Jede*r wahlberechtigte*r Bürger*in in der Bundesrepublik Deutschland hat bei der Wahl des Bundestages zwei Stimmen: die Erststimme und die Zweitstimme. Dieses Wahlsystem wird auch personalisierte Verhältniswahl genannt und kombiniert die Wahl von Direktkandidat*innen mit der proportionalen Sitzverteilung im Deutschen Bundestag. Die Erst- und Zweitstimme sind aber nicht miteinander verknüpft.
Erststimme
Mit der Erststimme wird ein*e Kandidat*in aus einem der 299 Wahlkreise direkt gewählt. In den einzelnen Wahlkreisen können die Parteien Kandidat*innen aufstellen; es sind aber auch unabhängige Kandidaturen möglich. Die Person, welche am Ende die meisten Stimmen (relative Mehrheitswahl) bekommen hat, gilt als vorläufig gewählt. Die Person ist aber nur vorläufig gewählt, da jetzt das System der Zweitstimmendeckung greift. Das bedeutet, dass man als Direktkandidat*in mit den meisten Stimmen im Wahlkreis nur in den Bundestag einzieht, wenn die jeweilige Partei des/der Direktkandidat*in insgesamt genügend Sitze durch die Zweitstimmen erhalten hat. Das System der Zweitstimmendeckung bewirkt also, dass, wenn einer Partei nach der Berechnung der Sitzverteilung insgesamt weniger Sitze zustehen als Direktkandit*innen ihren Wahlkreis gewonnen haben, nicht alle vorläufig gewählten Personen in den Bundestag einziehen. Wer dann alternativ zur Person mit den meisten Stimmen im Wahlkreis einzieht, richtet sich absteigend nach den prozentualen Stimmenanteilen im jeweiligen Bundesland, bis die berechnete Anzahl der Sitze insgesamt ausgeschöpft ist.
Zweitstimme
Die Zweitstimme, auch wenn es initial nicht so klingt, ist die wichtigere Stimme, denn diese ist verantwortlich für die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Kurz und knapp gesagt, wer 20 % der Zweitstimmen hat, erhält auch mindestens 20 % der Bundestagssitze, abhängig natürlich von der Fünfprozenthürde oder der Grundmandatsklausel (siehe Beitrag zur Fünfprozenthürde & Grundmandatsklausel). Da ja am Ende immer noch Menschen in den Bundestag einziehen, erstellen die Parteien sog. Landeslisten, auf denen die Kandidat*innen stehen, welche die jeweilige Partei für das jeweilige Bundesland entsenden will. Über diese Landeslisten und die Reihen der Kandidat*innen auf selbiger entscheiden die Mitglieder der jeweiligen Partei in Abstimmungen auf Landesparteien vor der Wahl.
Die Wahlrechtsreform von 2023
Mit der Wahlrechtsreform der Ampel-Regierung im Jahr 2023 wurde die Zahl der Abgeordneten bzw. der Sitze des Bundestages gesetzlich auf 630 Personen beschränkt. Zusätzlich wurde die Zweitstimmendeckung realisiert, wodurch sich die Sitzverteilung ausschließlich nach den Zweitstimmen richtet (Direktmandate zählen nur, wenn sie durch die Zweitstimmen gedeckt sind). Zusätzlich erfolgt die Verteilung der Sitze nach dem Prinzip der proportionalen Repräsentation, d.h. die Sitzverteilung auf den Landeslisten garantiert, dass die Zusammensetzung des Bundestages dem Zweitstimmenergebnis entspricht.
Quellen
- „Bundestagswahl: Das bedeutet Erst- und Zweitstimme“. 2024. Die Bundesregierung. 19. November 2024. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bundestagswahl-erst-und-zweitstimme-1947318.
- Bundeszentrale für politische Bildung. 2009. „Erst- und Zweitstimme“. bpb.de. 1. August 2009. https://www.bpb.de/mediathek/reihen/bundestagswahlen/599/erst-und-zweitstimme/.
- „Erststimme“. o. J. Deutscher Bundestag. Zugegriffen 8. Januar 2025. https://www.bundestag.de/services/glossar/glossar/E/erststimme-246272.
- „Stimmenkombination/Stimmensplitting“. 2023. Die Bundeswahlleiterin. 9. Februar 2023. https://www.bundeswahlleiterin.de/service/glossar/s/stimmenkombination-stimmensplitting.html.
- „Stimmensplitting“. 2023. In Wikipedia. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stimmensplitting&oldid=234250245.
- „Wahlsystem“. o. J. Wahlen Brandenburg. Zugegriffen 8. Januar 2025. https://wahlen.brandenburg.de/wahlen/de/bundestagswahl/wahlsystem/#.
- „Zweitstimme“. o. J. Deutscher Bundestag. Zugegriffen 8. Januar 2025. https://www.bundestag.de/services/glossar/glossar/Z/zweitstimme-246398.
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