet ist, deren mentaler Status sich nicht innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach Verabreichung von Levothyroxin verbessert oder deren FT3-Spiegel nicht nachweisbar sind. Es ist bekannt, dass die Umwandlung von FT4 in FT3 auf zellulärer Ebene bei schwer kranken Patienten und solchen, die Steroide einnehmen, beeinträchtigt ist. Diese gestörte Umwandlung kann jedoch manchmal ein Schutzmechanismus sein, der den Stoffwechsel bei schwer kranken Patienten verlangsamt, um die Organfunktion zu erhalten. Ob dieses Phänomen auf Patienten mit Myxödemkoma übertragen werden kann, ist noch umstritten. Es ist jedoch nach wie vor sehr wichtig, LT3 richtig zu dosieren, da hohe Werte mit einer erhöhten Sterblichkeit korrelieren.
  • In einem Fallbericht aus dem Jahr 2017 führte die Aufteilung der Levothyroxin-Dosis auf 200 mcg LT4 alle 8 Stunden in fünf aufeinanderfolgenden Dosen (Gesamtdosis von 1 mg) zu einer signifikanten Wiederherstellung des Schilddrüsenmangels und zu einer klinischen Verbesserung innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Behandlung. In einem anderen Fallbericht aus dem Jahr 2019 wurde der Patient fünf Tage lang mit einer Kombination aus 200 mcg Levothyroxin und 50 mcg Liothyronin behandelt, was zu einer erfolgreichen Verbesserung des Zustands des Patienten führte, so dass in einigen Berichten empfohlen wurde, mit 200 bis 300 mcg Levothyroxin und 10 bis 25 mcg Liothyronin als alternative Erstbehandlung zu beginnen. Zwar sind die optimalen Werte für Serum-TSH und Schilddrüsenhormone unter diesen Umständen nicht genau definiert, aber wenn der TSH-Wert nicht sinkt oder sich die Schilddrüsenhormonwerte nicht verbessern, könnte dies als Indikation für eine Erhöhung der Levothyroxin-Therapie und/oder eine zusätzliche LT3-Therapie gelten, während ein hoher Serum-Triiodthyronin-Wert (FT3) aufgrund von Sicherheitsbedenken eine Verringerung der Therapie nahelegt. In einer In-vitro-Studie an Ratten kamen Mooradian et al. zu dem Schluss, dass das Altern mit einer verminderten Reaktionsfähigkeit auf die T3-stimulierte Hochregulierung der Zahl der beta-adrenergen Rezeptoren in den synaptosomalen Membranen einhergeht, und dass sich dies durch höhere LT3-Dosen nicht verbesserte.
  • Der Schweregrad des Myxödem-Komas sollte nicht allein auf höheren TSH-Werten beruhen, da diese nicht immer korrelieren, sei es aufgrund einer Unterdrückung der Hypothalamus-Hypophysen-Achse bei schwerkranken Patienten, einer langsameren Reaktion bei älteren Menschen oder einer sekundären Hypothyreose aufgrund hypophysärer Ursachen. Es wird erwartet, dass sich der FT4-Serumspiegel innerhalb von 4 Tagen nach Beginn der Therapie normalisiert.
  • Schilddrüsenhormonsubstitution:
    • L-Thyroxin Startdosis 200–400 μg i.v. am 1. Tag, Erhaltungsdosis 1,6 μg/kg KG pro Tag entweder oral oder i.v. (Expertenmeinung und in amerikanischen Leitlinien beinhaltet)
    • Ggf. zusätzlich L-T3 Startdosis 5–20 μg i.v., Erhaltungstherapie 2,5–10 μg alle 8 h
  • Glukokortikoidsubstitution:
    • Hydrocortison 200 mg/Tag (Stressdosis)
  • Supportive intensivmedizinischeMaßnahmen:
    • Intubation und Beatmung: möglichst frühzeitige Beatmung, unter Berücksichtigung eines nicht zu schnellen Ausgleichs der Hyperkapnie (Ausgleich Hyperkapnie und Hypoxie, Therapie einer Bronchopneumonie –> wenn vorliegt: Beginn einer Antibiose)
    • Hypoglykämie: initial 50 ml einer 50%-igen Glukoselösung i.v., dann weiter nach Blutglukosewerten
    • Hyponatriämie (Folge einer Wasserretention): alleinige Wasserrestriktion, kein schneller Ausgleich (Gefahr der pontinen Myelinolyse), also keine hochprozentige Natriuminfusionslösung notwendig (denn bei wiederhergestellter Schilddrüsenhormonwirkung an der Niere wird Natrium wieder rückresorbiert)
    • Hypothermie (bei <31°C: langsame aktive Erwärmung durch Dialyse, angewärmte Infusionen etc., aber nicht mehr als 0,5 °C/h; bei > 31 °C: nur passive Erwärmung durch warme Decken)
    • Hypotonie (Hydrocortison 200 mg/Tag über die ersten Tage, danach langsam reduzieren; Katecholamine und Digoxin sind weniger wirksam; es besteht eine erhöhte Gefahr von Herzrhythmusstörungen)
  • Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung/auslösenden Ursache
  • Präklinische und frühe innerklinische Therapie
    • Oberste Priorität besitzt präklinisch die Sicherung der Vitalfunktionen. Das Freihalten und Sichern der Atemwege bei komatösen Patienten mit fehlenden Schutzreflexen stellt eine klare Indikation zur Intubation dar. Bei eingeschränkter Kreislauflage kann der Einsatz von Vasopressoren notwendig werden, eine Volumensubstitution sollte in diesem Zusammenhang aufgrund der häufig begleitenden kardialen Insuffizienz im Rahmen des Myxödemkomas zurückhaltend erfolgen. Bei medikamentös therapieresistenter Bradykardie sollte frühzeitig der Einsatz eines passageren Schrittmachers erwogen werden. Ergibt sich aus Anamnese und Untersuchungsbefund der begründete Verdacht auf ein Myxödemkoma (klinisches Bild, Einnahme von Schilddrüsenmedikamente, Zustand nach Radiojodtherapie etc.) sollte in der frühen klinischen Phase die kausale Therapie so schnell wie möglich eingeleitet werden. Das differenzialdiagnostische Spektrum legt für Patienten mit präklinisch primär unklarem Komazustand den Transport in eine Klinik mit der Möglichkeit der computertomographischen Diagnostik und einer erweiterten neurologischen und internistischen Versorgung nahe.
    • Die klinische Therapie des Myxödemkomas besteht in der raschen intravenösen Substitution von 500 μg Levothyroxin mit anschließender oraler Substitution mit 50–100 μg Levothyroxin pro Tag. Der erhöhte Glukokortikoidbedarf des Organismus ist durch eine frühzeitige Glukokortikoidgabe (Hydrokortison, alternativ Prednisolon) auszugleichen. Ferner vermeidet Hydrokortison sekundäre Komplikationen einer Nebennierenrindeninsuffizienz (Prophylaxe einer Addison-Krise). Vor Einleitung einer Glucokortikoidgabe wird die Bestimmung eines Ausgangskortisolspiegels empfohlen, in der erweiterten Abklärung kann ein adrenokortikotropes Hormon (ACTH) -Test durchgeführt werden. Aufgrund der Gefahr der pontinen Myelinolyse wird bei einer manifesten Hyponatriämie keine Natriumsubstitution, sondern nur eine Flüssigkeitsrestriktion und Hydrokortisongabe empfohlen. Eine begleitende Hypothermie sollte nur vorsichtig behandelt werden, da durch die periphere Vasodilatation unter Erwärmung die bestehende Kreislaufinsuffizienz noch aggraviert werden kann.
  • Sicherung der Atemwege
  • Therapie der respiratorischen Insuffizienz
  • Kreislaufstabilisierung
  • Substitution von Thyroxin
  • Prophylaxe und Behandlung einer Addison-Krise mit Glukokortikoiden
  • Vorsichtiger und langsamer Ausgleich des Flüssigkeitsdefizits und der Hyponatriämie
  • Langsames Aufwärmen
  • Ggf. zusätzliche antibiotische Abdeckung bei Infektverdacht
  • Volumentherapie
  • Hypoglykämie: Glucose-Gabe z.B. 8-24g : G40% 20-60ml iv. bei parallel schnell laufender Infusion zur Verdünnung (Off-Label-Use) oder G20% 40-120ml iv.
  • Bradykardie/AV-Block III°: Schrittmachertherapie
  • Hypothermie: Aktiv (invasive) Erwärmung bei <30°C, externe Erwärmung (Wärmedecke) bei >30°C
  • V.a. Infekt / Sepsis: Breitbandantibiose (z.B. Piperacillin/Tazobactam 4,5g iv.)
  • Koma / Hyperkapnie: Atemwegssicherung / Intubation (CAVE: Ggf. schwieriger Atemweg wegen möglichem Atemwegs-Ödem (Zunge, Larynx…) und bestehender Hypoxie)
  • Spezifisch-Medikamentöse Therapie:
    • Hydrocortison 100mg iv. Bolus, dann 100mg/24h iv. kontinuierlich
    • Levothyroxin 400µg iv. (bei kardial Vorerkrankten/Älteren: 200µg) über 2-3 min.
  • Präklinisch werden die Vitalfunktionen gesichert, Sauerstoff über Maske mit Reservoir appliziert und über einen periphervenösen Zugang vorsichtig 500 ml kristalline, optimalerweise angewärmte Infusionslösung gegeben. Eine Hypoglykämie wird durch intravenöse Glukosegabe ausgeglichen, die Gabe von Hydrokortison (100 mg) kann eine begleitende Nebennierenrindeninsuffizienz bessern.
  • Da auch bei der Hypothyreose die Klinik nicht mit der Höhe der Hormonspiegel verknüpft ist, sollte innerklinisch umgehend mit der intravenösen Substitution von Schilddrüsenhormonen begonnen werden (Lindsay u. Toft 1997[376], Kearney u. Wang 2007[373], Marx et al. 2010[377], Tintinalli et al. 2011[380]).
  • Die Behandlung eines Myxödemkomas sollte so schnell wie möglich eingeleitet werden. Dabei gilt der Verdacht als hinreichender Grund für eine Therapie.
  • Medikamente
    • Am wichtigsten ist es, der betroffenen Person schnellstmöglich Schilddrüsenhormone zuzuführen, um den Hormonspiegel im Blut zügig anzuheben.
    • Entweder wird nur L-Thyroxin (T4) oder eine Kombination aus T4 und T3 verabreicht. Bei der Kombinationsbehandlung tritt die Wirkung schneller ein, es besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkt.
    • Wenn ein Kortisolmangel besteht, wird zusätzlich Hydrokortison verabreicht.
  • Weitere Maßnahmen
    • Die Patient*innen werden auf der Intensivstation eines Krankenhauses unter Beobachtung gestellt, wo Herz- und Atemfunktion sowie Blutdruck und Temperatur überwacht werden.
    • In manchen Fällen ist eine maschinelle Beatmung erforderlich, und es erfolgt eine intravenöse Flüssigkeits- und Nährstoffzufuhr.
    • Zudem soll die auslösende Erkrankung (z. B. Infektion) diagnostiziert und behandelt werden.

Prognose & Komplikationen

  • Unbehandelt kann das Myxödemkoma durch zunehmende Bewusstseinstrübung und beeinträchtigte Atmung schnell zum Tod führen.
  • Die Sterberate liegt bei älteren Patient*innen um die 30–50 %, wobei Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Komplikationen am meisten gefährdet sind.
  • Die Prognose des Myxödem-Komas ist aufgrund der geringen Zahl der gemeldeten Fälle schwer zu bestimmen. Die Sterblichkeitsrate ist unterschiedlich, in einigen Berichten wird von bis zu 60 % berichtet, in anderen von nur 20 bis 25 % bei fortgeschrittener intensivmedizinischer Betreuung. Die schlechte Prognose hängt wahrscheinlich mit dem fortgeschrittenen Alter, der Bradykardie und der anhaltenden Unterkühlung zusammen.
  • Unbehandelt ist das Myxödem-Koma tödlich. Zu den Komplikationen des Myxödems gehören Koma, Atemversagen, Myokardischämie, Sepsis und gastrointestinale Blutungen.

Quellen

Allgemein & thyreotoxische Krise

hypothyreotes Koma (Myxödemkoma)

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