veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie
Klassifikation gemäß AWMF: S1
Datum der Veröffentlichung: 01.07.2021
Ablaufdatum: 31.12.2025
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/006-129.html
Defintion „Wunde“
- Trennung des Gewebezusammenhanges an äußeren/inneren Körperoberflächen mit oder ohne Gewebeverlust
Ätiologie
- mechanisch, thermisch, chemisch, strahlenbedingt
Klassifikation
- Einteilung nach Form und Struktur oder nach Art der Entstehung sowie in akute und chronische Wunden
akute Wunden
- Schürfwunde: tangentiale Gewalt; unregelmäßige Oberfläche (Exkoriation der Dermis)
- Platzwunde: stumpfe Gewalt
- Quetschwunde: stumpfe Gewalt; unregelmäßige Oberfläche, Gewebsnekrose
- Risswunde: tangentiale Gewalt; unregelmäßiger Wundrand
- Schnittwunde: senkrechte oder tangentiale Gewalt; scharf
- Stichwunde: senkrechte Gewalt; spitz
- Pfählungsverletzung: senkrechte Gewalt durch einen pfahlartigen Gegenstand
- Bisswunde: unterschiedliche Zahn-/Gebissformen führen zu Stich- oder Quetschwunden
- Schusswunde: stumpfe Gewalt mit Zerstörung der Weichteile, unregelmäßige Oberfläche, Fremdkörper, Schmauchspuren
- Decollement: stumpfe Gewalt; intakte Hautoberfläche/subkutane Zerreißung und Quetschung
- thermische Verletzung: unregelmäßige Oberfläche
Phasen der Wundheilung
- exsudative Phase (Entzündungsphase): 1. – 4.Tag
- proliferative Phase (Granulationsphase): 2. – 16. Tag
- reparative Phase (Epithelialisierungsphase): 5. – 25.Tag
- Primärheilung, Sekundärheilung und/oder Wundinfektion abhängig von:
- Tiefe des Defekts
- Lokalisation (z.B. Durchblutung)
- Kontaminationsgrad
Leitsymptome
- Hautdefekt, Schmerz, Blutung
- Begleitverletzung an Knochen, Gefäßen, Nerven, Sehnen
- Kompartmentsyndrom (Hauptsymptom: starke Schmerzen)
Diagnostik
- Anamnese: adäquates Trauma, Fremd-/Eigenverschulden (Cave: V.a. Kindeswohlgefährdung, s. Leitlinie Kinderschutz), Impfstatus
- Inspektion, Palpation
- Ausschluss Begleitverletzungen:
- periphere Sensibilität, Motorik, Perfusion je kleiner dasKind, desto schwieriger → großzügige Indikationsstellung zur Exploration in Allgemeinanästhesie
- ggf. Bildgebung bei V.a. knöcherne Verletzung, Fremdkörper (Sonographie, Röntgen, MRT)
Therapie
- primäre Wundversorgung
- Wund- und Umgebungsreinigung (NaCl 0,9%, Wasser und Seife, Polihexanid, Octenidin)
- ggf. Wundspülung (Spülung nur mit physiologischen Lösungen wie NaCl oder Ringer) Cave: bei Spülung unter Druck mit Octenidin: Gefahr der aseptischen Nekrose
- oberflächliche Wunden: Versorgung durch Pädiater/Hausarzt möglich
- am häufigsten Schürfwunden – hier sind außer Reinigung der Wunde keine weiteren Maßnahmen erforderlich
- bei stark verschmutzten Wunden (z.B. mit Steinchen) vorsichtige Reinigung, nicht mit der Metallbürste o.ä. da Gefahr der Keimeinschleppung
- tiefe / komplexe Wunden oder V.a. Begleitverletzungen: operative Versorgung durch Chirurgen
- Wundalter optimal < 6 Stunden
- bei älteren Wunden Aufklärung über das Infektionsrisiko/vorzeitige Entfernung des Nahtmaterials
Komplikationen bei Wunden
- Begleitverletzungen immer aktiv nachweisen/ausschließen!
- Gefäße, Nerven, Sehnen, Faszie/ Muskulatur, Knochen
- Cave: Handverletzungen (ggf. Handchirurgie)
- Kompartmentsyndrom (besonders bei Quetschungen im Bereich Unterschenkel, Fuß, Unterarm und Hand)
- Symptome
- früh: Heftiger Schmerz (inadäquat zum Trauma, keine adäquate Reaktion auf Schmerzmittel)
- spät: Reduktion/ Ausfall von Sensibilität (Nerven) und/oder Motorik (Muskulatur) und/ oder Blutfluss (Gefäße); erhöhter Gewebedruck; Ischämie – Reperfusionsschaden (Sauerstoffradikale)
- Symptome
- Wundinfektion
- Schmerz, Rötung, Überwärmung, Schwellung, Sekretion, abnormer Geruch, Fieber, Lymphknotenschwellung
- Sonderformen: primär infizierte Wunden (Biss-/Schusswunden)
- Bisswunden: bei Anamnese Impfstatus von Mensch und Tier erfragen
- Klassifikation von Bisswunden (Schweregrade von Bissverletzungen nach Rueff):
- Grad I: oberflächliche Hautläsion, Risswunde, Kratzwunde, Bisskanal, Quetschwunde
- Grad II: Hautwunde, bis zur Faszie/Muskulatur/Knorpel reichend
- Grad III: Wunde mit Gewebsnekrose oder Substanzdefekt
- Ursache
- Tierbiss (Katze, Hund, Fledermaus, Ratte)
- Menschenbiss (Eigen-/ Fremdbiss)
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