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FOAMio Politix – Briefwahl – Was? Wo? Wie?

Mit dem heutigen Beitrag zur Briefwahl beginnt auch die FOAMio Politix-Reihe mit allen wichtigen Informationen zur Bundestagswahl (BTW). Mit der Reihe wollen wir einen Beitrag zur lebendigen Demokratie leisten, aber in keinem Fall eine Wahlempfehlung für eine Partei, Person oder Gruppe geben, jedoch eine allgemeine Empfehlung, das uns allen zustehende Recht zum Wählen in Anspruch zu nehmen. Da politische Bildung nicht nur im Rahmen des Staatsexamens ein relevantes Thema ist, sondern auch im Alltag für uns als mündige Bürger*innen wichtig ist, ist das auch der Anlass für diese BTW-Spezial-Reihe. Aber zurück zum Thema Briefwahl, denn dieses Thema ist nicht ohne Grund der erste Bereich, um den wir uns in dieser Reihe kümmern wollen, da die Möglichkeit zur Briefwahl schon einige Zeit vor dem eigentlichen Wahltag am 23. Februar 2025 besteht.

Die Möglichkeit zur Briefwahl gibt es seit der Bundestagswahl 1957. Damals wollte man so die „Allgemeinheit der Wahl“ sicherstellen, also dass jede Person in Deutschland die Möglichkeit hat, zur Wahl zu gehen, v.a. alte, kranke und behinderte Menschen, aber auch Menschen im Urlaub oder wahlberechtigte Personen, die im Ausland leben. Die schon erwähnte „Allgemeinheit der Wahl“ist einer der fünf  Wahlrechtsgrundsätze in der Bundesrepublik Deutschland, auf die wir in einem der weiteren Beiträge der Bundestagswahl-Reihe noch genauer eingehen werden. Die Umsetzung der Briefwahl im Rahmen der Bundestagswahlen selbst ist durch das Bundeswahlgesetz und die Bundeswahlordnung geregelt.

Briefwähler*innen bei den Bundestagswahlen
– 2013: 10.758.677 Briefwähler*innen (24,3 %)
– 2017: 13.430.468 Briefwähler*innen (28,6 %)
– 2021: 22.146.336 Briefwähler*innen (47,3 %)

Schaut man sich die Entwicklungen in Bezug auf die Inanspruchnahme der Briefwahl über die letzten Bundestagswahlen hin an, so stellt man einen rasanten Anstieg der Inanspruchnahme fest. Für die Bundestagswahl 2021 muss man natürlich berücksichtigen, dass diese während der Corona-Pandemie stattfand, aber auch für die vorgezogene Wahl im Februar wird ein weiterer Anstieg der Inanspruchnahme angenommen. Dies sorgt auch sukzessive für Kritik an der Briefwahl, auf die am Ende des Beitrags noch genauer eingegangen wird.

Briefwahl beantragen

Vor der Bundestagswahl erhalten alle wahlberechtigten Bürger*innen eine Wahlbenachrichtigung mit der Post. Diese Wahlbenachrichtigung ist wie eine Einladung zur Wahl zu verstehen, welche dazu berechtigt, wählen zu gehen, und die wichtigen Informationen für die Wahl – wie das Wahlloka – enthält. Auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung findet sich ein Vordruck für die Beantragung eines Wahlscheins, der für die Briefwahl benötigt wird. Diesen kann man ausgefüllt an die Gemeinde des Hauptwohnortes zurückschicken und erhält dann den Wahlschein und alle notwendigen Wahlunterlagen. Alternativ ist die Beantragung des Wahlscheins auch schriftlich (Post, Fax oder E-Mail; telefonische Beantragung nicht möglich), aber auch in vielen Gemeinden online möglich, auch ohne Wahlbenachrichtigung bzw. noch bevor diese im Briefkasten liegt. Sofern man die Briefwahlunterlagen für eine andere Person beantragt, wird eine schriftliche Vollmacht benötigt.

Bundeszentrale für politische Bildung; https://www.bpb.de/cache/images/3/248823_original.jpg?B028E

Der späteste Zeitpunkt für die Beantragung des Wahlscheins und damit auch der Briefwahlunterlagen ist der Freitag vor der Wahl um 15 Uhr (= 21. Februar 2025; Ausnahmen – z.B. bei plötzlicher Erkrankung – ermöglichen auch eine Beantragung noch am Wahltag bis 15:00 Uhr). Für die Beantragung selbst werden nur der Familienname, Vorname(n), das Geburtsdatum und die Wohnanschrift benötigt. Die Angabe einer alternativen Adresse (z.B. Anschrift der Unterkunft im Urlaubsort) ist auch möglich. Alternativ können die Unterlagen auch persönlich bei der Gemeinde abgeholt werden. Beim persönlichen Abholen der Briefwahlunterlagen ist auch die „Wahl an Ort und Stelle“ möglich.

Bundeszentrale für politische Bildung; https://www.bpb.de/cache/images/4/248824_original.png?B29E5

Wie funktioniert die Briefwahl?

Wenn man nun die Briefwahl beantragt hat, erhält man nachfolgend von der Gemeinde in welcher man wohnhaft ist, einen Brief mit den folgenden Unterlagen:

  • Wahlschein (CAVE: muss vom mit der Erteilung beauftragten Bediensteten der Gemeindebehörde eigenhändig unterschrieben und mit dem Dienstsiegel versehen sein; alternativ bei automatisch erstellten Wahlscheinen kann die Unterschrift fehlen, dann ist aber de Name des beauftragten Bediensteten eingedruckt)
  • amtlicher Stimmzettel
  • amtlicher Stimmzettelumschlag (blauer Briefumschlag ohne Adresse)
  • amtlicher Wahlbriefumschlag (roter Briefumschlag mit der Adresse der Wahlbehörde)
  • ausführliches Merkblatt für die Briefwahl mit allen wichtigen Hinweise und einer erklärenden Bebilderung

Nachfolgend eine Step-by-Step-Erklärung für die korrekte Briefwahl:

Schritt 1
Stimmzettel ausfüllen, also 2 Kreuze für die Partei und die/den Kandidat*in deiner Wahl auf dem Stimmzettel machen. Ein Kreuz ist für die Erststimme, das andere für die Zweitstimme. Dann die angekreuzten Stimmzettel in den leeren blauen Briefumschlag stecken und diesen zukleben.

Schritt 2
Dann den Wahlschein unterschreiben.

Schritt 3
Den Wahlschein sowie den verschlossenen blauen Briefumschlag in den roten Briefumschlag stecken und diesen ebenfalls verschließen.

Schritt 4
Schlussendlich den roten Briefumschlag mit Adresse der Wahlbehörde in einen Briefkasten der Post werfen, wobei der Wahlbrief bei Übersendung per Post innerhalb der BRD nicht frankiert werden muss, während im Ausland eine Frankierung notwendig ist, welche selbst getragen werden muss.
(CAVE: Der Wahlbrief muss spätestens am Wahlsonntag um 18 Uhr bei der zuständigen Wahlbehörde vorliegen)

Was geschieht mit den Briefen?

Wie schon erwähnt, können die Wahlbriefe noch bis 18 Uhr am Wahlsonntag bei der zuständigen Wahlbehörde abgegeben werden. Jedoch werden schon, um den Ablauf zu beschleunigen, ab 15 Uhr die bereits vorliegenden Wahlbriefe geöffnet, um zu prüfen, ob der Wahlschein und der geschlossene Stimmzettelumschlag vorhanden und in Ordnung sind. Die Ergebnisse der Briefwahl sind dann auch bereits im vorläufigen Ergebnis mit enthalten.

Kritik an der Briefwahl

Seit mehren Jahren gibt es zunehmend Kritik an der Briefwahl, aber bevor wir auf einige der relevanteren Kritikpunkte näher eingehen, sollte erst einmal betont werden, dass Deutschland laut dem „Electoral Integrity Project“, einer jährlichen Studie der University of Sydney, die die Qualität von Wahlen weltweit untersucht, auf Platz 6 noch vor Frankreich auf Platz 19, Großbritannien auf Platz 40 und den USA auf Platz 57 liegt. Trotzdem gibt es in den letzten Jahren v.a. aus dem rechtspopulistischen Bereich immer wieder Vorwürfe hinsichtlich einer systematischen Manipulation der Wahlen durch die Briefwahl. Für diese gibt es bis jetzt aber keine ausreichenden Belege. Was aber klar gesagt werden muss, bevor wir auf einzelne Kritikpunkte eingehen, ist, dass Briefwahlen nur in Ländern mit funktionierenden Wahlbehörden und Postzustellung möglich sind. Nun zu einigen der wichtigen Kritikpunkte:

  • Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat sich u.a. in einem Urteil zur Zulassung der Briefwahl bei der Europawahl im Jahr 2009 (AZ 2 BvC 7/10) mit der Briefwahl an sich beschäftigt und dabei darauf hingewiesen, dass mit zunehmender Briefwahl ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlichen Leitbild der Urnenwahl entsteht, welche „die repräsentative Demokratie in besonderer Weise sichtbar und erfahrbar macht“. Im selben Urteil betonte das BVG aber auch, dass die Briefwahl das Ziel hat, „eine möglichst umfassende Wahlbeteiligung zu erreichen und damit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl Rechnung zu tragen“.
  • Der Vorwurf der Anfälligkeit der Briefwahl für einen Wahlbetrug kann durch die vorhandenen Sicherheitsmechanismen im Bundeswahlgesetz entkräftet werden, wobei einzelne Vorfälle die Regel bestätigen. Zu den Sicherheitsmechanismen gehören z.B.:
    • Sofern man die Briefwahl beantragt hat und die Briefwahlunterlagen versendet werden, wird dies im Wählerverzeichnis vermerkt, um so eine doppelte Stimmabgabe – einmal per Post und einmal per Urne – zu verhindern.
    • Sollen die Briefwahlunterlagen bei der Beantragung an eine andere Adresse als die Meldeanschrift versendet werden, wird zur Sicherheit auch ein Brief an die bei der Wahlbehörde hinterlegte Adresse (Meldeadresse) versendet. Dies soll beim Wahlbetrugsversuch die eigentlichen Wähler*innen auf den Versuch des Wahlbetrugs hinweisen.
    • Um die geheime Wahl zu gewährleisten, werden zwei verschiedene Briefumschläge genutzt.
    • Es besteht die Gefahr des Begehens einer Straftat durch das Unterschreiben einer eidesstattlichen Versicherung und der damit verbundenen Bestätigung, die Kreuze auf dem Stimmzettel selbst gesetzt zu haben.
    • Da die Auszählung der Briefwahl öffentlich ist, kann Jede*r der Auszählung beiwohnen.
    • Durch den Umfang der Bundestagswahl muss eine wahlverändernde Manipulation in einem so großen Maße stattfinden, dass dies quasi auszuschließen ist.
  • Eine Gefahr für formale Fehler und damit für einer ungültigen Stimmabgabe bietet die Briefwahl jedoch auch und zwar die hohe Fehleranfälligkeit durch die höhere Komplexität durch die umfangreicheren Unterlagen. Das Problem mit ungültigen Stimmen wird noch erheblich unterschätzt und macht aber laut einzelner Untersuchung einen Anteil von ungewerteten Briefwahlstimmen zwischen 3,2 – 4 % aus.
  • Die Möglichkeit der frühen Stimmabgabe im Rahmen der Briefwahl birgt zu guter Letzt auch das Risiko, dass die Briefwähler*innen aktuelle Ereignisse vor der Wahl nicht mehr bei der Wahlentscheidung berücksichtigen können. Dieser Zustand steht im Konflikt mit dem Wahlrechtsgrundsatz der „Gleichheit der Wahl“, welcher fordert, dass die Wahlberechtigten über den gleichen Sachstand verfügen.

„Es ist unrealistisch schwer, per Brief Wahlbetrug zu begehen“ & „Es gibt zwar Einzelfälle, aber strukturell kann man keine höhere Betrugsanfälligkeit feststellen.“
(Politikwissenschaftler Daniel Hellmann vom Institut für Parlamentarismusforschung an der Universität Halle-Wittenberg im DW-Gespräch)

Quellen

Published inPolitix by FOAMio

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